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Verfahren zur Gewinnung eines dextranähnlichen Polysaccharids aus
Pullularia pullulans Von den extracellulären Schleimsubstanzen, die von Mikroorganismen
gebildet werden, haben in neuerer Zeit die Dextrane besondere Bedeutung erlangt.
Als wasserlösliche Hochpolymere haben sie medizinische sowie technische Anwendung
gefunden. Es können auch wasserunlösliche polymere Derivate hergestellt werden.
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Die als Dextran bezeichneten Polysaccharide sind charakterisiert
durch ihren einheitlichen Aufbau aus D-Glucose, durch das hohe spezifische Drehungsvermögen
([a] 2D = + 180 bis t 2100), die vorwiegende Verknüpfung der Glucoseeinheiten über
a-1,6-Bindungen mit Verzweigungen durch a-1,4- und/oder a-1,3-Verknüpfungen sowie
durch ihre Bildung auf dem Wege der enzymatischen Übertragung der D-Glucosereste
mittels transglycosidierenden Enzymen. Als Substrat für die auch extracellulär wirksamen
Enzyme dient vorwiegend Saccharose, daneben wurde die transglycosidierende Dextranbildung
auch bei der Spaltung von Dextrin beobachtet. Die Enzyme) die zur Dextranbildung
führen, sind als Dextran-Sucrase bzw. Dextran-Dextrinase bekannt.
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Die Mikroorganismen, welche diese Enzyme produzieren gehören vorwiegend
der Leuconostocgruppe an (Leuconostoc mesenteroides, Leuconostoc dextranicus und
Leuconostoc citrovorus). Dextranbildung ist ferner beschrieben für Betacoccus arabinosaceous,
Microccus gumosus, Betabacterium vermiforme (Literatur siehe A. G. Foster und M.Stacey:
»The Polysaccharides from Lower Plants such as Bacteria, Algae, Fungi and Lichens
etc., and the Related Enzymes« im Handbuch der Pflanzenphysiologie, Bd. VI, S. 331,
Springer-Verlag, Berlin, Göttingen, Heidelberg, 1958).
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Es wurde nun gefunden, daß man ein neues dextranähnliches Polysaccharid
aus Kohlehydraten mittels Mikroorganismen in der Weise gewinnen kann, daß man den
Pilz Aureobasidium pullulans (de Bary) Arnoud [Syn.
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Pullularia pullulans (de Bary) Berkhout], einen zu den Rußtaupilzen
gehörenden Mikroorganismus, verwendet und das gebildete dextranähnliche Polysaccharid
in an sich bekannter Weise aus dem Kulturfiltrat isoliert.
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Dieses Polysaccharid, das im folgenden auch als Pullulan bezeichnet
wird, liefert bei der vollständigen Hydrolyse ebenso wie Dextran als einziges Spaltprodukt
Glucose Unter geeigneten Kulturbedingungen verwandelt der Pilz die Kohlenstoffquelle
des Nährsubstrates in hoher Ausbeute, gegebenenfalls etwa 5001, und darüber, in
das dextranähnliche Polysaccharid.
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Von den bekannten Dextranen unterscheidet sich das durch Pullularia
pullulans gebildete Polysaccharid in mehrfacher Hinsicht: 7Die spezifische Drehung
ist um etwa 20 bis 30° geringer als bei den zahlreichen beschriebenen Leuconostoc-Dextranen
(A. Jean es, W. C. H nyn es, C. A.Wilham, I. C.Rankin, E. H. Melvin, M. J.
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Austin, 1. E. Cluskey, B. E. Fisher, M. W.
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Tschuiya, C. E. Rist, 3. Am. Chem. Soc., 76, s. 5041 [1954]).
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Nach den genannten Autoren besteht eine Korrelation zwischen der
Höhe der Drehung und dem Gehalt an a-1,3-Verknüpfungen bei Dextranen. Bei dem von
Pullularia gebildeten Produkt können demnach a-t,3-Bindungen ausgeschlossen werden.
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2. Im Ultraspektrum zeigt sich, daß wie in Dextran a-glycosidische
Bindungen vorliegen (Typ 2 a peak bei 845 cm-1 [vgl. 3. Chem. Soc., 1954, S. i71]).
