-
Die Erfindung betrifft Metallwerkstoffe mit hybrid-stabilisierter Oxidschicht, Verfahren zu deren Herstellung sowie deren Verwendung insbesondere zur Herstellung von höherstabilen schwer benetzbaren Gegenständen.
-
Als Ultra- oder Superhydrophobie (UH) wird ein Eigenschaftsprofil von Festkörperoberflächen bezeichnet, das auf Grund des Zusammenwirkens geeigneter morphologischer und chemischer Eigenschaften durch außerordentlich niedrige Oberflächenenergie, eine extrem verringerte Benetzbarkeit durch Wasser und stark erniedrigte Adsorptions- und Adhäsionseigenschaften gekennzeichnet ist. Bei messtechnischer Charakterisierung der Randwinkel θ treten Werte von über 150° auf, verbunden mit einer vernachlässigbaren Hysterese (Differenz zwischen den dynamisch messbaren Fortschreit- und Rückzugswinkeln; θa ≈ θr). Beim Versuch, derartige Oberflächen mit Wasser zu benetzen, wird entweder ein Abprallen eines Wasserstrahles beobachtet, oder es werden nahezu kugelige Wassertropfen ausgebildet, die auf Grund extrem geringer Wechselwirkungskräfte auf der Oberfläche keinerlei Halt finden und daher auch bei sehr geringer Neigung abrollen.
-
Unter Aspekten möglicher Anwendungen sei einerseits auf die Möglichkeit hingewiesen, im Rahmen der Mikrofluidik geringste Flüssigkeitsmengen gleitend zu transportieren und z. B. Mikroreaktoren zu betreiben. Ein zweites Anwendungsfeld ist mit der Einstellung bestimmter biomedizinischer Effekte bei Wechselwirkung mit Proteinen u. a. gegeben. Auf der anderen Seite stellt die UH eine Möglichkeit dar, Oberflächen mit Selbstreinigungseigenschaften auszurüsten, die eine außerordentlich vereinfachte Reinhaltung von luftkontaktierten und einer Schmutzablagerung ausgesetzten Oberflächen gestatten, indem auf die Nutzung oberflächenaktiver Reinigungsmittel (Tenside) wie auch auf mechanische Unterstützung vollständig verzichtet werden kann. Bei Anwendungen im Außenbereich kann die Reinigung bereits durch Niederschläge erfolgen.
-
Im Verlaufe von nur wenig mehr als einem Jahrzehnt sind außerordentlich zahlreiche Arbeiten zu dieser Thematik erschienen, deren Schwerpunkte sowohl im Bereich der theoretischen Durchdringung als auch in der Bearbeitung und Entwicklung neuartiger experimenteller Routen und/ oder Materialien liegen. Dabei kann aus werkstofflicher Sicht die UH sowohl bei inhärent bereits mehr oder minder hydrophoben Polymeren als auch auf Keramiken und Metallen, die von Natur aus meist hydrophil sind, durch entsprechende Oberflächenmodifizierung etabliert werden.
-
Allerdings ist festzustellen, dass der Großteil der erarbeiteten Präparationsmethoden der Grundlagenforschung zuzurechnen ist und nicht für eine breit angelegte Fertigung und die Erzeugung großflächiger Teile geeignet ist. Ein weiteres, schwerwiegendes Hindernis für eine breite Anwendung besteht zudem darin, dass die ultrahydrophoben Systeme durch relativ eng begrenzte Rauheitsmerkmale im Mikrometer- und sub-Mikrometerbereich gekennzeichnet sind. Hierdurch wird eine vergleichsweise hohe mechanische Empfindlichkeit bzw. eine nur geringe Verschleißfestigkeit induziert. Für eine nachhaltige Etablierung der UH als Zielpunkt müssen daher stabilisierende Maßnahmen - insbesondere in mechanischer Hinsicht - vorgesehen werden. Eine Strategie hierfür besteht darin, eine hybrid aufgebaute Oberfläche (Komposit) mit möglichst inniger Durchdringung von anorganischen und organischen Komponenten unter Einschluss von Vernetzungsreaktionen zu schaffen, wodurch sowohl die morphologischen, die chemischen wie die mechanischen Anforderungen erfüllt werden.
