-
Verfahren zur Vorbehandlung des Gemenges beim Herstellen von Glas
oder glasartigen Stoffen Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Vorbehandlung
des Gemenges beim Herstellen von Glas oder glasartigen Stoffen, bei dem das Gemenge
vor dem Einbringen in den Schmelzofen einer Wärmebehandlung unterzogen wird. Unter
glasartigen Stoffen werden thermoplastische anorganische Stoffe verstanden, die
wie Glas bei gewöhnlichen Temperaturen fest erscheinen, tatsächlich aber Flüssigkeiten
mit außergewöhnlich. hoher Viskosität sind.
-
Bei bekannten Verfahren wird das Gemenge nur einer zur Verminderung
des Pulvers ausreichenden Erhitzung unterworfen, oder es wird erst ein Zwischenprodukt
durch Sinterung des Gemenges hergestellt, bevor es im Schmelzofen geschmolzen wird.
Bei anderen bisher angewendeten Verfahren zum Erzeugen von Glas werden die Rohstoffe
zu einer Schmelze zusammengeschmolzen und in der Schmelze zur gegenseitigen Reaktion
gebracht. Bevor die Rohstoffe in den hierzu üblichen Schmelzofen eingebracht werden,
werden sie innig miteinander gemischt. Trotzdem konnte bisher nicht vermieden werden,
daß bestimmte, relativ leichter schmelzbare Teile getrennt von den anderen Teilen
geschmolzen werden, so daß hinsichtlich der Bildung einer gleichmäßigen, einheitlichen
Schmelze Schwierigkeiten bestanden. Zur Verbesserung der Chargenwirkung ist vorgeschlagen
worden, die Rohstoffe in Form von Briketts zu pressen. Ferner ist es zur Erleichterung
des Schmelzvorganges allgemein üblich, den Rohstoffen Glasschrott zuzufügen. Nach
dem vorbereitenden Schmelzvorgang wird dabei die Temperatur zur Verringerung der
Viskosität und zur gleichmäßigen, blasenfreien Gestaltung der Schmelze erhöht. Das
Vorhandensein von Gasblasen ist zu einem kleineren Teil auf eingeschlossene Luft
und zum größten Teil auf die zwischen den Rohstoffen stattfindenden Reaktionen und
der damit verbundenen Bildung von Kohlensäure zurückzuführen. Daher und weil die
Bildung von Kohlensäure zur Bewegung bzw. zum Durcheinanderbringen der Schmelze
erforderlich ist, kann z. B. Ca (0H)2 oder CaO nicht an Stelle von Calciumcarbonat
oder Natriumhydroxyd an Stelle von Natriumcarbonat verwendet werden. Manchmal werden
zur Steigerung der Bewegung der Schmelze und damit zur Bildung einer gleichmäßigen
Schmelze auch bestimmte Stoffe zugesetzt, die bei der Temperatur der Glasschmelze
unter Bildung oder Freimachung von Gasen reagieren können, wobei nach der Bildung
einer solchen gleichmäßigen Schmelze diese auf Arbeitstemperatur abgekühlt wird.
Diese Maßnahme ist unabhängig davon anwendbar, welcher Behälter zur Aufbereitung
der Glasschmelze verwendet wird und ob dieser ein Schmelztiegel oder ein kontinuierlicher
Schmelzofen ist.
-
Die Erfindung bezweckt, die bekannten Verfahren zu verbessern, und
schlägt daher vor, daß wenigstens ein Teil des Gemenges vor dem Schmelzen innerhalb
eines Temperaturbereichs von 125 bis 250° C unter einem solch hohen Druck
gehalten wird, daß das dem Gemenge zugesetzte Wasser seine flüssige Form beibehält.
Die Rohstoffe sind dabei Oxyde in freier oder gebundener Form. Wenn die Oxyde in
gebundener Form zur Reaktion gebracht werden, so bestehen sie aus Hydroxyden, Carbonaten
oder Silikaten.
-
Entweder werden alle Bestandteile der in Glas oder einen glasartigen
Stoff überzuführenden Rohstoffmischung oder nur ein Teil davon werden der Vorreaktion
gemäß der Erfindung ausgesetzt. Im ersteren Falle wird ein Material erhalten, in
dem thermodynamisches Gleichgewicht herrscht, oder
eia Materiai,
in dem das thermodynamische Gleichgewicht nur bis zu einem gewissen Grad ausgebildet
ist.
