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Fungizid und bakterizid wirkendes Mittel Die Erfindung betrifft fungizid
und bakterizid wirkende Mittel zur Behandlung der menschlichen Haut, die als wirksamen
Bestandteil einen verzweigtkettigen aliphatischen Alkohol mit 6 bis 19 Kohlenstoffatomen
in der Hauptkette und mindestens einer Alkyl-Seitenkette mit 1 bis 4 Kohlenstoffatomen
enthaltene Der verzweigtkettige Alkohol reizt die Haut nicht und ist imstande, in
die Hornschichten der Haut einzudringen und dort Sporen, Pilze und Bakterien zu
vernichten.
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Man weiss seit längerem, dass die menschliche Haut selbststerilisierende
Eigenschaften aufweist, und es wird allgemein angenommen, dass diese sterilisierende
Wirkung durch die im -iauttalg und Haarfett enthaltenen Fettsäuren mittlerer Kettenlänge
hervorgerufen wird. Aus diesem Grunde enthalten viele handelsübliche, fungizid und
bakterizid wirkenden Präparate Fettsäuren mittlerer Kettenlänge in freier Form,
oder Triglyceride oder Ester der Fettsäuren mittlerer Kettenlänge
mit
Fettalkoholen mittlerer Kettenlänge. Bisher wurden jedoch noch nie Fettalkohole
in freier Form in fungizid und bakterizid wirkenden Präparaten eingesetzt, weil
man allgemein der Auffassung war, dass Fettalkohole für therapeutische und kosmetische
Zwecke ohne Wert sind.
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Die Verwendung von Fettsäuren mittlerer Kettenlänge als fungizide
und bakterizide Mittel bringt bestimmte Nachteile mit sich. Die therapeutischen
Ergebnisse sind häufig nicht zufriedenstellend, weil die Fettsäuren mittlerer Kettenlänge
und deren Ester nicht imstande sind, genügend tief in die Schichten der Haut einzudringen.
Infolgedessen erreichen die Säuren nicht alle Pilze, Sporen und Bakterien, wodurch
ihre Wirksamkeit als bakterizide Mittel und ihre therapeutische Wirkung stark vermindert
werden.
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Fettsäuren weisen ausserdem den l~achteil auf, dass häufig Nebenreaktionen
ailftreten, die zu Entzündungen sowohl der unbehandelten als auch der behandelten
Bereiche der Haut führen, Ein weiterer achteil besteht darin, dass de Fettsäuren
einen sehr unangenehmen Geruch haben, der schwer zu überdecken ist und ihrer Verwendung
in kosmetischen Präparaten entgegensteht.
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Die Fettsäuren mittlerer Kettenlänge bilden auch leicht Seifen, die
die Eiaut reizen können. Zum Beispiel können die Fettsäuren mit Eisen-, Calzium,
Zink- und Magnesium-Kationen, die auf der Hautoberfläche auftreten, unter Bildung
von Seifen reagieren, wodurch ihre Wirksamkeit vernichtet wird.
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Bei Verllendung von Triglyceriden oder Estern mit Fettalkoholen bilden
sich auf der Haut unter der Wirkung der anwesenden Esterasen freie Säuren, so dass
hierbei die gleichen Probleme auftreten wie bei der Verwendung der Fettsäuren selbst.
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Ein weiterer Nachteil der Fettsäuren mittlerer Kettenlänge besteht
darin, dass sie Proteinaterial in starkem Hasse denaturieren.
Auch
die hämolytische Grenzkonzentration der Fettsäuren mittlerer kettenlänge ist relativ
niedrig. Hinzu kommt, dass die Fettsäuren mittlerer Kettenlänge ebenso wie ihre
Triglyceride und Ester auf der haut dicht schliessende Filme bilden, die die Transpiration
und einen Feuchtigkeitsaustausch zwischen Haut und Atmosphäre verhindern.
