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Verfahren zur Herstellung neuer Derivate des 1 8-Desoxyreserpsäuremethylesters
Es wurde gefunden, daß man die in der Literatur bislang nicht beschriebenen Derivate
des 1 8-Desoxyreserpsäuremethylesters der allgemeinen Formel
in welcher R ein Chloratom, eine Cyan- oder Rhodangruppe bedeutet, und ihre Salze
erhält, indem man in an sich bekannter Weise einen reaktionsfähigen Ester des 1
8-epi-Reserpsäuremethylesters der allgemeinen Formel
in welcher X ein Bromatom oder einen Sulfonsäurerest bedeutet, mit einem Alkali-
oder Erdalkalisalz der Salzsäure, Bla'usäure oder Rhodanwasserstoffsäure umsetzt
und gegebenenfalls anschließend die erhaltenen Verbindungen mit einer Mineralsäure
oder organischen Säure in ihre Salze überführt.
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Die unter Konfigurationsänderung verlaufende Reaktion führt einheitlich
zu den Derivaten des 18 - Desoxyreserpsäuremethylesters der allgemeinen Formel 1.
Vorzugsweise verwendet man als Ausgangsprodukt das Brosylat des 1 8-epi-Reserpsäuremethylesters
(Journ. Amer. Chem. Soc., 83 [1961], S. 2699). Die Umsetzung wird durch einfaches
Erhitzen der Reaktionskomponenten in einem geeigneten Lösungsmittel, z. B. Dimethylformamid,
bewirkt, wobei man zweckmäßig unter Luftausschluß arbeitet.
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Zur Herstellung der Salze der Verbindungen der allgemeinen Formel
I kommen z. B. Salzsäure, Schwefelsäure, Phosphorsäure oder Weinsäure in Frage.
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Die Verfahrensprodukte stellen wertvolle Psychopharmaka dar. Sie
besitzen eine spezifische Hemmwirkung gegenüber sekundär bedingten Reaktionen und
sind bekannten, in gleicher Weise wirksamen Reserpsäurederivaten überlegen, wie
aus folgenden Vergleichsversuchen hervorgeht: I. 1 8ß-Brom-1 8-desoxyreserpsäuremethylester
(Journ. Amer. Chem. Soc., 83 [1961], S. 2694 bis 2700).
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II. 1 8ß-Chlor-l 8-desoxyreserpsäuremethylester.
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III. 18ß-Cyan-18-desoxyreserpsäuremethylester.
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IV. 1 8ß-Rhodan-1 8-desoxyreserpsäuremethylester.
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1. Hemmung sekundär bedingter Reaktionen Es wurde die Methode von
M a ffi i (Journ. of Pharm. & Pharmacol., 11 [1959], S. 129) angewendet.
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Dabei werden Ratten trainiert, auf einen Summton, kombiniert mit einem
Schock, durch Flucht vom dunklen in einen erleuchteten Teil des Käfigs zu entweichen.
Später genügt der Summton allein, um die Reaktion auszulösen (bedingte Reaktion),
und zuletzt reicht der Reiz des Käfigs, der Umgebung, um zu fliehen (sekundär bedingte
Reaktion). Es werden nur solche Tiere in den Versuch genommen, die vor dem Versuch,
also im Leerlauf, ohne zu zögern durchlaufen. Um einen Unterschied zwischen den
in einem Käfig gehaltenen Gruppen von zehn Tieren auszuschalten,
werden
immer fünf Gruppen und fünf Substanzen gleichzeitig untersucht, indem je zwei Tiere
aus einem Käfig dieselbe Substanz erhalten.
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Im Zeitraum von 2 bis 4 Stunden werden fünf Durchgänge gemessen. Es
wird die Dosis bestimmt, bei der 500/0 der Tiere nicht mehr laufen.
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2. Sedierende Wirkung Es wurde die Potenzierung von 5-Äthyl-5-(1'-methyl-butyl)-2-thiobarbitursäure
nach T a e s c h I e r
(Journ. Pharmacol. exper. Therap., 120 [1957], S. 197) geprüft.