-
Wenn nur ein Teil der Rohstoffbestandteile der 'orreaktion unterworfen
wird, so werden die übrigen, dar Rohstoffmischung angehörenden Bestandteile beigegeben,
bevor der Schmelzvorgang stattfindet.
-
Wenn alle Bestandteile reagiert haben, kann das Reaktionsprodukt als
Glassehrott bei der Herstellung von Glas nach den bekannten Schmelzverfahren oder
als einziges Ingrediens verwendet werden. Beim Herstellen von Glas kann es vorkommen,
daß Kieselsäure in dem zuletzt geschmolzenen Teil der Charge angereichert wird.
Dieser Nachteil kann vermieden werden, wenn die Kieselsäure mit dem Calciumoxyd
der Glas-Rohstoff-Mischung zur Reaktion gebracht wird.
-
Die Reaktionszeit ist in der Hauptsache von der Feinheit und der Kompression
(bis zu 3000 kg/cm2) der Bestandteile der Rohstoffmischung abhängig und beträgt
etwa 5 bis 30 Stunden. Als Beispiel sei erwähnt, daß bei einem Druck von 10 kg/cm-
eine Reaktionszeit von etwa 17 Stunden erforderlich war, um die Reaktion zwischen
Siliciumdioxyd und Caleiumhydroxy d im Gleichgewicht zu bewirken, wenn diese Stoffe
in einen in Wasser schwebenden Druckkessel eingebracht wurden. Wenn diese Stoffe
vorher besonders zu Briketts gepreßt wurden, so war die Reaktion zwischen ihnen
im wesentlichen innerhalb einer Zeit von weniger als 30 Minuten beendet.
-
Die bei der Behandlung in dem Druckkessel eintretenden Reaktionen
finden im wesentlichen in fester Phase statt. Unter den herrschenden Bedingungen
mit Wasser in flüssiger Form und unter Druck wird die Löslichkeit bestimmter Stoffe
ebenso wie ihre Fähigkeit, Ionen zu bilden, gesteigert, so daß zwischen den Teilchen
ein Ionenaustausch stattfindet. Wenn die Teilchen aneinander befestigt sind, so
ergibt jede Reaktion eine allmählich gleiche Zusammensetzung der einzelnen Teilchen.
Beim nachfolgenden Schmelzvorgang werden die leicht schmelzbaren basischen Bestandteile,
die dazu neigen, sich von den schwerer schmelzbaren, an Siliciumdioxyd reichen Bestandteilen
zu trennen, infolge der Vorbehandlung chemisch gebunden, so daß sofort eine gleichmäßige
Schmelze gebildet wird. Es ist daher nicht notwendig, die Rohstoffe der hohen Temperatur
der sich homogenisierenden Schmelze auszusetzen. Dies stellt einen wesentlichen
Vorteil dar, der mit einem geringeren Abbrand des Wandmaterials des Schmelzofens
und einer erheblichen Zeitersparnis verbunden ist.
-
Es ist möglich, die Vorreaktion der durch Schmelzen in Glas oder in
einen glasartigen Stoff umzuwandelnden Rohstoffe in Anwesenheit von Stoffen durchzuführen,
die unter den Vorreaktionsbedingungen inert sind. So kann z. B. feinverteiltes organisches
Material, wie Aktivkohle oder Koksmehl, zugesetzt werden. Bei dem nachfolgenden
Schmelzen reagieren diese Stoffe mit in der Schmelze enthaltenen Salzstoffen und
rufen eine Entfärbung und/oder die Bildung von Blasen hervor. Gemäß der Erfindung
ist es auch möglich, Schaumglas zu erzeugen. Zu diesem Zweck werden die Glasrohstoffe
mit- Kohlepulver gemischt, z. B. in einem Verhältnis von 5a/o, die Mischung wird
dann in den Druckkessel eingebracht, in dem die Rohstoffe den Vorreaktionsbedingungen
ausgesetzt werden. Das erhaltene Material wird bis zum Erweichungsbeginn erhitzt
und kann dann einem Verdichtungs- oder Preßvorgang unterworfen werden, durch den
die Teilchen in dichtere Berührung miteinander kommen. Die Erhitzung wird sodänn
fortgesetzt, bis die Kohle die gewünschte Gasentwicklung mit der damit verbundenen
Verschäumung erbringt. Es ist ohne weiteres möglich, das schaumbildende Mittel auch
nach der Vorreaktion zuzusetzen. In den Fällen, in denen das Material nach der Vorreaktion
in einem Kupolofen geschmolzen wird bzw. werden soll, ist es jedoch zweckmäßig,
die Kohle vor der Vorreaktion zuzufügen und für die Vorreaktion eine vergleichsweise
große Wassermenge zu verwenden. Hierbei wird ein poröser und leichter schmelzbarer
Stoff erhalten.