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Die vorliegende Erfindung beruht auf der Erkenntnis, dass verzweigtkettige
Alkohole mittlerer Kettenlänge, die 6 bis 13 Kohlenstoffatome in der Hauptkette
enthalten, ausgezeichnete fungizide und germizide Eigenschaften besitzen, ohne die
den Fettsäuren mittlerer Kettenlänge innewohnenden Nachteile aufzuweisen. Zu den
Alkoholen, die erfindungsgemäss verwendet werden können, gehören verzweigtkettige
Derivate von gesättigten, einfach ungesättigten oder mehrfachüngesättigten Alkoholen,
die eine oder mehrere Alkyl-Seitenketten mit 1 bis 4 Kohlenstoffatomen aufeisen,
Die Seitenketten können an ein beliebiges Kohlenstoffatom der Hauptkette gebunden
sein. Spezifische Beispiele für verzweigtkettige, aliphatische Alkohole, die erfindungsgemäss
verwendet werden können, sind die folgenden: 2-Methylhexanol; 2-IIethylnnanol; 2-Methyldodecanol;
3,7,11-Trimethyl-3-doodecanol, 2,4,6,8-Tetramethylnonanol; 1-Äthylhexanol, 3-Butylnonanol;
2,4-Dipropyldodecanol; 1,5,7-Tributyl-5-tridecanol; 2,6-Dimethyloctan-2-ol-8; 2,6-Dimethyloctan-2,6-ol-8;
1,1',5-Trimethylheptan-1,,6-ol-5; 1,1',5,9-Tetramethyloctan-1,5,9-ol-11.
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Es wurde gefunden, dass die 6 bis 13 Kohlenstoffatome in der Hauptkette
enthaltenden, verzweigtkettigen Alkohole eine molekulare Beweglichkeit in Zwischenphasen
besitzen, die bedeutend grösser ist als die der entsprechenden Fettsäuren mittlerer
Kettenlänge. Noch überraschendei ist die Tatsache, dass ihre molekulare Beweglichkeit
in Zwischenphasenfilmen auch erheblich grös:er ist als die der entsprechenden geradkettigen
Alkohole. Der Platzbedarf eines molekularen Films
aus dem verzweigtkettigen
Alkohol auf einer WasseroberflE-che ist bedeutend höher als der Platzbedarf eines
unverzweigten Materials. Jedoch sind die Kräfte, die erforderlich sind, um diese
Filme zu komprimieren, im Falle der unverzweigten, geradkettigen Materialien und
selbst im Falle der verzweigtkettigen Säuren ausserordentlich größer als im Falle
der verzweigtkettigen Alkohole. Ein weiterer Vorteil der verzweigtkettigen Alkohole
besteht darin, dass sie flüssig-spreitende Filme oder superflllssige oder sogar
dampfförmig spreitende Filme bilden, wahrend die geradkettigen Alkohole und Säuren
halbflüssige bis feste, kondensierteq Filme bilden.
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Die Alkylverzweigungen des Alkohols üben auch eine den Schmelzpunkt
des Alkohols erniedrigende Wirkung aus. Es ist eine bekannte Tatsache, dass die
Gitterkräfte in einem fltssigen Material stärker sind als in einem festen Material,
und diese erhöhten Gitterkräfte ermöglichen es den verzweigtkettigen Alkoholen mittlerer
Kettenlänge, bis in die Hornschichten der Haut einzudringen und alle dort enthaltenen
Pilze, Sporen und Bakterien zu erreichen. Die Gitterkräfte von Fettsäuren mittlerer
Kettenlänge sowie von geradkettigen Fettalkoholen sind beträchtlich kleiner, wodurch
deren Fähigkeit, die Hornschichten der Haut zu durchdringen, verringert wird.
