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Treibmittel Die Herstellung von Schaumstoffen aus organischen, thermoplastischen
Materialien kann so erfolgen, dafl man in den Kunststoff ein organisches Treibmittel
einarbeitet, das sich bei Temperaturen, bei denen der Kunststoff plastisch wird,
unter Gasentwicklung zersetzt. Als organische Treibmittel werden beispielsweise
aliphatische Azoverbindungen, wie Azodiisobuttersäuredinitril, Azodicarbonsäurederivate
oder Nitrosourethan bzw. -amide verwendet. Mit Ausnahme des Azodiisobuttersäuredinitrils,
das beim Zerfall in das physiologisch nicht einwandfreie Tetramethylbernsteinsäuredinitril
übergeht, verleihen die organischen Treibmittel den getriebenen Materialien oft
einen mehr oder weniger unangenehmen Geruch. Das gilt besonders auch für schwefelhaltige
Verbindungen, wie beispielsweise für das neuerdings als Treibmittel vorgeschlagene
Ben@olsulfonsäurehydrazid sowie das Oxalat des Bis-(methyliminoamino)-disulfides,
sofern man sie mit solchen Trägermaterialien verarbeitet, die nicht in der Lage
sind, die schwefelhaltigen Zersetzungsprodukte zu adsorbieren oder chemisch zu binden.
So tritt beispielsweise ein mercaptanartiger Geruch auf, wenn man Polyvinylchloridpolymerisate
mit den genannten schwefelhaltigen Verbindungen treibt.
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Es wurde nun gefunden, daB sich Oxalsäure zusammen mit schwefelfreien
Verbindungen, die wenigstens einmal die Gruppierung
im Molekül enthalten, in der X für - O oder = N R (R = H, Alkyl, Cycloalkyl, Axalkyl
oder Aryl) stehen kann, und die in wäBriger Lösung einen pH-Wert
von
< 8 aufweisen; wobei man diese Verbindungen vorzugsweise im äquimolaren Verhältnis
anwendet, hervorragend als Treibmittel zur Herstellung von Formstücken mit poröser
bzw. schwammartiger Struktur aus hochmolekularen, organischen, natürlichen oder
synthetischer, thermoplastischen oder härtbaren Stoffen oder Gemischen, die in der
Wärme zu hochmolekularen Kunststoffen aushärten, verwenden läßt. An Stelle der Mischungen
der Oxalsäure mit den genannten Carbonamiden oder Amidinen lassen sich mit Vorteil
oft die daraus erhaltenen Verbindungen anwenden.
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Geeignete schwefelfreie Verbindungen sind solche, die auf Grund ihres
schwachbasischen Charakters in der Lage sind, die Säurewirkung der gleichzeitig
mit verwendeten Oxalsäure aufzuheben, ohne daß sie das beim Zerfall der Oxalsäure
entstehende Kohlendioxyd binden. Es hat sich gezeigt, daß diese Forderung vor allem
von solchen Verbindungen erfüllt wird, die in wäßriger Lösung einen pH-Wert, der
kleiner als 8 ist, aufweisen. Als Beispiel für solche Verbindungen seien genannt
Harnstoff, Methylharnstoff, Biuret, Dicyandiamid, Melamin und
Zur Herstellung von getriebenen Stoffen mittels der neuen Treibmittel geht man vosteilhafterweise
so vor, daß man die genannten schwachbasischen Verbindungen zusammen mit Oxalsäure
vorzugsweise im äquimolaren Verhältnis in die zu treibenden Materialien- einarbeitet,
wobei man sie als solche oder in Form ihrer Lösungen anwenden kann und in bekannter
Weise, gegebenenfalls in geeigneten Formen u. dgl., auf solche Temperaturen erhitzt,
bei denen die Materialien genügend plastisch werden und bei denen eine Zersetzung
der neuen Treibmittel unter Gasentwicklung eintritt. Man kann selbstverständlich
auch die üblichen Füllstoffe, Weichmacher oder auch andere Treibmittel zusetzen.
Das Einarbeiten der Treibmittel kann in bekannter Weise in den üblichen Mischapparaturen
oder auf der Walze erfolgen, wobei man vorzugsweise Mengen von 3 bis 25°/a, bezogen
auf das zu treibende Material, anwendet.