Im Gegensatz zu zahlreichen Dextranen, insbesondere einem Glucan, das durch den
Schimmelpilz Aspergillus niger produziert wird und Nigeran genannt wurde, finden
sich keine 1,3-Verknüpfungen. Neben a-1,6-Bindungen liegen in größerem Umfange a-1,4-Bindungen
vor (Typ 1 und 3 Absorption bei 925 cm-l und 750 cm-l, kleine Absorptionsbande bei
768 cm-l).
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3. In serologischer Beziehung zeigt sich, daß von menschlichem Antidextran
nur ein Teil durch das Pullularia Polysaccharid gefällt wird und daß hierzu wesentlich
größere Mengen benötigt werden als von normalem Dextran mit langen a-1,6-Ketten.
In der Kreuzreaktion mit Typ 2 Antipneumokokkenserum fällt das Pullularia Polysaccharid
wesentlich mehr Antikörper als normale Dextrane.
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4. Molekulargewicht und -gestalt, gemessen an der Viskosität von Lösungen,
sind von den Kulturbedingungen abhängig. So läßt sich z. B. durch Zusatz von 0,01
0/o Maltose zum glucosehaltigen Medium ein Produkt besonders hoher Viskosität gewinnen,
während
ohne Zusatz von Maltose Polysaccharide erhalten werden, die in Lösung geringere
Viskosität als die Leuconostoc-Dextrane zeigen.
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5. Das Produkt besteht, wie die Hydrolyse und Papierchromatographie
zeigen, so wie Dextran -ausschließlich aus Glucose Partialhydrolysate mit verdünnter
Säure bei 1000 C oder mit konzentrierter Säure bei tiefer Temperatur (0° C) zeigen,
daß, wie bei diesen, eine erhebliche Menge Isomaltose gebildet wird, im Gegensatz
zur Partialhydrolyse von Dextran aber nur sehr wenig oder gar kein Obligosaccharid
größerer Kettenlänge. Dies spricht dafür, daß im Pullularia-Polysaccharid neben
nur sehr kurzen 1,6-Ketten in größerer Menge säure--labile Verknüpfungen anderer
Struktur vorhanden sind.
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6. Der chemische Mechanismus der Polysaccharidbildung muß bei Aureobasidium
pullulans auf einem völlig anderen Prinzip beruhen, als er für die bisher beschriebenen
Dextrane bekannt ist. Als Substrat für die Polysaccharidbildung können nämlich verschiedene
Monosaccharide dienen, vor allem Glucose und Fructose, oder es kann mit ähnlicher
Ausbeute auch Saccharose verwendet werden. Dieses Disaccharid wird vermutlich primär
zu Monosacchariden gespalten, welche dann dem Pilz als Ausgangsmaterial -für das
Polyglucosan dienen. Diese Fähigkeit zur Polyglucosansynthese aus Monosacchariden
unterscheidet Aureobasidium pullulans von den bisher untersuchten dextranbildenden
Bakterien und macht einen Bildungsmechanismus über eine primäre Phosphorylierung
bzw. über Uridindiphosphatglucose wahrscheinlich.
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Es handelt sich sowohl um einen neuen Typ von Polyglucosan als auch
um einen neuen Typ einer enzymatischen Glucosansynthese. Das neue Polysaccharid
wurde nach seinem Vorkommen in Pullularia pullulans mit dem Namen »Pullulan« bezeichnet.
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Das Maximum der Pullulanbildung ist im allgemeinen nach 120 Stunden
erreicht. Im Durchschnitt werden nach dieser Zeit etwa 2201, der vorgelegten Glucose
oder 2001o der Saccharose zu Pullulan polymerisiert. Durch Zugabe von 1,2y-Thiamin
je Milliliter läßt sich das Pilzwachstum noch stimulieren, was mit einer Steigerung
der -Pullulanbildung bis zu etwa 3001, der vorgelegten Kohlenstoffquelle verbunden
ist.
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Die Kultivierung von Pullularin pullulans in einem Medium, das durch
Filtration sterilisierte Glucose enthält, liefert etwa ein Drittel der Menge an
Polysaccharid, die man bei Hitzesterilisation unter Thiaminzusatz erhalten kann.
