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Verfahren zur Herstellung von Präzisionsgießformen mit verlorenen
Modellen Die Erfindung richtet sich auf ein Verfahren zur Herstellung von keramischen
Schalengießformen für das Präzisionsgießen unter Verwendung von Modellen aus plastischem
Kunststoffmaterial und betrifft im besonderen das Entfernen eines solchen Modells
von der darauf als Überzug gebildeten Formschale ohne Bruch der letzteren.
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In dem herkömmlichen Präzisionsgießverfahren mit »verlorenen Wachsmodellen«
wird ein entfernbares Modell, welches eine Wiedergabe des zu gießenden Teiles einschließlich
der notwendigen Einlaufrinnen bzw. Eingußtrichter und Steigetrichter ist, mit einer
hitzebeständigen Aufschlämmung überzogen, welche erhärtet und die Gießformwand bildet.
Die Hauptmasse der Gießform wird von einer hitzebeständigen vergießbaren Hinterfüllung
bzw. Umhüllung gebildet, die um das überzogene Modell in einem geeigneten Behälter,
der im allgemeinen Formkasten genannt wird, gegossen oder gerüttelt wird und danach
zu einer festen, harten Masse abbindet.
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Die fertiggestellte Gießform wird dann getrocknet und erhitzt, um
die Hauptmasse des Modellmaterials auszuschmelzen. Sie wird dann noch höher erhitzt,
um den letzten Rest des Modellmaterials auszubrennen oder zu verdampfen, um so die
Gießform zur Aufnahme des. geschmolzenen Metalls bereitzustellen.
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Das Überziehen des Modells wird üblicherweise in der Weise durchgeführt,
daß das Modell in eine Suspension eines feinen hitzebeständigen Pulvers in einer
geeigneten Bindemittelflüssigkeit getaucht wird. Das Bindemittel ist so beschaffen,
daß es während der Trocknung bei Raumtemperatur aushärtet. Nach dem Tauchen wird
die überschüssige Aufschlämmung abtropfen gelassen, und das Modell wird mit gröberen
hitzebeständigen Teilchen bestreut bzw. besandet, um den Überzug zu vervollständigen
und die Bindung zwischen dem Überzug und der Hinterfüllung zu erleichtern.
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Es besteht eine wachsende Neigung in der Präzisionsgießindustrie,
dünne keramische Schalengießformen an Stelle der herkömmlichen massigen Investmentgießformen
zu verwenden. Die Schalengießformen werden üblicherweise dadurch hergestellt, daß
die oben beschriebenen Tauch- und Bestreuungsvorgänge so lange wiederholt werden,
bis ein Überzug mit einer Dicke, die ausreicht, um der bei den anschließenden Arbeitsgängen
auftretenden Belastung zu widerstehen, erreicht ist. Die übliche Dicke beträgt 3,2
bis 12,7 mm, obwohl für besondere Fälle auch dünnere oder schwerere Formschalen
angebracht sein können. Einige der Vorteile, die häufig mit den Schalengießformen
gegenüber den herkömmlichen Investmentgießformen erreicht werden, sind wie folgt:
1. leichtere Formschalen, einfachere Handhabung:, 2. .gesteigerte Durchlässigkeit,
3. gesteigerte Widerstandsfähigkeit gegen Wärmeschock, 4. leichteres Herausschlagen
und Saubermachen nachdem Gießen, 5. keine Formkästen werden benötigt, 6. größere
Beweglichkeit bei der Fabrikation.
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Eine kritische Stufe bei der Herstellung solcher Formschalen ist die
Entfernung des Modellmaterials. Wenn die Formschale, welche das Modell enthält,
erhitzt wird, dehnt sich das übliche Modellmaterial mit viel größerer Geschwindigkeit
als die Formschale aus, so daß die sich ergebende Ausdehnungskraft. dazu neigt,
die Formschale zu brechen bzw. zu sprengen. Dieser Nachteil wurde bei Wachsmodellen
durch ein Verfahren, welches unter dem Namen »Hitzeschockverfahren« bekannt ist,
überwunden Bei diesem Verfahren wird die Schalengießform direkt in einen Ofen mit
einer erhöhten Temperatur von etwa 870 bis 980° C gestellt. Unter diesen Bedingungen
ist die Wärmeübertragung durch die
Formschale so rasch, daß eine
dünne Oberflächenhaut des Wachses schmilzt, bevor die Hauptmasse des Wachses sich
soweit erwärmen kann, daß sie die Formschale bricht bzw. zersprengt. Während die
Hauptmasse des Wachses sich erwärmt, fließt das geschmolzene Oberflächenmaterial
entweder aus der Gießform heraus oder saugt sich in die Formschale. Dadurch wird
ein Raum zur Aufnahme der Ausdehnung der Hauptmasse des Wachses frei, so daß diese
die Formschale =nicht sprengen kann.
