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Verfahren zur Herstellung von faserförmigem Titandioxid Die Erfindung
betrifft ein Verfahren zur Herstellung von TiO2-Whiskern mit einem Schlankheitsgrad
von mindestens 1o : 1, vorzugsweise von loo : 1 bis looo : 1 und darüber, wobei
man unter dem Schlankheitsgrad das Verhältnis von Länge, zu Durch messer eines Kristalls
und unter der Bezeichnung Whisker fadenförmige Einkristalle versteht. Die erfindungsgemäß
hergestellten Whisker weisen eine Länge von looo/u und darüber auf bei einem Durchmesser
von kleiner als 1 µ bis zu etwa 5/u, vorzugsweise von 1 u bis 2 u Die gemäß der
Erfindung herstellbaren TiO2-Whisker können wegen ihrer Temperaturbeständigkeit
und ihres guten Reflexionsvermagens rEir Infrarotstrahlen als Isoliermaterial bei
hohen Temperaturen verwendet werden. Außerdem eignen sie sich wegen ihres hohen
Schlankheitsgrades, ihrer hohen Festigkeit und ihres hohen Elastizitäts-Moduls hervorragend
als Verstärkungskomponente in Verbundwerkstoffen. Die anfallenden TiO2-Fasern können
leicht zu filzähnlichen Matten verarbeitet und wegen ihrer großen chemischen Resistenz
z. B. als Filtermaterial für heiße und korrodierend wirkende Flüssigkeiten und Gase
verwendet werden.
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FUr die Herstellung von TiO2-Whiskern sind bisher folgende Verfahren
bekannt geworden: Das Verfahren der Us-Patentschrift 3.338.677 betrifft die Hochtemperaturhydrolyse
von Alkalimetallhexailuorotitanatschmelzen in Gegenwart von Alkalimetall~ halogeniden,
wobei nadelförmiges TiO2 in der Brookitmodifikation entsteht. Dieses Verfahren verwendet
nioht ohne weiteres
zugängliche Komplexe Titanverbindung, zum anderen
wirft.
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der durch die Hydrolyse freigesetzte Fluorwasserstoff Korrosionsprobleme
auf.
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Die Französische Patentschrift 1.236.721 beschreibt zur Herstellung
von faserförmigem TiO2 die Oxydation von TiCl4 oder eines anderen Titantetrahalogenids
mittels Luft oder Sauerstoff in Gegenwart eines geschmolzenen Metallhalogenids.
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Nachteilig ist bei diesem Verfahren die geringe Raumzeit-Ausbeute.
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Das Verfahren der US-Patentschrift 3.012.857 unterscheidet sich dadurch
vom Verfahren der Franz. Patentschrift 1.236.721, daß anstelle von Titantetrahalogeniden
Titansubhalogenide eingesetzt werden. Die Titansubhalogenide mUssen jedoch erst
über den Umweg der Titantetrahalogenide hergestellt werden und sind darüber hinaus
oxydationsempfindlich.
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Die Verfahren der US-Patentschrift 3.244.481, der GB-Patentschrift
989.907 und der DAS 1.217.937 beruhen darauf, daß man feinteiliges TiO2-Pigment
bei hoher Temperatur in einer Schmelze auflöst und bei niedrigerer Temperatur auskristallisieren
läßt. Das Titandioxid scheidet sich dabei in Faserform aus.
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Als Lösungsmittel dienen vor allem Schmelzen von Kryolith, Borax und
Boroxid, wobei diese Schmelzen vielfach noch Alkalihalogenide enthalten. Der Nachteil
dieser auf einer TiO2-Umkristallisation beruhenden Verfahren gegenüber den Verfahren
auf TiCl4-Basis besteht darin, daß hierbei ein eigener Löseschritt erforderlich
ist, und daß man für die Keimbildung sowie das anschließende Nadelwachstum ein ganz
bestimmtes Temperaturprogram, z. B. ein Wechselspiel zwischen Aufheizen und Abkühlen,
einhalten muß. Verfahren mit derartig Komplizierten Temperaturprogrammen sind für
eine kontinuierliche Prozeßführung wenig geeignet.
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Schließlich ist noch das Verfahren der US-Patentschrift 2.98o.51o
zu erwähnen, das darin besteht, daß man TiCl4-Dampf mit einer Boroxid- und/oder
Alkaliborat~haltigen Schmelze
reagieren läßt. Das Boroxid bzw das
Alkaliborat liefern den nötigen Sauerstoff zur Bildung des Titandioxids und gehen
in flüchtiges Borchlorid ueber. Bei diesem Verfahren ist jedoch die Ausbeute je
Zeiteinheit noch geringer als bei dem Verfahren nach der Franz. Patentschrift 1.236.721.
