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Zur Vernetzung von Vinylchloridpolymerisaten, die merisatanteil zwischen 5 und 70% mittels energieüber
einen Angriff am Halogen bzw. über durch HCl- reicher Strahlung oder mittels freie Radikale bildender
Eliminierung eingeführte Doppelbindungen führt, Substanzen bei Temperaturen zwischen 40 und 1800C
wurden bereits basische Verbindungen oder basische vernetzt werden.
Verbindungen abspaltende Substanzen vorgeschlagen, 5 Gemäß bevorzugter Ausführungsform der vorliewie
beispielsweise polyfunktionelle Amine, Schiffsche genden Erfindung werden Polymerisate des Vinyl-Basen
aus aliphatischen Aldehyden und Aminen, Am- chlorids vernetzt, die durch Polymerisation mit Vinylmoniumsalze
von Carbonsäuren und Thiocarbon- chlorid in Gegenwart von Äthylen-Vinylester-Copolysäuren,
Guanidinderivate, Alkalisulfide, Schwefel in merisaten mit einem Vinylesteranteil zwischen 20 und
Verbindung mit Metalloxyden, Metallhydroxyde und io 80%, vorzugsweise 30 und 70%, Vinylacetat erhalten
Metalloxyde. Große Bedeutung haben solche Ver- worden sind.
netzungsverfahren bislang nicht gefunden, da hierbei Da Polyvinylchlorid normalerweise einer radikali-
meist nur sehr geringe Vernetzungsgrade erzielt wer- sehen, insbesondere peroxidischen Vernetzung nicht
den können oder aber die vernetzten Produkte schlechte zugängig ist, erschien es außerordentlich überraschend,
thermische Stabilität (Verarbeitbaikeit) aufweisen 15 daß die vorstehend bezeichneten Vinylchloridpoly-(deutsche
Patentschrift 907 458). merisate nicht nur einer solchen Vernetzung oinwand-
Mischt man andererseits Polyvinylchlorid mit grö- frei zugängig sind, sondern darüber hinaus zu Proßeren
Mengen von di- oder trifunktionellen Vinyl-· dukten. mit überraschenden und technisch wertvollen
verbindungen, wie beispielsweise Diallylphthalat oder Eigenschaften führen.
Triallylcitrat, und setzt Peroxyde mit relativ hoher Zer- zo Die für das Verfahren der vorliegenden Erfindung zu
fallstemperatur zu, so kann man die auf Grund des verwendenden Pfropfpolymerisate des Vinylchlorids
hohen Monomeren- bzw. Weichmachergehaltes gut auf Äthylenvinylester-Copolymeiisate bzw. solche
verarbeitbaren Massen nach etwaiger Formgebung Pfropfpolymerisate enthaltendes Polyvinylchlorid köndurch
Temperaturerhöhung vernetzen. nen nach Verfahren der deutschen Patentanmeldung
Diese Zugabe großer Mengen niedermolekularer 25 P 14 95 694 erhalten werden, indem Vinylchlorid mit-Verbindungen
wirkt sich zunächst als Weichmacher- tels wasserlöslicher oder monomerenlöslicher Radikalzusatz
aus, jedoch führt der hohe Anteil dieser stark bildner, insbesondere organischen Peroxyden, Azovernetzend
wirkenden polymerisierbaren Verbindun- verbindungen,^anorganische Perverbindungen in Gegen
zu Produkten, deren Eigenschaftsbild weitgehend genwart von Äthylen-Vinylester-Copolymerisaten podurch
diese Vernetzer bestimmt wird bzw. welche da- 30 lymerisiert wird.
durch für einen breiten Anwendungsbereich uninter- Bevorzugterweise werden solche der vorbezeichne-
essant werden. ten Pfropfpolymerisate für die Vernetzung verwendet,
Es ist zwar bekannt, Polyäthylen bzw. Hydroxyl- die nach den üblichen Verfahren der Suspensionspolygruppen
enthaltende Mischpolymerisate aus Äthylen merisation erhalten wurden, wobei ein Äthylen-Vinyl-
und Vinylester mit peroxidiscben Katalysatoren zu 35 acetat-Copolymerisat in monomeren! Vinylchlorid gevernetzen,
jedoch lassen diese Verfahren keine Rück- löst wird. Darüber hinaus können auch Pfropfpolyschlüsse
auf das erfindungsgemäße Verfahren zu, zu- merisate bzw. Pfropfpolymerisate enthaltende Homomal
dem Fachmann weiter geläufig ist, daß Polyvinyl- polymerisate des Vinylchlorids verwendet werden, bei
chlorid allein mit Peroxiden bzw. leicht zersetzlicben deren Herstellung die Äthylen-Vinylester-Copoly-Azoverbindungen
kaum vernetzbar ist (belgische Pa- 40 merisate in Form eines Latex vorgelegt werden und
tentschrift 565 531 und die USA.-Patentschrift das Vinylchlorid in Emulsion aufpolymerisiert worden
2 448 946). .;..·. , .. war.
