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Verfahren zur Herstellung fluorhaltiger ungesättigter Steroide Die
fluorhaltigen Steroide haben in letzter Zeit zunehmend an Bedeutung gewonnen. Besonderes
Interesse besitzen vor allem Steroide mit Fluorsubstituenten in 6- und 9-Stellung.
Gegenüber den halogenfreien Muttersubstanzen weisen diese Verbindungen eine wesentlich
gesteigerte therapeutische Wirksamkeit auf.
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von bisher unbekannten
ungesättigten fluorhaltigen Steroiden der allgemeinen Formel
(R = H oder Acyl), die zusätzlich noch eine 1(2)-ständige Doppelbindung enthalten
können.
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Es wurde gefunden, daß man diese Verbindungen herstellen kann, wenn
man von einer Verbindung der allgemeinen Formel I ausgeht
(Ac = niederer Acylrest).
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Die Umwandlung in die erfindungsgemäßen ungesättigten fluorhaltigen
Steroide gelingt über mehrere Reaktionsstufen. Das Reaktionsschema des Verfahrens
nach der Erfindung ist aus der Zeichnung ersichtlich.
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Aus einer Verbindung der Formel I wird durch Einwirkung z. B. einer
Persäure das entsprechende 6a,7a-Epoxyd hergestellt (II) und dieses durch Anlagerung
von Fluorwasserstoff in das 9(11)-ungesättigte 6-Fluor-7a-hydroxy-steroid übergeführt
(III). Durch anschließende Dehydratisierung erhält man ein 6-Fluor-4,6,9(11)-trien,
in das gegebenenfalls eine weitere 1(2)-ständige Doppelbindung eingeführt werden
kann. Durch Anlagerung von H O Br an ein so erhaltenes Trien bzw. Tetraen erhält
man das entsprechende 6-Fluor-9a-bromsteroid (Va, Vb), das durch aufeinanderfolgende
Behandlung mit einem halogenwasserstoffabspaltenden Mittel und Fluorwasserstoff
in ein 6,9a-Difluor-steroid (VIIa, VIIb) übergeführt wird. Durch Umesterung bzw.
Verseifung und anschließende Veresterung der Verbindungen (VIIa, VIIb) können weitere
pharmakologisch interessante ungesättigte 6,9a-Difluor-steroid-21-acylate hergestellt
werden.
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Gegenstand der Erfindung ist dementsprechend ein Verfahren zur Herstellung
fluorhaltiger ungesättigter Steroide, welches darin besteht, daß man ein Steroid
der Formel
(Ac = niederes Acyl) durch aufeinanderfolgende Einwirkung von Persäure, Fluorwasserstoff
und einem
wasserabspaltenden Mittel in ein 6-Fluor-steroid der Formel
(Ac hat die angegebene Bedeutung), umwandelt und letzteres, gegebenenfalls nach
Einführung einer 1(2)-ständigen Doppelbindung auf einer beliebigen Reaktionsstufe,
durch aufeinanderfolgende Behandlung mit unterbromiger Säure, einem halogenwasserstoffabspaltenden
Mittel und Fluorwasserstoff in ein 6,9a-Difluor-steroid der Formel überführt.
(.Ac hat die angegebene Bedeutung; in 1(2)-Stellung kann eine weitere Doppelbindung
vorhanden sein). Das so erhaltene 6,9a-Difluor-steroid kann gegebenenfalls durch
übliche Umesterung in einen anderen physiologisch unbedenklichen 21-Ester übergeführt
oder durch Einwirkung verseifender Mittel in das entsprechende 21-Hy droxysteroid
umgewandelt und letzteres gegebenenfalls nach an sich üblichen Veresterungsmethoden
in einen physiologisch unbedenklichen 21-Ester übergeführt werden.
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Die Herstellung der 6a,7a-Oxidoverbindungen (II) erfolgt z. B. durch
längeres Stehenlassen eines 6-Dehydrosteroids (I) mit einer Persäure, wie z. B.
Monoperphthalsäure, in Lösungsmitteln, wie z. B. Chloroform oder Methylenchlorid.
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Bei der Umsetzung eines 6a,7a-Oxido-steroids (II) mit Fluorwasserstoff
wird nicht nur der Epoxydring aufgespalten, sondern gleichzeitig durch Wasserabspaltung
eine 9(11)-ständige Doppelbindung eingeführt; man erhält daher direkt das entsprechende
6-Fluor-7a-hydroxy-9(11)-dehydro-steroid (III). Diese überraschende Reaktion stellt
einen wesentlichen Bestandteil der vorliegenden Erfindung dar. Als Lösungsmittel
für diese Verfahrensstufe wird vorzugsweise Chloroform verwendet. Die Reaktion führt
man vorteilhaft in Gegenwart einer Lewis-Base, wie z. B. Tetrahydrofuran, durch.
