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Elektrode zweiter Art Elektroden zweiter Art bestehen aus einem Metall
und einem schwer löslichen Salz dieses Metalls. In einen Elektrolyten eingesetzt,
der ein oder mehrere leicht lösliche Salze mit dem gleichen Anion wie das schwer
lösliche Salz in der Elektrode enthält, ergibt sich eine loganthmische Abhängigkeit
des Elektrodenpotentials von der Konzentration dieses Anions.
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Taucht eine solche Elektrode in eine Lösung eines solchen Salzes bestimmter
Konzentration, wobei dessen Kation annähernd die gleiche Beweglichkeit wie das Anion
besitzt, so eignen sich diese Elektroden als Bezugselektroden beispielsweise für
pH-Messungen.
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Eine häufig verwendete Elektrode zweiter Art ist z. B. die Silber-Silberchlorid-Elektrode.
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Solche Silber-Silberchlorid-Elektroden können auf elektrolytischem
Wege hergestellt werden, wobei eine dünne Schicht feinverteilten Silberchlorides
auf dem Silbergrundkörper erzeugt wird. Dickere Silberchloridschichten erhält man
durch Eintauchen eines Silberstabes in eine Silberchloridschmelze. Infolge der schlechten
Leitfähigkeit der Silberchloridschicht ist ein guter Ladungsausgleich innerhalb
der Elektrode nicht gewährleistet, was eine ungenaue Potentialeinstellung zur Folge
hat. Bei Elektroden mit dünner Silberchloridschicht ist die Potentialeinstellung
im allgemeinen gut. Es besteht jedoch die Gefahr, daß das Silberchlorid weggelöst
wird, was z. B. bei höheren Temperaturen in Kaliumchloridlösungen als Elektrolyten
der Fall ist.
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Als Elektrode zweiter Art sind auch die als Bezugselektroden verwendeten
Quecksilber-Quecksilber(I)-chlorid-Elektroden (Kalomelelektroden) bekannt, bei denen
infolge des in flüssiger Form vorliegenden Quecksilbers ein guter Ladungsausgleich
innerhalb der Elektrode gewährleistet ist. Da die Quecksilber-Quecksilberchlorid-Paste
in einem gesonderten Gefäß untergebracht werden muß, ist diese Elektrode als Meßelektrode
wenig geeignet. Ferner ist sie als Bezugselektrode wegen der bei erhöhten Temperaturen
oberhalb etwa 800 C auftretenden Disproportionierung des Quecksilber(I)-chlorids
gemäß der Gleichung Hg2CI2 % Hg + HgC12 nicht mehr verwendbar.
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Es wurde gefunden, daß diese Nachteile bei einer Elektrode zweiter
Art, die ein Metall und ein schwer lösliches Salz des jeweiligen Metalls enthält,
vermindert werden können bzw. nicht auftreten, bei der das pulverförmige Metall
und dessen Salz in einem organischen Bindemittel eingebettet sind.
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Als organische Bindemittel eignen sich thermoplastische Kunststoffe,
z. B. Polyäthylen, Polyisobutylen, Polystyrol. Bei Verwendung von Polyvinylcarbazol
und fluorierten Polymeren, z. B. aus Tetrafluoräthylen hergestellten Polymeren,
erhält man außerordentlich temperaturbeständige Elektroden.
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Zur Verbesserung des Ladungsausgleichs innerhalb der Elektrode kann
man den Kunststoffen auch Kationenaustauscher, z. B. Polymerisate auf Basis von
Styrol- bzw. -derivaten und Divinylbenzol, die als ladungstragende Gruppe z. B.
Sulfongruppen enthalten, zusetzen.
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Als Metalle kommen neben insbesondere Quecksilber und Silber auch
die Metalle Nickel, Kupfer sowie Elemente der IV., V., VI. und VII. Nebengruppe
des Periodischen Systems in Betracht. Bei den Salzen setzt man je nach dem Verwendungszweck
der Elektrode z. B. Cyanide, Chloride, Bromide, Sulfide, Oxalate usw. ein.
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Die Korngröße der Kunststoff-, Metall- und Metallsalzpulver soll
möglichst unter 500 st liegen, um beim Herstellungsprozeß Schichtbildungen in der
Elektrode zu vermeiden. Das Verhältnis von Metallzu Metallsalzpulver wird zweckmäßig
so abgestimmt, daß die fertige Elektrode eine ausreichend elektrische Leitfähigkeit
besitzt. Der Anteil an Metallsalzen soll jedoch nicht mehr als 75 Gewichtsprozent,
bezogen auf das Gemisch, betragen. Die Kunststoffmenge wird so gewählt, daß die
Elektrode eine ausreichende mechanische Stabilität besitzt. Günstig ist es, etwa
2 bis 20 Gewichtsprozent Kunststoff zu verwenden.
