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Es ist bekannt, daB man Schaumstoffe aus organischen thermoplastischen
oder elastomeren kautschukähnlichen Materialien herstellen kann. Die Herstellung
erfolgt in der Weise, daß man in diese Materialien ein organisches Treibmittel einbettet,
das sich bei Temperaturen, bei denen der Kunststoff plastisch wird, unter Gasentwicklung
zersetzt. Dabei eignen sich solche Treibmittel besonders gut, die eine hohe Gasausbeute
und dadurch eine besonders starke Treibwirkung aufweisen. Insbesondere eignen sich
solche Treibmittel, die Stickstoff freimachen und nach dem Treibvorgang farb-und
geruchlose Rückstände hinterlassen, die nicht aus dem fertig verschäumten Materialien
ausblühen.
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Es wurde nun gefunden, daß organische Verbindungen, die die Gruppierung
in der X Wasserstoff, einen aliphatischen oder cycloaliphatischen Rest oder einen
Acylrest bedeutet, ein oder mehrere Male im Molekül enthalten, sehr wirksame Treibmittel
darstellen.
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Erfindungsgemäß können z. B. folgende Verbindungen verwendet werden
: Die N-Nitroverbindungen des Harnstoffs, des Biurets und Guanylharnstoffs sowie
der Substitutionsprodukte des Harnstoffs, wie Alkyl-und Acylharnstoffe, Bis-nitroharnstoffe,
N-Nitrourethane, Bis-nitrobisurethane, Nitrodicyandiamidin, N-Nitrocarbonsäureamide,
ferner auch die N-Nitroderivate der cyclischen Harnstoffe, wie man sie z. B. aus
Äthylendiamin und Diäthylcarbonat oder aus Glyoxal und 2 Mol Harnstoff erhält, sowie
N-Nitrooxazolidone, wie sie aus Äthanolamin und Diäthylcarbonat erhalten werden.
Besonders genannt seien die folgenden Verbindungen : Fp.
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N-Nitrodicyandiamidin..........-Nitroharnstoff..................-N-Nitro-N'-cyclohexylharnstoff...
120 bis 121°C unter Zersetzung N', N-Dinitrohexamethylendiharnstoff.........................-Cyclohexan-1,4-bis-
(N'-nitrohamstoff)....................-N, N'-Dinitroäthylenharnstoff 210° C (Zersetzung)
Das
Aufschäumen von thermoplastischen oder elastomeren kautschukähnlichen KunststoSen
Anmelder : Farbenfabriken Bayer Aktiengesellschaft, Leverkusen/Bayerwerk Dr. Hans
Scheurlen, Leverkusen, und Dr. Karl-Ludwig Schmidt, Opladen, sind als Erfinder genannt
worden 2 Fp N,N'-Dinitroäthylendiharnstoff...-Nitroguanidin.................. 230°C
(Zersetzung) Nitrobiuret.................... 165°C (Zersetzung) N, N'-Dinitromethylen-bismethylurethan................
gelbes 01, nicht destilliert N-Nitro-N-isopropyl-methylurethan......................
gelbes O1, nicht destilliert N-Nitro-N-cyclohexyl-methylurethan.....................
gelbes O1, nicht destilliert N, N'-Dinitro-N, N'-dimethyloxamid 124° C N-Nitrophthalimid............
211 bis 213°C (Zersetzung) N-Nitrosuccinimid 93 bis 95° C N, N'-Dinitro-N, N'-diacetyläthylendiamin
132°C (Zersetzung) N-Nitro-ketooxazolidin.......... 103° C (Zersetzung) Diese Nitroverbindungen
können nach an sich bekannten Methoden durch Nitrierung der Grundkörper hergestellt
werden (vgl. Thiele, Uhlfelder, Liebigs Annalen der Chemie, Bd. 303, S. 108 ; Houben-Weyl,
Methoden der präp. Chemie, 4. Auflage, Bd. 8, S. 169 ; Thiele, Meyer, Berichte der
deutschen chemischen Gesellschaft, Bd. 29, S. 961
Anm. ; Curry,
Mason, Journal of the American Chemical Society, Bd. 73, Spalte 5043 bis 5046).
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Diese Verbindungen spalten bei der thermischen Zersetzung Stickstoffoxydul,
das in seinen Eigenschaften als Treibgas dem Stickstoff gleichkommt, und Kohlendioxyd
ab. Bei normaler Temperatur sind sie unbegrenzt lagerfähig. Die Gasabspaltung beginnt
erst oberhalb 100°C und setzt bei den verschiedenen Verbindungen bei unterschiedlicher
Temperatur ein, so daß man für den jeweiligen Verwendungszweck die Verbindung mit
dem geeigneten Zersetzungspunkt wählen kann. Ihre Handhabung bei der Herstellung
und Verarbeitung ist völlig gefahrlos. Die Verbindungen gemäß Erfindung sind farb-und
geruchlose, im allgemeinen kristallisierbare, zum Teil auch flüssige Körper. Sie
lassen sich ohne Schwierigkeiten in den Hochpolymeren verteilen. Die nach der Zersetzung
verbleibenden Rückstände sind ebenfalls farb-und geruchlos und zeigen keinerlei
Tendenz zum Ausblühen. Die nach dem neuen Verfahren erhaltenen Schaumstoffe haben
geschlossene Poren und zeigen vorzügliche dielektrische Eigenschaften und eignen
sich deshalb z. B. hervorragend zur Ummantelung von elektrischen Kabeln.