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Die Dehydratisiening einer 6-Fluor-7a-hydroxy-9(11)-dehydroverbindung
(III) zum entsprechenden 6-Fluor-6,9(11)-bis-dehydro-steroid (IVa) erfolgt nach
an sich üblichen Methoden. In den meisten Fällen gelingt die Wasserabspaltung bereits
bei Zusatz einer stärkeren Säure, z. B. durch Stehenlassen der Lösung mit Bromwasserstoff
in Eisessig bei Raumtemperatur. Gute Ausbeuten erhält man auch durch Umsetzung von
Verbindung (I11) mit p-Toluolsulfonsäure in Toluol oder einem anderen indifferenten
Lösungsmittel. Zweckmäßiger-weise arbeitet man bei der Siedetemperatur des verwendeten
Lösungsmittels.
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Nach dieser Dehydratisierung unter Bildung eines 4,6,9(11)-Triens
(IVa) kann zusätzlich eine 1(2)-ständige Doppelbindung eingeführt werden (IVb).
Sämtliche anschließenden Reaktionsstufen können sowohl mit den in 4,6- als auch
mit den in 1,4,6-Stellung ungesättigten Verbindungen durchgeführt werden.
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Die in 9(11)-Stellung ungesättigten Steroide (IVa bzw. IVb) lassen
sich nach an sich bekannten Methoden mit unterbromiger Säure zu den entsprechenden
9a-Brom-11ß-hydroxy-steroiden (Va bzw. Vb) umsetzen. Besonders gute Ausbeuten werden
erzielt, wenn die Addition von unterbromiger Säure durch Einwirkung von N-Bromsuccinimid
oder N-Bromacetamid in Gegenwart von Perchlorsäure erfolgt. Durch anschließende
Behandlung der so hergestellten 9a-Brom-llß-hydroxy-steroide mit alkalischen Mitteln,
vorzugsweise Kaliumacetat, erhält man daraus die entsprechenden 9ß,llß-Oxidoverbindungen
(VIa bzw. VIb). Aus diesen können durch Behandlung mit Fluorwasserstoff nach an
sich bekannten Verfahren in guter Ausbeute die entsprechenden 9a-Fluor-1 lß-hydroxysteroide
(VIIa bzw. VIIb) gewonnen werden.
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Die 21-ständige Estergruppe einer Verbindung der Formel VIIa, VIIb
kann in an sich bekannter Weise, z. B. durch Einwirkung von Natriumhydrogencarbonat,
verseift werden. Der so entstehende freie Alkohol (VIII a, VIIIb) kann nach üblichen
Acylierungsmethoden, z. B. mit den folgenden Säuren, zu einem physiologisch unbedenklichen
Ester umgesetzt werden: Essigsäure und ihre höheren Homologen, z. B. tert.-Butylessigsäure;
Bernsteinsäure und deren höhere Homologe, Amino- oder Alkylaminocarbonsäuren, Tetrahydrophthalsäure,
Aminodicarbonsäuren, wie z. B. Asparaginsäure, Cyclopentylpropionsäure, Phosphorsäure,
Schwefelsäure usw. Statt der Säuren können auch deren für Veresterungsreaktionen
geeignete Derivate, wie z. B. Säurechloride oder -anhydride, verwendet werden. Die
21-Estergruppe einer Verbindung der Formel VIIa, VIIb kann auch durch eine Umesterungsreaktion,
z. B. mit tert. Butylessigsäure, in eine Verbindung der Formel IXa, IXb umgewandelt
werden.
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Im Anschluß an die Wasserabspaltung aus dem 6-Fluor-7a-hydroxy-steroid
(III -+- IV) können alle geschilderten Reaktionen sowohl mit den 4,6-Pregnadienen
(IV a bis IXa) als auch mit den entsprechenden 1(2)-dehydrierten Verbindungen (IVb
bis IXb) durchgeführt werden. Es kann aber auch in jeder beliebigen Reaktionsstufe
in die Verbindungen IVa bis IXa eine 1(2)-Doppelbindung eingeführt werden. Diese
Dehy drierung ist sowohl auf chemischem als auch auf mikrobiologischem Wege möglich.
Als chemisches Dehydrierungsmittel ist z. B. Selendioxyd geeignet, das vorteilhaft
in einer Lösung von tert. Butanol unter Zusatz einer geringen Menge Essigsäure angewendet
wird. Nach dem Kochen des Reaktionsgemisches am Rückfluß wird das ausgefallene Selen
abgetrennt; das Filtrat enthält das gebildete 1(2)-Dehydrierungsprodukt.