-
Bei der Durchsicht der Literatur lassen sich im Detail unterschiedliche Ausgangssituationen und Herangehensweisen erkennen. Eine Reihe von Erfindungsbeschreibungen bezieht sich darauf, dass feinpartikuläre Fremdsubstanzen auf Substrate zur Erzeugung UH-relevanter morphologischer Eigenschaften aufgebracht werden, wobei die deponierten Materialien selbst nicht hydrophob sind und ihre Fixierung gleichzeitig mit der Hydrophobierung in einem zweiten Schritt erfolgt:
JP H07 - 316 564 A (1995),
JP H10 - 25 469 A (1998),
DE 197 46 053 A1 (1999),
EP 0 687 715 A2 und
DE 199 44 169 B4 (2006). Als grundsätzlich nachteilig ist hierbei anzusehen, dass der Fixierungs- und Hydrophobierungsschritt so zu erfolgen hat, dass einerseits die erforderliche Festigkeit erzielt wird, was bestimmte Aufwandsmengen bedingt, und andererseits die durch die Partikel gegebene Mikroprofilierung des Komposits durch die Überformung mit einem Flüssigkeitsfilm nicht verloren geht. In
DE 10 2005 060 734 A1 (2006) wird ein Sol-Gel-Verfahren auf der Basis vernetzter anorganischer Nanosole mit Zusätzen von Polyorganosiloxanen beschrieben, das für drucktechnische Zwecke zu einer verschleißfesten Antihaftschicht führt, ohne dass die Ultrahydrophobie im Vordergrund steht.
-
In ähnlicher Weise ist
DE 103 35 636 B4 (2006) auf die Erzeugung verschleißfester, Tihaltiger Sol-Gel-Schichten gerichtet.
-
Grundsätzlich ähnliche Verhältnisse im Oberflächenbereich bestehen auch bei solchen chemischen und elektrochemischen Verfahren, die unter Beteiligung des Metallsubstrats zum Aufwachsen anorganischer Konversionsprodukte (Oxide, Phosphate) führen und an die eine weitere Behandlungsstufe unter Anwendung organischer Medien angeschlossen wird. Beispielsweise beschreiben
AU 2004 202 975 A1 (2005) und
DE 10 2005 005 858 A1 (2006) Verfahren, bei denen auf Zink-basierten Konversionsschichten Nachbehandlungen mit mehrkomponentigen organischen Medien erfolgen. Dabei werden vorrangig schichtförmige anorganisch-organische Verbunde mit verbesserter Korrosionsbeständigkeit erzeugt. Die mechanische Stabilisierung und eine Durchdringung der Phasen ist hierbei mehr ein Nebeneffekt; ein ultrahydrophobes Eigenschaftsprofil steht nicht im Fokus.
-
In der Patentschrift
US 2005/0 060 021 A1 ist die anodische Oxidation unterschiedlicher „Ventilmetalle“, speziell von Ti, Nb und Ta beschrieben, wobei die Zielrichtung besteht, Stents zu erzeugen. Diese medizinisch seit Langem verwendeten Bauteile sollen so ausgerüstet werden, dass therapeutisch wirksame Substanzen aus den inhärenten, in Richtung des elektrischen Feldes verlaufenden Poren der anodisch erzeugten Oxide im Zuge ihres Einsatzes im Organismus freigesetzt werden können (drug delivery), um einen erneuten Verschluss (Restenose) zu vermeiden. Zum Einbringen der therapeutisch wirksamen Substanzen wird Tauchen, Aufsprühen oder Ähnliches genutzt. Al als Substrat ist nicht Gegenstand dieser Schrift.
-
WO 00/72 777 A1 bezieht sich bevorzugt auf anodisch oxidierte Zahnimplantate aus Ti und drug delivery von Knochenwachstum fördernden Substanzen, wiederum unter Nutzung der Oxidporen. Im Hinblick auf die im Nachgang zur Anodisierung vorgeschlagenen Modifizierungsmethoden werden einerseits Eintauchen, Auftropfen oder -streichen erwähnt; andererseits wird auch die Nutzung elektrischer Felder bzw. Einstellung von Spannungen angesprochen, die auf Ladungsverhältnisse bei den zu deponierenden Substanzen Bezug nimmt.
-
Im Falle von Aluminium und der in weiten Grenzen variierbaren anodischen Oxidschichtbildung wird in der Erfindungsbeschreibung
JP H06 - 306 684 A (1994) eine modifizierte Lösungszusammensetzung angewandt, die eine verbesserte Haftfestigkeit der im Nachgang aufgebrachten korrosionsfesten Beschichtung erbringen soll.
US 2005/ 0 178 664 A1 sieht für die Anodisierung den Zusatz eines Silans gemeinsam mit einem Tensid in das wässrige System vor.
