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Verfahren zur Gewinnung des reinen 1,4-Zuckersäurelactons Die Erfindung
betrifft ein Verfahren zur Gewinnung des 1,4-Zuckersäurelactons in praktisch reiner
Form aus seinem Gemisch mit Zuckersäure und dem 3,6-Zuckersäurelacton.
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Von Reichstein, Grussner und Openauer (»Helvetica Chimica Acta«, Bd.
16, S. 1032 [1933]) wurde zwar durch Kristallisation von sirupförmiger Zuckersäure,
die neben der freien Säure das 1,4- und das 3,6-Lacton enthält, ein niedrigschmelzendes
Lacton erhalten, jedoch war es sowohl S m i th (»Journal of Chemical Society«, London,
S. 571 und 572 [1944]) als auch Mehltretter (»Advances in Carbohydrate Chemistry«,
B.8 [1954], S.234 bis 236) nicht möglich, eine einwandfreie Trennung der beiden
genannten Lactone durchzuführen, auch wenn eine übersättigte Zuckersäurelösung mit
dem reinen niedrigschmelzenden Lacton angeimpft wurde. Sutter und Reichstein (»Helvetica
Chimica Acta«, B. 21., S. 1210 bis 1214 [1938]) stellten fest, daß man bei der Kristallisation
des niedrigschmelzenden Lactons, das inzwischen als das 1,4-Zuckersäurelacton identifiziert
wurde, besondere Sorgfalt anwenden muß, damit keine Kristallisationskeime des hochschmelzenden
3,6-Zuckersäurelactons zugegen sind, da dieses Lacton viel schneller kristallisiert.
Dies ist jedoch bei der technischen Durchführung des Verfahrens nicht möglich, denn
sobald einmal 3,6-Zuckersäurelactonkeime in der Luft vorhanden sind, ist es praktisch
unmöglich, ihre Anwesenheit auszuschließen.
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Unter normalen Bedingungen liefert die Konzentrierung durch Eindampfen
einer Zuckersäure und die beiden Lactone zu etwa gleichen Teilen enthaltenden wäßrigen
Lösung und anschließender Kristallisation bei einer Temperatur oberhalb 30° C ein
Gemisch, das die beiden Lactone im Verhältnis von etwa 101/o 1,4-Lacton zu 901/o
3,6-Lacton enthält. Der Anteil des 1,4-Zuckersäurelactons steigt bei niedrigerer
Kristallisationstemperatur an, bis bei etwa 5° C das Gemisch etwa 35 % 1,4- und
etwa 6511/o 3,5-Zuckersäurelacton enthält.
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Das Verfahren nach der Erfindung beruht nun auf folgendem Befund:
Wenn man eine wäßrige Lösung, die Zuckersäure und ihre beiden Lactone zu etwa gleichen
Teilen enthält, vor der Kristallisation erhitzt, steigt der Anteil des 1,4-Zuckersäurelactons
gegenüber dem des 3,6-Zuckersäurelactons im Kristallisat an. Wird das Erhitzen genügend
lange durchgeführt, so kristallisiert allein das 1,4-Zuckersäurelacton bei Zimmertemperatur
aus. Vor der Kristallisation genügt ein 11/_ Stunden langes Erhitzen der Lösung
zum Sieden unter Rückfluß oder ein 22stündiges Erhitzen auf 85° C.
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Es besteht Grund zu der Annahme, daß durch das Erhitzen der Zuckersäure
und ihre beiden Lactone enthaltenden Lösung eine Substanz gebildet wird, welche
die Kristallisation des 3,6-Zuckersäurelactons hemmt.
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Zur Zeit ist über das Wesen dieser als »Kristallisationsinhibitor«
wirkenden Substanz nichts näheres bekannt, jedoch wird die Existenz eines solchen
Stoffes durch die Tatsache gestützt, daß eine ähnliche Hemmwirkung auf die Kristallisation
des 3,6-Lactons beobachtet wird, wenn man eine frisch bereitete wäßrige Lösung,
welche Zuckersäure und ihre Lactone zu etwa gleichen Teilen enthält, mit im Kreislauf
geführten Mutterlaugen, die aus einer vorhergehenden Kristallisation stammen oder
mit einer ein Gemisch aus 1,4- und 3,6-Zuckersäurelacton enthaltenden Lösung, die
nach dem Verfahren des deutschen Patents 1068 239 einer Gleichgewichtsreaktion unterworfen
wurde, mischt. Unter »Gleichgewichtsreaktion« ist hier eine innermolekulare Umesterung
zu verstehen, bei der durch Erhitzen der beide Lactone enthaltenden wäßrigen Lösung
ein Teil des 3,6-Lactons in das. 1,4-Lacton umgewandelt wird, wobei sich ein Gleichgewicht
zwischen beiden Lactonen einstellt.