Als weitere Vernetzungsmöglichkeit wird die Be- . Als- Vinylesterkomponente für die genannten Äthystrahlung
von Polyvinylchlorid mit ionisierender Strah- len-Vinylester-Copolymerisate kommen an sich solung
beschrieben, jedoch bringen die für eine hin- 45 wohl Alkyl- als auch Arylreste enthaltende Vinylester
reichende Vernetzung erforderlichen Strahlungsdosen im allgemeinen mit 2 bis 6 Kohlenstoffatomen im
beträchtliche Abbauerscheinungen mit sich, die sich Esteranteil in Betracht, wobei jedoch neben Vinylin
einer Verschlechterung der mechanischen Eigen- estern wie Vinylpropionat, Vinylbutyrat oder Vinylschaften
und der Stabilität sowie in Verfärbungen benzoat das bevorzugte technische Interesse dem
äußern. So beschreibt M. M. M a g a t in »Kunst- 50 Vinylacetat zukommt.
stoffe«, Bd. 47 (1957), Heft 8, S. 411, daß energiereiche Die Vernetzung der genannten Polymerisate des
Strahlung im Hochpolymeren nicht nur Vernetzung, Vinylchlorids kann sowohl mit Hilfe energiereicher
sondern gleichzeitig auch molekularen Abbau be- Strahlung als auch mit Substanzen vorgenommen
wirkt. Im Falle des Polyvinylchlorids trete Vernetzung werden, die innerhalb des bei der Vernetzung angenur
unter Ausschluß von Sauerstoff ein. ..'■..'. -55 wandten Temperaturintervalls freie Radikale zu bilden
Weiter ist es aus der belgischen Patentschrift 566 582 vermögen. .
bekannt, daß Polyvinylchlorid, das in fester Form vor- Als energiereiche ionisierende Strahlung kommt ins-
liegt, und der Behandlung mit energiereicher Strahlung besondere /9-Strahlung im Bereich von 1 bis 50 Mrad,
unterworfen wird, nichfvernetzte bzw. unbrauchbare die Strahlung radioaktiver Substanzen ganz allge-Produkte
ergibt. Lediglich in bestimmten Lösungs- 60 mein, y-Strahlung, Röntgenstrahlung usw. in Betracht.
■ mitteln können aus Polyvinylchlorid durch Bestrah- Besonders auffallend ist in diesem Zusammenhang,
lung vernetzte Produkte erhalten werden. daß hierbei die zur Vernetzung erforderlichen Strah-
Gegenstand der Erfindung ist nun ein Verfahren zur lungsdosierungen weder einen nennenswerten Abbau
Vernetzung von Polymerisaten des Vinylchlorids, da- noch irgend welche Verfärbungen des bestrahlten Podurch
gekennzeichnet, daß Pfropfpolymerisate des 65 lymerisats bewirken, ganz im Gegensatz zu den Beob-Vinylchlorids
auf Äthylen-Vinylester-Copolymerisate achtungen bei der Bestrahlung von Vinylchlorid-
oder solche Pfropfpolymerisate enthaltendes Poly- Homopolymerisaten. Als freie Radikale bildende Vervinylchlorid
mit einem Äthylen-Vinylester-Copoly- bindungen, die bevorzugterweise für die Vernetzung
I b44 öbb»
herangezogen werden, seien insbesondere organische Peroxyde wie beispielsweise Benzoylperoxyd, Dichlorbenzoylperoxyd,
tert. Butylhydroperoxyd, Cyclohexanonperoxyd, Dicumylperoxyd, Percarbonate, wie Isopropylperoxydicarbonat,.