-
Bei
EP 1 654 403 A1 wird im Nachgang zur anodischen Oxidschichtbildung und der Verdichtung ein thermisch auszuhärtendes Acrylharz aufgebracht, bei dem ebenfalls eine erhöhte Schutzwirkung, nicht aber ultrahydrophobe Eigenschaften angestrebt werden.
DE 39 00 169 A1 (1989) stellt ein älteres Beispiel dafür dar, dass die im Anschluss an die anodische Schichtbildung üblicherweise erfolgende Verdichtung mit einer Imprägnierung verbunden werden kann, die auf langkettig-organisch modifizierte Säuren zurückgreift und so zu einem verbesserten Schutz vor atmosphärischer Korrosion führt, nicht aber ultrahydrophobe Eigenschaften erreicht. Auch
JP H07 - 003 194 A (1995) zielt auf eine wasserabstoßende Behandlung ab; hier wird auf ein nicht näher spezifiziertes Al-Substrat eine hochglänzende Polymerbeschichtung aufgebracht. In
JP 2004 - 068 104 A ist eine anorganisch basierte Nachbehandlung mit einer Zirconium-Verbindung vorgesehen, bei der die Gegenwart von Sulfatanionen in der anodischen Schicht eine Rolle spielt.
-
Anders als in den genannten Beispielen werden in den Publikationen Tsujii et al. (
TSUJII, K. [et al.]: Superölabstoßende Oberflächen. Angew. Chem., Vol. 109, 1997, S. 1042-1044) bzw. Shibuichi et al. (
SHIBUICHI, S. [et al.]: Super water- und oil-repellent surfaces resulting from fractal structure. J. Coll. Interface Sci., Vol. 208, 1998, S. 287-294), Kijlstra et al. (
KIJLSTRA, J. [et al.]: Roughness and topology of ultra-hydrophobic surfaces. Colloids and Surfaces, A: Physicochemical and Engineering Aspects, Vol. 206, 2002, S. 521-529), Ren et al. (
REN, S. [et al.]: Preparation and characterization of an ultrahydrophobic surface based on a stearic acid self-assembled monolayer over polyethyleneimine thin films. Surface Science, Vol. 546, 2003, 64-74) und
DE 100 28 772 B4 Bedingungen genannt, die bei Aluminium auf den bereits angedeuteten Wegen zur Einstellung spezifischer Mikrorauheitseigenschaften führen sollen, die für das Zustandekommen der Ultrahydrophobie bei nachfolgender chemischer Modifizierung notwendig sind. Letzteres ist mit einer Vielzahl von hydrophoben Substanzen möglich, ohne dass jedoch eine praktisch relevante mechanische Stabilisierung erreicht werden kann.
-
DE 103 38 110 A1 offenbart einen mit Chitosan beschichteten metallischen Gegenstand durch kathodisch gestützte Chitosan-Abscheidung aus saurer Lösung. Diese für biomedizinische Zwecke relevante Chitosan-Abscheidung erfolgt dabei auf blanken Metallen, die lediglich mit luftgebildeten Oxidfilmen im unteren Nanometer-Bereich versehen sind. Nach
DE 103 38 110 A1 liegt der Zielpunkt auf der Herstellung dichter Schichten, ohne dass ultrahydrophobe Eigenschaften ausgebildet werden sollten.
-
GB 1 134 000 A offenbart ein Verfahren zur Erhöhung der Korrosionsresistenz einer eloxierten Aluminiumoberfläche umfassend die elektrophoretische Abscheidung eines wärmehärtenden Harzes auf und in eine eloxierte Oberfläche, wobei ein festanhaftender Versiegelungsfilm erhalten wird, welcher flächengleich mit der eloxierten Oberfläche ist. Überschüssiges lockeres Harz wird durch Spülen entfernt und die Oberfläche zu einer zusammenhängenden Beschichtung ausgehärtet.
-
Thieme et al. offenbart die anodische Oxidation als Basisprozess zur Herstellung einer aufgerauten Alumini-umoxidoberfläche (THIEME, M. [et al.]: Generation of Ultrahydrophobic Properties of Aluminium - A first Step to Self-Cleaning Transparently Coated Metal Surfaces. Advanced Engineering Materials, Vol. 3, 2001, No. 9, S. 691-695). Weiterhin wird die Modifizierung mit hydrophobierenden Silanen als rein chemischer Prozess zur Generierung von Ultra- bzw. Superhydrophobie beschrieben.
