DE19726542A1 - Verfahren zur Steuerung und Sicherung eines fahrplangebundenen Verkehrssystems - Google Patents
Verfahren zur Steuerung und Sicherung eines fahrplangebundenen VerkehrssystemsInfo
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Description
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Steuerung und Sicherung eines
Verkehrssystems, bei dem Fahrzeuge in einem Netz von Fahrwegen nach einem
Fahrplan verkehren. Besonders vorteilhaft ist das erfindungsgemäße Verfahren
anwendbar bei Verkehrssystemen, die eine komplexe Netzstruktur haben und bei
denen vorgesehen ist, daß bestimmte Fahrten Vorrang vor anderen Fahrten haben.
Ein Beispiel für ein derartiges Verkehrssystem sind Eisenbahnen. Das
erfindungsgemäße Verfahren kann jedoch ebenso im Schiffs- oder Flugverkehr
eingesetzt werden.
Bei der Erstellung von Fahrplänen werden für die im Netz verkehrenden Fahrzeuge
Soll-Trassen festgelegt. Eine Trasse ist ein Weg-Zeit-Diagramm, welches man aus
der Auftragung des Fahrzeugortes über der Zeitachse erhält. Eine Trasse ordnet
einem Fahrzeug somit nicht nur einen Laufweg, sondern auch Geschwindigkeiten
und Beschleunigungen zu. Ein Fahrplan eines Fahrzeugs besteht folglich aus seiner
Trasse und einigen für das Fahrzeug charakteristische Angaben, z. B. der
Fahrzeuglänge oder einer nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten dem
Fahrzeug zugewiesenen Wertigkeit. Der Fahrplan eines Teilnetzes ist ein räumlicher
Ausschnitt der Fahrpläne aller Fahrzeuge, die in diesem Teilnetz verkehren. Im
folgenden wird unter einem Fahrplan der Fahrplan des gesamten Netzes oder von
Teilnetzen verstanden.
Aus einer Veröffentlichung von O. Brünger mit dem Titel "Konzeption einer
Rechnerunterstützung für die Feinkonstruktion von Eisenbahnfahrplänen",
Veröffentlichungen des Verkehrswissenschaftlichen Instituts der Rheinisch-West
fälischen Technischen Hochschule Aachen, Heft 51, 1995, ist ein Verfahren zur
rechnergestützen Erstellung von Eisenbahnfahrplänen bekannt. Bei diesem bekannten
Verfahren wird die Infrastruktur des Eisenbahnnetzes (u. a. Gleise, Weichen,
Neigungen, zulässige Geschwindigkeiten, Signale, Tunnels) als ein knotenbewerteter
gerichteter Graph abgebildet. Die Infrastruktur umfaßt auch die Lage und Länge der
Belegungselemente. Dies sind Gleisabschnitte einer bestimmten Länge, deren
Belegung signaltechnisch kontrolliert wird. Auf der Grundlage dieses Graphen lassen
sich durch Berechnung der Fahrzeiten die Belegungszeiten der einzelnen
Belegungselemente berechnen und Konflikte vorgesehener Trassen unter
Berücksichtigung signaltechnischer Abhängigkeiten räumlich sowie zeitlich
identifizieren. Treten Konflikte auf, so werde die ursprünglich vorgegebenen
Wunsch-Trassen so geändert, bis ein konfliktfreier Fahrplan entsteht. Bei dieser
Änderung der Trassen können Züge hoher Priorität bevorzugt behandelt werden. Sie
erhalten dann Trassen, deren Fahrzeit nahe an der für den gegebenen Laufweg
gültigen Mindestbeförderungszeit liegt.
Die bislang übliche manuelle Eintragung von Fahrplantrassen in Weg-Zeit-Dia
gramme, bei der man das Entstehen von Konflikten nur ungenau abschätzen
konnte, entfällt bei Anwendung dieses bekannten Verfahrens. Auch andere
Verkehrsnetze, etwa in der Schiffahrt oder im Luftverkehr, lassen sich in ähnlicher
Weise abbilden, so daß die Anwendung dieses Verfahren nicht auf die Erstellung von
Eisenbahnfahrplänen beschränkt ist.