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Der Ersatz von Wachs durch Kunststoffe als Modellmaterial für Schalengießformen
war infolge der Tatsache, daß die Kunststoffe nicht in der Weise auf den Hitzeschock
-ansprechen, wie Wachse es tun, . nicht erfolgreich. Möglicherweise erweicht die
oberflächliche Haut nicht so, wie sie es sollte, oder wenn sie es tut, ist sie nicht
flüssig genug, um von der Formschale aufgesaugt zu werden, so daß die Formschale
weiterhin starken Drücken ausgesetzt ist. In manchen Fällen werden Spannungen in
dem Kunststoff, die während des Spritzgießens bzw. Auspressens desselben gebildet
werden, während der Erhitzung freigesetzt, wodurch eine Deformation des Kunststoffes
hervorgerufen wird, was ebenfalls einen Bruch der Formschale herbeiführen kann.
Ob diese Erklärung richtig ist, kann nicht mit Sicherheit angegeben werden. Tatsache
ist es aber, daß Kunststoffmodelle einen Bruch der Formschalen, die für eine Verwendung
mit Wachsmodellen geeignet sind, hervorrufen. Beispielsweise kann eine Formschalenzusammensetzung,
die für Wachsmodelle mit einem Gewicht von über 5,4 kg benutzt werden kann, für
ein Kunststoffmodell, das weniger als 2,8 g wiegt, nicht verwendet werden, da während
des Ausbrennvorganges Brechen eintritt.
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Ferner ist aus der deutschen Auslegeschrift 1067 570 ein Präzisionsgießverfahren
unter Verwendung von Wachsmodellen, bei welchem zur Entfernung des Wachsmodells
aus der Formschale heiße Lösungsmitteldämpfe, welche durch die Wände der Formschale
geführt werden, wie Tricbloräthylendampf bei 120° C, verwendet werden, bekannt.
Dieses Verfahren ist aber auf die Verwendung von Wachs als Modellmaterial beschränkt
und bei Verwendung von Kunststoffmodellen an Stelle von Wachsmodellen völlig undurchführbar,
indem die Formschalen brechen, und wurde deshalb im Falle von Kunststoffmodellen
auch nie praktisch verwendet. Außerdem erfolgt nach dem genannten Stand der Technik
die Modellentfernung nicht durch nur teilweises Auflösen- der Modelle mit dem Lösungsmittel
und darauffolgendes Erhitzen oberhalb der Verflüchtigungstemperaiur des Modellmaterials
zur vollständigen Entfernung desselben, sondern es ist viehmehr als Vorurteil davon
die Rede, daß eine eigene Hitzebehandlung zu unbrauchbaren Ergebnissen führe. -
Weiterhin ist in Allendorf, »Präzisionsgießverfahren mit Ausschmelzmodellen«,1956,
S.66 bis 70, die Verwendbarkeit von Polystyrolmodellen ohne Verfahrensmaßnahmen
angegeben und dabei auch von der Verwendbarkeit unter anderem von Lösungsmitteln
beim Ausbessern und Zusammenfügen von- mehreren Modellen bzw. Modellteilen die Rede:
- Ferner ist aus der österreichischen Patentschrift 208 006 die Aufbringung einer
Anzahl von überzugsschichten bekannt, wobei die Entfernung des Modellmaterials lediglich
durch eine Hitzebehandlung erfolgt, womit der bereits weiter oben geschilderte schwerwiegende
Nachteil des Springens der Schalengießform verbunden ist.
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Es werden also durch die Verfahren des Standes der Technik im Falle
von Kunststoffmodellen keine befriedigenden Ergebnisse erzielt. Es gibt aber viele
Fälle, in denen es wünschenswert ist, Kunststoffmodelle zu verwenden. Kunststoffmodelle
können mit automatischen Spritzvorrichtungen mit viel größerer Geschwindigkeit,
als sie bei den herkömmlichen Wachsspritzverfahren erreicht wird, hergestellt werden.
Dazu kommt noch, daß Kunststoffmodelle nicht spröde sind, bei niedrigen Temperaturen
nicht brechen und bei den normalerweise auftretenden höheren. Temperaturen nicht.
erweichen.