Cyclohexyl-peroxydicarBonat oder tert. Butylperbenzoat, oder auch leicht zersetzliche
Azoverbindungen wie Azodiisobuttersäuredinitril genannt. ·.'■■■
Die vorstehend genannten Radikalbildner können in Mengen von 0,5 bis 10°/0, bezogen auf die Gesamtmenge
des zu vernetzenden Materials, eingesetzt, werden. Bevorzugterweise kommen Mengen von 1 bis !5%
.in Betracht. Die Auswahl des jeweils einzusetzenden Radikalbildners hinsichtlich seiner Zersetzungstemperatur
richtet sich hierbei weitgehend nach dem beabsichtigten Einsatz des vernetzten Materials.
Die Vernetzung kann in der Weise ausgeführt werden, daß die freie Radikale bildende Verbindung dem
zu vernetzenden Produkt auf geeigneten Mischaggregaten, z. B. Walzen oder Knetern in Substanz oder Lösung
untermischt und anschließend nach Verformung auf Temperaturen zwischen 40 und 1800G erhitzt
wird. Bei Verwendung von Peroxyden entsprechend hoher Zerfallstemperatur kann ferner vorteilhafterweise
das zur Vernetzung vorgesehene Peroxyd bereits dem monomeren Vinylchlorid vor der Pfropfpolymerisation
zugesetzt werden.
Sofern eine besonders weitgehende Vernetzung erwünscht ist, kann die Vernetzung der besagten Vinylchlorid-Pfropfpoiymerisate
mit Hilfe von freie Radikale bildende Substanzen gleichzeitig in Gegenwart von
0,1 bis 4°/0 — um das vorteilhafte Eigenschaftsbild der
Vernetzungsprodukte nicht zu beeinträchtigen, zweckmäßig keine wesentliche größeren Mengen — einer
organischen Verbindung durchgeführt werden, welche mindestens zwei, vorzugsweise drei nichtkonjugierte,
polymerisierbare Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindungen enthält. Vorzugsweise kommen hierbei Di- bis
Tetra-allyl-Verbindungen wie Triallylphosphat, Triallylcyanurat,
Kieselsäuretetraallylester in Betracht.
Die nach dem vorliegenden Verfahren erhaltenen neuartigen Vernetzungsprodukte stellen je nach Anteil
des Äthylen-Vinylester-Copolymerisates mehr oder minder durch innere Weich machung modifiziertes Polyvinylchlorid
dar, d. h. ohne extrahierbare, niedermolekulare Bestandteile zu enthalten. Im Falle von
Äthylen-Vinylester-Copolymerisatanteilen zwischen etwa 1 und 20% werden harte, im Falle von etwa 25
bis 70% Äthylen-Vinylester-Anteile weiche und flexible Vinylchloridpolymerisate mit elastischen Eigenschaften
erhalten. Auch die Vernetzung kann je nach den geforderten Eigenschaften des Endproduktes
mehr oder weniger weit getrieben werden. Im besonderen ist es möglich, innerhalb eines Bereiches von
Äthylen-Vinylacetat-Copolymerisatanteilen von 40 bis
70 % bei Vinylchloridpolymerisaten bisher unerreichte Elastizitäten zu erzielen.
Die Verfahrensprodukte zeigen sehr gute Wärmestabilität,
Beständigkeit gegen Alterung (Luft, Sauerstoff, Azon) sowie, erhebliche Beständigkeit gegen
ίο übliche Lösungsmittel für Polymerisate.
Die Vernetzung von weichen, flexiblen Pfropfpolymerisaten ist von besonderer Bedeutung bei Verwendung
dieser Materialien als Fußbodenbeläge, Förderbänder, Kabelummantelungen, textile Beschichtungen,
Profilkörper und Folien. Die Vernetzung härterer Einstellungen, ct. h. solcher mit höheren Vinylchloridanteilen
im Pfropfcopolymerisat, ist wiederum für die Verwendung dieser Materialien als Fasern, Spritzgußmassen,
Isoliermaterialien, Korrosionsschutzüberzü-
,20 gen von Bedeutung. / ' ■
Es ist möglich, den beschriebenen Vernetzungsprozeß auch in Gegenwart von üblichen Weichmachern,
Stabilisatoren, Alterungsschutzmitteln, Füllstoffen wie Äerosil, Kreide, Ruß, Pigmente und Verschnitte, Substanzen
wie z. B. Weichmachern ohne Beeinträchtigung des Vernetzungsvorganges durchzuführen.