Treten während des Betriebs des Verkehrssystems Störungen auf, so entstehen
Verspätungen und somit Abweichungen vom Fahrplan. In diesem Fall ist nicht mehr
gewährleistet, daß der weitere Verlauf des Betriebes konfliktfrei verläuft. Es kommt
dann zwar im Regelfall nicht zu Kollisionen zwischen Fahrzeugen - dies verhindern
vorhandene Sicherheitssysteme -, aber es können Störungen im Betriebsfluß
auftreten, die die Qualität der angebotenen Verkehrsleistungen beeinträchtigen.
Insbesondere bei Eisenbahnnetzen mit ihren eingeschränkten Überholmöglichkeiten
übertragen sich Verspätungen sehr rasch auf andere Züge. Bei Störungen im
Betriebsablauf versucht daher ein Disponent, unter Berücksichtigung der
Zuggattungen ad hoc für den betroffenen Netzabschnitt einen veränderten Fahrplan
zu erstellen. Dieser veränderte Fahrplan soll vor allem für hochrangige Züge
Abweichungen vom Sollfahrplan möglichst gering halten. Der Disponent ist bei
dieser Abänderung des Fahrplans vor allem auf seine Erfahrung und das oben
angesprochene manuelle Fahrplanerstellen angewiesen. Konflikte können so jedoch
nur lokal und zeitlich begrenzt vermieden werden. Aufgrund der Komplexität des
Betriebs kann der Disponent nur grob abschätzen, weiche Auswirkungen die von ihm
vorgenommenen Änderungen auf den weiteren Betrieb vor allem an entfernteren
Orten haben wird.
Es ist daher Aufgabe der Erfindung ein Verfahren zur Steuerung und Sicherung eines
Verkehrssystems, insbesondere von Eisenbahnen, anzugeben, bei dem die
Auswirkungen von Betriebsstörungen sich möglichst wenig auf die Qualität des
Verkehrs auswirken.
Gemäß der Erfindung sind zur Lösung dieser Aufgabe die in Anspruch 1
aufgeführten Schritte vorgesehen. Eine Datenverarbeitungsanlage berechnet während
des laufenden Betriebes einen neuen Fahrplan. Eine solche Berechnung kann laufend
oder in kurzen, regelmäßigen Zeitabständen durchgeführt werden. Vorzugsweise
jedoch wird die Berechnung des neuen Fahrplans nur dann vorgenommen, sobald der
Lauf der Fahrzeuge über ein vorgebbares Maß vom Fahrplan abweicht. Wesentlich
für die Erfindung ist, daß dieser neue Fahrplan keine Konflikte enthält, Fahrzeuge
also zu keinem Zeitpunkt des Betriebs ein und dasselbe Belegungselement belegen.
Nach Erstellung des neuen Fahrplans erfolgt die Steuerung und Sicherung des
Verkehrssystems umgehend nach diesem neuen konfliktfreien Fahrplan. Gegenüber
dem bislang von einem Disponenten durchgeführten ad hoc-Verfahren ergeben sich
bei Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens vor allem folgende Vorteile:
- - Der neue Fahrplan kann mit Hilfe eines Personalcomputers in sehr kurzer Zeit erstellt werden. Es entstehen damit praktisch keine Verzögerungen des Verkehrsbetriebs aufgrund der Umdisposition von Trassen. Großrechenanlagen sind nicht erforderlich.
