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Verwendung eines austenitischen rostfreien Chrom-Nickel-Stahles als
band- oder drahtförmiger Werkstoff zur Herstellung von Gegenständen mit hoher Federkraft
Gegenstand der Erfindung ist die Verwendung eines austenitischen rostfreien Chrom-Nickel-Stahles,
dessen Gefüge im Endzustand neben Austenit und gegebenenfalls noch ausgeschiedenen
Karbiden infolge einer der normalen Schlußglühung folgenden Kaltverformung mit über
50°/, Abnahme sowie einer anschließenden Anlaßbehandlung bei 200 bis 700°C mindestens
5001, Martensit enthält, als band- oder drahtförmiger Werkstoff zur Herstellung
von Gegenständen mit einer Federkraft entsprechend einer Zerreißfestigkeit von über
200 kg/mm2, insbesondere von Uhrfedern, Expanderfedern, Schraubenspiralfedern und
Unruhefedern.
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Besondere Bedeutung hat vorliegende Erfindung für die . Uhren-, Meß-
und Schaltgeräteherstellung. So ist z. B., solange Uhren hergestellt werden, die
Uhrfeder der wichtigste Bestandteil einer Uhr, sie ist aber auch seit jeher der
empfindlichste und unsicherste Teil einer Uhr. Empfindlich und unsicher deshalb,
weil es trotz aller Bemühungen noch nicht gelungen ist, die für diese Zwecke bis
vor kurzem noch ausschließlich benutzten Federn aus gehärtetem Stahl so einwandfrei
herzustellen, daß eine Garantie für eine langjährige Lebensdauer gegeben ist. Allgemein
sagt man der Feder aus gehärtetem Stahl nach, daß sie sehr bruchempfindlich ist;
außerdem sehr empfindlich gegen Temperaturschwankungen und Rostbildung. Beim Auftreten
von geringster Rostbildung geht sie zu Bruch.
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Eine größere Bruchsicherheit ist zwar bei den aus sogenanntem patentiert
kaltverformtem Stahl hergestellten Federn gegeben, deren Haupfgefügebestandteil
Sorbit ist. Die für eine Zugfeder notwendige Festigkeit läßt sich auf diese Weise
gut erreichen, die Federn haben aber den Nachteil, daß sie sich, abgesehen von einem
geringen Drehmoment, nach kurzem Gebrauch stark setzen, im Drehmoment stark nachlassen
und dann nicht mehr durchziehen. Bessere Erfolge zeigten die Versuche, für Federzwecke
Metallegierungen einzusetzen, die chemisch so zusammengesetzt sind, daß sie durch
Ausscheidungshärtung auf die für eine Zugfeder notwendige hohe Härte vergütbar sind.
Es handelt sich dabei um Ni-Legierungen, denen die Ausscheidungshärtung begünstigende
Elemente, wie Co, Be u. a., beilegiert sind. So ist eine Legierung für Federzwecke
bekanntgeworden, die folgende Zusammensetzung hat: 40 °/o Co, 20 °/o Cr, 15 °/o
Fe, 2
% Mn, 7 %Mo, 15 °/o Ni, bis 10/, Be. Auch ist folgende Legierung für
Uhrenfedern bekanntgeworden:
10 bis 20 0/0 Fe, |
10 bis 47,6 °/o Ni, |
21 bis 5001, Co, |
6,1 bis 100/() Mo, |
10 bis 18 °/o Cr, |
4 bis 10 °/o W, |
0,03 bis 3 °/o Be, |
0,1 bis 3 °/o Ti, |
0,05 bis 6 °/o C, |
1,0 bis 6 °/o Mn, |
0 bis 6 °/o Va, |
0 bis 6 °/o Cu, |
0 bis 6,5 °/o Al. |
Schließlich ist neuerdings noch eine Legierung für Uhrenfedern folgender Zusammensetzung
bekanntgeworden
20 bis 35 °/o Ni, |
10 bis 25 0/0 Fe, |
1 bis 5 °/o Ti, |
1 bis 5 °/o Nb, |
Rest 20 bis 45 °/o Co. |
Die Legierung kann außerdem enthalten: bis 3 °/o Mn, bis 100/0 W oder Mo, bis 20
°/o Cr.