-
US 5 980 723 A beschreibt ein Verfahren zur elektrochemischen Herstellung von Polymerschichten oder von Komposit-Polymer-Metalloxid-Schichten, insbesondere Polyanilin-Aluminiumoxidschichten, wobei die Polyanilinphase chemisch an Aluminiumoxid gebunden ist.
-
Nach wie vor besteht ein hoher Bedarf an Metallwerkstoffen mit funktionalisierten Oberflächen bzw. Oberflächenbeschichtungen. Es ist deshalb Aufgabe der Erfindung, Metallwerkstoffe mit hybriden Schichten als dreidimensionaler Verbund anorganischer und organischer Komponenten zu schaffen, die sich insbesondere zur Herstellung von höherstabilen und/oder schwer benetzbaren Gegenständen eignen.
-
Erfindungsgemäß wird die Aufgabe durch Metallwerkstoffe mit hybrid-stabilisierter Oxidschicht gelöst, bei denen die Oxidschicht einen stängel- oder säulenartigen Oxidschichtaufbau mit Nanoporen aufweist und bei denen langkettige Polymere als separate Phase dauerhaft im Porenraum der Nanoporen eingelagert sind oder dass sie mit den an die Poren angrenzenden Materialzonen des Oxids fest verbunden sind und eine Mischphase bilden.
-
Die Metalle bestehen erfindungsgemäß aus Al, Zr, Ti oder deren Legierungen mit niedrigen Legierungsmetallgehalten.
-
Die Oxidschicht wird durch anodische Oxidation in sauren Medien mit einem hinreichend hohen Rücklösevermögen, im Einzelnen aber unterschiedlichen Zusammensetzungen gebildet und weist eine Dicke größer 0,5 µm auf. Besonders bevorzugt sind als Metalle Aluminium und deren Legierungen mit niedrigen Legierungsmetallgehalten ausgewählt, wie z. B. Al Mg1, Al MgSi0.5. Kennzeichnend ist hierfür ein stängel- oder säulenförmiger Schichtaufbau mit Nanoporen, die im Zentrum der Einzelsäulen angeordnet sind und deren Durchmesser je nach Herstellungsbedingungen im Submikrometerbereich liegt. Dies wird z. B. durch die schematische Darstellung in 1 [NIELSCH, K.: Hochgeordnete ferromagnetische Nano-Stabensembles, Elektrochemische Herstellung und magnetische Charakterisierung. Dissertation, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, 2002] verdeutlicht. Ähnliche Verhältnisse sind auch von Ti und Zr bekannt [GRIMES, C.A.: Synthesis and Application of Highly Ordered Arrays of TiO2 Nanotubes. J. Mater. Chem. Vol. 17, 2007, S. 1451-57]. Diese offenporigen Schichtgefüge spielen für die erfindungsgemäße dauerhafte Einlagerung von Polymeren in den Nanoporen eine grundlegende Rolle.
-
Durch die Einlagerung von langkettigen Polymeren erfährt die Oxidschicht eine Stabilisierung, was insbesondere für die empfindliche mikroraue Oberflächenschicht schwer benetzbarer Gegenstände wichtig ist. Zum anderen erlaubt die hybrid-stabilisierte Oxidschicht eine kovalente und damit feste Anbindung von Beschichtungen mit unterschiedlichen Eigenschaften.
-
Erfindungsgemäß ist die hybrid-stabilisierte Oxidschicht mit einer polymeren Beschichtung versehen, die kovalent an die hybrid-stabilisierte Oxidschicht gebunden ist.
-
Erfindungsgemäß weist die Oxidschicht der erfindungsgemäßen Metallwerkstoffe eine mikroraue Oberflächenmorphologie und Nanoporen auf, wobei langkettige Polymere unter Ausbildung einer separaten Phase im zuvor erzeugten Porenraum der Nanoporen dauerhaft eingelagert sind oder mit den an die Poren angrenzenden Materialzonen eine Mischphase (molekulardispersiv) bilden. Diese hybrid-stabilisierte Oxidschicht ist mit einer hydrophoben, die Oberflächenmorphologie der hybrid-stabilisierten Oxidschicht nicht signifikant verändernden Beschichtung versehen. Vorteilhaft erlaubt die hybrid-stabilisierte Oxidschicht die kovalente und damit feste Bindung der hydrophoben Beschichtung.
