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Beim Warmwalzen von Blechen und Bändern, besonders auf kontinuierlichen
Bandstraßen erfolgt die Verformung des Werkstoffes hauptsächlich durch Streckung
in Längsrichtung, auf jeden Fall aber nur in einer Ebene, wobei die unvermeidlichen
Verunreinigungen ebenfalls parallel zur Walzebene und vorwiegend in der Hauptwalzrichtung
verformt werden. Mit zunehmendem Verformungsgrad der Bleche in Walzrichtung werden
dabei die Bruchdehnung und Brucheinschnürung sowie die Kerbschlagzähigkeit quer
zur Walzrichtung verschlechtert. Bei der Mehrzahl der aus Blechen gefertigten Bauteile
liegt die Beanspruchungsrichtung in der Walzebene. In. den Abnahmevorschriften für
Grobbleche wird deshalb die Prüfung der Eigenschaften quer zur Hauptwalzrichtung
als der ungünstigsten Beanspruchungsrichtung gefordert.
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Seitdem jedoch leichtere Konstruktionen aus wirtschaftlichen Gründen
gefordert werden, z. B. der Ersatz von bisher in Gußkonstruktion hergestellter Bauteile
durch geschweißte Bauteile, treten Schwierigkeiten durch zusätzliche Beanspruchungen
senkrecht zur Walzhaut bzw. Blechdicke auf. Da sämtliche Flachstahlerzeugnisse,
wie Bleche, Bänder und Breitflachstähle in dieser Richtung gegenüber der Walzrichteng
sowie quer zu der Walzrichtung geringere Festigkeitseigenschaften, insbesondere
eine sehr viel geringere plastische Dehnung wegen der Unterbrechung des Werkstoffzusammenhaltes
durch die genannten Verunreinigungen aufweisen, kann in nachteiliger Weise Flachstahl
z. B. in Schweißkonstruktionen nur in der Hauptwalzrichtung bzw. quer zu dieser
Richtung beansprucht werden; soll dagegen Flachstahl senkrecht zur Walzhaut beansprucht
werden, so müssen die Konstruktionen, wenn überhaupt ausführbar, entsprechend stärker
ausgelegt werden, gegebenenfalls muß vom Schweißen abgesehen werden, da sonst die
Beanspruchungen, die einerseits durch äußere Kräfte; andererseits durch die Schrumpfspannungen
des abkühlenden Schweißgutes, das z. B. mittels Kehlnähten oder K-Nähten verschweißt
wurde, nicht aufgefangen werden können und zu Rissen und Brüchen der Bauteile führen.
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In gleicher Weise gelten diese Nachteile, wenn z. B. für Reparaturzwecke
schnell benötigte Maschinenbauteile aus vorrätigen Grobblechen hergestellt werden
sollen, weil die Beschaffung des entsprechenden Schmiedestückes sehr zeitraubend
ist.
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Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, die genannten Nachteile
zu vermeiden und die Verwendung des Flachstahles auch für solche Zwecke zu ermöglichen,
bei denen hohe Beanspruchungen senkrecht zur Walzhaut auftreten.
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Diese Aufgabe wird nach der Erfindung durch die Verwendung eines mit
Aluminium beruhigten Stahles., bestehend aus 0,03 bis 0,250/, Kohlenstoff,
höchstens 0,55 °/o Silizium, 0,3 bis. 20/, Mangan, höchstens 0,05 °/o Phosphor,
höchstens 0,05 °/o Schwefel, 0 bis 10/, Nickel, 0 bis 10/0 Chrom,
0 bis 0,5 °/o Molybdän, mehr als 0,020/, Aluminium als Beruhigungsmittel, 0,1 bis
0,25 °/o Titan, Rest Eisen und herstellungsbedingte Verunreinigungen, als Werkstoff
für Flachstahlprodukte, bei denen die senkrecht zur Walzhaut und in der Walzebene
gemessenen Werte der Streckgrenze und Zugfestigkeit etwa gleich und die senkrecht
zur Walzhaut gemessene Dehnung mehr als zwei Drittel der parallel zur Walzebene
gemessenen Dehnung beträgt, gelöst. Vorzugsweise beträgt der Titangehalt 0,15 °/o.
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Der Erfindung liegt die Erkenntnis zugrunde, daß durch die Zugabe
schwefelaffiner Elemente, insbesondere von Titan, die Festigkeitseigenschaften bekannter
Baustähle, wie sie z. B. in »Stahl und Eisen«, 86 (1966), S. 645 bis 662, beschrieben
sind, jeder Festigkeitsstufe in ihrer Dickenrichtung entscheidend verbessert werden.
Insbesondere werden die Werte für die plastische Dehnung in Dickenrichtung weitgehend
denen in der Walzebene angeglichen, so daß solche Flachstahlprodukte für Zwecke
verwandt werden können, bei denen man bisher aus Furcht vor Rissen und Brüchen parallel
zur Walzebene von ihrer Verwendung absehen mußte.
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Die Vorteile der neuen Anwendung nach der Erfindung sind insbesondere
darin zu sehen, daß die zur Verwendung gelangenden Flachstahlprodukte in der Richtung
senkrecht zur Walzhaut eine Dehnung aufweisen, die überraschenderweise oberhalb
zwei Drittel der in der Walzebene gemessenen Werte liegt, wobei gleichzeitig die
Werte für die Streckgrenze und Zugfestigkeit in der Richtung senkrecht zur Walzhaut
mit denen in der Walzebene gemessenen etwa übereinstimmen. Bei den bekannten Baustählen
dagegen erreicht insbesondere der Dehnungswert in
Richtung senkrecht
zur Walzhaut lediglich ein Drittel bis ein Zehntel der in der Walzebene gemessenen
Werte.
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Die Erfindung sei an Hand eines Beispiels näher erläutert. Ein in
bekannter Weise erschmolzener Stahl wurde in zwei Pfannen A und B abgestochen und
mit Al und Si beruhigt. Zusätzlich wurde der Stahl in Pfanne B mit Ferrotitan legiert.
Die Analyse der beiden Stahlschmelzen ergab sich wie folgt:
Blech C Si Mn P S A1 Ti |
°/o |
°/o |
°/o |
°% |
% °/o |
A ......... 0,23 0,50 1,54 0,031 0,020 0,050 - |
B . . . . . . . . . . 0,22 0,55 1,50 0,026 0,022 0;040 0,14 |
Beide Stähle wurden zu Brammen vergossen und anschließend zu Blechen von 40 mm Dicke
ausgewalzt. Aus den Blechen wurden einerseits quer zur Walzrichtung Flachzerreißproben
und andererseits senkrecht zur Walzhaut Proben mit 4 mm Durchmesser Prüfquerschnitt
entnommen, die die nachfolgend aufgeführten Festigkeitseigenschaften aufwiesen:
Streck- Zug- Dehnung |
Schmelze Probenlage grenze festigkeit % |
kp/mm2 kp/mm2 1 = 5d |
A ..... quer 42,1 63,6 23 |
A ..... senkrecht 42,9 47,6 4 |
B ...... quer 41,7 58,4 28 |
B ...... senkrecht 40,2 59,1 24 |
Es zeigt sich somit, daß die Festigkeitseigenschaften, und zwar insbesondere die
Dehnung quer zur Walzrichtung und senkrecht zur Walzhaut weitgehend isotrop sind,
und damit entgegen der Auffassung der Fachwelt die Flachstahlprodukte nach der Erfindung
auch senkrecht zur Walzhaut beansprucht werden können.