Somit ermöglicht die Erfindung
ein Verfahren zur Gewinnung des reinen 1,4-Zuckersäurelactons aus seinem Gemisch
mit dem 3,6-Lacton und der Zuckersäure durch Kristallisation aus einer konzentrierten
wäßrigen Lösung, das dadurch gekennzeichnet ist, daß man die konzentrierte wäßrige
Lösung vor der Kristallisation längere Zeit erhitzt oder mit der Mutterlauge einer
vorhergehenden Kristallisation oder einer Lösung in der durch Erhitzen die eben
erwähnte Gleichgewichtsreaktion stattgefunden hat, mischt.
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Erfindungsgemäß wird die konzentrierte, die Lactone und die Zuckersäure
enthaltende Lösung mindestens 1 Stunde zum Sieden unter Rückfluß oder längere Zeiten
bei niedriger Temperatur, beispielsweise 24 Stunden auf 80° C, erhitzt. Es wurde
festgestellt, daß die Erhitzungsdauer, die zur Gewinnung des reinen 1,4-Zuckersäurelactons
notwendig ist, verkürzt werden kann, wenn man die Kristallisation des Lactons unterhalb
Zimmertemperatur, z. B. bei 5 bis 10° C, durchführt.
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Gemäß einer anderen Durchführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens
kann man die Mutterlauge einer Kristallisation des 1,4-Zuckersäurelactons oder eine
Lösung von isoliertem 3,6-Lacton oder von unreinem 1,4-Lacton einer mehrmals wiederholten
»Gleichgewichtsreaktion« und Konzentrierung unterwerfen, worauf man die erhaltene
Lösung einer frischen, die beiden Lactone und Zuckersäure enthaltenden Lösung zugibt.
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Die Iolierung des 1,4-Lactons läßt sich entweder durch Kristallisation
einer der »Gleichgewichtsreaktion« unterworfenen und wieder eingeengten Mutterlauge
mit oder ohne Zusatz einer dieser »Gleichgewichtsreaktion« unterworfenen Lactonlösung
oder durch Zusatz eines Teils der im Kreislauf geführten Lösung zu einer frisch
bereiteten Lösung der z. B. durch Erhitzen ins Gleichgewicht gebrachten Lactone
bewerkstelligen. Es genügen hierfür bereits 25 Gewichtsprozent im Kreislauf zurückgeführte
Lösung zur Gewinnung von reinem oder stark angereichertem kristallinem 1,4-Zuckersäurelacton.
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Am zweckmäßigsten und wirtschaftlichsten wird das erfindungsgemäße
Verfahren derart durchgeführt, daß man die Mutterlauge einer vorhergehenden Kristallisation
als Zusatzlösung verwendet und mit einer frisch bereiteten, einer »Gleichgewichtsreaktion«
unterworfenen Lösung mischt. Die Lösung, aus der das reine 1,4-Lacton auskristallisieren
soll, kann folgende Bestandteile enthalten: a) Die Mutterlauge einer in wäßriger
Lösung vorgenommenen Kristallisation des Lactongemisches, bei der die Einstellung
des Gleichgewichts der beiden Lactone durch erneutes Erhitzen herbeigeführt wurde.
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b) Die bei dem Verfahren des Patents 1068 239 (Lösungsmittelextraktion)
erhaltene wäßrige Lösung, in der durch Erhitzen ein Teil des 3,6-Lactons in das
1,4-Lacton übergeführt wurde.
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e) 1,4-Zuckersäurelacton aus Mutterlaugen, nachdem man die Hauptmenge
an 1,4-Zuckersäurelacton zur Kristallisation gebracht, abfiltriert, das Filtrat
eingedampft, das hierbei erhaltene Lactongemisch in Wasser gelöst und die Lösung
erneut erhitzt hatte, um das Gleichgewicht zwischen beiden Lactonen wieder neu einzustellen.
Das erfindungsgemäße Verfahren wird durch folgende Beispiele näher erläutert.