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Größere Verbreitung haben die aus den genannten Legierungen hergestellten
Federn nicht gefunden, da der infolge der teuren Legierungselemente sehr hohe Preis
nur den Einbau in sehr teure Uhren
zuläßt. Auch ist das Drehmoment
derartiger Federn im allgemeinen etwas geringer als das von Federn aus gehärtetem
Stahl, und die Bruchsicherheit läßt mitunter nach, wenn die Aushärtung zu weit getrieben
wird.
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Bekannt ist auch, daß durch Kaltverformung von austenitischen Cr-Ni-Stählen
mit etwa 8 0/0 Ni und etwa 18 0/0 Cr Martensit entsteht, so daß die auf diese Weise
hergestellten Gegenstände Federkraft annehmen. Die Federkraft der aus derartigem
Band oder Draht hergestellten Gegenstände war aber bisher ungenügend, und man konnte
diese Federn aus nichtrostendem Material nur da einsetzen, wo an die Federkraft
geringe Anforderungen gestellt wurden. Auch ein Anlassen der Federn bei etwa 250
bis 500°C nach dem Wickeln, wie es bei den Federnfabriken seit Jahrzehnten zur Beseitigung
der Wickelspannung und des Setzens üblich ist, konnte die Federkraft nicht genügend
erhöhen, so daß für Hochleistungsfedern nach wie vor in der Hauptsache der gehärtete,
unlegierte oder schwachlegierte C-Stahl auch heute noch Verwendung findet. In einer
neueren Patentanmeldung wird vorgeschlagen, den bekannten Cr-Ni-Stahl mit ca. 18
0/0 Cr dadurch für federnde Gegenstände geeignet zu machen, daß man ihm noch ferritfördernde
Elemente wie Mo und Ti zusetzt. Es soll dadurch erreicht werden, daß bis zu einer
Querschnittsabnahme von 70 0/0 der Austenit stabil bleibt, d. h. nicht zerfällt.
Bei einer Kaltverformung über 70 0/0 soll sich dann der Austenit sprunghaft zu Martensit
umwandeln, was auf Grund der Zunahme der Permeabilität angenommen wird. Die angezogene
Patentanmeldung beansprucht also die Verwendung eines Cr-Ni-Stahles für federnde
Gegenstände, wenn die Kaltverformungskurve bei etwa 700/0 Querschnittsabnahme einen
Knick nach oben aufweist. Im Gegensatz dazu findet in vorliegender Erfindung ein
normaler Cr-Ni-Stahl, bestehend aus
0,10 bis 1,000/, Kohlenstoff, |
0,20 bis 2,00 0/0 Silizium, |
0,20 bis 2,00 0/0 Mangan, |
2,00 bis 20,00 0/0 Chrom, |
5,00 bis 20,00 0/0 Nickel, mit der Maßgabe, daß |
hohe Chromgehalte niederen |
Nickelgehalten entsprechen, und |
umgekehrt, |
0 bis 10,00 0/0 Kobalt, |
Rest Eisen mit den üblichen Verunreinigungen, |
Verwendung, ohne Beifügung von ferritfördernden Elementen, wie Mo und Ti. Es wurde
erkannt, daß der Cr-Ni-Stahl dann für Hochleistungsfedern Verwendung finden kann,
wenn das Gefüge der fertigen Feder neben Austenit und eventuell ausgeschiedenen
Karbiden mindestens
5001, Martensit enthält, der durch eine mehr als 500/0ige
Kaltverformung nach der letzten Glühbehandlung der für die Federn benutzten Bänder
oder Drähte und durch eine an die Kaltverformung oder Federnformgebung anschließende
Anlaßbehandlung bei Temperaturen von 200 bis 700°C infolge metastabilen Austenits
entsteht. Es wurde festgestellt, daß die Permeabilität kein Zeichen für die Federkraft
darstellt, da die ausgeschiedenen Karbide die Permeabilität stark beeinflussen,
die Festigkeit und die Federkraft dagegen nicht. Es wurde erkannt, daß sich der
erwähnte Cr-Ni-Stahl dann für Federn eignet, wenn 1. die chemische Zusammensetzung
so gehalten wird, daß der Anteil an metastabilem Austenit möglichst über 700/0,
mindestens aber 500/0 beträgt; ist dieses der Fall, so steigt bei der Kaltverformung
die Festigkeit mit dem Kaltverformungsgrad stark an, und das Verhältnis von Festigkeit
zu prozentualem Kaltverformungsgrad hat eine Höchstlage; 2. der metastabile Austenit
durch Kaltverformung von mindestens
50010 zu Martensit umgewandelt wirdundeineFestigkeitvonmindestens200kg/mm2
erreicht wird; 3. anschließend an die Kaltverformung oder an die Formgebung zur
Feder eine Anlaßbehandlung je nach Verwendungszweck zwischen 200 und 700°C erfolgt,
wobei eine weitere Erhöhung der Härte und Elastizität stattfindet.