225 Minuten nach subcutaner Injektion der Prüfsubstanzen erhielten die Mäuse 20
mg/kg 5-Äthyl-5-(1'-methyl-butylf2-thiobarbitursäure intravenös. Diese Dosis führt
bei unbehandelten Tieren zu einer Schlafdauer von 0,7 bis 1,3 Minuten.
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Es wurden diejenigen Dosen der obengenannten Substanzen bestimmt,
die bei 50°1o der Tiere zu einer Narkosedauer von mehr als 2 Minuten führten.
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In der nachstehenden Tabelle sind die Ergebnisse zusammengestellt.
ED 50 |
5-Athyl-541 -methyl-butylf Hemmung der sekundär sekundär bedingte
Reaktion Toxizität |
Substanz 2-thiobarbitursäure-Schlaf bedingten Reaktion ED 50
LD 50.mglkg |
ED an es 50 mglkg ED 50 mglkg subcutan 5-Äthyl-541 '-methyl-butylf |
subcutan 30 Minuten 4 bis 6 Stunden 2-thiobarbitursãureSchlaf |
1 2,4 1,5 0,6 400 |
II 9,4 3,0 0,3 500 |
III 9,0 2,8 0,3 450 |
IV 3,1 0,45 0,1 410 |
Diskussion der Ergebnisse Aus der pharmakologischen und klinischen Prüfung von Phenothiazinen
ist bekannt, daß die Hemmung sekundär bedingter Reaktionen ein Maß für die neuroplegische,
die Potenzierung von Narkotica, z. B. von 5-Athyl-5-( 1 '-methyl-butyl)-2-thiobarbitursäure,
ein Maß für die sedierende Wirkung dieser Substanzen ist. Auch Reserpin besitzt
beide Wirkungskomponenten. Ziel der Entwicklung war, ein Reserpsäurederivat zu finden,
bei dem die sedierende Wirkung zurücktritt im Verhaltnis zur-affektiven Dämpfung.
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Wie aus der obigen Tabelle ersichtlich ist, besitzen die neuen Verbindungen
II, III und IV im Vergleich zu der bekannten Substanz I eine höhere Spezifität hinsichtlich
der affektiven Dämpfung. Darüber hinaus ist die Verbindung II auch in ihren absoluten
Werten der bekannten Substanz deutlich überlegen: Hinsichtlich der Hemmung der sekundär
bedingten Reaktion ist sie dreimal wirksamer, so daß bei der verminderten sedierenden
Wirkung der neuen Substanz insgesamt eine erheblich günstigere Spezifität der affektiven
Dämpfung resultiert.
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Die Toxizitäten sämtlicher Verbindungen liegen etwa in derselben
Größenordnung, so daß also insgesamt gesehen für die neuen Verbindungen ein günstigerer
therapeutischer Quotient resultiert.
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Beispiel 1 1 8ß-Chlor- 1 8-desoxyreserpsäuremethylester 6 g 1 8-epi-Reserpsäuremethylester-p-brombenzolsulfosäureester
(die aus Benzol-Methylenchlorid umkristallisierte, wasserfreie Verbindung schmilzt
bei 259"C) und 6 g wasserfreies Calciumchlorid werden in 100 ml absolutem Dimethylformamid
unter Rühren und Durchleiten von Stickstoff 1 Stunde auf 100"C erhitzt. Nach dem
Erkalten wird das Reaktionsgemisch mit 300 ml Methylenchlorid versetzt und die Lösung
viermal mit je 11 Wasser ausgeschüttelt.
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Die Methylenchloridlösung wird über Natriumsulfat getrocknet und anschließend
im Vakuum eingedampft.
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Der Rückstand wird aus Isopropanol umkristallisiert.
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Die farblosen Kristalle schmelzen bei 235 bis 237"C: Ausbeute: 2,95
g.
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[ai2oo = --105 + 0,6 (c = I in Chloroform).
