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Mittel zur Verdickung und Verfestigung von Flüssigkeiten Die Verdickung
und Verfestigung von organischen oder anorganischen Flüssigkeiten, Pasten, Schlämmen
oder Suspensionen ist eine Aufgabe, die in vielen Zweigen der Technik von Bedeutung
ist. Es ist bekannt, hierzu feinteilige Stoffe verschiedener Herkunft zu benutzen,
die entweder weitgehend indifferent gegen die zu verfestigenden Flüssigkeiten sind
oder aber auch in ihnen besondere zusätzliche Wirkungen entfalten. Meist ist es
erforderlich, diese Mittel in großen Mengen zuzusetzen, um die gewünschte Änderung
der Konsistenz bzw. die endgültige Verfestigung der Flüssigkeiten oder Pasten zu
erreichen. Es ist auch bekannt, für diesen Zweck äußerst feinteilige Oxyde, beispielsweise
Siliciumdioxyd, zu verwenden, wobei sich gegenüber vielen anderen für diese Zwecke
herangezogenen Stoffen insofern ein Vorteil ergibt, als man auf diese Weise schon
mit verhältnismäßig geringen Zusätzen beträchtliche Wirkungen erzielen kann. Allerdings
sind hierfür nur spezielle Produkte geeignet, deren Gewinnung mit einem gewissen
Aufwand verknüpft ist.
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Es wurde gefunden, daß zur Verdickung oder auch zur Verfestigung
von Flüssigkeiten anorganischer oder organischer Natur und für Pasten aller Art
Stoffe benutzt werden können, die ganz oder im wesentlichen aus Siliciumdioxyd enthaltenden
Naturprodukten bestehen, die bei erhöhter Temperatur in vorzugsweise wäßriger Aufschlämmung
unter erhöhtem Druck mit einem Erdalkalihydroxyd behandelt und auf diese Weise dem
Ausgangsmaterial gegenüber in überraschend starkem Maße irreversibel aufgelockert
sind. Als Ausgangsmaterial für das erfindungsgemäß zu verwendende Verdickungsmittel,
dessen Herstellung hier nicht beansprucht wird, kommen beispielsweise wohlfeile
Naturstoffe in Betracht, die im wesentlichen oder ganz aus Siliciumdioxyd bestehen
bzw. dieses in Mengen von mehr als 850/o, vorzugsweise von mehr als 900/o, enthalten.
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Derartige Naturprodukte sind beispielsweise Sand, Kieselgur oder Quarzmehl.
Man kann zur Gewinnung des Verdickungs- und Verfestigungsmittels hochkieselsäurehaltige
Materialien auch im Gemisch mit anderen aufschließbaren Stoffen, insbesondere Silikaten,
verwenden, sei es, daß es sich um in der Natur vorkommende oder willkürlich hergestellte
Gemische, z. B. mit Bentonit oder Ton, handelt.
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Als Aufschlußmittel sind vorzugsweise Erdalkalihydroxyde geeignet;
am einfachsten erfolgt der Aufschluß unter Benutzung von gelöschtem Kalk.
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Zur Herstellung des Verdickungsmittels werden die genannten Ausgangsstoffe
mit basischen Verbindungen, vorzugsweise mit gelöschtem Kalk, in wäßriger Aufschlämmung
bei Temperaturen zwischen 150 und 2800 C unter Druck behandelt. Sie werden dabei
so
weit aufgelockert, daß das Litergewicht der Aufschlußprodukte auf ein Zehntel
und weniger gegenüber dem.jeweiligen Ausgangsmaterial vermindert ist. Man kann einen
Teil des dabei gebundenen Kalks durch Behandlung mit Säure oder sauer wirkenden
Mitteln wieder abspalten und gegebenenfalls teilweise oder gänzlich extrahieren,
so daß das Verdickungs- und Verfestigungsmittel in Form von neutralem oder saurem
Calciumsilikat oder auch als praktisch von Calciumoxyd freies Siliciumdioxyd zur
Anwendung gelangt. Es ist auch möglich, eine Nachbehandlung mit Chemikalien vorzunehmen,
die eine Kornverfeinerung oder Strukturveränderung, vor allem der Oberfläche, bewirken.
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Die Füllmittel sind mit Vorteil vielseitig verwendbar und können
sowohl zur Viskositätserhöhung von Flüssigkeiten bis zur pastösen Form als auch
zur Überführung in streufähige Pulver dienen. Sie zeichnen sich nicht nur durch
die Wohlfeilheit der Ausgangsstoffe, sondern auch durch überraschend hohe Wirkungen
bei verhältnismäßig geringen Zusatzmengen aus.
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Im Gegensatz zu anderen feinteiligen Stoffen, wie etwa Calciumcarbonat,
genügen bei den Verdickungsmitteln schon Mengen von 100/o, also in einer Größenordnung,
in der sonst nur Spezialprodukte, wie etwa feinverteilte, pyrogen hergestellte Kieselsäure,
wirksam sind. Hervorstechend ist die sehr günstige mattierende Wirkung der Zusatzstoffe,
die bei bestimmten Anreibungen in bisher nicht bekanntem Umfang zur Geltung kommt.