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Zur Einführung der 1(2)-ständigen Doppelbindung auf mikrobiologischem
Wege können z. B. die folgenden Mikroorganismen verwendet werden: Bacillus sphaericus,
Fusarium solani, Corynebacterium simplex, Alternaria sp. Mycobacterium smegmatis,
Calonectria decora, mycobacterium lacticola, Ophiobolus sp., Alcanigenes sp., Didymella
lycoperisici, Protaminobacter sp., Septomyxa affinis, Nocardia sp., Cylindrocarpon
radicicola, Streptomyces lavendulae, Bacillus cyclooxydans. Die Umsetzung
erfordert
je nach dem Mikroorganismus etwa 4 bis 24 Stunden. Besonders gut eignen sich Kulturen
von Bacillus sphaericus var. fusiformis und Corynebacterium simplex.
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Die als Ausgangsmaterialien zu verwendenden Substanzen sind gut zugänglich.
6-Dehydrocortisol-acetat erhält man z. B. durch Dehydrierung von Cortisolacetat
mit Chloranil nach bekannten Verfahren. Das 6-Dehydro-11-epi-cortisolacetat ist
aus 6-Dehydro-Reichsteins-Substanz-S erhältlich, indem die 11a-Hydroxylgruppe z.
B. auf mikrobiologischem Wege, vorteilhaft mit Mikroorganismen der Gattung Fusarium,
eingeführt wird.
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Die neuen Verbindungen sollen in der Humanmedizin als Arzneimittel,
vor allem zur Bekämpfung und Heilung von Entzündungsvorgängen, eingesetzt werden.
Beispiel 1 a) Epoxydation 70 g 6-Dehydrocortisol-21-acetat werden in 71 absolutem
Chloroform gelöst, mit 26,7 g Monoperphthalsäure versetzt und 5 Tage bei Raumtemperatur
stehengelassen. Danach wird das Reaktionsgemisch nacheinander mit Natriumbicarbonatlösung,
Wasser, Eisen(II)-sulfatlösung und wieder mit Wasser geschüttelt, getrocknet und
eingeengt. Aus Essigester kristallisiert das 6a,7a-Oxido-cortisol-21-acetat. Schmp.
267 bis 270°C; [a;D -E- 155° (Dioxan) ; X.x 240 mu., E 1% 375.
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b) Fluorwasserstoffaufspaltung und Wasserabspaltung in 9(11)-Stellung
61,4 g 6a,7a-Oxido-cortisol-21-acetat werden in 1,8651 Chloroform gelöst und zu
614 ml einer Lösung von Fluorwasserstoff in Chloroform-Tetrahydrofuran (Verhältnis
1 kg :0,721: 2,131) gegeben. Das Reaktionsgemisch bleibt 3 Tage bei Raumtemperatur
stehen, wird anschließend in N atriumbicarbonatlösung eingegossen, mit Chloroform
extrahiert und wie üblich aufgearbeitet. Aus Methanol kristallisiert das 6ß-Fluor-4,9(11)-pregnadien-7a,17a,21-triol-3,20-dion-21-acetat.
Schmp. 240 bis243°C; @max 230 m#t, E'% 308.
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c) Wasserabspaltung in 6(7)-Stellung 8,7 g 6ß-Fluor-4,9(11)-pregnadien-7a,17a,21-triol-3,20-dion-21-acetat
werden in 344 ml Eisessig suspendiert und mit 68,7 g 20°/oigem Bromwasserstoff in
Eisessig versetzt. Nach 3stündigem starkem Rühren geht das Steroid langsam in Lösung.
Das Reaktionsgemisch wird in Wasser eingegossen, der Niederschlag abgesaugt, gewaschen
und getrocknet. Nach Filtration über Kieselgel kristallisiert das 6-Fluor-4,6,9(11)-pregnatrien-17a,21-diol-3,20-dion-21-acetat.
Schmp. 180 bis 182°C; 2.x 282 ml,, E' j 599. d) H O Br-Anlagerung 13 g 6-Fluor-4,6,9(11)-pregnatrien-17a,21-diol-3,20-dion-21-acetat
werden in 520 ml Dioxan und 67,5 ml Wasser gelöst, mit 9,15 g N-Bromsuccinimid und
2,93 ml 70°/oiger Perchlorsäure versetzt und 1 Stunde bei Raumtemperatur stehengelassen.
Danach wird das Reaktionsgemisch in Wasser eingegossen, der Niederschlag abgesaugt,
mit Wasser gewaschen und getrocknet. Das rohe 6-Fluor-9a-brom-6-dehydro-cortisol-21-acetat
wird ohne Reinigung weiterverarbeitet. Nach Umkristallisieren aus Methanol Fp. 184
bis 185°C; 2,a,284,5 m#t, Ei m 450. e) H Br .Abspaltung 21,5 g 6-Fluor-9a-brom-6-dehydro-cortisol-21-acetat
werden mit 43g Kaliumacetat in 1100m1 Alkohol 2 Stunden unter Rückfluß gekocht.