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Durch die Erfindung wurden die Nachteile der bekannten Verfahren behoben
und es ist erfindungsgemäß ein Verfahren zum Entfernen von Modellen, die aus plastischem
Kunststoffmaterial bestehen, unter Verwendung dergleichen Art von Schalengießformen,
die gegenwärtig für Wachsmodelle verwendet werden, vorgesehen. Die Erfindung betrifft
ein Verfahren zum Entfernen der Modelle bei der Herstellung von Schalengießformen
für das Präzisionsgießverfahren mit verlorenen Modellen aus plastischem Kunststoffmaterial,
welches dadurch gekennzeichnet ist, daß man die Modelle aus Kunststoff durch Behandeln
mit einem flüssigen, die poröse Formschale durchdringenden Lösungsmittel nur teilweise
auflöst und erst dann durch Erhitzen der Gießform oberhalb der Verflüchtigungstemperatur
des Modellmaterials dieses vollständig entfernt. Das Lösungsmittel vermag also den
innen gelegenen Kunststoff zu erweichen und teilweise aufzulösen, bevor das Modell
durch Hitze vollständig entfernt wird.
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Die Erfindung bringt den erheblichen technischen Fortschritt mit sich,
daß ein vollständiges Entfernen des Kunststoffmodellmaterials ohne Beeinträchtigung
der Schalengießformen möglich ist. Es ist nicht nur viel wirkungsvoller, sondern
auch weniger kostspielig, das Modell nur so weit aufzulösen, daß die Ausdehnungskraft
bei der späteren Entfernung durch Hitze ohne Folgen bleibt. Die Erfindung ist besonders
vorteilhaft bei Modellen, die nicht vollständig löslich sind. Die Erfindung darf
nicht mit bekannten Verfahren, bei denen Wachsmodelle durch Lösungsmittel, die das
Modell vollständig auflösen, entfernt werden, verwechselt werden: Im erfindungsgemäßen
Verfahren wird als Modellmaterial bevorzugt Polystyrol und als Lösungsmittel vorzugsweise
Methyläthylketon verwendet.
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Vorzugsweise wird die Tränkung mit dem Lösungsmittel ausgeführt, bevor
der Tauchvorgang zur Erzeugung der Formschale zu Ende geführt ist, da die Tränkungszeit
bei einer dünnen Formschale vieh kürzer ist. Nachdem die Formschale genügend lang
getränkt wurde, um den gewünschten Zweck zu erreichen, wird das Tauchen zu Ende
geführt, und die Schalengießform kann dann jedem Verfahrensschritt unterworfen werden,
der für Verfahren mit Wachsmodellen geeignet ist. So wird nach einer bevorzügteh
Ausführungsform der Erfindung die Gießform aus mehreren feuerfesten überzügen aufgebaut
und das Erweichen und Lösen der Modelle mit dem Lösungsmittel zwischen dem Aufbringen
von zwei solchen überzügen durchgeführt. Gemäß einer besonders zweckmäßigen erfindungsgemäßen
Ausführungsform werden drei Formüberzüge durch Tauchen
erzeugt,
dann wird das Erweichen und Lösen mit dem Lösungsmittel durch Tränken in einem Lösungsmittelbad
bei Raumtemperatur durchgeführt, daraufhin werden weitere drei Überzüge durch Tauchen
aufgebracht, und -die Gießform wird dann auf eine Temperatur von 980° C erhitzt.
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Es ist auch möglich, das erweichte Kunststoffmodell durch andere Mittel
als durch Ofenheizung auszutreiben. Die dielektrische Erhitzung ist ein Beispiel
hierfür.
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Es wurde festgestellt, daß die Diffusion des Lösungsmittels in den
Kunststoff selbst einen Druck erzeugt. Dieser Druck ist klein im Vergleich zu dem,
der während einer Erhitzung erzeugt wird, aber es ist doch notwendig, daß eine gewisse
Mindestanzahl von Tauchschritten durchgeführt wird, bevor die Tränkung erfolgreich
durchgeführt werden kann. Diese Anzahl variiert in Abhängigkeit von der besonderen
Kunststoff-Lösungsmittel-Schalengießform-Kombination, die zur Anwendung gelangt,
und sie ist gewöhnlich geringer, als es im Hinblick auf die Belastung beim Handhaben
und während des Gießens notwendig ist.
