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Verfahren zum Herstellen eines Kunstfaserzellstoffes aus Holz u. dgl.
Es ist bekannt, daß zur Erzeugung hochwertiger Celluloseregeneratfasern und -fäden
eine möglichst hohe chemische, physikalische und morphologische Gleichmäßigkeit
des Zellstoffes notwendig ist. Die chemische Einheitlichkeit des Ausgangsmaterials
wird vor allem durch hohen Alfacellulosegehalt und entsprechend geringe Laugelöslichkeit
sowie möglichst geringen Anteil an Asche, Lignin und Extraktstoffen (Harz, Wachs
und Fett) angezeigt. Die physikalische Voraussetzung eines Zellstoffes für die Herstellung
hochfester Fasern ist vor allem hohe Einheitlichkeit in der Kettenlänge der Cellulosemoleküle,
die nur in engen Grenzen schwanken darf. Die chemische und physikalische Einheitlichkeit
ist bei den meisten Zellstoffen stark von dem morphologischen Aufbau des Rohstoffes
abhängig, wobei ein einheitlicher Fasertyp und eine gleichmäßige Faserlänge wesentlich
günstiger sind als morphologisch stark differenzierte Rohstoffe.
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Die Cellulose des Strohs und anderer Einjahrespflanzen sowie von Laubhölzern,
vor allem Buchenholz, das in neuerer Zeit eine besonders wichtige Rolle für die
Herstellung von Chemiezellstoffen spielt, setzt sich hauptsächlich aus zwei in ihrer
Dimension sehr verschiedenen Zelltypen zusammen, welche auch chemisch große Unterschiede
aufweisen. Diese Ausgangsstoffe ergeben daher Zellstoffe, die infolge ihrer morphologischen
Ungleichmäßigkeit für Spitzenqualitäten von Kunstfasern, vorzugsweise Reyon und
Cord, erfahrungsgemäß weniger günstig sind.
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So besteht z. B. Buchenholzzellstoff aus etwa 85 0/0 bis zu 2 mm langen
Sklerenchymfasern, während sich der Restteil aus extrem kurzfaserigen Zellen unter
0,1 mm Länge zusammensetzt, die aus dem Parenchymteil des Holzes stammen und meist
als Markstrahlenzellen bezeichnet werden.
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In den Zahlentafeln 1 und 2 sind für je einen ungebleichten und gebleichten
Buchenzellstoff (Chemiefasertyp) und die beiden Faseranteile die wichtigsten Analysendaten
wiedergegeben:
Zahlentafel 1 |
Ungebleichter Buchen- |
Sulfitzellstoff |
Mark- |
Original- Lang- strahl- |
Zellstoff |
fasern zellen |
Cuoxamviskosität, cP . . 32,8 36,3 16,6 |
Permanganatzahl ..... 32,8 17,9 76,0 |
Alfacellulose |
(ligninfrei ged.), °/o . . 88,0 89,7 75,3 |
(Fortsetzung Zahlentafel 1) |
Ungebleichter Buchen- |
Sulfitzellstoff |
Mark- |
Original- |
Lang- strahl- |
Zellstoff fasern zellen |
Holzgummi, % ...... 4,79 4,42 5,22 |
Extrakte |
Methanol-Benzol, o/o 0,67 0;45 1,63 |
Dichlormethan, % ... 0,36 0,30 0,69 |
Gesamtasche, mg/100 g 418 307 1082 |
Ca0, mg/100 g ...... 195 146 472 |
Si02, mg/100 g ...... 25 13 98 |
Zahlentafel 2 |
Gebleichter Buchen- |
Sulfitzellstoff |
Mark- |
Original Lang strahl- |
Zellstoff fasern zellen |
Cuoxamviskosität,cP .. 22,8 25,3 14,3 |
Alfacellulose, % ...... 89,4 90,8 83,8 |
Holzgummi, o% ....... 4,35 4,23 5,08 |
Extrakte |
Methanol-Benzol, o/0 0,27 0,12 1,20 |
Dichlormethan, % ... 0,29 0,10 1,38 |
Asche, mg/100 g ..... 82 31 387 |
Ca O, mg/100 g ...... 19 7 96 |
Si 02, mg/100 g ...... 14 7 57 |
Weißgehalt/Mg0, o/o .. 87,2 88,3 78,5 |
Anteil d Fraktionen, °/o - 85 15 |
Außer in ihrer Dimension unterscheiden sich die Markstrahlzellen
von den Langfasern somit hauptsächlich und grundlegend in folgenden Punkten: 1.
Wesentlich geringerer Durchschnittspolymerisationsgrad (Cuoxamviskosität): 2. niedrigerer
Alfaeellulosegehalt und dementsprechend höhere Laugelöslichkeit; 3. auffallend hoher
Gehalt an Asche- und Harzanteilen, wobei als besonders schwerwiegender Nachteil
der hohe Si 0z Gehalt anzusehen ist.