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Die erste Bedingung wird erreicht, wenn der Cr-Ni-Gehalt so gehalten
wird, daß die Legierung nach den bekannten Gefüge-Diagrammen zwar im austenitischen
Gebiet liegt, aber möglichst nahe an der Grenze zwischen dem austenitischen und
martensitisch/austenitischen Gebiet. So soll z. B. (C-Gehalt etwa 0,150/0) bei 2
0/0 Cr der Ni-Gehalt etwa 20 0/0, bei 4 0/0 Cr der Ni-Gehalt etwa 17 %, bei
6010 Cr der Ni-Gehalt etwa 140/", bei 8 % Cr der Ni-Gehalt etwa 12 0/0, bei
100/0 Cr der Ni-Gehalt etwa 110/0, bei 12 % Cr der Ni-Gehalt etwa 10 0/0, bei 140/0
Cr der Ni-Gehalt etwa 80/0 bei 16 0/0 Cr der Ni-Gehalt etwa 7 0/0 bei 18 % Cr der
Ni-Gehalt etwa 6 0/0, bei 20 0/0 Cr der Ni-Gehalt etwa 5,5 0/0, betragen. Eine Erhöhung
des C-Gehaltes macht eine Verringerung des Ni-Gehaltes erforderlich.
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Die Bedingungen 2 und 3 werden erreicht, wenn nach der letzten Abschreckbehandlung
bei etwa 1000'C eine Kaltverformung von mindestens 50 0/n durchgeführt wird und
entweder anschließend an die Kaltverformung oder anschließend an die Formgebung
der Feder eine Anlaßbehandlung je nach Verwendungszweck und Analyse zwischen 200
und 700°C erfolgt. Durch die starke Kaltverformung und die anschließende Anlaßbehandlung
wird erreicht, daß der vorhandene metastabile Austenit praktisch zu Martensit zerfällt
und sich eine Festigkeit von über 200 kg/mm2, wie sie für Uhrfedern notwendig ist;
ergibt.
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Beispielsweise wurde ein Stahlband mit 0,53 % C, 0,28 % Si, 1,4 %
Mn, 2,4 0/0 Cr und 19,5 Ni nach der letzten Abschreckbehandlung bei 950°C an Luft
etwa 83 % kaltverformt auf die Abmessung 1,0 # 0,1 mm. Die Festigkeit betrug nach
der Kaltverformung etwa 201 kg/mm2. Das Band wurde zur Feder geformt und als fertige
Feder einer Anlaßbehandlung bei 300° 1/2 Stunde unterworfen. Die Feder ergab dann
ein Drehmoment, das etwas unter dem Drehmoment lag, das aus einer Feder aus gehärtetem
Stahl gleicher Abmessung ermittelt wurde.
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Ferner ist folgendes Beispiel zu nennen: Aus einem Stahl mit 0,15%
C, 1,1% Mn, 0,56 Si; 17,24% Cr, 7,350/0 Ni wurde ein Federband 1,18 # 0,107 mm mit
84%iger Kaltverformung nach der letzten Abschreckbehandlung gefertigt.