-
Die dauerhafte Einlagerung der langkettigen Polymere kann durch die Verwendung von polyanionischen wie polykationischen Polymeren auf unterschiedlichem Wege erreicht werden, wobei die Einlagerung sowohl in der an den Porenraum angrenzenden Randzone des festen Materials erfolgen kann (molekulardispersiv, Mischphase), oder sie kann unter Ausbildung einer separaten Phase im bereits vorgebildeten Porenraum stattfinden. Einerseits lässt sich dies durch polyanionische Polymere mit einem Säurerest hoher Dissoziationsfähigkeit gleichzeitig mit der anodischen Oxidation in sauren Medien herbeiführen. Dabei bilden die langkettigen Polymere mit den an die Nanoporen angrenzenden Materialzonen des Oxids eine Mischphase. Typische Substanzgruppen bzw. Vertreter sind a) sulfatiertes Chitosan, Chondroitinsulfat und Heparin als sulfatveresterte Glycosaminoglycane, b) Cellulosesulfate und Dextransulfate als Polyglucane, c) Polyvinylsulfat als voll synthetisches Polymer und d) das PTFE-basierte Ionomer Nafion®, das Sulfonsäuregruppen in den Seitenketten des fluorierten Polymerstrangs enthält. Andererseits können hierzu in einem der Oxidbildung nachgeschalteten Schritt polykationische Polymere verwendet werden, die bei kathodischer Polarisation und der damit verbundenen Alkalisierung im Phasengrenzbereich als unlösliche Verbindungen ausgefällt werden. Erfindungsgemäß ist das polykationische Polymer Chitosan.
-
Erfindungsgemäß besteht die hydrophobe Beschichtung aus einem mit der hybridstabilisierten Oxidschicht kovalent verbundenem, vernetztem Poly(octadecen-altmaleinsäureanhydrid), kurz POMA.
-
Durch eine Vorvernetzung der hybridstabilisierten Oxidschicht mit Epichlorhydrin, Dialdehyden (z. B. Glutaraldehyd), Diepoxiden, Dicarbonsäuren und deren Carbonsäurederivaten (z. B. Dicarbonsäureanhydride), Diisocyanaten sowie Verbindungen, die mehr als zwei Oxiran-, Carbonsäurederivat-, Aldehyd- oder Isocyanateinheiten besitzen, werden verbesserte Festigkeitseigenschaften mit der polymeren Beschichtung erreicht.
-
Erfindungsgemäß werden Metallwerkstoffe mit hybrid-stabilisierter Oxidschicht auf elektrochemischem Wege so hergestellt, dass die Oxidschicht durch anodische Oxidation in saurem Medium gebildet wird und stängel- bzw. säulenartig aufgebaut und mit Nanoporen versehen ist und dass während oder nach der Erzeugung der Oxidschicht elektrochemisch polyionische, langkettige Polymere dauerhaft in diese Schicht eingelagert werden. Die Metalle bestehen erfindungsgemäß aus Al, Zr, Ti oder deren Legierungen mit niedrigen Gehalten an Legierungselementen, wie z. B. Al Mg1 oder Al MgSi0,5.
-
Nach einer vorteilhaften Ausgestaltung des Verfahrens wird durch anodische Oxidation unter Verwendung einer sauren Lösung, die mindestens ein polyanionisches langkettiges Polymer enthält, eine Oxidschicht mit stängel- oder säulenartigem Aufbau und zentralen Nanoporen erzeugt. Gleichzeitig kommt es dabei durch die negative Ladung der langkettigen Polymere zu einer Wanderung im elektrischen Feld innerhalb der Lösung und überraschenderweise zu einer Einbeziehung dieser Polymersubstanzen in die Materialzonen des Oxids, die unmittelbar an den Raum der Nanoporen angrenzen. Damit wird eine anorganisch-organische Mischphase gebildet. Das Spezifikum des oben beschriebenen kombinierten anodischen Schritts ist die Verwendung von polyanionischen Polymeren mit einem Säurerest hoher Dissoziationsfähigkeit. Diese Eigenschaft verleiht den betreffenden Polymeren überraschenderweise auch unter den Bedingungen einer schwefelsauren Lösung eine hinreichend hohe Löslichkeit, wodurch die ebenfalls wesentliche Fähigkeit der Migration im elektrischen Feld in Richtung auf die anodisch geschaltete Probe sowie schließlich der Einbau der langkettigen Polymermoleküle in die oxidische Schicht bereits im Rahmen ihrer Erzeugung ermöglicht wird. Für diese zur mechanischen Stabilisierung der Schichtsubstanz beitragende Behandlungsstrategie eignen sich polyanionische Verbindungen, die durch kovalent gebundene Sulfatgruppen als Halbester oder durch Sulfongruppen gekennzeichnet sind. Typische Substanzgruppen bzw. Vertreter sind a) sulfatiertes Chitosan, Chondroitinsulfat und Heparin als sulfatveresterte Glycosaminoglycane, b) Cellulosesulfate und Dextransulfate als Polyglucane, c) Polyvinylsulfat als voll synthetisches Polymer und d) PTFE-basierte Ionomer Nafion®, das Sulfonsäuregruppen in den Seitenketten des fluorsubstituierten Polymerstrangs enthält.