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C23H2sN204CI (Molgewicht = 432,94): Berechnet C 63,800/o, H 6,750/o,
N 6,47°/o, Cl 8,19°/o: gefunden C 63,82°/o, H 6,73010, N 6,930/o, Cl 8,430/o.
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Das Hydrochlorid der Base schmilzt bei 253 bis 255°C (Zersetzung).
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Beispiel 2 18S-Cyan-l 8-desoxyreserpsäuremethylester 8 g 1 8-epi-Reserpsäuremethylester-p-brombenzolsulfosäureester
und 8 g Natriumcyanid werden in 100 ml absolutem Dimethylformamid bei 100"C unter
Stickstoff gerührt. Nach Abkühlen auf Raumtemperatur werden 500 ml Methylenchlorid
zugesetzt und die Lösung viermal mit je 1,5 ml Wasser ausgeschüttelt. Die Methylenchloridlösung
wird über Natriumsulfat getrocknet und im Vakuum eingedampft. Der verbleibende Rückstand
(5,50 g) wird aus Isopropanol - Methylenchlorid umkristallisiert; Ausbeute 3,6g.
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Nach zweimaligem Umkristallisieren schmilzt die Verbindung bei 256"C.
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[a]2D -107 si 0,6 (c = I in Chloroform-Methanol).
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C24H29N304 (Molgewicht = 423,5): Berechnet ... C 68,06010, H 6,900/0,
N 9,920/0; gefunden . C 68,820/o, H 7,050/0, N 9,940/0.
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Das Hydrochlorid der Base schmilzt bei 241"C (Zersetzung).
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Beispiel 3 18ß-Rhodan-18-desoxyreserpsäuremethylester 10 g 18-epi-Reserpsäuremethylester-p-brombenzolsulfosäureester
und 10 g wasserfreies Kaliumrhodanid werden in 150 ml absolutem Dimethylformamid
unter Rühren und Durchleiten von Stickstoff 6 Stunden auf 100°C erhitzt. Nach dem
Erkalten werden
600 ml Methylenchlorid zugesetzt und die Mischung
viermal mit je etwa 2 1 Wasser ausgeschüttelt. Die über Natriumsulfat getrocknete
Methylenchloridlösung wird im Vakuum eingedampft und der Rückstand (6,5 g) aus Isopropanol-Methylenchlorid
umkristallisiert. Die farblosen Kristalle schmelzen bei 244"C; Ausbeute 4,5 g.
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[a] D0 -122,7 i 0,6 (c = I in Chloroform-Methanol).
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C24H29N304S (Molgewicht = 455,6): Berechnet C 63,270/0, H 6,410/0,
N 9,230/0, S 7,040/0; gefunden C 63,030/0, H 6,560/0, N 9,210/0, S 7,000/0.
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Das Tartrat der Base schmilzt bei 211°C (Zersetzung).
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Beispiel 4 1 8fl-Chlor- 1 8-desoxyreserpsäuremethylester 2gl8-epi-Brom-l
8-desoxyreserpsäuremethylester (F. 213 bis 215"C aus Isopropanol; [aJ20 = +5,6 i
0,6 in Chloroform) und 2 g wasserfreies Calciumchlorid werden in 30 ml absolutem
Dimethylformamid gelöst und unter Rühren und Durchleiten von Stickstoff 31/2 Stunden
auf 100°C erhitzt.
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Nach dieser Zeit ist das gesamte Bromid umgesetzt. Die Aufarbeitung
erfolgt in der gleichen Weise wie im Beispiel 1 angegeben; Ausbeute: 1,45 g (80°/o
der Theorie); F.235°C.
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Beispiel 5 1 sß-Cyan-l 8-desoxyreserpsäuremethylester 2 g 1 8-epi-Brom-l
8-desoxyreserpsäuremethylester und 2 g Natriumcyanid werden in 30 ml absolutem Dimethylformamid
und unter Durchleiten von Stickstoff und Rühren auf 100°C erhit-t. Nach 31/2 Stunden
ist die Umsetzung beendet. Die Aufarbeitung erfolgt wie im Beispiel 2 angegeben;
Ausbeute: 0,9 g; F. 256"C.