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Es wurde nun ein Verfahren zur Herstellung von faserförmigem Titandioxid
durch Reaktion von Titantetrahalogeniden mit einer Salzschmelze gefunden, das dadurch
gekennzeichnet ist, daß ein Titantetrahalogenid oder ein Gemisch von Titantetrahalogeniden,
eventuell im Gemisch mit eine oder mehreren Trägergasen, bei Temperaturen oberhalb
etwa 600°C mit einer Schmelze aus einem oder mehreren Salzen von Sauerstoff s£Euren,
die unter den Reaktionsbedingungen flüchtige Anhydride zu bilden vermögen, in Kontakt
gebracht und das dabei erhaltene faserförmige Titandioxid anschließend vol Reaktionsmedium
abgetrennt wird.
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Überraschenderweise gelingt es, unter den erfindungsgemäßen Bedingungen
ein faserförmiges Titandioxid mit einem Schlankheitsgrad von mindestens lo : 1,
im allgemeinen loo : 1 bis looo : 1, in sehr einfacher Weise und ohne die Nachteile
der bisher benannten Verfahren herzustellen. Ed werden TiO2-Nadeln erhalten, die
sich auf Grund von Röntgenbeugungsaufnahmen und Untersuchungen unter dem Polarisationsmikroskop
als Einkristalle (Whisker) erweisen.
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Vorsugsfeise wird das Verfahren bei Temperaturen zwischen etwa 750
und 950°C durchgefUhrt. Bei diesen Temperaturen sind die zu verwendenden Solnelzen
weder fluchtig, noch wirken sie auf die verwendeten Werkstoffe korrodierend, ganz
im Gegensatz zu den bisher verwendeten Schmelzen auf Basis Boroxid, Boraten, Fluoriden
und komplexen Fluoriden. Das Verfahren kann daher auch in Apparaturen aus Keramik
durchgeführt werden.
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Vorteilhaft ist ferner, daß die restliche Schmelze nach Beendigung
der Umsetzung leicht von dem entstandenen faserförmigen Titandioxid abgetrennt werden
kann. Beispielsweise kann die Schmelze bereits in kaltem Wasser leicht gelöst werden.
Es ist aber auch möglich, die gebildeten TW2-Fasern von der niedrigviskosen
Schmelze
bei hoher Temperatur abzutrennen.
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Zur Durchführung des Verfahrens eignen sich Schmelzen sauerstofihaltiger
Salze wie Sulfate, Disulfate, Polysulfate, Thiosulfate, Sulfite, Disulfate, Carbonate,
Nitrate, Nitrite, Phosphate bzw. Mischungen davon. Als besonders geeignet haben
sich Schmelzen aus Natriumsulfit oder Natriumsulfat und Magnesiumsulfat erwiesen,
wobei sich besonders Mischungen mit 50 - 95 Gewichtsprozent Natriumsulfat bewährt
haben.
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Es wurde beobachtet, daß sich der Kristallisationsprozess hauptsächlich
an der Oberfläche der Schmelze abspielt.
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Un eine gute Reaktionsftlhrung zu gewährleisten, wird daher den umzusetzenden
Gasen eine möglichst große Schmelzoberfläche angeboten. Die Bildung der TiO2-Whisker
erfolgt bei konstanter Schmelztemperatur ohne Schwierigkeiten. Ein spezielles Temperaturprogramm
fur Keim- und Nadelwachstum ist daher nicht notwendig. Sehr günstig ist die große
Bildungsgeschwindigkeit der TiO2-Whlsker in den erfindungsgemäß zu verwendenden
Schmelzen. Bei der Einwirkung von TiC14 auf eine Natriumsulfat-Magnesiumsulfatschmelze
von 8oo0C wurden nach 20 Sekunden TiO2-Nadeln von 250 µ Länge bei einem Durchmesser
von 1 bis 2 u beobachtet. Erfahrungsgemäß reichen Reaktionszeiten von 1 bis 2 Stunden
aus, um lange TiO2-Whisker in guter Ausbeute zu züchten.
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Die Ausbeute Je Zeiteinheit liegt wesentlich höher als bei vexgleichbaren
Verfahren auf Basis TiCl4.
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Das Verfahren wird zweckmäßigerweise bei Normaldruck durchgeführt.
Es kann Jedoch auch erh8hter oder verminderter Druck angewendet werden. Das Angebot
an Titantetrachlorid kann in weiten Grenzen variiert werden; überschüssiges Titantetrahalogenid
kann durch Kondensation zuruckgewonnen und dem Prozeß von neuem zugeführt werden.
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Bevorzugt wird das Verfahren mit Titantetrachlorid durchgeführt. Es
können Jedoch auch Titantetrabromid bzw. Titantetra-Jodid oder aemische der Tetrahalogenide
verwendet werden.