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Gemäß dieser analytischen Kennzeichnung ist der handelsübliche Buchenzellstoff
als Musterbeispiel für Inhomogenität anzusprechen und macht erklärlich, daß er in
seiner Verwendbarkeit für Viskosezwecke den einheitlicheren Nadelholzzellstoffen
unterlegen ist. Nadelholzzellstoff enthält zwar nach dem Aufschluß ebenfalls einen
geringen Anteil an Parenchymzellen, der zumeist 0,1 bis 2%, vereinzelt maximal 5%
beträgt, jedoch im Gange der Sortierung und Bleiche und der damit verbundenen Waschprozesse
größtenteils oder völlig ausgewaschen wird.
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In Kenntnis der nachteiligen Eigenschaften der Markstrahlzellen ist
es für Buchenzellstoff aus der Patentschrift 3 380 des Amtes für Erfindungs- und
Patentwesen in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands bekannt, diese aus dem
Langfaserstoff auszuwaschen, womit eine hochwertige Zellstoffqualität für Viskosezwecke
geschaffen werden kann. Jedoch treten hierbei entweder sehr hohe Ausbeuteverluste
unter entsprechender Verteuerung ein, oder es muß der Feinfasergehalt einer anderen
Verwendung zugeführt werden, was erhebliche Schwierigkeiten bereiten dürfte.
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Für Bisulfit-Fichtenzellstoff haben S i h t o 1 a et. a1. in »Paperi
ja Puu«, 39 [1957], 383 bis 390 (Referat im Chemischen Zentralblatt, 1958, 8786)
empfohlen, die Markstrahlzellen vor der Bleiche des Zellstoffes mechanisch zu entfernen,
um hochwertigen Viskosezellstoff zu erhalten. Dabei wird auch angegeben, daß ein
Zusatz einer Menge von bis zu 101/o gebleichter Kurzfasern zu nichtsortiertem Zellstoff
ohne Schaden möglich sei.
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Aus der USA.-Patentschrift 1806 421 ist es bekannt, ungebleichten
Zellstoff in Kurz- und Langfasern zu trennen und letztere durch chemische Behandlung
in ein hochwertiges Produkt überzuführen, während der Kurzfaseranteil Verwendungszwecken
dient, bei denen es auf eine besondere Zellstoffqualität nicht ankommt. In der Patentschrift
ist allgemein von aus cellulosehaltigen Fasermaterialien bzw. aus Hölzern gewonnenen
Zellstoffen gesprochen, doch ist das in ihr angegebene Verfahren offensichtlich
nur für Coniferenholzzellstoffe gedacht, da man einen großen Kurzfaseranteil besitzende
Rohzellstoffe, wie Laubholzzellstoffe, zur Gewinnung von Kunstfaserzellstoffen im
Zeitpunkt des bekannten Verfahrensvorschlages nicht verwendet hat.
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In der USA.-Patentschrift 1729 629 wird empfohlen, von vorher gebleichtem
oder ungebleichtem Holzzellstoff, bei dem es sich aus vorerwähntem Grund gleichfalls
nur um Coniferenholzzellstoff handeln kann, die Kurzfasern abzutrennen und sie dann
einer der Harzentfernung, Reinigung und Veredlung dienenden Behandlung zu unterwerfen,
mit welcher sie in ihrer Qualität auf diejenige des i Ausgangszellstoffes gebracht
werden sollen. Diese Behandlung kann in einer zweistufigen Bleiche, zwischen deren
Stufen eine Behandlung mit Alkalien eingeschaltet ist, bestehen. Die von den Kurzfasern
befreiten Langfasern können einer Veredlungsbehandlung unterworfen werden.
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Ferner ist in der USA.-Patentschrift 1951017 ein Verfahren angegeben,
wonach bei Holzzellstoff aus Kiefern ein separat gebleichter Feinstoff einem anderen
gebleichten Papierzellstoff zugesetzt werden kann. Eine Vermischung der Lang- und
Kurzfaserfraktionen des gleichen Zellstoffes nach getrennter, verschieden geführter
Bleiche ist dort nicht angegeben.
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Es ist auch bekannt, daß durch Faserfraktionierung von ungebleichten
Fichtenzellstoffen, die also durch Abtrennen der sogenannten Nullfasern, worunter
der bei der Fraktionierung erhaltene Abfall zu verstehen ist, erhalten sind, eine
Chlorersparnis bei der Bleiche erzielt werden kann.