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Anstatt die genannten schwachbasischen Verbindungen und die Oxalsäure
getrennt anzuwenden, kann es von Vorteil sein, sich die aus diesen erhältlichen
Oxalate herzustellen und in den Kunststoff einzuarbeiten. Die Oxalate können in
bekannter Weise sowohl im wäßrigen als auch im organischen Medium hergestellt werden,
im letzteren besonders dann, wenn das aus den einzelnen Komponenten entstehende
Oxalat zum hydrolytischen Zerfall neigt. Die Oxalate scheiden sich nach dem Zusammengeben
der beiden Komponenten meist innerhalb kurzer Zeit aus. Sie sind unverändert lagerfähig
und zersetzen sich, in einem indifferenten Lösungsmittel erhitzt, unter starker
Gasentwicklung. Oxalsäure allein oder ihre Alkalisalze können in dem für die genannten
thermoplastischen Materialien erforderlichen Temperaturenbereich als Treibmittel
nicht angewandt werden.
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Als Trägersubstanzen für die Herstellung poröser bzw. schwammartiger
Formstücke kommen zunächst thermoplastische Massen, wie Polyvinylchlorid und auf
Basis von Vinylchlorid aufgebaute Mischpolymerisate, z. B. mit Methacrylsäureestern,
ferner Chlorkautschuk, Polystyrol oder Polyisobutylen sowie härtbare Kondensationsprodukte,
wie Phenolformaldehydkondensationsprodukte und Harnstoffförmaldehydkondensationsprodukte,
in Frage. Ferner seien kautschukartige Stoffe, wie Naturkautschuk, und Polymerisate
von Butadienen bzw. Mischpoly merisate derselben mit aktivierten Vinylvcrbindungen
genannt. In diesen Fällen verbindet man das Verfahren gemäß Erfindung in üblicher
Weise mit einer Vulkanisation. Als Gemische, die von flüssigen oder festen Stoffen
ausgehen und erst bei der Härtung Kunststoffe ergeben, seien beispielsweise die
Gemische aus Polyisocyanaten und polyfunktionellen, reaktionsfähigen Verbindungen,
z. B. hydroxylgruppenhaltigen Estern, erwähnt. In diesen Fällen wird man durch geeignete
Auswahl von Füllstoffen dafür Sorge tragen, daß die Ausgangsmischung eine formbare
Masse darstellt.
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Die mit Hilfe der neuen oxalsäurehaltigen, schwefelfreien Treibmittel
erhaltenen getriebenen Materialien zeichnen sich durch gleichmäßige Porenbildung
und niedriges Raumgewicht aus, weisen keinen unangenehmen Geruch auf und sind nicht
verfärbt. Beispiel i In einer Paste aus 5o Gewichtsteilen Polyvinylchlorid und 5o
Gewichtsteilen Trikresylphosphat werden auf einem geeigneten Mischaggregat, z. B.
Ein-oder Dreiwalzenstuhl, 12 Gewichtsteile des Oxalates des Dicyandiamids eingemischt.
Durch Erhitzen der Mischung auf i6o bis i65° in einer geschlossenen Form unter Druck
und Abkühlen unter Druck bis auf Raumtemperatur wird ein von feinsten Poren durchsetzter
Leichtstoff erhalten, dessen spezifisches Gewicht zwischen o,2 bis 0,25 liegt
und der keinen unangenehmen Geruch aufweist. Durch Einlegen des Schaumkörpers in
kochendes Wasser läßt sich das spezifische Gewicht noch weiter erniedrigen. Das
Oxalat des Dicyandiamids wird erhalten, indem man das Dicyandiamid in eine Lösung
von 63 Gewichtsteilen Oxalsäure in 3oo Gewichtsteilen Aceton bei Raumtemperatur
einträgt, wobei die Temperatur unterhalb von 40° gehalten wird. Nach 4 Stunden filtriert
man das ausgeschiedene Dicyandiamidoxalat ab. Beispiel 2 Zu einer Paste aus 5o Gewichtsteilen
Polyvinylchlorid und 5o Gewichtsteilen Trikresylphosphat mischt ran, wie unter Beispiel
i angegeben 12 Gewichtsteile einer mechanischen, äquimolaren Mischung von Oxalsäure
und Dicyandiamid. In einer dicht schließenden Form wird die Mischung auf 16o bis
165'
unter hohem Druck erwärmt und unter Beibehaltung des Druckes
auf Raumtemperatur abgekühlt. Man erhält auf diese Weise einen sehr feinporigen
Polyvinylchloridschaumstoff, dessen Raumgewicht zwischen o,2 bis 0,25 je
nach Verarbeitungstemperatur und Treibmittelzugabe schwankt und der keinen unangenehmen
Eigengeruch aufweist.
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Beispiel 3 Eine Paste aus 5o Gewichtsteilen Polyvinylchlorid und
50 Gewichtsteilen Trikresylphosphat wird mit io Gewichtsteilen des Oxalates
eines Kondensationsproduktes aus _lminoguariidin und Dicyandiamid nach der im Beispiel
i angegebenen Arbeitsweise versetzt. Die mit Treibmittel versetzte Paste wird in
einer dicht schließenden Form unter hohem Druck auf 16o bis 165' erwärmt und unter
Druck abgekühlt. Man erhält so einen sehr feinporigen Schaumstoff mit einem spezifischen
Gewicht von etwa 0,2, der keinen unangenehmen Eigengeruch aufweist.