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Vorteilhaft wird das Titantetrachlorid bzw. die anderen Titantetrahalogenide
in Mischung mit einem Trägergas eingesetzt.
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Als Trägergas eignen sich beispielsweise Stickstoff oder Luft.
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Es ist 3edoch auch möglich, mit unverdünnten Titantetrahaloge niden
zu arbeiten.
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Die Aufarbeitung der TiO2-Whisker ist einfach. Man löst die restliche
Schmelze mit kaltem oder warmem Wasser und kann dann in einfacher Weise die erhaltenen
Whisker von der waßrigen Phase durch Filtrieren oder Dekantieren abtrennen. Gegebenenfalls
können dann die Whisker durch Sedimentieren oder Sieben in die gewünschten Fraktionen
aufgeteilt werden.
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Die nachfolgenden Beispiele sollen das erfindungsgemäße Verfahren
näher erläutern: Beispiel 1 5,0 g eines Gemisches aus 6o Gewichtsprozent Na2SO4
und 40 Gewichtsprozent MgSO4 wurden in einem Strom reinen und trocknen Stickstoffs
in einem elektrisch beheizten Röhrenofen bei 9oo°C aufgeschmolzen. Bei Erreichen
dieser Temperatur wurde der Stickstoffstrom (40 l/h) vor Eintritt in das Reaktionsrohr
durch ein Vorratsgeflß mit TiCl4 von Zimmertemperatur geleitet. Man ließ den TiCl4-beladenen
Stickstoffstrom 60 Min. über die Schmelze streichen und schließlich unter Stickstoff
erkalten. Während der einstUndigen Reaktionszeit nahm das Gewicht des Titantetrachlorids
im Vorratsgefäß um 5,2 g ab. Es hatten sich zahlreiche bartartige kristalline Ausblühungen
gebildet. Das erkaltete Reaktionsprodukt wurde mit Wasser von anhaftender Schmelze
be breit. Nach dem Auswaschen mit destilliertem Wasser und Trocknen bei 120°C blieben
1,2 g TiO2-Haarkristalle in Form eines lockeren, asbesthnlichen Filzes zurück, die
unter dem Mikroskop betrachtet und vermessen wurden. Die Ausbeute an faserigem Titandioxid
betrug etwa 95 Gewichtsprozent. Der Rest bestand aus isometrischen Teilchen. Die
Länge der TiO2-Nadeln betrug bis zu 430 p bei einer durchschnittlichen Nadeldicke
von <l/u.
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Beispiel 2 20 g eines Gemisches aus 60 Gewichtsprozent Na2SO4 und
40 Oewichtsprozent MgSO4 wurden mittels eines elektrischen Tiegelofens
in-einer
trocknen Stickstoffatmosphäre (28 l/h) aufgeschmolzen und auf eine Temperatur von
810°C gebracht. Der mit einer dicht schließenden Keramik platte verschlossene Tiegel
war mit einem Thermoelement, einem Einleitungsrohr für Stickstoff bzw. für ein TiCl4-Stickstoffgemisch
und einem Abgasrohr versehen. Hatte die Schmelze 810°C erreicht, wurde der Stickstoff
vor Eintritt in das Reaktionsgefäß durch flüssiges TiCl4 von 90°C geleitet. Nach
2 Stunden wurde die TiCl4-Zufuhr gesperrt und mit Stickstoff gespült. Im Verlauf
dieser Zeit nahm das Titantetrachlorid im Vorratsgefäß um 46 g ab.
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Nach der üblichen Aufarbeitung mit destilliertem Wasser blieben 9,6
g TiO2 in Form eines lockeren, wolligen, weißen Produkts zurück, aus dem durch Sedimentieren
in Wasser und Sieben (Maschenweite 150 und 40 µ) folgende Nadelfraktionen isoliert
wurden: Fraktion 1: Nadellänge bis 1000 µ Nadeldurchmesser 1 - 2 µ Fraktion 2: Nadellänge
bis 800 µ Nadeldurchmesser 1 u Fraktion 3: Nadellänge bis 800 µ Nadeldurchmesser
1 - 1 u Beispiel 3 Bei 9oo°C ließ man im Verlauf von 4 Stunden 6,7 g TiCl4-Dampf
über 13,0 g eines Gemisches aus 30 Gewichtsprozent Na2S04 und 70 Gewichtsprozent
MgS04 streichen. Trägergas war Stickstoff (14 l/h). Nach der Aufarbeitung blieben
1,4 g TiO2-Whisker zurück, die kaum isometrische Anteile enthielten. Die Nadelltnge
betrug bis 640 µ, der Nadeldurchmesser 1 - 2 µ.