- - Der neue Fahrplan ist garantiert konfliktfrei. Der Verkehr im Netz kann nach diesem neuen Fahrplan abgewickelt werden, ohne daß Konflikte auftreten, die ein erneutes Umdisponieren von Trassen erforderlich machen. Da Konflikte von vornherein ausgeschlossen sind, ist es bei Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens sogar möglich, auf die bisher vorhandenen Sicherheitssysteme weitgehend zu verzichten. Sofern die den Fahrplan erstellende Datenverarbeitungsanlage die Orte und Geschwindigkeiten der Fahrzeuge mitgeteilt bekommt, steuert sie die Fahrzeuge direkt. Bei Eisenbahnen etwa bildet die Datenverarbeitungsanlage die Fahrstraßen nun unmittelbar, d. h. ohne Mitwirkung von Stellwerken. Die Triebfahrzeuge erhalten über Funk von der Datenverarbeitungsanlage Informationen zu der für sie vorgesehenen Trasse und können so ihre Geschwindigkeit entsprechend regeln. Vom neuen Fahrplan braucht erst dann abgewichen zu werden, wenn es erneut zu unerwarteten Betriebsstörungen kommt, die eine weitere Überarbeitung des Fahrplans erforderlich machen. Dieser überarbeitete Fahrplan ersetzt dann den bis dahin gültigen.
Die Erfindung wird nachfolgend anhand der Zeichnungen eingehend erläutert. Die
beschriebenen Ausführungsbeispiele beziehen sich in erster Linie auf Eisenbahnen.
Wie oben erwähnt, ist das erfindungsgemäße Verfahren jedoch nicht auf
Eisenbahnen beschränkt. Es zeigen:
Fig. 1 Eine schematische Darstellung eines Teilnetzes von Schienenfahrwegen,
Fig. 2 Ein Flußdiagramm für das erfindungsgemäße Verfahren nach Anspruch 2,
Fig. 3 Einen Ausschnitt aus einem Flußdiagramm für das erfindungsgemäße
Verfahren nach Anspruch 3,
Fig. 4 Eine Darstellung eines Fahrplans für einen Eisenbahnstreckenabschnitt mit
festen Belegungselementen, bei der die Zugtrasse und die dazugehörige
Sperrzeitentreppe in einem Weg-Zeit-Diagramm aufgetragen sind,
Fig. 5 Eine Fig. 4 entsprechende Darstellung eines Fahrplans für einen
Eisenbahnstreckenabschnitt, der im "moving block"-Verfahren befahren wird.
Das in Fig. 1 gezeigte Teilnetz NETZ besteht aus den Bahnhöfen BF1, . . ., BF6, dem
Knotenbahnhof BFK sowie Schienenfahrwegen, die diese Bahnhöfe miteinander
verbinden. Die Verbindungen sind in diesem Beispiel als ein-, zwei-, drei- und
viergleisige Strecken ausgeführt. Im Bereich der eingleisigen zwischen den
Bahnhöfen BF1 und BFK befindet sich ein Überholbahnhof ÜBF. Der
Knotenbahnhof BFK enthält Fahrstraßenknoten FSK1 und FSK2, an denen von
mehreren Bahnhöfen kommende Strecken zusammenlaufen. Fahrstraßenknoten sind
in der Regel konfliktträchtige Punkte im Streckennetz, da dort die Zugdichte
besonders hoch ist.
Auf dem Teilnetz NETZ verkehren Züge - in Fig. 1 nicht dargestellt - nach einem
Fahrplan. Dieser Fahrplan ist vorzugsweise mit Hilfe des in der eingangs zitierten
Veröffentlichung bekannten Verfahrens erstellt und somit konfliktfrei. Konfliktfrei
wird ein Fahrplan in diesem Zusammenhang genannt, wenn ausgeschlossen ist, daß
zwei Züge sich so nahe kommen, daß bei den gegebenen Umständen (Bremswege
etc.) eine Kollision der beiden Züge möglich ist. In modernen Streckennetzen sind
die Strecken in feste, signaltechnisch gesicherte Belegungselemente unterteilt.
Konfliktfrei bedeutet dann, daß zu keinem Zeitpunkt zwei Züge ein und dasselbe
Belegungselement belegen.
