-
Verfahren zur Reinigung der Reaktionsluft bei der Herstellung von
Formaldehyd durch katalytische Umsetzung von Methanol über Silberkatalysatoren Es
ist bekannt, Formaldehyd durch Oxydation oder partielle Dehydrierung und Oxydation
von Methanol in Gegenwart von Katalysatoren herzustellen. Die Oxydation erfolgt
in Gegenwart von oxydischen Katalysatoren, während die partielle Dehydrierung und
Oxydation im allgemeinen unter Verwendung von Silber als Katalysator durchgeführt
wird.
-
Im Laufe der Entwicklung hat sich die Herstellung von Formaldehyd
in Gegenwart von Silberkatalysatoren als besonders wirtschaftlich erwiesen und großtechnisch
durchgesetzt.
-
Bei den letztgenannten Verfahren verwendet man das Silber entweder
in Form von Drahtnetzen oder von Kristallsilber. Das sogenannte Silberdrahtnetzverfahren
benutzt als Katalysatoren feinmaschige Silbernetze, die in eine größere Zahl kleiner
Röhren eingepreßt sind, über die ein genau eingestelltes, gas-- förmiges Methanol-Luft-Gemisch
geleitet wird, und die sich auf Grund der stark exothermen Oxydationsreaktion auf
600 bis 6500 C erhitzen. Die Reaküons gase werden sofort gekühlt, um die Formaldehydzersetzung
in CO und H2, die bei hohen Temperaturen in starkem Maße einsetzt, zu unterdrücken.
Die Abgase werden anschließend gründlich mit reinem Wasser gewaschen und über Dach
abgeführt. Die entstandene wässerige Formaldehydlösung wird destilliert, um das
nicht umgesetzte Methanol abzutreiben und den Formaldehydgehalt in der Lösung einzustellen.
-
Das abgetriebene Methanol wird rektifiziert und geht in den Prozeß
zurück.
-
Die zweite Methode verwendet Kristailsilber als Katalysator, das
sich in dünner Schicht in einem perforierten Tiegel befindet. Die Umsetzung erfolgt
in Gegenwart von Wasserdampf, der entweder direkt zugesetzt oder durch Verdampfung
eines Methanol-Wasser-Gemisches erzeugt wird. Nach diesem Verfahren entsteht eine
wässerige Formaldehydlösung, die wenig nicht umgesetztes Methanol enthält und ohne
besondere Nachbehandlung verkaufsfertig ist.
-
Es ist bekannt, daß bereits geringe Mengen von Verunreinigungen die
Aktivität dieser Katalysatoren sehr stark herabsetzen. Außer den festen Verunreinigungen,
die mit den Rohstoffen an den Katalysator gelangen, sind es insbesondere die in
der Reaktionsluft enthaltenen gasförmigen Verunreinigungen, die die Lebensdauer
der Katalysatoren in erhöhtem Maße verkürzen. Zu den gasförmigen Katalysatorgiften
gehören vor allem schwefel-, ammoniak oder halogenhaltige Stoffe, wie z. B. Schwefelwasserstoff,
Schwefeldioxyd, Halogene, flüchtige Halogenide, Ammoniak und Amine.
-
Zum Fernhalten dieser Katalysatorgifte sind daher
Formaldehyd anlagen
stets mit -umfangreichen Luftreinigungsapparaten ausgerüstet, die als Waschílüssigkeiten
solche Reagenzien enthalten, die störende Gase absorbieren. Der Umfang dieser Apparate
steigt mit der Anzahl der verschiedenartigen Verunreinigungen, die am größten in
der Nähe von~Industriewerken sind.
-
Nach einer gründlichen Vorreinigung vom mitgeführten Staub mit Hilfe
von Filtern wird die Luft meistens mit einer 5- bis 100/oigen wässerigen Natronlauge
gewaschen, die alle sauren Bestandteile der Luft, wie CO2, SO, und H2 S, bindet.
