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Verfahren zum Härten von Aminoplast-Preßmassen Als latente Härtungskatalysatoren
in Aminoplast-Preßmassen kommen bekanntlich neutrale, schwach saure oder schwach
basische Substanzen in Betracht, die unter Preßbedingungen infolge Abspaltung oder
Bildung einer Saure die Härtung des Harzes während des Preßvorganges katalytisch
beschleunigen. An solche Härtersubstanzen ist weiterhin die Forderung zu stellen,
unter den Lagerungsbedingungen der Preßmassen ausreichend stabil zu sein und praktisch
keine Azidität zu entwickeln, um eine vorzeitige Härtung der Masse und damit eine
Verminderung ihres Fließvermögens zu vermeiden.
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Die meisten bisher bekannten Härter zeigen entweder eine zu geringe
Härterwirkung oder setzen bereits während der Lagerung die Fließeigenschaften der
Preßmassen so stark herab, daß die Massen nicht mehr zu verarbeiten sind. Preßlinge
aus » iiberhärteten « Massen sind überdies spröde, zeigen eine schlechte Schlagzähigkeit
und eine erhebliche Wasseraufnahme. Außerdem muß ein Teil der bekannten Härtungskatalysatoren,
insbesondere solche, die unter Normalbedingungen Flüssigkeiten sind, zwecks gleichmäßiger
Verteilung in der Preßmasse bereits dem Flüssigharz zugesetzt werden, gegebenenfalls
unter gleichzeitiger Zugabe von Füllstoffen und/oder anderen Zusatzstoffen, so daß
diese Härter am anschließenden Trocknungsprozeß der Masse teilnehmen und auf diese
Weise sehr leicht infolge thermischer Abspaltung von Saure die Härtung der Preßmasse
vorzeitig herbeiführen.
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Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist ein Verfahren zum Härten
von Aminoplast-Preßmassen mittels latenter Härtungskatalysatoren, bei dem als solche
Katalysatoren Säureaddukte des Harnstoffs oder Gemische derartiger Säureaddukte,
gegebenenfalls in Mischung mit üblichen Harem, verwendet werden, und zwar in einer
Menge von 0, 01 bis 3°/o, vorzugsweise 0, 1 bis 0, 3°/0, bezogen auf die getrocknete
Preßmasse.
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In der vorliegenden Beschreibung und in den Ansprüchen werden unter
dem Ausdruck) >Aminoplast-Preßmassen «-entsprechend Normblatt DIN 7708, Blatt
3-warmformbare und warmhärtbare Preßmassen verstanden, die aus aminoplastischen
Kunstharzen mit oder ohne Füllstoff und anderen Zusatzstoffen, wie Gleitmitteln,
Pigmenten od. dgl., bestehen. Gemäß der genannten DIN-Schrift umfaßt der Begriff
» aminoplastische Kunstharze « Kondensationsprodukte von Aminogruppen enthaltenden
Verbindungen, insbesondere Harnstoff, Thioharnstoff, Dicyandiamid, Melamin und/oder
ihren Derivaten, mit Aldehyden, insbesondere Formaldehyd.
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Die erfindungsgemäß als latente Härter geeigneten Säureadditionsverbindungen
des Harnstoffs lassen sich infolge ihrer kristallinen Beschaffenheit in die getrocknete
Preßmasse leicht durch Einkollern, gegebenenfalls zusammen mit anderen Zusatzstoffen,
gleichmäßig verteilen und gestatten durch Wahl der Härtermenge die nachträgliche
Einstellung des gewünschten Fließvermögens der
Preßmasse unter Berücksichtigung ihres
Feuchtigkeitsgehaltes.
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Die beanspruchten Härtungskatalysatoren zeichnen sich weiterhin dadurch
aus, daß sie die Fließfähigkeit von Aminoplast-Preßmassen selbst nach 6tägiger Lagerung
bei einer Temperatur von 40° C nicht merklich herabsetzen, was abschätzend einer
Lagerbeständigkeit bei normalen Temperaturen von mindestens 112Jahr entspricht.
Sie zeigen unter Preßbedingungen, d. h. unter der gleichzeitigen Einwirkung von
Wärme und Druck, hohe Härtungsgeschwindigkeit und bewirken eine gute und gleichmäßige
Durchhärtung des Preßstückes. Der Glanz der Preßlinge ist auch nach einstündigem
Kochen sehr gut. Die mechanischen, thermischen und elektrischen Eigenschaften der
aus Aminoplast-Preßmassen hergestellten Preßstücke werden durch den Härterzusatz
in Form von Säureaddukten des Harnstoffs günstig beeinflußt. Insbesondere ist die
Wasseraufnahme der Preßkörper im Bereich der Preßzeit von 1 bis 10 Minuten niedrig
und nahezu konstant.