Es ist anzunehmen, daß während der Erhitzung der Glucose ein stimulierender Faktor
eventuell ein Starter für die Pullulansynthese gebildet wird. Durch Abtrennung der
freien Glucose aus hitzesterilisiertem -Zucker durch Fällung mit Aceton und Extraktion
des Niederschlages mit Methanol läßt sich eine Fraktion gerinnen, die, in relativ
kleiner Menge dem steriiiltrierten Ansatz zugesetzt, eine starke Fördeirung der
Glucosepolymerisation bewirkt. In solchen Ansätzen können bis zu -5001, Polysaccharid,
berechnet auf eingesetzte Glucose, erhalten werden.
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Pullulan läßt sich ebenso wie die bereits bekannten Dextrane als
Infusionsflüssigkeit, z.B. zur Verhütung des Operationsschocks, allgemein zur Erhaltung
des normalen colloid-osmotischen Drucks in Blutkreislauf und Gewebe verwenden. Bei
geeigneter Kultur des Organismus ist im Gegensatz zu Dextranen eine Partialhydrolyse
nicht notwendig, da das Produkt in leicht löslicher Form anfällt und 2- bis 40loige
Lösungen noch leicht fließend - sind und durch Filtration sterilisiert werden können.
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Streicht man konzentrierte Pullulanlösungen auf glatten Oberflächen
aus und läßt sie trocknen, so entstehen - insbesondere bei Weichmacherngeschmeidige
durchsichtige Folien, die in Wasser augenblicklich quellen und in Lösung gehen.
Das Verfahren kann sinngemäß auch zur Herstellung wasserlöslicher Kapseln oder Hüllen
für Heilmittel angewendet werden.
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Beispiel 1 1 l der Nährlösung nach Czapek-Dox, der3gNaNO3, 1g K2HPO4,
0,5 g MgSO4-7H2O, 0,5 g 0,5g KCl, 0,01 g Fe SO4 7H2O und 30 g Glucose enthält und
dessen p,-Wert 7,2 beträgt, wird 30 Minuten bei 112 atü autoklaviert. Nach dem Erkalten
wird die Nährlösung mit 50 ml einer 48 Stunden alten Vorkultur von Aureobasidium
pullulans in Czapek-Dox-Medium (6 108 Zellen je Milliliter) beimpft und unter Belüftung
120 Stunden bei 27° C bebrütet. Nach beendeter Inkubation werden die Zellen bei
6000 Ulmin abzentrifugiert und das Kulturmedium bei 20000 U/min vorgereinigt. Das
Polysaccharid wird mit dem 1 ,2fachen Volumen Aceton ausgefällt. Die Ausbeute beträgt
6,6 g = 220in der vorgelegten Glucose.
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Zur Reinigung wird das Rohprodukt wiederholt in Wasser gelöst und
unter starkem Rühren mit Aceton gefällt. Nach 4- bis Smaligem Umfällen wird ein
reinweiß es, körniges Produkt mit einem Drehwert von [a]2D = + 168° erhalten.
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Beispiel 2 Zu 11 Czapek-Dox-Nährlösung entsprechend Beispiel 1 werden
vor der Sterilisation noch 1,20 mg Thiamin in Form des Hydrochlorids hinzugefügt.
Nach der Beimpfung mit 50 ml einer 48 Stunden alten Vorkultur von Aureobasidium
pullulans in Czapek-Dox-Medium wird unter Belüftung 120 Stunden bei 27° C bebrütet.
Anschließend werden die Zellen bei 6000U/min abzentrifugiert. Nach der Vorreinigung
durch scharfes Zentrifugieren bei 20 000 Ulmin wird das Polysaccharid mit dem 1,2fachen
Volumen Aceton ausgefällt. Die Ausbeute beträgt 9 g = 300in der vorgelegten Glucose.
Nach der Reinigung durch wiederholtes Lösen in Wasser und Fällen mit Aceton erhält
man ein reinweißes und körniges Produkt mit einem Drehwert von [a]2D0 = + 168".