Danach wird das Reaktionsgemisch mit Wasser verdünnt, mit Chloroform erschöpfend
extrahiert und der Chloroformauszug wie üblich aufgearbeitet. Aus Methanol kristallisiert
das 6-Fluor-9ß,llß-oxido-4,6-pregnadien-17a,21-diol-3,20-dion-21-acetat. Fp. 214
bis 216°C.
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f) Aufspaltung mit Fluorwasserstoff Zu 30 ccm einer Lösung von Tetrahydrofuran,
absolutem Chloroform und Fluorwasserstoff (Verhältnis 40 ml Tetrahydrofuran, 15
ml Chloroform, 25 g Fluorwasserstoff) werden bei -60°C 5,6 g 6-Fluor-9ß,llß-oxido-4,6-pregnadien-17a,21-diol-3,20-dion-21-acetat
in 57 ml absolutem Chloroform zugegeben. Das Reaktionsgemisch bleibt zunächst 4
Stunden bei -30°C, dann weitere 4 Stunden bei 0°C stehen; anschließend wird es in
Natriumbicarbonatlösung eingegossen, mit Chloroform extrahiert und wie üblich aufgearbeitet.
Nach dem Einengen des Chloroformauszuges kristallisiert aus Aceton das 6,9a-Difluor-6-dehydro-cortisol-21-acetat.
Fp. 218 bis 219° C.
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g) Verseifung 2 g 6,9a-Difluor-6-dehydro-cortisol-21-acetat werden
in 20 ml mit Stickstoff gesättigtem Methanol gelöst und unter gleichzeitiger Stickstoffeinleitung
mit 4 ml 10°/oiger Kaliumcarbonatlösung, die ebenfalls vorher mit Stickstoff gesättigt
wurde, versetzt. Das Reaktionsgemisch wird 30 Minuten bei Raumtemperatur gerührt,
danach mit 0,3 ml Eisessig neutralisiert, mit Wasser verdünnt, mit Chloroform extrahiert
und der Chloroformextrakt wie üblich aufgearbeitet. Nach dem Einengen kristallisiert
aus Aceton das 6,9a-Difluor-6-dehydro-cortisol.
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Beispiel 2 a) Analog Beispiel 1, a) läßt sich aus 6-Dehydro-11-epicortisol-21-acetat
das 6a,7a-Oxido-11-epi-cortisol-21-acetat darstellen, das amorph erhalten wird.
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b) Analog Beispiel 1, b) wird aus 6a,7a-Oxido-11-epicortisol-21-acetat
das im Beispiel 1, b) beschriebene 6ß -Fluor- 4,9 (11)- pregnadien- 7a,17a,21-triol-
3,20 - dion-21-acetat dargestellt.
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Beispiel 3 500 mg 6,9a-Difluor-6-dehydro-cortisol-21-acetat werden
in 25 ml tert. Butanol mit 300 mg Selendioxyd und 0,25 ml Essigsäure 48 Stunden
unter Rückfluß gekocht. Danach wird vom ausgefallenen Selen abfiltriert, das Reaktionsgemisch
im Vakuum eingeengt, in Chloroform über Kieselgel filtriert, erneut eingeengt und
das 6,9a-Difluor-6-dehydro-prednisolon-acetat aus Aceton-Äther kristallisiert. Fp.
228 bis 229°C.
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Analog Beispiel 3 lassen sich die in den Beispielen 1, c), d), e)
und 2 beschriebenen Verbindungen in die entsprechenden in 1(2)-Stellung dehydrierten
Steroide überführen.
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Beispiel 4 a) Analog Beispiel 1, d), jedoch mit einer auf 3 Stunden
erhöhten Reaktionszeit, wird aus 6-Fluor-1,4,6,9(11)-pregnatetraen-17a,21-diol-3,20-dion-21-acetat
das 6-Fluor-9-a-brom-6-dehydro-prednisolon-21-acetat dargestellt.
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b) Analog Beispiel 1, e) wird aus 6-Fluor-9a-brom-6-dehy dro-prednisolon-21-acetat
das 6-Fluor-9ß,l lß-oxido-1,4,6-pregnatrien-17a,21-diol-3,20-dion-21-acetat dargestellt.
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c) Analog Beispiel 1, f) wird aus 6-Fluor-9ß,11ß-oxido-1,4,6-pregnatrien-17a,21-diol-3,20-dion-21-acetat
das 6,9a-Difluor-6-dehydro-prednisolon-21-acetat dargestellt.
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d) Analog Beispiel 1, g) wird aus 6,9a-Difluor-6-dehydro-prednisolon-21-acetat
das 6,9a-Difluor-6-dehydroprednisolon dargestellt.