Bei der Erstellung des Fahrplans sind die Abstände der Züge voneinander so
festgelegt, daß bei geringen Abweichungen eines Zuges vom Fahrplan der Verkehr
der anderen Züge nicht beeinträchtigt wird. Wenn jedoch die Abweichung vom
Fahrplan ein bestimmtes Maß überschreitet, so können andere Züge von dieser
Abweichung betroffen sein und Konflikte entstehen. Dies sei nachfolgend an einem
einfachen Beispiel erläutert. Zwischen den Bahnhöfen BF2 und BFK soll nach
Fahrplan ein langsamer Zug einen schnelleren, in gleicher Richtung fahrenden Zug
im Überholbahnhof ÜBF vorbeilassen. Wenn wegen einer Betriebsstörung, etwa
aufgrund eines Defekts am Triebfahrzeug des langsamen Zuges, der langsame Zug
nicht rechtzeitig den Überholbahnhof ÜBF erreicht, so muß der nachfolgende
schnellere Zug seine Geschwindigkeit reduzieren, um nicht auf den langsamen Zug
aufzufahren. Der schnellere Zug erreicht nun später als vorgesehen den
Knotenbahnhof BFK. Er hat dann aber möglicherweise das Zeitfenster verpaßt,
welches ihm gemäß Fahrplan zur Durchfahrt des Fahrstraßenknotens FSK1
zugewiesen war. Wenn der Fahrstraßenknoten FSK1 stark belastet ist, so muß damit
gerechnet werden, daß zeitgleich mit dem verspäteten Eintreffen des schnelleren
Zuges ein weiterer Zug, etwa vom Bahnhof BF4 kommend, in den Fahrstraßenknoten
FSK1 einfahren möchte. Es kommt also zu einem Konflikt.
In Fig. 2 sind in Form eines Flußdiagramms die Schritte dargestellt, wie nach dem
erfindungsgemäßen Verfahren 10 ein derartiges Problem behandelt wird. Während
des laufenden Betriebes 11 wird laufend oder in kurzen Zeitabständen überwacht, ob
der Lauf der Züge über ein vorgegebenes Maß vom Fahrplan abweicht (Schritt 12).
Die Höhe dieses Maßes hängt u. a. ab von den bei den Sperrzeiten vorgesehenen
Toleranzen (mehr dazu siehe unten). Die Feststellung von Fahrplan-Abweichungen
kann auf unterschiedliche Weise erfolgen. So können die Triebfahrzeuge selbst ihren
tatsächlichen Lauf mit dem Soll-Lauf nach Fahrplan vergleichen und im Falle einer
Abweichung dies einer zentralen Datenverarbeitungsanlage, z. B. über Funk,
mitteilen. Ebenso ist es möglich, daß die Triebfahrzeuge ihren Ort und ihre
Geschwindigkeit über Funk der zentralen Datenverarbeitungsanlage mitteilen und
diese den Vergleich mit den Fahrplan-Soll-Werten durchführt.
Übersteigt eine festgestellte Abweichung vom Fahrplan ein vorgebbares Maß, so
wird erfindungsgemäß in einem Schritt 13 ein neuer konfliktfreier Fahrplan auf der
Grundlage der momentanen Betriebssituation berechnet. Die Berechnung wird
grundsätzlich in der gleichen Weise durchgeführt wie bei der Erstellung des
ursprünglichen konfliktfreien Fahrplans. Im Gegensatz zum ursprünglichen Fahrplan
wird jedoch der neue Fahrplan automatisch, d. h. ohne Mitwirkung eines
Disponenten, erstellt. Dadurch können die erforderlichen kurzen Reaktionszeiten
eingehalten werden. Es kann u. U. sinnvoll sein, nur einen Teilfahrplan für ein
Teilnetz und für einen bestimmten Dispositionszeitraum zu berechnen.