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Beispiel .I Gemäß Beispiel i wird eine Paste aus 5o Gewichtsteilen
Polyvinylchlorid und 5o Gewichtsteilen Trikresylphosphat mit 12 Gewichtsteilen oxalsaurem
Harnstoff mit einem Zersetzungspunkt von ioo bis i5o' vermischt. Nach Erhitzen der
Mischung auf 16o bis 165' in einer dicht schließenden Form und Abkühlung auf Raumtemperatur
unter Druck erhält man einen feinporigen Polyvinylchloridleichtstoff mit einem spezifischen
Gewicht von 0,2 bis 0,25.
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Beispiel 5 Zu einer Mischung von folgender Zusammensetzung: ioo Gewichtsteile
Helle Crepe, io Gewichtsteile Zinkweiß, 3,5 Gewichtsteile Schwefel, 1,5 Gewichtsteile
Dibenzothiazyldisulfid, 8o Gewichtsteile Kreide, 18 Gewichtsteile Mineralöl, 3 Gewichtsteile
Stearinsäure werden 3 Gewichtsteile des im Beispiel i erwähnten Dicyandiamidoxalates
eingemischt und die Mischung 35 Minuten unter Druck auf i5o' geheizt. Es entsteht
ein feinporiges, moosgummiartiges Material, das keine Verfärbung zeigt. Die Volumzunahme
beträgt 5oo°/o. .
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Beispiel 6 ioo Gewichtsteile eines durch Kondensation von Phenol und
Formaldehyd mit Kalk als Katalysator gewonnenen wasserlöslichen Harzes werden mit
12 Gewichtsteilen Dicyandiamidoxalat auf einem Mischaggregat gut vermischt und bei
14o bis 16o° im Wärmeschrank geheizt. Es entsteht ein feinporiger Schaum von niedrigem
Raumgewicht, der keinen unangenehmen Eigengeruch aufweist.
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Beispiel ioo Gewichtsteile Polystyrol werden fein gemahlen und mit
12 Gewichtsteilen Dicyandiamidoxalat (s. Beispiel i) in der Kugelmühle gut gemischt
und unter der Presse bei 16o' bei einem spezifischen Druck von Zoo kg/cm2 io Minuten
gepreßt und auf 3o bis 40' abgekühlt. Der so erhaltene Formkörper wird dann im Wärmeschrank
bei i5o' getrieben. Man erhält so einen Leichtstoff, der keinen unangenehmen Eigengeruch
aufweist.
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Beispiel 8 ioo Gewichtsteile eines aus 3,2 Mol Trimethylolpropan,
o,5 Mol Phthalsäure und 2,5 Mol Adipinsäure hergestellten Polyesters mit einer Säurezahl
von 30 und einem Hydroxylgehalt von 5,62 werden auf etwa 8o' erwärmt und mit io
Gewichtsteilen des Oxalates von Dicyandiamid (hergestellt nach der im B°ispiel i
gegebenen Vorschrift) versetzt. Das Treibmittel zersetzt sich bei diesen Temperaturen
innerhalb 3'/2 Stunden nicht. Nach der Zugabe von 65 Gewichtsteilen Toluylendiisocyanat
zum Polyestertreibmittelgemisch erfolgt die Vernetzungsreaktion unter Abspaltung
von CO, aus den Carboxylgruppen des Polyesters und gleichzeitig eine zusätzliche
Gasentwicklung aus dem Treibmittel.
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Man erhält so einen Leichtstoff mit einem Raumgewicht von 31 kg/m3
und einer Druckfestigkeit von i,1 kg/m3.
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Führt man den gleichen Versuch ohne Verwendung des Oxalattreibmittels
durch, erhält man einen Leichtstoff mit einem Raumgewicht von i2o bis 13o kg/m3.
Beispiel 9 ioo Gewichtsteile eines aus 3,2 Mol Trimethylolpropan, o,5 Mol Phthalsäure
und 2,5 Mol Adipinsäure hergestellten Polyesters mit einer Säurezahl von
30 und einem Hydroxylgehalt von 5,62 werden, wie im Beispiel 8 beschrieben,
bei 8o' mit io Gewichtsteilen Harnstoffoxalat versetzt. In diese Mischung rührt
man dann 65 Gewichtsteile Toluylendiisocyanat ein.
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Man erhält so einen Leichtstoff mit einem Raumgewicht von 56 kg/m3
und einer Druckfestigkeit von 3,8 kg/m3.