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Die Herstellung der Harnstoff-Saureaddukte erfolgt in bekannter Weise
durch Anlagerung von 1 oder 2 Äquivalenten Saure pro 1 Mol Harnstoff, beispielsweise
im wäßrigen oder wäßrigen-alkoholischen Medium. Die Menge des benutzten Härtungskatalysators
kann je nach dem gewählten Säureaddukt des Harnstoffs, der Harzart der Preßmasse
sowie ihrem Feuchtigkeitsgehalt weitgehend innerhalb der angegebenen Grenzen variiert
werden.
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Aus der französischen Patentschrift 916 670 ist es bekannt, Melamin
oder dessen Salze als Beschleuniger des Härtungsvorganges von Harnstoff-Formaldehyd-Harzen
einzusetzen. Die Unterschiede in den Wirkungen dieser Melaminverbindungen im Vergleich
zu den beanspruchten Säureaddukten des Harnstoffes treten besonders dann in Erscheinung,
wenn man Preßkörper 4 Tage bei 20°C in
Wasser lagert und dann die
Wasseraufnahme bestimmt. Eine erhöhte oder überhöhte Wasseraufnahme kann einerseits
eintreten, wenn das Preßstück unzureichend gehärtet ist (Unterhärtung) oder infolge
Überhärtung Blasen oder Risse oder beides aufweist. Je besser ein Preßstück durch-
gehärtet
ist, desto geringer ist auch seine Wasseraufnahme, die somit, jeweils auf eine bestimmte
Preßmasse bezogen, ein unmittelbarer Maßstab für die Wirklichkeit eines Härters
und deren Abhängikeit von Preßzeit und -temperatur wird.
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Prüfungsergebnisse Wasseradsorption von gepreßten Rundplaketten aus
cellulosegefüllten Harnstoffharz-preßmassen in Abhängigkeit von Här4terart, Preßzeit
und-temperatur bei 4tägiger Lagerung in Wasser bei 20°C Wasseraufnahme in Gramm
je Hälfte der Rundplakette (Durchmesser : 70 mm ; Dicke : 3 mm)
Härterart |
Melaminformiat I Melaminacetat I Melaminchlorid I Harnstoff-Salicylat |
Härterzusatz (Gewichtsprozent) |
0, 5 0, 5 0, 5 1 0, 25 |
PreBtemperatur (°C) |
140 1 150 1 160 1 140 1 150 1 160 1 140 1 150 1 160 1 140 1
150 1 160 |
Tabelle 1 : Harzkomponente : reines Harnstoffharz
Preßzeit (Minuten) |
l...................... 0, 57 0, 43 0, 37 0, 63 0, 39 0, 31
0, 84 0, 52 0, 30 0, 45 0, 22 0, 15 |
0, 0, 39 0, 35 0, 35 0, 36 0, 29 0, 20 0, 47 0, 30 0, 24 0,
31 0, 12 0, 11 |
............... 0,31 0,32 Ü 0,28 0,21 Ü 0,39 0,27 Ü 0,26 0,10 |
0, 0, 34 0, 37 Ü 0, 25 0, 24 Ü 0, 31 0, 24 Ü 0, 22 0, 08 Ü |
10...................... 0, 29 Ü Ü 0, 22 Ü U 0, 27 0, 20 Ü
0, 17 0,08 Ü |
Tabelle 2 : Harzkomponente : phenolmodifiziertes Harnstoffharz
Preßzeit (Minuten) |
0, 0, 35 0, 31 0, 38 0, 53 0, 45 0, 30 0, 46 0, 33 0, 44 0,
49 0, 18 0, 20 |
0, 0, 30 0, 27 0, 36 0, 24 0, 24 0, 20 0, 30 0, 22 0, 21 0,
31 0, 13 0, 09 |
0, 0, 28 0, 26 U 0, 26 0, 19 Ü 0, 24 0, 22 t 0, 18 0, 11 Ü |
7 ............. 0,26 Ü Ü 0,22 Ü Ü 0,21 0,20 Ü 0,18 0,07 |
10...................... 0, 26 Ü Ü 0, 20 Ü Ü 0, 19 Ü Ü 0, 14
0, 07 Ü |
t-= Eberhärtung Aus den Werten dieser Tabelle folgt, daß zur gleichmäßigen und vollständigen
Durchhärtung der beiden untersuchten Preßmassen bei Verwendung der Melaminverbindungen
gemäß französischer Patentschrift 916 670 ein Härterzusatz von 0, 5 Gewichtsprozent,
bezogen auf trockene Gesamtmassen, erforderlich ist, während beim Arbeiten mit einem
Harnstoff-Säureaddukt gemäß vorliegender Erfindung die Hälfte dieses Härterzusatzes
vollauf genügt. Bei der fürHamstoffharz-Preßmassen üblichen Preßtemperatur von 150°C
ist der Aushärtungsgrad beim Arbeiten mit einem Harnstoff-Saureaddukt gemäß vorliegender
Erfindung doppelt so hoch wie bei Verwendung von Melaminsalzen gemäß französischer
Patentschrift 916 670. Werden zugleich die zu verwendenden Härtermengen berücksichtigt,
so ist das Harnstoff-Säureaddukt gemäß vorliegender Erfindung als Aminoplast-Härtungskatalysator
viermal so wirksam wie die Melaminsalze gemäß französischer Patentschrift 916 670.