-
Die Einlagerung langkettiger Polymere bei bereits vorliegender Oxidschicht mit einer stängel- oder säulenartig aufgebauten Oxidschicht mit Nanoporen wird erfindungsgemäß mittels einem elektrochemisch unterstützten Abscheidungsvorgang unter kathodischen Bedingungen aus schwachsauren, polykationische Polymere enthaltenden Lösungen erreicht. Die polykationischen Polymere werden im Rahmen der kathodischen Prozesse durch die damit verbundene Alkalisierung im Phasengrenzbereich als unlösliche Verbindungen ausgefällt. Erfindungsgemäß ist das polykationische Polymer Chitosan. Überraschenderweise zeigt sich, dass an einem Al-Substrat, das mit einer vergleichsweise massiven oxidischen, an sich nichtleitenden Schicht von 10-15 µm Dicke bedeckt ist, die kathodischen Prozesse in schwach saurer Lösung so gesteuert werden können, dass die zu erwartende Entwicklung von Wasserstoffgas nicht zur Zerstörung des Oxids führt, sondern dessen Integrität und zielgerichtet eingestellte raue Oberflächenmorphologie erhalten bleiben. Eine Mindeststromdichte ist aber erforderlich, damit die erwähnte Alkalisierung im Grenzflächenbereich und somit die Ausfällung des Chitosans zustande kommt. Eine kathodische Stromdichte von j = -5 mA/cm2 hat sich mit Zeiten von weniger als einer Minute in Verbindung mit einem pH-Wert von 3,8-4,0 als optimal bei der Abscheidung von Chitosan auf eine Aluminiumoxidschicht mit Nanoporen erwiesen. Analytisch konnte über Anwendung einer konkurrierenden Schichtmodifizierung durch ein kurzkettiges Alkoxysilan wie über die kathodische Metallabscheidung in den Porenräumen überraschend festgestellt werden, dass mit der Chitosan-Abscheidung eine das Nanoporensystem penetrierende und damit stabilisierende Wirkung im Sinne eines Nanofaser-Komposits eintritt.
-
Erfindungsgemäß wird die hybrid-stabilisierte Oxidschicht mit einer polymeren Beschichtung durch z. B. Dipcoating versehen, die kovalent an die hybrid-stabilisierte Oxidschicht bindet. Mit der Beschichtung kann die hybrid-stabilisierte Oxidschicht verfestigt werden. Eine weitere Verbesserung wird durch Vorvernetzung der hybrid-stabilisierten Oxidschicht mit Epichlorhydrin, Dialdehyde (z. B. Glutaraldehyd), Diepoxiden, Dicarbonsäuren und deren Carbonsäurederivaten (z. B. Dicarbonsäureanhydride), Diisocyanaten sowie Verbindungen, die mehr als zwei Oxiran-, Carbonsäurederivat-, Aldehyd- oder Isocyanateinheiten besitzen, erreicht.
-
Erfindungsgemäß wird durch intensivierte anodische Oxidation in saurem Medium eine Oxidschicht mit mikrorauer Oberflächenmorphologie erzeugt. Während oder unmittelbar nach der Erzeugung der Oxidschicht werden elektrochemisch in die Oxidschicht langkettige Polymere, wie vorgenannt eingelagert. Danach wird die hybrid-stabilisierte Oxidschicht mit einem hydrophoben, die Oberflächenmorphologie der hybrid-stabilisierten Oxidschicht nicht signifikant verändernde Polymer beschichtet, das an die hybrid-stabilisierte Oxidschicht anbindet und vernetzt. Vorteilhaft erlaubt die hybrid-stabilisierte Oxidschicht die kovalente und damit feste Bindung der hydrophoben Beschichtung.