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Die Gitterkräfte und Filmbildungseigenschaften von Alkoholen und Säuren
mittlerer Kettenlänge sind in der nachstehenden Tabelle zusammengestellt:
Tabelle
1 Schmelz- (i)2pro Verbindung punkt (°C) Molekül Dyn/cm Art des Films 1. n-Tridecanol
30 19 40 fest 2. 4-Methyldodecanol 9 32 5 flüssig 3. n-Dodecanol 23 24 21 halbflüssig
4. 2-Methylundecanol 5 34 2 flüssig-spreitend 5. n-Decanol 6 25 3 flüssig 6. 2,7-Dimethyloctanol
-17 etwa 50 0.5 Damp-spreitend 7. Laurinsäure 44- 19 25 fest-kondensiert 8. 2-Butyllaurinsäure
- 42 20 halbfest 9. 2-Propyllaurinsäure - 37 22 halbfest 10. 2-Äthyltridecylsäure
- 32 26 halbfest 11. 2-Butylcaprinsäure - 42 21.5 halbfest Aus dieser Tabelle geht
hervor, dass die Gitterkräfte der verzweigtkettigen Alkohole (Proben 2, 4 und 6)
bedeutend grösser sind als die der geradkettigen Alkohole und der verzweigtkettigen
Säuren. Die Tabelle I zeigt auch, dass die verzweigtkettigen Alkohole flüssige,
flüssigrspreitende oder dampfförmig spreitende Filme bilden, während die anderen
getesteten Materialien, mit Ausnahme von n-Decanol, entweder feste, fest-kondensierte
oder halbfeste Filme bilden.
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Bei Versuchen mit Protein-Lösungen wurde gefunden, dass die Koagulierung
des Proteinmaterials durch Fettalkohole mittlerer Kettenlänge höherer Konzentrationen
bedarf als dies bei Fettsäuren mittlerer Kettenlänge der Fall ist. Desgleichen wurde
gefunden, dass die für eine Koagulierung von Protein erforderliche Konzentration
im Falle von verzweigtket tigen Alkoholen mittlerer Kettenlänge sogar noch höher
ist als im Falle von geradkettigen Alkoholen vergleichbarer Kettenlänge, Die verzweigtkettigen
Alkohole weisen auch einen bedeutend
niedrigeren Reizungs-Index
auf als entsprechende geradkettige Alkohole und entweder geradkettige oder verzweigtkettige
Fettsäuren. Die nachstehende Tabelle II gibt die Reizungs-Indizes verschiedener
geradkettlger Fettsäuren, verzweigtkettiger Fettsäuren, geradkettiger Alkohole und
ver zweigtkettiger Alkohole wieder. Die Ergebnisse wurden nach der Draize-Methode
erzielt, bei er alle Verbindungen in 30%iger Lösung in hellem Mineralöl (DAB) verwendet
wurden, und die Reizunge-Indizes an Neuseeland-Kaninchen nach der in "Appraisal
of the Safety of Chemicals in Foods, Drugs and Cosmetics", Food and Drug Officials
of the United States, 1959 beschriebenen Methode ermittelt wurden.
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Tabelle II Verbindung Reizungs-Index 1. Undecylsäure 3.29 2. Undecylensäure
3.08 3. Laurinsäure 3.80 4. 1-Äthylcapronsäure 2.63 5. Caprylsäure 3.13 6. Octanol
2.44 7. Decanol 2.67 8. Dodecanol 2.61 9. 1-Äthylhexanol 1.15 10. Trimethylheptanol
1.82 11. Dimethyloctanol 1.67 12. Tetramethylnonanol 1.82 Aus dieser Tabelle II
geht hervor, dass der Reizungs-Index der verzweigtkettigen Alkohole (Proben 9-12)
beträchtlich niedriger als der der geradkettigen oder verzweigtkettigen Säuren und
ebenfalls beträchtlich niedriger als der der geradkettigen Alkohole ist. Diese Reizungsminderung
ist ein wichtiger Faktor, denn sie gestattet die Verwendung von erheblich grösseren
Mengen der verzweigtkettigen Fettalkohole in kosmetischen, pharmazeutischen und
nicht apothekenpflichtigen Präparaten. Die verzweigtkettigen Alkohole können
somit
in ausreichender iienge eingesetzt werden, um eine sehr starke germizide und fungizide
Wirkung auszuüben,, ohne dass sie eine Reizung der Haut bewirken.