Die
Festigkeit lag nach der Kaltverformung bei 215 kg/mm2. Nach der Federformgebung
wurde ein Anlassen bei etwa 350°C durchgeführt, wodurch die Festigkeit auf 230 kg/mm=
erhöht wurde. Durch röntgenographische Untersuchung (Debye-Scherrer-Aufnahmen) wurde
festgestellt, daß nach der Abschreckbehandlung vor der Kaltverformung das Gefüge
praktisch zu 1000/, aus Austenit bestand. Nach der Kaltverformung und Anlaßbehandlung
zeigte das Gefüge mehr als 700/0 Martensit. Der metastabile Austenit war also praktisch
zerfallen. Das ermittelte Drehmoment dieser Felder lag auf derselben Höhe wie das
einer gehärteten Stahlfeder gleicher Abmessung. Gegenüber der Stahlfeder ist aber
der Leistungsabfall von Drehmoment l zu Drehmoment 4 bedeutend geringer, was die
Regulierung der Uhr innerhalb der Gangzeit von 24 Stunden sehr günstig beeinflußt.
Der Leistungsabfall beträgt bei der Cr-Ni-Feder nur etwa 18 °/o, während er bei
der normalen Stahlfeder etwa 25 °/o und mehr beträgt. Auch gegenüber den bekannten
rost- und bruchsicheren Federn sind wesentliche Vorteile bei der Cr-Ni-Feder vorhanden.
Der Leistungsabfall Drehmoment 1 zu Drehmoment 4 beträgt bei Federn nach den genannten
bekannten Legierungen ebenfalls 25 °/o und mehr gegenüber 17,8 °/o bei der Cr-Ni-Stahlfeder.
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In der Zeichnung, die nach Photos hergestellt ist, sind die nach 6wöchiger
Knebelung im Vollaufzug erhaltenen Formveränderungen einzelner Federn ersichtlich.
Es ist deutlich zu sehen, daß die bekannten Federn Abb. 1 bis 3 sich stark setzen,
also in der Leistung nach kurzem Gebrauch nachlassen werden. Die erfindungsgemäße
Cr-Ni-Feder 4 setzt sich nur wenig, sie hat somit die höchste Elastizität.
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Die hohe Elastizität bleibt auch erhalten, wenn die Feder bei erhöhten
Temperaturen bis etwa 250'C
Verwendung findet. So behielt eine aus Cr-Ni-Stahl
hergestellte Expanderfeder der Abmessung 4,5-0,35 mm ihre ursprüngliche Spannkraft
nach längerem Gebrauch im Motor 100°/oig bei, während eine Feder aus gehärtetem
Stahl gleicher Abmessung unter den gleichen Bedingungen 45 bis 5001() ihrer Spannkraft
einbüßte. Die erfindungsgemäße Verwendung des gekennzeichneten Cr-Ni-Stahles zur
Federnherstellung bedeutet also einen wesentlichen technischen Fortschritt.
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Der Fortfall der teuren Vergütungsmetalle Co, Be, Nb usw. ermöglicht
eine wesentlich billigere Herstellung als bisher. In der Zeichnung sind S-Federn
für Uhren nebst dazugehöriger Drehmomentkurve dargestellt. Es zeigt Abb.
1,a, b, c eine S-Feder nach der ersten im Text als bekannt genannten Legierung,
Abb. 2, a, b, c eine S-Feder nach der zweiten im Text als bekannt genannten Legierung,
Abb. 3, a, b, c eine andere bekannte S-Feder, Abb. 4,a, b, c eine S-Feder,
hergestellt aus dem gemäß der vorliegenden Erfindung zu verwendenden Werkstoff.
Die mit a bezeichneten Darstellungen zeigen die genannten Uhren-S-Federn im Anlieferungszustand
(neu).
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Die b-Darstellungen zeigen die gleichen Uhren-S-Federn nach einer
6wöchigen Knebelung der Federn im Vollaufzug.
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Die zugehörigen Drehmomentendiagramme haben die Bezeichnung c.