-
Die dünnfilmbildende Modifizierung der hybrid-stabilisierten Oxidschicht wird mit der hydrophobierenden, polymeren Substanz Poly(octadecen-alt-maleinsäureanhydrid (kurz POMA) erreicht, die kovalent an das chitosanhaltige, oxidische Substrat anbindet. Dieses reaktive Polymere verbindet vorteilhafterweise die Vernetzung mit der Hydrophobierung, indem die langkettigen Alkylreste sich aufgrund des Prinzips der Minimierung der freien Oberflächenenthalpie nach außen orientieren und auf diese Weise die stark hydrophobierenden Eigenschaften dicht gepackter Methylendgruppen hervorrufen. Die kovalente Anbindung der Anhydrid-Coplymere erfolgt sowohl über Amid- als auch über Imidbindungen. XPS-Spektren belegten die erfolgreiche Anbindung dieses Polymers an die Oxid-Chitosan-Oberfläche. Die stabilisierende Wirkung der Vernetzung kann in diesem Fall noch durch eine Vorvernetzung mit oben genannten Vernetztern verstärkt werden, da für eine Anbindung von Poly(octadecen-alt-maleinsäureanhydrid) nur wenige Aminogruppen zur Verfügung stehen müssen.
-
Die erfindungsgemäßen metallischen Werkstoffe mit hydrophober Beschichtung eignen sich besonders zur Herstellung von Gegenständen mit schwer benetzbaren Oberflächen, wie sie beispielsweise für mikrofluidische Anwendungen oder im Bausektor erwünscht sein können. Dabei ist deren verbesserte Oberflächenstabilität besonders vorteilhaft.
-
Anhand beigefügter Darstellungen werden Ausführungsbeispiele der Erfindung näher erläutert. Dabei zeigen:
- 1 Stand der Technik: Schematische Darstellung des Schichtaufbaus für anodische, nanoporige Aluminiumoxide [NIELSCH, K.: Hochgeordnete ferromagnetische Nano-Stabensembles, Elektrochemische Herstellung und magnetische Charakterisierung. Dissertation, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, 2002]
- 2 REM-Aufnahme einer hybrid-stabilisierten Oxidschicht auf Al Mg1
- 3 Aufnahme eines polierten Querschliffs einer hybrid-stabilisierten Oxidschicht auf Al Mg1
- 4 Befunde bei Abrasionsbeanspruchung und Abrolltest mit Wassertröpfchen (30 µl)
- a) ohne kathodische Chitosan-Abscheidung nach POMA-Behandlung; (ohne Chitosan haften Tröpfchen auf Kreisflächen nach ≥100 mN Last).
- b) mit vorangehender kathodischer Chitosan-Abscheidung und nach POMA-Behandlung; (mit Chitosan rollen Tröpfchen noch nach 500 mN Last ab).
-
Ausführungsbeispiel 1
-
Eine Blechprobe des niedrig legierten Aluminiumwerkstoffs Al Mg1 (EN AW-5005) mit den Maßen 26x38x1 mm3 wird in Natronlauge der Konzentration 1 mol/l bei Raumtemperatur 10 min gebeizt, mit Wasser zwischengespült, in 1 mol/l HNO3 für 2 min dekapiert und wiederum gespült sowie zwischenzeitlich in Wasser aufbewahrt. Unter Verwendung einer Lösung von 2,0 mol/1 H2SO4 und 0,1 mol/1 Al2(SO4)3 und einer Platinblech-Gegenelektrode wird die anodische Oxidation bei (40±1) °C, einer Stromdichte von (30±2) mA/cm2 und unter Rührung bei einer Dauer von 1200 s durchgeführt. Die Probe wird einige Minuten unter fließendem Wasser gespült und zur Vermeidung von atmosphärisch bedingten Kontaminationen unter Wasser oder im Exsikkator aufbewahrt. Die trockene Oberfläche ist nunmehr gleichmäßig matt im Aussehen.