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Die Erfindung schlägt nun vor, aus Laubhölzern oder Gramineen, die
zufolge der morphologischen Beschaffenheit des Rohstoffes einen großen Anteil an
von den Langfasern wesentlich verschiedenen Kurzfasern enthalten, in der Weise einen
für die Kunstfasererzeugung geeigneten Zellstoff herzustellen, daß der Ausgangszellstoff,
wie für harzreiche Hölzer. also Coniferen, an sich bekannt, in einen langfaserigen
und einen kurzfaserigen Anteil zerlegt und jede der beiden Faserfraktionen gesondert
einer Bleichbehandlung unterzogen wird, wobei man den Kurzfaseranteil im Gange einer
bekannten Mehrstufenbleiche einer alkalischen Heißveredlung mit stärkerer Lauge
unterwirft, die Langfasern dagegen nur einer Mehrstufenbleiche unter Einschaltung
einer Behandlung mit sehr schwacher Alkalilauge bei normaler Temperatur, worauf
der in seinen physikalischen und chemischen Eigenschaften an den Lang faseranteil
weitgehend angeglichene Kurzfaseranteil vorzugsweise im ursprünglichen Mengenverhältnis
wieder mit dem Langfaseranteil gemischt wird. Auf diese Weise gelingt es, zu einem
besonders hinsichtlich Polymerisationsgrad, Alfacellulosegehalt, Asche und Extraktanteilen
weitgehend homogenen Zellstoff zu gelangen.
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Die Erfindung wird dabei nur in der Gesamtkombination der im Patentanspruch
angegebenen Einzelmerkmale gesehen.
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Wie aus den in den Zahlentafeln 1 und 2 angegebenen Alfacellulosewerten
zu ersehen ist, benötigt nur der Markstrahlenzellenanteil eine Veredlung, die bei
Wiedervereinigung der beiden Faserfraktionen einen Zellstoff ergibt, dessen Alfacellulosegehalt
hohe Qualitätsansprüche erfüllt und günstiger liegt, als er mit der technisch üblichen,
mit einem relativ beträchtlichen Aufwand an Natronlauge und Dampf einhergehenden
Heißalkalisierung des nicht fraktionierten Zellstoffes erzielt werden kann. Da beim
vorliegenden Verfahren z. B. im Fall der Verwendung von Buchenholzzellstoff als
Ausgangsmaterial nur etwa 15 % des Originalstoffes der Heißalkalisierung unterzogen
werden, ergibt sich mindestens eine erhebliche Einsparung von Dampf gegenüber einer
Heißalkalisierung des gesamten Zellstoffes und ein besserer Wirkungsgrad auf den
Alfacellulosegehalt des Fertigstoffes, was als besonderer technischer Vorteil des
Verfahrens nach der Erfindung anzusprechen ist.
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Das geschilderte Verfahren ist, wie oben gesagt, auf alle Zellstoffe
anwendbar, die gemäß den morphologischen Eigenschaften des Rohstoffes aus ähnlich
uneinheitlichen
Faserarten zusammengesetzt sind wie Buchenholzzellstoff, also z. B. auch auf aus
Pappel-und Birkenholz sowie aus Stroh, Schilf und Bambus gewonnene Zellstoffe.
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Weiterhin ist das Verfahren nicht an ein bestimmtes Aufschlußverfahren
gebunden, es eignet sich viehmehr in gleicher Weise für alle nach einem der in der
Technik üblichen Aufschlußverfahren gewonnenen Zellstoffe, wofür neben dem Bisuftverfahren
vorzugsweise die alkalischen Aufschlüsse mit und ohne Vorhydrolyse sowie das Chlor-
und Salpetersäureverfahren in Betracht kommen.
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Die Fraktionierung der verschiedenartigen Zellstoffe erfolgt technisch
in starker wäßriger Verdünnung durch Siebe, deren Maschenweite auf die vorliegenden
Faserlängen abgestimmt ist. Als sehr zweckmäßig haben sich dafür Rundsiebe erwiesen.
Doch können auch andere Apparaturen, welche die Trennung der langen und kurzen Fasern
ermöglichen, eingesetzt werden, z. B. eine Langsiebpartie.
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Die Einzelheiten und Vorteile des erfindungsgemäßen Verfahrens gehen
aus folgendem Ausführungsbeispiel hervor: Sortierter Buchenzellstoff wird in einer
Verdünnung von etwa 1 : 200 einem Trommelfilter (Siebmaschenweite 0,3 X 0,25 mm)
zugeführt und in einen Langfaser- und Feinfaseranteil zerlegt. Ersterer verläßt
das Filter mit einer Stoffdichte von 3 bis 4 oh, der etwa 15% betragende Feinfaseranteil
mit einer Stoffdichte von 0,08 bis 0,12%, die in geeigneten Eindickgeräten dann
auf etwa 3 9/o erhöht wird.