Es kommt hinzu, daß beim Arbeiten mit Melaminaddukten als Härter bei längeren Preßzeiten
leicht Überhärtung eintritt, was sich durch Blasen-und Rißbildung zeigt, während
bei Verwdnung von Harnstoff-Säureaddukten solche Überhärtungserscheinungen selbst
bei Preßzeiten bis zu 10 Minuten nicht auftreten. Für die Praxis bedeutet dies,
daß die Harnstoffaddukte gemäß vorliegender Erfindung ein sichereres Arbeiten ermöglichen,
was besonders bei der Herstellung dickwandiger Preßteile deutlich wird.
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Die Zahlen der folgenden Beispiele bedeuten Gewichtsteile bzw. Gewichtsprozente.
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Beispiel 1 3680 Teile einer wäßrigen Lösung eines Kondensationsproduktes
aus Harnstoff und Formaldehyd im molaren Verhältnis 1 : 2 mit einem Harzgehalt von
etwa 55°/0 werden mit 1055 Teilen Cellulose und 15, 3 0/, Zinkstearat vermischt.
Das erhaltene Knetgut wird in einem heißen Luftstrom auf einen Feuchtigkeitsgehalt
von etwa 4, 5 °/0 getrocknet und anschließend gemahlen. In diese pulverförmige Masse
werden 0, 3% Harnstoff-Halicylat und 3 °/0 Pigment eingekollert.
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Es wird eine alterungsbeständige und leicht fließende Masse erhalten,
die beim Pressen rasch durchhärtet. Die mechanischen, thermischen und elektrischen
Eigenschaften der bei 150°C gepreßten Priifkörper sind aus nachfolgender Tabelle
zu entnehmen : Biegefestigkeit (kg/cm2) DIN 53 452 .. 1112 Schlagzähigkeit (cmkg/cm2)
DIN 53 453..... 8, 7 Kerbschlagzähigkeit (cmkg/cm2) DIN 53 453 ..... 2, 4 Formbeständigkeit
nach Martens (°C) DIN 53458... 118 Durchschlagfestigkeit (kV/mm) DIN 53 481 .....
9, 4 Wasseraufnahme (mg) DIN 53 472... 118 Die Preßlinge zeigen einen guten Glanz
und eine ausgezeichnete Beständigkeit gegen kaltes und kochendes
Wasser.
Nach 4 Tagen Lagerung in Wasser bei 20° C ist die Wasseradsorption der Preßlinge,
gemessen an dem Viertel einer gepreßten Prüfplakette von 69 mm Durchmesser und 3
mm Dicke, bei Preßzeiten von 1 bis lOMinuten gering :
Preßzeit |
Minuten |
1 # 2 1 3 1 5 1 10 |
Wasseraufnahme (mg) 81, 4 67, 0 | 67, 5 93, 3 119, 0 |
Preßtemperatur : 150°C.
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Eine 6tägige Lagerung der Preßmasse bei 40°C führt nicht zu einer
merklichen Beeinträchtigung ihres Fließvermögens.
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Beispiel 2 2500 Teile einer wäßrigen Lösung eines Kondensationsprodukts,
in bekannter Weise hergestellt aus 776 Teilen Harnstoff, 332 Teilen Melamin und
2320 Teilen 30°/Oiger wäßriger Formaldehydlösung, mit einem Harzgehalt von etwa
59 0/,, werden mit 780 Teilen Cellulose und 11, 3 Teilen Zinkstearat vermischt und
anschließend auf einen Feuchtigkeitsgehalt von etwa 4, 5 °/o getrocknet. In diese
vorzerkleinerte Masse werden 0, 3 °/0 Harnstoff-Oxalat und 3 °l0 Pigment eingekollert.
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Es resultiert eine leicht fließende und rasch härtende Preßmasse
mit guter alterungsbeständigkeit, Bei 6tägiger
Lagerung der Preßmasse bei 40°C tritt
keine nennenswerte Verminderung ihrer Fließfähigkeit ein. Die daraus hergestellten
Preßlinge zeigen einen guten Glanz, ausgezeichnete Beständigkeit gegen kaltes und
kochendes Wasser sowie eine geringe Wasseradsorption.