Nach Abschluß der Berechnungen wird in einem Schritt 14 der bisherige Fahrplan
durch den neuen Fahrplan ersetzt. Falls der neue Fahrplan nur für ein Teilnetz oder
einen bestimmen Dispositionszeitraum gültig ist, werden nur die betreffenden Teile
des bisherigen Fahrplans ersetzt. Der weitere Betrieb des Verkehrssystems wird von
diesem Zeitpunkt an nach diesem neuen Fahrplan durchgeführt.
Alternativ ist es möglich, laufend oder in kurzen regelmäßigen Zeitabständen die
Berechnung 13 eines neuen Fahrplans durchzuführen. Die Berechnung wird dann
nicht mehr durch das Ergebnis der Überprüfung angestoßen, ob der Lauf der Züge
über ein vorgegebenes Maß vom Fahrplan abweicht. Auf den Schritt 12 kann also in
diesem Fall verzichtet werden. - Falls keine Betriebsstörungen seit der letzten
Fahrplanberechnung aufgetreten sind, so wird sich der neu berechnete mit dem alten
Fahrplan decken. Zur Vermeidung eines unnötig großen Informationsflusses zwischen
der Datenverarbeitungsanlage und den Zügen wird es aber zweckmäßig sein, bereits
in der Datenverarbeitungsanlage einen Vergleich der Fahrpläne durchzuführen. Nur
im Falle von Abweichungen zwischen dem neuen und dem alten Fahrplan müssen
dann den Zügen Informationen zu ihren Trassen nach dem neuen Fahrplan
übermittelt werden. Da bei diesem alternativen Ausführungsbeispiel der Vergleich
von Soll- und Istlaufweg der Züge letztlich nur ersetzt wird durch einen Vergleich
des alten mit dem neuen Fahrplan, ergeben sich keine tatsächlichen Vorteile
gegenüber dem oben geschilderten Verfahren.
Anhand der Fig. 3 und 4 werden nachfolgend die Prinzipien erläutert, nach denen ein
neuer konfliktfreier Fahrplan berechnet werden kann. Einzelheiten hierzu sind der
eingangs zitierten Veröffentlichung zu entnehmen. Fig. 4 zeigt eine Fahrtrichtung
einer zweigleisigen Eisenbahnstrecke EST, die durch Signale S1 . . . S7 in mehrere
Belegungselemente unterteilt ist. Die Belegungselemente sind bei dem in Fig. 4
dargestellten konventionellen Signalsystem mit den Blockstrecken identisch und
haben daher eine feste Länge und Lage. Durch zwei Weichen W1 und W2 wird eine
Überholmöglichkeit ÜG geschaffen. Senkrecht zur Eisenbahnstrecke EST ist eine
Zeitachse eingezeichnet, so daß ein Weg-Zeit-Diagramm entsteht. Die Fahrt eines
Zuges ist in diesem Diagramm als durchgezogene Linie ("Trasse") dargestellt. Im
dargestellten Beispiel befährt ein langsamerer Zug Z1 die Strecke EST und wird
durch die Weiche W1 auf das Überholgleis ÜG geleitet. Er bleibt dort stehen, um
einen zweiten, schnelleren Zug Z2 vorbeizulassen. Die Fahrt des langsameren Zuges
Z1 ist durch die Trasse TR1, die des schnelleren Zuges Z2 durch die Trasse TR2
dargestellt. Die schraffierten Bereiche geben an, wie lange die Belegungselemente
durch die beiden Züge Z1 und Z2 belegt werden. Diese Belegungszeiten werden als
Sperrzeiten bezeichnet. Die Länge der Sperrzeiten hängt u. a. von Merkmalen der
Züge (Geschwindigkeit, Länge, Bremsvermögen etc.) sowie von der Art des
Belegungselementes (Weiche, freie Strecke) ab. Die Abfolge der Sperrzeiten ergibt
eine Sperrzeitentreppe. Dem langsameren Zug Z1 ist die Sperrzeitentreppe SZT1,
dem schnelleren Zug Z2 die Sperrzeitentreppe SZT2 zugeordnet. Mit BÜ ist die
Belegung des Überholgleises ÜG durch den langsameren Zug Z1 gekennzeichnet.