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Die Behandlung bzw. Tränkung mit dem Lösungsmittel muß während einer
Zeit, die ausreicht, um die Ausdehnungskraft der Modelle beim späteren Erhitzen
auf einen so geringen Wert, daß die Schalengießformen nicht beeinträchtigt werden,
zu vermindern, erfolgen. Die notwendige Tränkungszeit hängt von verschiedenen Faktoren,
wie der Größe und Form des Kunststoffmodells, der Zahl der Modelle am Baum, der
Art des Kunststoffes, des Lösungsmittels und der Formschale, der Zahl der Tauchungen
vor der Tränkung und der Zahl der Tauchungen nach der Tränkung, ab.
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Es ist klar, daß dieses Verfahren voraussetzt, daß die Formschale
gegenüber dem verwendeten Lösungsmittel durchlässig ist, aber normalerweise bedarf
es keiner speziellen Schritte, um dies sicherzustellen, da die Arten von Formschalen,
die sich in der Praxis bewährt haben, die erforderliche Durchlässigkeit für die
üblichen Lösungsmittel aufweisen.
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Die Erfindung wird an Hand des folgenden nicht als Beschränkung aufzufassenden
Beispieles näher erläutert.
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Beispiel Es wurden. komplizierte Modelle aus Polystyrol hergestellt.
Auf diesen Modellen wurde durch sechsmaliges Tauchen in eine Suspension aus Zirkon
(Zirkonsilikat) und Hartfeuerporzellan bzw. geschmolzener Kieselsäure in einem flüssigen
Bindemittel, bestehend in der Hauptsache aus kolloidalem Kieselsäuresol mit kleinen
Mengen eines organischen Filmbildners, eines Netzmittels und eines Antischaummittels
eine Formschale hergestellt. Nach jedem Tauchschritt wurde mit grobem gebranntem
Ton mit einer Korngröße von 0,30 bis 0,84 mm bestreut. Von sechs Tauchungen wurden
drei im Zeitabstand von 1 Stunde durchgeführt. Die Formschale wurde über Nacht getrocknet
und dann während 4 Stunden in Methyläthylketon getränkt. Sie wurde dann aus dem
Methyläthylketon herausgenommen und während 1 Stunde stehengelassen, worauf drei
weitere Tauchungen im Zeitabstand von 1 Stunde durchgeführt wurden. Nach dem Trocknen
bei Raumtemperatur wurde die Schalengießform vom Kunststoff vollständig befreit,
indem sie direkt in einem Ofen mit einer Temperatur von 980° C eingeführt wurde.
Es entständen keine Brüche oder andere Fehlerstellen.
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Eine entsprechende Schalengießform, die auf die gleiche Art hergestellt
wurde, jedoch mit dem Unterschied, daß auf die Tränkung mit dem Lösungsmittel verzichtet
wurde, zeigte nach der Kunststoffentfernung starke Brüche an dem Teil der Formschale,
der das Kunststoffmodell begrenzte. Weiterhin wurde festgestellt, daß selbst zwölf
solcher Überzüge keine genügend dicke Formschale erzeugten, die bei Verzicht auf
die Tränkung mit dem Lösungsmittel erfolgreich behandelt werden konnte.
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Weiterhin wurde eine entsprechende Schalengießform hergestellt, wobei
allein Trichloräthylendampf von 120° C zur Entfernung des Kunststoffmodellmaterials
verwendet wurde. Nach dieser Lösungsmitteldampfbehandlung sprangen die Formschalen
stark bzw. hatten üble Risse, so daß sie für das Gießen unbrauchbar waren, wobei
sich die Kunststoffmodelle nicht einmal vollständig lösten.
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Ein eigenartiger Effekt wurde beobachtet, wenn die Tränkungszeit ungenügend
war; die Formschalen sprangen dann nicht wie unbehandelte Formschalen, sondern Teile,
die das Kunststoffmodell begrenzten, wurden weggesprengt. Versuchsmodelle wurden
mit Tränkungszeiten von 0 bis 5 Stunden nach der dritten Tauchung behandelt. Drei
weitere Tauchungen wurden nach der Tränkung durchgeführt. Die ganz ohne Tränkung
erzeugte Formschale sprang während der Modellentfernung in einer sehr charakteristischen
Weise. Diejenigen Formschalen, die 1/2 bis 3 Stunden getränkt worden waren, wurden
an dem den Kunststoff begrenzenden Teil gesprengt. Jene Formschalen, die 4 und mehr
Stunden getränkt worden waren, konnten erfolgreich vom Kunststoff befreit werden.
Diese Erscheinung konnte bei anderen Typen und Größen von Schalengießformen in gleicher
Weise beobachtet werden.