Jedoch erschöpft sich die Lauge dabei verhältnismäßig schnell, da sie das für die
Umsetzung unschädliche Kohlendioxyd der Luft unter Bikarbonatbildung aufnimmt. Die
verbrauchte Lauge wird anschließend regeneriert oder muß neutralisiert werden, da
sie in der anfallenden Form nicht in das Abwasser gelangen darf.
-
An eine Natronlaugewäsche schließt sich meist noch eine Methanolwäsche
an, wobei Methanol verlorengeht.
-
Bei speziellen Verunreinigungen ist außerdem eine zusätzliche Kaliumpermanganatwäsche
erforderlich, die ähnlich wie eine Natronlaugewäsche betrieben und häufig mit ihr
kombiniert wird. Die Nachreinigung der Luft geschieht in einer anschließenden Wasserwäsche.
-
Diese bekannten Luftreinigungsmethoden bedingen mehr oder minder
umfangreiche kostspielige Apparaturen
und Maßnahmen, wodurch die
Wirtschaftlichkeit des Gesamtverfahrens herabgesetzt wird.
-
Es wurde nun gefunden, daß eine wirkungsvolle Reinigung der zum Katalysator
gelangenden Luft erreicht wird, wenn die in der Formaldehydanlage hergestellte wässerige
Formaldehydlösung als Waschflüssigkeit verwendet wird.
-
Als Waschturm können dabei eine Füllkörpersäule, Glocken- oder Siebbödentürme
oder andere geeignete Einrichtungen dienen, in denen die Luft mit der Formaldehydlösung,
zweckmäßigerweise im Gegenstrom, in Berührung gebracht wird. Der chemisch reaktionsfähige
Formaldehyd bindet hierbei die Verunreinigungen und hält sie in der Flüssigkeit
fest.
-
Diese Verunreinigungen sind im Verhältnis zu der Menge der durchgesetzten
Formaldehydlösung so gering, daß sie weder die Qualität des Produktes beeinflussen
noch analytisch nachweisbar sind.
-
Besonders wirtschaftlich gestaltet sich das Verfahren, wenn die gesamte
in der Formaldehydanlage hergestellte wässerige Formaldehydlösung oder ein Teil
davon kontinuierlich durch die Wascheinrichtung für die Reaktionsluft geleitet wird.
-
Durch das Waschverfahren gemäß der Erfindung werden die bisher zur
Luftreinigung verwendeten verhältnismäßig teuren Chemikalien eingespart und durch
das in der eigenen Anlage hergestellte Produkt ersetzt, das durch die Aufnahme der
Verunreinigungen keinerlei Qualitätseinbuße erleidet.
-
Außerdem gelingt es, bei geeigneter Temperaturführung einen Teil
des nicht umgesetzten Methanols in den Prozeß zurückzuleiten. Zu diesem Zweck wird
die als Waschflüssigkeit dienende wässerige Formaldehydlösung dem Waschturm mit
einer solchen Temperatur zugeführt, bei der ein Maximum an Methanol und ein Minimum
an Formaldehyd von der Reaktionsluft aufgenommen und in den Prozeß zurückgeführt
wird. Die optimale Temperatur ist von den jeweiligen Betriebsbedingungen abhängig
und von Fall zu Fall empirisch zu ermitteln. Hierdurch ergibt sich ein weiterer
Vorteil des erfindungsgemäßen Waschverfahrens für die Lebensdauer des Katalysators.
Während der Betriebszeit steigt nämlich mit zunehmender Erschöpfung des Katalysators
der Gehalt des Endproduktes an nicht umgesetztem Methanol langsam an, so daß ein
Katalysatorwechsel vorgenommen werden muß, sobald ein maximal zulässiger Methanolgehalt
überschritten wird. Da bei dem Waschprozeß gemäß der Erfindung ein Teil des im Endprodukt
befindlichen Methanols laufend entfernt wird, wird der Anstieg des Methanolgehaltes
hierdurch stark verlangsamt, wodurch die Notwendigkeit des Katalysatorwechseis erst
nach einem entsprechend längeren Zeitraum eintritt. Um dieses Zeitintervall verlängert
sich auch die Lebensdauer des Katalysators.