Diese Belegung BÜ schränkt die Fahrt des schnelleren Zuges Z2 auf der
durchgehenden Strecke EST nicht ein.
Wie in Fig. 3 gezeigt, wird erfindungsgemäß in einem Schritt 131 zur Berechnung
eines neuen Fahrplans das Netz in geeignete Belegungselemente unterteilt. Die
Belegungselemente können durch vorhandene signaltechnisch gesicherte Blöcke
bereits vorgegeben sein. Ebenso ist es möglich, eine virtuelle Unterteilung
vorzunehmen, die sich nicht mit einer eventuell vorhandenen Blockstruktur deckt.
Diese Unterteilung kann im Prinzip beliebig fein sein und im Grenzfall gegen Null
gehen, was dem Fahren nach dem Prinzip des beweglichen Blocks entspricht.
Anschließend werden in einem weiteren Schritt 132 für die vorgesehenen Trassen die
Sperrzeitentreppen für die Belegungselemente bestimmt. Bei dem
erfindungsgemäßen Verfahren wird den Sperrzeiten eine Toleranz zur Abdeckung
des zulässigen Maßes der Fahrplanabweichung zugeschlagen. Je feiner die
Unterteilung des Netzes in Belegungsabschnitte ist, desto mehr nähern sich die
Sperrzeitentreppen Sperrzeitenbändern an. Anders als in Fig. 4, sind bei dem in Fig.
5 gezeigten Streckenabschnitt die Belegungselemente infinitesimal klein, so daß die
Belegungszeiten hier durch Sperrzeitenbänder SZB1 und SZB2 repräsentiert werden.
Kanten in den Sperrzeitenbändern gehen darauf zurück, daß der Fahrweg an
einzelnen Stellen - wie hier im Bereich der Weichen W1 und W2 - nicht
kontinuierlich, sondern nur abschnittsweise belegt oder freigegeben werden kann.
Nach der Berechnung der Sperrzeitentreppen bzw. -bänder wird in einem Schritt 133
ermittelt, ob und gegebenenfalls wo und zu welcher Zeit Konflikte auftreten. Ein
Konflikt wird in der Darstellung der Sperrzeitentreppen auf einfache Weise an der
Überlappung zweier Sperrzeitentreppen im Bereich des selben Belegungselements
erkannt. In einem Schritt 134 werden schließlich, sofern Konflikte erkannt worden
sind, die Zugtrassen und damit die Sperrzeitentreppen so geändert, verschoben oder
umgeordnet, daß an keiner Stelle im Weg-Zeit-Diagramm eine Überlappung der
Sperrzeitentreppen auftritt. Der Fahrplan ist dann konfliktfrei. Bei der Änderung der
bis dahin angenommenen Trassen können u. a. die Hierarchie von Zügen, eventuelle
bis zum Erstellungszeitpunkt entstandene Verspätungen und Vorgaben von einem
Disponenten oder Dispositionsalgorithmus berücksichtigt werden. Hochrangige Züge
und solche mit großer Verspätung werden im Regelfall Trassen zugeordnet
bekommen, die eine möglichst kurze Fahrzeit ermöglichen. Es können auch weitere
Einflußgrößen in die Fahrplanberechnung eingehen, so z. B. Haftreibungsbeiwerte,
die aufgrund von Umwelteinflüssen (Regen, Laub) während des Betriebs schwanken
können. Die endgültige Lage der Trassen definiert einen neuen Fahrplan, der dem
weiteren Betrieb zugrundegelegt wird.