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Beispiel 1 Die etwa -gleiche Teile Zuckersäure und ihre beiden Lactone
enthaltende Lösung, die man z. B. bei der Behandlung einer wäßrigen Lösung von Ammoniumhydrogensaccharat
mit einem Kationenaustauscher gemäß Patent 1068 239 erhält, wurde bis zu einer Dichte
von cd2o = 1,450 eingedampft und dann 1,5 Stunden unter Rückfluß zum Sieden
erhitzt. Die Lösung wurde dann auf Zimmertemperatur abgekühlt, mit 1,4-Lacton-Monohydrat
geimpft und unter Rühren bei Zimmertemperatur zur Kristallisation gebracht. Nach
7 Tage langem Rühren wurden die Kristalle abzentrifugiert; sie stellten chromatographisch
reines 1,4-Lacton-Monohydrat vom F. = 98° C dar. Ausbeute 32,3 %, bezogen auf die
eingesetzte Menge an Zuckersäure. Beispiel 2 Die Ausgangslösung des Beispiels 1
wurde bis zu einer Dichte von d... = 1,445 eingedampft, 22 Stunden am Dampfbad auf
80 bis 90° C erhitzt, anschließend auf Zimmertemperatur abgekühlt, mit 1,4-Lacton-Monohydrat
geimpft und bei Zimmertemperatur gerührt. Nach 7tägigem Rühren wurden die Kristalle
abzentrifugiert und chromatographisch reines 1,4-Lacton-Monohydrat in 24,6%iger
Ausbeute erhalten. Beispiel 3 Die Lösung von Zuckersäure und ihren Lactonen gemäß
Beispiel 1 wurde bis zu einer Dichte von d20 = 1,450 eingedampft, 41/z Stunden auf
80° C erhitzt, nach dem Abkühlen auf 7° C mit 1,4-Lacton angeimpft und 21 Stunden
bei 7° C stehengelassen. Die Kristalle wurden abzentrifugiert und praktisch reines
1,4-Lacton-Monohydrat erhalten. Beispiel 4 Eine Zuckersäure und ihre Lactone enthaltende
Ausgangslösung wurden durch Mischen folgender Lösungen erhalten: 1. Eine Mutterlauge
der Kristallisation des 1,4-Lactons wurde durch Verdünnen mit Wasser auf eine Dichte
von 1,350 gebracht und 5 Stunden lang auf 85 bis 90° C erhitzt.
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2. Eine Lösung des 3,6-Lactons, das durch Lösungsmittelextraktion
mit Isopropanol aus einem Gemisch der beiden 3,6-Lactone nach Patent 1068 239 erhalten
wurde, in Wasser, deren Dichte 3,50 betrug und in der durch 5stündiges Erhitzen
auf 85 bis 90° C das Gleichgewicht zwischen beiden Lactonen eingestellt worden war.
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3. Eine 1,4-Lacton enthaltende wäßrige Mutterlauge der Gewinnung dieses
Lactons durch Lösungsmittelextraktion, aus der das Isopropanol durch azeotrope Destillation
im Vakuum mit Wasser entfernt und die dann 5 Stunden auf 85° C erhitzt worden war.
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Das Gemisch dieser drei Lösungen in gleichem Mengenverhältnis wurde
mit Aktivkohle behandelt, auf eine Dichte von d20 = 1,450 eingedampft, mit
1,4-Lacton-Monohydrat
angeimpft und 5 Tage gerührt. In 23,7 o/oiger Ausbeute wurde chromatisch reines
1,4-Lacton-Monohydrat gewonnen; F. = 98°C. Beispiel 5 Die im Beispiel 4 verwendete,
durch Mischen von drei Bestandteilen erhaltene Ausgangslösung wurde bis zu einer
Dichte von dzo = 1,450 bei 20° C eingedampft und dann mit der gleichen Menge
an frischer, einer »Gleichgewichtsreaktion« unterworfener Lösung von Zuckersäure
und ihren Lactonen gemischt, die aus einerAmmoniumhydrogensaccharatlösung durch
Behandeln mit einem Kationenaustauscher und anschließendes Einengen bis zu einer
Dichte von d.. = 1,450 hergestellt worden war.
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Nach dem Impfen des Gemisches mit 1,4-Lacton-Monohydrat ließ man es
unter Rühren bei Zimmertemperatur kristallisieren. Nach 7 Tagen wurden die Kristalle
abzentrifugiert und chromatographisch reines 1,4-Lacton-Monohydrat in 26 °/oiger
Ausbeute erhalten. Beispiel 6 Der Versuch des Beispiels 5 wurde wiederholt, jedoch
statt gleicher Mengen die Lösungen im Verhältnis 1 Teil der ersten Lösung zu 3 Teilen
frischer Zuckersäurelactonlösung miteinander gemischt. Zur Kristallisation ließ
man die Lösung 5 Tage, wie im Beispiel 4 beschrieben, stehen. Durch Abzentrifugieren
der Kristalle erhielt man ein Gemisch, das aus 78 Gewichtsprozent 1,4- und 22 Gewichtsprozent
3,6-Lacton bestand. Das 1,4-Zuckersäurelacton zeichnet sich durch seine prophylaktische
Wirkung gegenüber Blasenkrebs aus.