Die in den nachfolgenden Beispielen angegebenen Teile sind Gewichtsteile, sofern nichts anderes vermerkt.
,
B ei spiel 1
15%ige Lösungen verschiedenartig zusammengesetzter
Pfropfcopolymerisate aus Vinylchlorid und Äthylen-Vinylacetat (erhalten in Analogie zu üblichen
Verfahren der Suspensionspolymerisation für Vinylchlorid) in Tetrahydrofuran werden mit 4% Benzoylperoxyd,
bezogen auf Pfropfcopolymerisat, versetzt und zu Filmen ausgegossen. Eine Parallelversuchsreihe
enthält zusätzlich 3% Triallylcyanurat, ebenfalls bezogen auf Festsubstanz. Die luftgetrockneten Filme
werden 20 Minuten auf 120° C geheizt und auf ihre Löslichkeit in Tetrahydrofuran bei 6O0C untersucht.
Des weiteren wurden Folien ohne Zusatz von Peroxyden oder Triallylcyanurat einer /3-Stiahlung von
12 Mrad ausgesetzt. Es tritt keine Verfärbung oder Zersetzung ein. Die Vernetzung der erhaltenen Folien
ist aus dem Löslichkeitsverhalten gemäß nachfolgender Tabelle erkennbar.
Als Blindversuch wird ein Film ohne Peroxydzusatz 20 Minuten auf 12O0C erhitzt; er ist unvernetzt und
löst sich vollständig in Tetrahydrofuran.
|
Gehalt an Äthylen- |
Gehalt an Vinylacetat |
Vernetzung |
Vernetzung |
Bestrahlung |
|
Vinylacetat im |
im Äthylen-Vinyl- |
ohne Triallyl |
mit Triallyl |
mit 12 Mrad |
|
Pfropfcopolymerisat |
acetat-Polymerisat |
cyanurat |
cyanurat |
^-Strahlung |
a) |
12°/o |
30% |
löslich |
zum Teil löslich |
zum Teil löslich |
b) |
6% |
45% |
löslich |
zum Teil löslich |
zum Teil löslich |
c) |
16°/o |
45% |
zum Teil löslich |
unlöslich |
zum Teil löslich |
d) |
39% |
45% |
unlöslich |
unlöslich |
unlöslich |
e) |
45% |
45% |
unlöslich |
unlöslich |
unlöslich |
f) |
56% |
45% |
unlöslich |
unlöslich |
unlöslich |
g) |
44% |
65% |
unlöslich |
unlöslich |
unlöslich |
η··, -, 65 eines Copolymerisates aus Äthylen und Vinylacetat (im
p Verhältnis 55: 45), 2 Teile Barium-Cadmium-Laurat,
100 Teile eines Pfropfcopolymerisates von 47 Ge- 3 Teile epoxydiertes Sojabohnenöl, 48 Teile eines hoch-
wichtsprozent Vinylchlorid auf 53 Gewichtsprozent aktiven Ofenrußes ergaben mit vulkanisierend wirken-
den Zusätzen folgende Verbesserungen der mechanischen
Werte:
: a) ohne Zusätze ■;,·,
b) 5 Teile Zinkoxyd
3 Teile Triallylcyanurat
5.Teile eines Gemisches von 40% Dicumylperoxyd und 60% Calciumcarbonat
c) .5 Teile Magnesiumoxyd an Stelle von Zinkoxyd,
sonst wie b)
Vulkanisation 30 Minuten bei 4 atü
Rückprallelastizität (%)
bei 200C
bei 700C
|
a
|
b
|
C
|
Zerreißfestigkeit (kg/cm2) ......
Bruchdehnung (%) |
195
100
91 |
229
80
94 |
247
80
91" |
Härte (Shore A)
bei 200C |
79
22 |
85
21 |
86
22 |
bei 700C |
22 |
25 |
25, |
!Rückprallelastizität (%)
.... bei 2O0C |
..bei 700C ..; |
V Bei Anwendung der obengenannten Rezeptur ist auch ein Ersatz des Ofenrußes durch 30 Teile inaktiven
Thermalruß möglich. Es ergaben sich bei Einsatz von Vernetzungssystem b) folgende Werte:
Vulkanisation 60 Minuten bei 4 atü
Zerreißfestigkeit (kg/cm2) 207
Bruchdehnung (%) : 160
Härte (Shore A)
bei 200C .. ν 90
bei 700C ..... '.'. 67