Da nicht nur der ursprüngliche, sondern auch der oder die danach im Verlauf des
Betriebes erstellen Fahrpläne konfliktfrei sind, besteht a priori ein Schutz von
Fährwegen gegen feindliche Fahrten. Somit kann, wie oben bereits erwähnt, auf die
bisherige Sicherheitstechnik weitgehend verzichtet werden. Eine den neuen Fahrplan
berechnende Datenverarbeitungsanlage kann dann selbst, also ohne Mitwirkung von
Stellwerken, die Bildung der Fahrstraßen vornehmen. Die Datenverarbeitungsanlage
übermittelt hierzu den Weichen, z. B. über Funk, direkt die Stellbefehle und
empfängt die von den Weichen gesendeten Quittierungstelegramme. Die
Datenverarbeitungsanlage erteilt den Stellbefehl mit dem Beginn der Sperrzeit für
das betreffende Belegungselement. Die Triebfahrzeuge erhalten von der
Datenverarbeitungsanlage Informationen zu der für sie vorgesehenen -
gegebenenfalls neuen - Trasse und regeln ihre Geschwindigkeit entsprechend selbst.
Für eine sichere Abwicklung des Verkehrs muß dann lediglich gewährleistet werden,
daß die Datenverarbeitungsanlage über den Ort und die Geschwindigkeit der Züge
jederzeit zuverlässig informiert ist. Eine Vorrichtung zur genauen Ort- und
Geschwindigkeitsermittlung von Zügen ist beispielsweise aus der DE-A1-195 13 244
bekannt und wird hier deswegen nicht näher erläutert. Ebenfalls bekannt sind
Verfahren zur sicheren Funkübertragung von Daten zwischen Zügen und
Betriebsleitstellen, ohne daß es hierfür eines besonderen Nachweises bedarf. Für die
Sicherheit des Betriebes ist es außerdem erforderlich, die Zugintegrität zuverlässig
überprüfen zu können. Auch hierzu sind verschiedene Vorrichtungen bekannt, die
hier nicht im Einzelnen erläutert zu werden brauchen.
Das erfindungsgemäße Verfahren kann jedoch auch in bestehende
Sicherheitskonzepte eingebunden werden. Die Unterteilung des Netzes in
signaltechnisch gesicherte Blöcke und die Fahrwegbildung durch Stellwerke läßt sich
mit dem erfindungsgemäßen Verfahren kombinieren, indem der jeweils neu von der
Datenverarbeitungsanlage berechnete Fahrplan den Stellwerken übermittelt wird. Die
Stellwerke leiten dann die Züge in der bisher bekannten Weise durch das Netz. Durch
die Bereitstellung aktualisierter konfliktfreier Fahrpläne kann der Betriebsablauf
wesentlich reibungsloser gestaltet werden. Da bei der Fahrplanerstellung im Prinzip
der Betrieb (beliebig) weit in die Zukunft hinein simuliert wird, können auch zeitlich
und räumlich weit vorausliegende Konflikte frühzeitig erkannt und vermieden
werden. Bei dem oben anhand der Fig. 1 geschilderten Beispiel läßt sich mit Hilfe
des erfindungsgemäßen Verfahrens beispielsweise erreichen, daß der prioritätshöhere
schnellere Zug eine optimale Trasse erhält. In diesem Fall sähe diese optimale Trasse
so aus, daß der schnellere Zug mit möglichst hoher Geschwindigkeit am
Überholbahnhof ÜBF vorbeifährt, sobald der langsamere Zug im Überholgleis zum
Stehen gekommen und die Weiche umgestellt worden ist. Eine derartig optimierte
Zugdisposition ist mit herkömmlichen Verfahren nicht oder nicht zuverlässig
erzielbar.
Je nach Ausführung der Erfindung kann die den neuen Fahrplan berechnende
Datenverarbeitungsanlage ein für das gesamte Netz zentraler Rechner sein, der auch
die Überprüfung vornimmt, ob der Lauf der Züge über das vorgegebene Maß
hinausgeht. Gegebenenfalls kann es günstiger sein, die Datenverarbeitungsanlage
räumlich und funktionell in mehrere miteinander kommunizierende Teilrechner
aufzuteilen. Ein Beispiel hierfür wären Verkehrsnetze, die sich - wie etwa im
Luftverkehr - über sehr große Gebiete erstrecken. Es sei aber ausdrücklich darauf
hingewiesen, daß das erfindungsgemäße Verfahren grundsätzlich keinen Einsatz von
Großrechenanlagen oder sehr umfangreichen Datenspeichern erfordert. Nur bei sehr
kurz gewählten Belegungsabschnitten sind höhere Rechenleistungen erforderlich.