-
Zur Abscheidung von Chitosan wird 1 % Chitosanpulver mittlerer Kettenlänge (Deacetylierungsgrad 85 %) in 1 %-iger Essigsäure ultraschallunterstützt aufgelöst. Der pH-Wert beträgt 3,8-4,0. Der elektrochemisch unterstützte Abscheidungsvorgang erfolgt in einer Zelle mit zwei gegenüber angeordneten Pt-Blech-Gegenelektroden und schwacher Rührung bei Raumtemperatur und einer kathodischen Stromdichte j = -5 mA/cm2 über einen Zeitraum von t = 40 s. Bei Entnahme der Probe ist die Oberfläche mit überschüssigem, locker anhaftenden Chitosangel bedeckt, das mit Reinstwasser abgespült werden kann. Rasterelektronenmikroskopisch ist eine aus gebirgsartigen Graten bestehende Oberflächenmorphologie sichtbar (2), die auch durch AFM-Messungen charakterisiert wurde und die keine nachteiligen morphologischen Veränderungen durch die Chitosan-Abscheidung erkennen lässt. Der polierte Querschliff in 3 mit der kontrastverstärkenden Cu-bedampften Oxidschichtoberfläche bestätigt diese Aussage.
-
Vor der chemischen Modifizierung wird die Blechprobe bei 40 °C und 5 mbar 2 h getrocknet. Die Probe wird dann sofort zur Hyrophobierung und Vernetzung in eine 0,1 %-ige Lösung von Poly(octadecen-alt-maleinsäureanhydrid) in Aceton überführt und in dieser Lösung für 0,5 h immergiert, danach gespült und bei 120 °C über 3 h getempert.
-
Die dynamische Kontaktwinkelmessung wird an 5-10 Stellen der Probenoberfläche bei 10-20 Messpunkten des Randwinkels pro Tropfen vorgenommen. Die ultrahydrophoben Eigenschaften werden durch Werte der Fortschreit- und Rückzugswinkel von >150° mit Wasser als Messflüssigkeit belegt. In 4 sind typische Ergebnisse in Verbindung mit der Abrasionsbeanspruchung und einem Abrolltest für mit und ohne Chitosan-stabilisierter Oxidschicht gegenübergestellt. Ohne Chitosan haften Tröpfchen auf Kreisflächen nach ≥100 mN Last (4a), mit Chitosan rollen Tröpfchen noch nach 500 mN Last ab (4b), sodass sich die Chitosan-Zwischenbehandlung als vorteilhaft für die mechanischen Eigenschaften erweist.
Die Behandlung ist ebenso an Reinaluminium (EN AW-1050, -1090) oder der Al-Mg-Si-Legierung Al MgSi0,5 (EN AW-6060) durchführbar; es sind ebenso andere Probenformen und -größen einsetzbar.
-
Ausführungsbeispiel 2
-
Eine Blechprobe des Aluminiumwerkstoffs Al Mg1 (EN AW-5005) wird in 1 mol/1 Natronlauge bei Raumtemperatur 10 min gebeizt, mit Wasser zwischengespült, in 1 mol/1 HNO3 für 2 min dekapiert und wiederum gespült. Der o.g. Anodisierungslösung wird bei 40 °C 0,5-1 % gemörsertes sulfatiertes Chitosan zugesetzt und gelöst. Die anodische Oxidation und die chemische Modifizierung/ Vernetzung werden wie oben beschrieben durchgeführt. Die dynamische Kontaktwinkelmessung wurde an 5-10 Stellen der Probenoberfläche bei 10-20 Messpunkten des Randwinkels pro Tropfen vorgenommen. Es werden Fortschreitwinkel von ca. 153° und Rückzugswinkel von ca. 150° gemessen.
-
Mittels REM-Prüfungen wurde nachgewiesen, dass sich das charakteristische Oberflächenbild der anodisch hergestellten Schicht nicht verändert. Der Nachweis der Einlagerung des polymeren Chitosan-Derivats erfolgte mit dem Transmissionselektronenmikroskop an Ultramikrotomdünnschnitten dieser Proben.
-
Ausführungsbeispiel 3
-
Die Blechprobe des Aluminiumwerkstoffs wird wie unter Ausführungsbeispiel 1 oder 2 anodisiert und Chitosan wird entweder wie unter Ausführungsbeispiel 1 in einem zweiten Schritt oder wie in Ausführungsbeispiel 2 (sulfatiertes Chitosan) im ersten Schritt aufgebracht.
-
Die Chitosanschicht wird nun mit Glutaraldehyd durch Eintauchen der Probe in eine Glutaraldehydlösung in Wasser (cGA = 8 · 10-6 - 3 · 10-5 g/ml) für eine Zeit von 1-4 h zusätzlich kontrolliert vernetzt. Die Probe wird danach gründlich mit Wasser und Methanol gespült. Danach folgt der Trocknungsschritt und die chemische Modifizierung/ Vernetzung mit POMA, wie in Ausführungsbeispiel 1 beschrieben.