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Beispiel 3 Zu 11 Czapek-Dox-Nährlösung entsprechend Beispiel 1 werden
an Stelle von Glucose Saccharose bzw. Fructose gegeben. Nach der Beimpfung mit jeweils
50 ml einer 48 Stunden alten Vorkultur von Aureobasidium in Czapek-Dox-Medium wird
unter Belüftung 120 Stunden bei 27° C bebrütet. Anschließend werden die Zellen bei
6000 U/min abzentrifugiert, das Kulturmedium durch scharfes Zentrifugieren bei 20
000 U/min vorgereinigt und das Polysaccharid durch Zugabe des 1,2fachen Volumens
Aceton ausgefällt. Die Ausbeute beträgt mit Saccharose als Kohlenstoffquelle 6 g
= 200in der vorgelegten Saccharose, mit Fructose als Kohlenstoffquelle 3,3 g = 11
010 der vorgelegten Fructose.
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Beispiel 4 11 der Czapek-Dox-Nährlösung entsprechend Beispiel 1 wird
durch ein Ganzglasbakterienfilter (Schott 17 G 5) steril filtriert und mit 50 ml
einer 48 Stunden alten Vorkultur von Aureobasidium pullulans in sterjijiltriertem
Czapek-Dox-Medium beimpft. Nach 120 Stunden langer Bebrütung bei 27° C werden die
Zellen bei 6000 U/min abzentrifugiert und das Kulturmedium durch nochmaliges scharfes
Zentrifugieren bei 20000 U/min vorgereinigt.
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-Das Polysaccharid wird mit dem 1,2fachen Volumen
Aceton
ausgefällt. Die Ausbeute beträgt 3 g = 100/o der vorgelegten Glucose. Nach der Reinigung
durch wiederholtes Lösen in Wasser und Fällen mit dem 1,2fachen Volumen Aceton erhält
man ein reinweißes, körniges Produkt, dessen optische Aktivität [a]2,0 + 1680 beträgt.
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Beispiel 5 50 g Glucose werden bei neutralem pu-Wert in destilliertem
Wasser bei 1/2 atü 1/2 Stunde lang autoklaviert.
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Nach dem Abkühlen wird die Glucose durch 4stündige Inkubation bei
27° C mit 100 g Bäckerhefe entfernt und die Flüssigkeit nach Abzentrifugieren der
Hefe bei 6000 U/min auf 10 ml eingeengt. Nach Entfernen einer vorwiegend aus Zuckern
bestehenden Fraktion mittels Aceton (doppeltes Volumen) und nochmaligem Einengen
wird nach einer zweiten Acetonbehandlung (doppeltes Volumen) das erhaltene Präzipitat
mit Methanol extrahiert. Das stimulierende Produkt befindet sich in dem nach dem
Einengen des methanolischen Extrakts erhaltenen Sirup. 50 mg des Sirups werden vor
der Sterilfiltration entsprechend Beispiel 4 zu 11 Czapek-Dox-Nährlösung wie im
Beispiel 1 gegeben und mit 50ml einer 48 Stunden alten Vorkultur von Aureobasidium
pullulans in sterilfiltriertem Czapek-Dox-Medium beimpft. Nach 120stündiger Bebrütung
bei 27° C werden die Zellen bei 6000 Ulmin abzentrifugiert und das Kulturmedium
durch nochmaliges scharfes Zentrifugieren bei 20 000 U/min vorgereinigt. Das Polysaccharid
wird mit dem 1 ,2fachen Volumen Aceton ausgefällt.
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Die Ausbeute beträgt 14 g = 460in der vorgelegten Glucose. Nach der
Reinigung durch wiederholtes Lösen
in Wasser und Fällen mit dem 1,2fachen Volumen
Aceton erhält man ein reinweißes körniges Produkt, dessen optische Aktivität [a]2D0
= + 168° beträgt.
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PATENTANSPRUCKE: 1. Verfahren zur Gewinnung eines dextranähnlichen
Polysaccharids mittels Mikroorganismen aus Kohlehydraten, dadurch gekennzeichnet,
daß man Aureobasidium pullulans (de Bary) Arnoud [Syn. Pullularis pullulans (de
Bary) berkhout] verwendet und das gebildete dextranähnliche Polysaccharid in an
sich bekannter Weise aus dem Kulturfiltrat isoliert.