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Zur Herstellung von Schaumstoffen unter Verwendung der neuen Treibmittel
geht man vorteilhafterweise so vor, daß man die Nitroverbindungen in die zu treibenden
Materialien einarbeitet und in an sich bekannter Weise, gegebenenfalls in geeigneten
offenen oder geschlossenen Formen, auf solche Temperaturen erhitzt, bei denen die
Materialien genügend plastisch werden und andererseits Zersetzung der Treibmittel
unter Gasentwicklung eintritt. Im allgemeinen sind dafür Temperaturen im Bereich
von 120 bis 180°C erforderlich. Man kann selbstverständlich auch die üblichen Füllstoffe,
Weichmacher, Mischungen der genannten Treibmittel untereinander oder mit anderen
Treibmitteln verwenden. Das Einarbeiten der Treibmittel kann in an sich bekannter
Weise in den üblichen Mischapparaturen erfolgen, wobei man vorzugsweise Mengen von
0,5 bis 20 Gewichtsprozent, bezogen auf das zu treibende Material, verwendet.
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Jedoch können auch noch größere oder kleinere Mengen zur Anwendung
gelangen. Die Verbindungen gemäß der Erfindung eignen sich auch hervorragend zur
Anwendung in Kautschuklatex, wo die N2O-Abspaltung basisch katalysiert wird und
die Gasentwicklung bereits bei Temperaturen unter 100°C eintritt.
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Als Material für die Herstellung von Schaumstoffen kommen sowohl
thermoplastische Massen als auch Polyvinylchlorid, Polyäthylen, Polystyrol, Polyisobutylen
als auch härtbare Kondensationsprodukte wie Phenolformaldehyd-und Harnstoffformaldehydharze
in Frage. Ferner können auch kautschukartige Stoffe, wie Naturkautschuk und Polymerisationsprodukte
von Butadien bzw. Mischpolymerisate desselben mit aktivierten Vinylverbindungen,
verwendet werden.
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Die nach dem vorliegenden Verfahren erhaltenen Schaumstoffe zeichnen
sich infolge der hohen Gasausbeute des Treibmittels durch ein außerordentlich niedriges
spezifisches Gewicht aus.
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Aus der deutschen Patentschrift 851 848 ist bereits die Verwendung
von Oxalsäure in Gegenwart von schwefelfreien Verbindungen, die auf Grund ihres
schwachbasischen Charakters in der Lage sind, die
saure Wirkung der Oxalsäure aufzuheben,
ohne daß sie das beim Zerfall der Oxalsäure entstehende Kohlendioxyd binden, bekannt.
Als schwefelfreie Verbindung wird-dabei unter anderem Harnstoff verwendet, der aber
bei diesem Verfahren nicht als Treibmittel wirkt, wie aus dem sehr hohen Rückstand
von 75 Gewichtsprozent hervorgeht. Im Gegensatz dazu wirkt bei dem ernndungsgemäßen
Verfahren der Harnstoff selbst als Treibmittel.
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Beispiel 1 In ein Fell aus 500 Teilen Polyäthylen werden auf der
110° C heißen Walze 500 Teile Nitrodicyandiamidin eingewalzt. Die Temperatur der
Walze darf 115°C nicht übersteigen, da sonst schon teilweise Zersetzung des Treibmittels
eintritt. Das hierbei erhaltene treibmittelhaltige Fell wird anschließend granuliert
und auf einer Schneckenpresse mit beheizbarer Loch-oder Breitschlitzdüse bei einer
Temperatur von 130 bis 140°C verarbeitet. Der erhaltene Polyäthylenschaumstoff hat
vollkommen geschlossene Poren und ein spezifisches Gewicht von 0,35 g/ccm.
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Beispiel 2 500 Teile Polyäthylenpulver werden in einer Kugelmühle
mit 5 Teilen Nitrohamstoff intensiv vermischt und, wie im Beispiel 1 beschrieben,
auf einer Schneckenpresse bei 140°C verarbeitet. Der hierbei erhaltene Polyäthylenschaumstoff
hat ebenfalls geschlossene Poren und besitzt ein spezifisches Gewicht von 0,32 g/ccm.
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Mit Hilfe einer entsprechenden an sich bekannten Vorrichtung lassen
sich mit den nach Beispiel 1 und 2 erhaltenen Polyäthylenschäumen Metalldrähte ummanteln.
Der hierbei erhaltene Polyäthylenüberzug hat vorzügliche dielektrische Eigenschaften
und ist zur Isolierung von elektrischen Kabeln sehr gut geeignet.
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Beispiel 3 500 Teile Polyäthylenpulver werden in einer Kugelmühle
mit 5 Teilen Nitrocyclohexylharnstoff intensiv vermischt und, wie im Beispiel 1
beschrieben, auf einer Schneckenpresse bei 150 bis 160°C verarbeitet.
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Es wird hierbei ein Polyäthylenschaum von äußerst gleichmäßiger Porenstruktur
und einem spezifischen Gewicht von 0,36 g/ccm erhalten.