-
Durch die Zurückführung des nicht umgesetzten Methanols tritt gleichzeitig
eine Erhöhung der Gesamtausbeute an Formaldehyd ein, während die auf diesem Wegen
ebenfalls in den Prozeß zurückgelangenden geringen Formaldehydmengen die katalytische
Umsetzung nicht stören.
-
Das erfindungsgemäße Verfahren wird im nachstehenden Beispiel an
Hand der Zeichnung näher erläutert, wobei die gesamte in der Anlage erzeugte wässerige
Formaldehydlösung zur Reinigung der in den Prozeß eintretenden Reaktionsluft verwendet
wird.
-
In der Zeichnung ist 1 der Waschturm, in dem die durch die Leitung
2 zugeführte Reaktionsluft erfindungsgemäß durch Behandlung mit wässeriger Formaldehydlösung
von Verunreinigungen befreit wird. 3 ist ein dem Waschturm nachgeschalteter Verdampfer,
dem durch die Leitung 4 das zur Umsetzung gelangende Methanol-Wasser-Gemisch zugesetzt
wird. 5 ist der Reaktor, in dem sich das Methanol-Wasser-Gemisch mit der Luft am
Silberkatalysator zu Formaldehyd umsetzt. Der gebildete gasförmige Formaldehyd wird
in einem Absorptionsturm 6, dem durch die Leitung 7 laufend Wasser zugeleitet wird,
im Gegenstrom von den Inertgasen abgetrennt, die dann durch die Leitung 8 abgezogen
werden. Die entstandene wässerige Formaldehydlösung wird durch die Leitung 9 in
den Waschturm 1 und, nach ihrer Verwendung als Waschflüssigkeit, durch die Leitung
10 einem Tanklager zugeführt.
-
Beispiel In den Waschturm 1, der 6 m hoch ist, einen Durchmesser
von 1 m hat und bis zu einer Höhe von 4 m mit Raschigringen (25 mm) gefüllt ist,
werden durch die Leitung 2 stündlich 2200Nm3 Luft geleitet. Der Waschturm 1 ist
einer großtechnischen Anlage zur Herstellung von Formaldehyd vorgeschaltet, die
eine Kapazität von 30000 jato 300/oiger wässeriger Formaldehydlösung besitzt und
im wesentlichen aus dem Verdampfer 3, dem Reaktor 5 und dem Absorptionsturm 6 besteht.
Als Katalysator werden Silberkristalle verwendet.
-
Durch die Leitung 9 werden dem Waschturm 1 im oberen Teil pro Stunde
3,9 m3 300/oige wässerige Formaldehydlösung, deren Temperatur auf etwa 550 C eingestellt
ist, zugeführt und am unteren Ende durch Leitung 10 wieder abgezogen. Die durch
Leitung 2 eintretende Reaktionsluft durchströmt auf ihrem Wege zum Reaktor die Formaldehydlösung
und wird dabei von den den Katalysator schädigenden Verunreinigungen befreit. Gleichzeitig
wird der Methanolgehalt der als Waschflüssigkeit dienenden wässerigen Formaldehydlösung
herabgesetzt, wie die nachstehende Gegenüberstellung der Zusammensetzung der wässerigen
Formaldehydlösung vor und nach dem Waschprozeß zeigt:
Vor dem | Nach dem |
Waschprozeß Waschprozeß |
CH2 0 ... . 29,5 °/o 30,0 ovo |
CHsOH ... . 2,6 ovo 2,20/ob |
HCOOH . . 0,005 e/o 0,005 °/o |
Durch die Reinigung der Reaktionsluft mit wässeriger Formaldehydlösung erhöht sich
die Lebensdauer des Katalysators auf 3000 Stunden gegenüber 1000 Stunden bei Verwendung
einer kombinierten Natronlauge-Wasser-Wäsche Der Methanolgehalt des fertigen Produktes
liegt unter 2,5 O/o.