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Bleiche der Langfasern 1. Chlorierung in einer Stoffdichte von 3 bis
4% mit 1,3 bis 1,59/o elementarem Chlor bei etwa 20° C während 1 bis 11/2 Stunden.
Einem Waschprozeß schließen sich eine schwache Alkalisierung bei normaler Temperatur
mit etwa 0,5% NaOH (bezogen auf Stoff) und eine erneute Stoffwäsche an.
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2. Hypochloritbleiche bei einer Stoffdichte von 6 bis 7%, 36 bis 38°
C und PH 8 bis 9 mit 0,5 bis 0,6% aktivem Chlor bis zur Erreichung des gewünschten
Weißgehaltes und Polymerisationsgrades (Viskosität).
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Bleiche der Kurzfasern Wegen der relativ geringen Menge (etwa 15 %
der gesamten Buchenzellstoffproduktion) ist hierfür nur eine kleine Anlage notwendig.
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1. Chlorierung in einer Stoffdichte von etwa 311/o und bei etwa 20°
C mit 9,59/0 elementarem Chlor für die Dauer von etwa 1 bis 11,12 Stunden. Anschließend
wird gewaschen.
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2. Heißalkalisierung. Nach Erhöhung der Stoffdichte auf 10 bis 15%
werden die Feinfasern für die Dauer von 1 bis 11/2 Stunden mit 15 bis 25% NaOH (bezogen
auf Stoff) bei 85 bis 95° C alkalisiert und dann erneut gewaschen.
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3. Hypochloritbleiche. Sie wird bei 36 bis 38° C in einer Stoffdichte
von etwa 5% mit 0,8% aktivem Chlor (bezogen auf Stoffmenge) unter Einhaltung eines
PH von 8 bis 9 bis zur Erreichung des gewünschten Polymerisationsgrades und Weißgehalt
durchgeführt. Falls letzterer es erfordert, kann eine Nachbleiche mit Natriumchlorit
angeschlossenwerden, wofürnormalerweise 0,2 bis 0,25% dieses Bleichmittels ausreichen.
Durch diese getrennte Bleiche werden für die beiden Fasertypen und ihre Mischung
im ursprünglichen Verhältnis folgende analytischen Werte erzielt:
Zahlentafel 3 |
Lang- Mark- Misch- |
fasern strahl- zellstoff |
zellen (85:15) |
Cuoxamviskosität, cP . . 23,8 23,7 23,7 |
Alfacellulose, 9/0 ...... 90,3 89,9 90,2 |
Holzgummi, 9/0 ....... 3,7 1,9 3,3 |
Extrakte |
Methanol-Benzol, % 0,32 1,0 0,42 |
Dichlormethan, 9/o ... 0,07 0,89 0,19 |
Asche, 0g/100 g ..... 35 338 78 |
Ca O, 0g/100 g ...... 11 45 16 |
Si02, 0g/100 9 ...... 6 64 14 |
Weißgehalt/Mg0, % .. 89,7 86,2 89,2 |
Der Vergleich der Analyse eines umfraktioniert aufgearbeiteten Buchenzellstoffes
und seiner Faserkomponenten (Zahlentafel 2) mit der des nach dem neuen Verfahren
hergestellten Zellstoffes (Zahlentafel 3) zeigt augenfällig den durch die Erfindung
ermöglichten Fortschritt in der Herstellung von Chemiefaserzellstoffen.
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Der nach dem Verfahren der Erfindung hergestellte Zellstoff ergibt
außerdem Kunstfasern, die den aus einem in üblicher Weise durch Heißalkalisierung
veredelten und gebleichten, also ohne Fraktionierung und getrennte Bleiche von Lang
und Kurzfasern mit anschließender Wiedervermischung hergestellten Zellstoff erhaltenen
Fasern hinsichtlich der Naßfestigkeit und insbesondere der für die Beurteilung des
Gebrauchswertes der Faser wichtigen Scheuerfestigkeit überlegen ist. So besitzt
eine nach dem Viskoseverfahren aus einem erfindungsgemäß hergestellten Buchentextilzellstoff
erzeugte Cellulosehydratfaser eine Naßfestigkeit von 32,5 Rkm, während bei Verwendung
von in herkömmlicher Weise behandeltem Buchenzellstoff die Naßfestigkeit der ersponnenen
Faser 31,0Rkm beträgt. Die Scheuerfestigkeitswerte der aus dem nach dem Verfahren
der Erfindung durch Wiedervermisihen der getrennt veredelten und gebleichten Faserfraktionen
erhaltenen Zellstoff gewonnenen Fasern betragen bei gleichbleibend niedrigem Quellwert
mindestens das Vierfache derjenigen der aus üblichem Textilzellstoff erzeugten Fasern.