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Die Elektrode kann in einfacher Weise dadurch hergestellt werden,
daß man feingekörnte Kunststoffpulver mit feingekörntem Metall- und Metallsalzpulver
mischt und bei Temperaturen, bei denen der Kunststoff thermoplastisch ist, zu einem
Formkörper verpreßt. Es ist aber auch möglich, die Elektroden dadurch herzustellen,
daß man auf die Oberfläche
eines Formkörpers Dispersionen von Metall-
und Metallsalzpulvern in einem organischen Bindemittel, das z. B. aus Lösungen eines
Kunststoffes in einem organischen Lösungsmittel besteht, aufbringt und anschließend
z. B. durch Verdampfen des Lösungsmittels verfestigt. Hierdurch lassen sich besonders
dünne Elektrodenschichten herstellen, bei denen eine rasche Potentialeinstellung
gewährleistet ist. Der Formkörper kann aus Kunststoff, z. B. Polystyrol, Polyäthylen,
Metall, z. B. Silber, oder auch aus Glas oder keramischem Material, z. B. Porzellan,
gefertigt sein und eine dem jeweils verwendeten Gefäß angepaßte Form, wie die von
Platten und Stäben, aufweisen. Es ist zweckmäßig, die Elektrode nach der Verformung
einige Stunden in destilliertes Wasser zu tauchen, um hierdurch ihre Benetzbarkeit
zu erhöhen.
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Überraschenderweise wird durch den in der Elektrode enthaltenen Kunststoff,
der die aktiven Bestandteile zumindest teilweise umhüllt, die Geschwindigkeit der
Potentialeinstellung nicht beeinträchtigt, während andererseits durch die Umhüllung
die aktiven Bestandteile wirksam gegen den Einfluß von Oxydationsmitteln oder Reduktionsmitteln
geschützt werden. Im Falle von Kalomelelektroden ist man nicht wie bei den bisher
bekannten Kalomelelektroden, welche in Gefäßen untergebracht werden, auf die Verwendung
eines zusätzlichen Gefäßes für das Kalomel angewiesen. Schließlich zeichnen sich
die Elektroden durch ihre einfache Herstellbarkeit aus.
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Beispiel 1 Auf einen 30 mm langen Silberstab mit einem Durchmesser
von 3 mm, der an seinem einen Ende mit einem Kontakt versehen ist, wird durch Auftragen
einer Dispersion aus 1,5 Volumteilen Silberpulver mit einer Korngröße von 37kl,
[t, 1,5 Volumteilen Silberchlorid mit einer Korngröße von etwa 70 zu und 4 Volumteilen
einer 200/obigen Lösung von Polystyrol in einem Gemisch aus 2 Volumteilen Tetrahydrofuran
und 3 Volumteilen Toluol und anschließendes Trocknen eine Schicht mit einer Stärke
von 2 bis 3 mm aufgebracht. Nach der Verfestigung wird die Elektrode 24 Stunden
lang in destilliertes Wasser getaucht.
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Die Elektrode eignet sich in Kombination mit einer Gegenelektrode
zur Messung von Chlorionen z. B. in Trinkwasser, Kesselspeisewasser und Solen. Mit
dieser Elektrode lassen sich noch Chlorionenkonzentrationen von etwa 0,1 bis 10
ppm erfassen.
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Beispiel 2 Auf einen Silberstab von 3 mm Durchmesser und 20 mm Länge,
welcher an einem Ende mit einem Kontakt versehen ist, wird eine etwa 1 mm dicke
Schicht durch Auftragen einer Dispersion aus 1,5 Volumteilen Silberpulver mit einer
Korngröße von etwa 37 p, 1,5 Volumteilen Silbercyanid mit einer Korngröße von etwa
60 Ft und 4 Volumteilen einer 20gewichtsprozentigen Lösung von Polystyrol in einem
Gemisch aus 2 Volumteilen Tetrahydofuran und 3 Volumteilen Toluol aufgebracht und
durch Trocknen verfestigt.
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Die Elektrode kann in Kombination mit einer Gegenelektrode zur Bestimmung
des Gyanidgehaltes in Abwässern verwendet werden. In einer Zelle mit schwach saurem
Elektrolyten, z. B. verdünnter Phosphorsäure, kann eine solche Elektrodenkombination
auch zur Messung des Blausäuregehaltes in Abgasen verwendet werden, wenn der Elektrolyt
mit dem zu messenden Gas begast wird.