-
Beim Vorbereiten der für das Verfahren gemäß der Erfindung verwendeten
Mischung der Bestandteile dürfen keine Stoffe anwesend sein, die bei den Bedingungen
des Mischvorganges Gas entwickeln. Die Erfindung unterscheidet sich in dieser Hinsicht
von der bekannten Herstellung von Leichtbetonmischungen, obgleich das nicht ausschließt,
daß kleinere Anteile solcher Stoffe in den Rohstoffmischungen, die gemäß der Erfindung
verwendet werden, enthalten sein können.
-
Beispiel 1 Eine Mischung folgender Bestandteile wurde hergestellt:
63,6 kg feinverteilter Quarzsand mit einem Gehalt |
an Si02 bis etwa 98%, |
6,7 kg Feldspat, |
21 kg Natriumhydroxyd in Form von Flocken |
und |
7 kg wasserhaltiger Kalk. |
Die Mischung wurde in einer Kugelmühle zu solcher Feinheit zermahlen, daß die gesamte
Mischung durch ein 325-Maschen-Sieb hindurchging. Sie wurde dann in kleinere Teile
von je 50 g Gewicht eingeteilt, die mit einem Druck von 800 kg/cm2 zu Briketts gepreßt
wurden.
-
Diese Briketts wurden in einen Druckkessel eingegeben und unter einem
Druck von 10 kg/cm2 20 Stunden lang einer Wärmebehandlung unterzogen, bei deren
Beendigung Gleichgewicht erreicht war. Die in dem Druckkessel stattgehabte Reaktion
genügte nicht zum Aufbau des Glasnetzwerkes. Als jedoch das erhaltene Produkt geschmolzen
wurde, zeigte sich, daß bei Erhitzung der Briketts auf eine vergleichsweise niedrige
Temperatur von etwa 1050° C eine gleichmäßige, einheitliche Glasschmelze erhalten
wurde. Wenn die Briketts nicht vorbehandelt waren, konnte eine gleichmäßige Glasschmelze
nur bei einer Temperatur von etwa 1400° C erreicht werden. Beispiel 2 Eine Mischung
folgender Bestandteile wurde hergestellt:
100 kg feinverteilter Quarzsand mit einem Ge- |
halt an Si02 von etwa 98 %, |
223 kg wasserhaltiger Kalk (Ca(OH)2). |
Das Molverhältnis zwischen Ca (OH), und SiO2 der Mischung war daher
1,5: 100.
-
Die Mischung wurde in einer Kugelmühle zu solcher Feinheit zermahlen,
daß die gesamte Mischung durch ein 325-Maschen-Sieb hindurchging.
-
Der Mischung wurde Wasser in solcher Menge zugesetzt, daß sie befeuchtet
wurde, und die befeuchtete Mischung wurde alsdann in einen Druckkessel eingegeben
und in diesem bei einem Dampfdruck von 10 kg/cm2 17 Stunden lang erhitzt. Das reagierte
Erzeugnis wurde zur Herstellung von Mineralwolle verwendet. Zu diesem Zweck wurden
160 kg des Erzeugnisses mit 220 kg Diabas gemischt und die Mischung zur Bildung
einer Schmelze in einen Ofen eingegeben, die ihrerseits in bekannter Weise durch
Anwendung einer rotierenden Scheibe zerfasert wurde.
-
Zu Vergleichszwecken wurde für den Zerfaserungsvorgang ein Rohstoff
aus 220 kg Diabas und 120 gesprengter Ofenschlacke vorbereitet.
-
Es zeigte sich, daß die Qualität der aus der Mischung von Diabas und
der gemäß der Erfindung erhaltenen synthetischen Schlacke hergestellten Mineralwolle
derjenigen der aus der Mischung von Diabas und gesprengter Ofenschlacke erzeugten
Mineralwolle in verschiedener Hinsicht überlegen war. Die Zusammensetzung des aus
der synthetischen Schlacke (Reaktionsprodukt) hergestellten Fasermaterials konnte
gleichmäßiger gehalten werden. Außerdem wurde die Notwendigkeit, den Ofenbetrieb
zu unterbrechen, um aus dem Ofen geschmolzenes Eisen zu entfernen, das sich bei
Anwendung von gesprengter Ofenschlacke im unteren Ofenteil ansammelt, vermieden.