Wenn das Verfahren für andere Verkehrsmittel angewendet werden soll, sind
gegenüber dem oben Gesagten Änderungen notwendig, die aber nicht von
prinzipieller Art sind. Bei der Schiffahrt beispielsweise sind anstelle von Weichen
Fluß- oder Kanalmündungen vorhanden, an denen Konflikte auftreten können. Auch
Überholvorgänge sind auf Wasserstraßen nicht überall möglich und müssen daher
vorausgeplant werden, damit es nicht zu Kollisionen mit entgegenkommenden
Schiffen kommt. Auch hier ist eine Unterteilung in Belegungselemente und die
Berechnung von Sperrzeitentreppen sinnvoll und durchführbar.
Claims (7)
1. Verfahren zur Steuerung und Sicherung eines Verkehrssystems, bei dem
Fahrzeuge in einem Netz (NETZ) von Fahrwegen nach einem Fahrplan
verkehren (11 in Fig. 2), mit Hilfe einer Datenverarbeitungsanlage,
dadurch gekennzeichnet,
- a) daß die Datenverarbeitungsanlage während des laufenden Betriebes des Verkehrssystems einen neuen konfliktfreien Fahrplan berechnet (13)
- b) und daß die Steuerung und Sicherung des Verkehrssystems nach diesem neuen konfliktfreien Fahrplan erfolgt (14).
2. Verfahren nach Anspruch 1, bei dem die Datenverarbeitungsanlage einen neuen
konfliktfreien Fahrplan berechnet (13), sobald der Lauf der Fahrzeuge über ein
vorgebbares Maß vom Fahrplan abweicht (12).
3. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem die
Datenverarbeitungsanlage zur Berechnung des konfliktfreien neuen Fahrplans
- a) die Fahrwege des Verkehrssystems in Belegungselemente unterteilt (131),
- b) auf der Grundlage der momentanen Betriebssituation die Sperrzeitentreppen (SZT1, SZT2) oder -bänder (SZB1, SZB2) aller Belegungselemente in einem vorgegebenen Dispositionszeitraum bestimmt (132),
- c) mit Hilfe der Sperrzeitentreppen oder -bänder mögliche Konflikte ermittelt, die zu einer Kollision der Fahrzeuge führen könnten (133),
- d) und für die Fahrzeuge neue konfliktfreie Trassen ermittelt (134).
4. Verfahren nach Anspruch 3, bei dem die Datenverarbeitungsanlage die
Ermittlung der neuen Trassen unter Berücksichtigung einer vorgebbaren
Hierarchie und eventueller Verspätungen vornimmt.
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem die
Datenverarbeitungsanlage den von der Ermittlung neuer Trassen betroffenen
Fahrzeugen Soll-Beschleunigungswerte übermittelt, die den neuen Trassen dieser
Fahrzeuge entsprechen.
6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem die Fahrzeuge
Schienenfahrzeuge sind und bei dem die Datenverarbeitungsanlage unmittelbar,
d. h. ohne eine Mitwirkung von Stellwerken, die Bildung und Sicherung der
Fahrwege durchführt.
7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem die
Schienenfahrzeuge ihre Position und ihre Geschwindigkeit
- a) mit Hilfe von Balisen und/oder eines satellitengestütztes Navigationssystems und/oder von die Radumdrehung messenden Sensoren und/oder eines Trägheitsnavigationssystems bestimmen
- b) und der Datenverarbeitungsanlage über Funk mitteilen.
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DE19719286 | 1997-05-07 | ||
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Publications (2)
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ID=7828884
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