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Ein weiterer Vorteil der verzweigtkettigen Alkohole liegt darin, dass
sie keinen unangenehmen Geruch aufweisen und keine Seifen oder andere unlösliche
Salze mit den Kationen bilden können, die sich auf der Hautoberfläche finden. Aussordem
können diese Alkohole nicht durch Esterasen angegriffen werden und somit nicht die
Nachteile der Triglyceride oder Ester der Fettsäuren mittlerer Kettenlänge aufweisen.
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Es wurde auch gefunden, dass die hämolytische Grenzkonzentration der
verzweigtkettigen Fettalkohole bedeutend höher liegt als die der entsprechenden
Fettsäuren.
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Auch in Bezug auf die vom physiologischen Standpunkt wichtige Schonung
des lebenden Gewebes sind die verzweigtkettigen vettalkohole den entsprechenden
Fettsäuren und auch den entsprechenden geradkettigen Fettalkoholen überlegen.
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Ein weiterer Vorteil ist der, dass die verzweigtkettigen Fettalkohole,
wenn sie mit einer fettigen Komponente kombiniert werden, auf der Haut keinen dicht
abschliessenden Film bilden, sondern im Gegenteil die Wasserdampf-Porosität der
Fettkomponente erhöhen, so dass Wasserdampf den Fettfilm leicht durchdringen kann.
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Die verzweigtkettigen Alkohole können direkt auf die Hautoberfläche
aufgetragen oder in eine Vielzahl von kosmetischen, pharmazeutischen oder nicht
apothekenpflichtigen Produkten, wie Cremes, Haarptlegemitteln, Shampoos, Reinigungs-Cremes,
Seifen, Schaumbader, Lotionen eingearbeitet werden. Die versweigtkettigen Alkohole
können in Mengen von 0,1 bis 99,9 %, bezogen auf das Gewicht des kosmetischen oder
pharmazeutischen
Produkts, verwendet werden, wobei die jeweilige
Menge von der Natur des Produkts und der erwünschten bakteriziden Wirkung abhängt,
Die nachstehenden Beispiele zeigen, in welchen Mengen die aliphatischen, verzweigtkettigen
Alkohole in verschiedene Produifte eingearbeitet werden können, um diesen eine fungizide
und bakterizide Wirkung zu verleihen: Salbe Weisses Petrolatum (DAB) 80 % 2,6,8-Trimethyltridecanol
20 % Gesichts-Creme Lanolinalkohole 10.0 % Adeps Lanae 25.0 % Helles Parafinöl 30.0%
4,6-Diäthyldodecanol 10 Destilliertes Wasser 25 Lotion Glycerylmonostearat 5 Polyäthylenglycol-700-diBtearat
10 Natriumcetylsulfat 5 Glycerin 15 3u4-Dipropylheptan-3-ol-7 40 Destilliertes Wasser
25 Salbe Helles Petrolatum (DAB) 30 Lanolin 30% 30 2-Methylunde canol 5 Polyäthylenglycol
2000 35 Die verzweigtkettigen Fettalkohole mittlerer Kettenlänge besitzen die idealen
Eigenschaften für bakterizide und
fungizide Mittel für die äusserliche
Behandlung0 Zwar haben die Fettsäuren eine geringfügige stärkere bakterizide und
fungizide Wirkung als die verzweigtkettigen Alkohole, jedoch weisen die verzweigtkettigen
Alkohole zahlreiche Vorteile gegenüber den Fettsäuren auf, einschliesslich der wichtigen
Erscheinung, dass sie relativ reizlos gegenüber der Haut sind und infolgedessen
in höheren Konzentrationen als die Fettsäuren mittlerer Kettenlänge eingesetzt werden
können. Die verzweigtkettigen Fettalkohole sind somit den Fettsäuren als bakterizide
und fungizide Mittel in kosmetischen und pharmazeutischen Präparaten weit überlegen.