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Bei der Herstellung von Klebstoffen aller Art, denen Füllmittel,
beispielsweise mineralischer Natur, zugesetzt werden, spielt die Sedimentationsverzögerung
eine Rolle. Bei Klebstoffzubereitungen geringer Viskosität,
die
leicht spritz-;und streichbar sein sollen, besteht immer die Gefahr, daß solche
Füllstoffe nach kurzer Zeit sedimentieren und sich so weit verfestigen, daß es häufig
nicht oder nur unvollkommen gelingt, den Klebstoff wieder zu homogenisieren. Durch
Zusätze geringer Mengen der neuen Verdickungsmittel werden derartige Füllstoffe
entweder überhaupt überflüssig oder gefährden die Brauchbarkeit des Klebmittels
nicht mehr durch -unerwünschte Sedimentation.
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Wählt man höhere Zusätze, so kann man die Klebstoffe in eine pastöse
Masse überführen. Ein weiterer Vorteil kann hier darin gesehen werden, daß die zu
erreichende Konsistenzerhöhung auch bei über Zimmertemperatur liegenden Temperaturen
im wesentlichen erhalten bleibt.
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Eine weitere Verwendungsmöglichkeit hat sich bei der Herstellung
von Bleich- und Waschmitteln ergeben, die als sogenannte Trockenbleichmittel in
den Handel gelangen. In einfacher Weise lassen sich auch z. B. dünnflüssige Seifenlösungen,
wie Schmierseifen, verdicken und anschließend verformen, ohne daß die Waschwirkung
beeinträchtigt wird.
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Mit Vorteil können die durch Kalkbehandlung aufgelockerten Naturstoffe
erfindungsgemäß auch zur Verfestigung von Stoffen mit relativ niedrigem Tropfpunkt
benutzt werden, beispielsweise von Paraffinen, Wachsen, Harzen, ferner von Bitumina,
Asphalten u. dgl. Diese als Isolier- oder Imprägniermittel häufig verwendeten Substanzen
haben bekanntlich die Eigenschaft, schon bei relativ niedrigen Temperaturen zu erweichen
oder tropfbar flüssig zu werden. Hier bieten die Verdickungsmittel die Möglichkeit,
durch Zusätze in verhältnismäßig geringer Menge solche Stoffe, wie sie beispielsweise
zur Imprägnierung von Dachpappen oder im Straßenbau Verwendung finden, so weit zu
verdicken, daß sie auch bei starker Sonneneinstrahlung nicht in schädlichem Maße
sich verflüssigen.
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Auch Vergußteere, wie sie zum Verbinden von Rohren oder Kabeln benutzt
werden, lassen sich auf diese Weise in ihren Gebrauchseigenschaften wesentlich verbessern.
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Sehr geeignet hat sich das neue Füllmittel auch erwiesen als Stabilisator
bei Bohrarbeiten, wo das Absetzen aus der Dickspülung wirksam verhindert und die
Entfernung des Bohrschlammes aus dem Bohrloch erleichtert wird, wenn man der Spülflüssigkeit
wenige Prozent, beispielsweise 2 bis 4°/o, von aufgelockerten natürlichen Kieselsäurematerialien
zur erfindungsgemäßen Verdickung zusetzt.
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Die Wirkung der Verdickungs- oder Verfestigungsmittel, die sich keineswegs
auf die vorstehend aufgeführten Gebiete beschränkt, findet lediglich dort ihre Grenze,
wo es sich um Flüssigkeiten sauren Charakters handelt, da noch Erdalkali in nennenswerter
Menge enthaltende Produkte gegen starke Säuren nicht unbeschränkt beständig sind.
In nicht sauren Flüssigkeiten jedoch sind die Verfestigungs- bzw.
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Verdickungsmittel einer breiten Anwendung fähig, insbesondere da sich
durch passende Auswahl des Ausgangsmaterials im Hinblick auf die Natur der jeweils
zu behandelnden Flüssigkeiten Variationsmöglichkeiten ergeben, die die Erzielung
optimaler Effekte gewährleisten. Dabei können die Verdickungsmittel nach der Erfindung
auch im Verschnitt mit anderen, für diese Zwecke bekannten Stoffen benutzt werden,
wobei z. B. mit pyrogen hergestellten Oxyden potenzierte Wirkungen erzielt werden
können.
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Die in den nachstehenden Beispielen angeführten Verdickungsmittel
werden z. B. nach folgendem Verfahren hergestellt: 300 g Sand werden mit 281 g Calciumoxyd
in Form von gelöschtem Kalk mehrere Stunden naß vermahlen, worauf das Mahlprodukt
dann mit Wasser auf 8 1 aufgefüllt wird. Die wäßrige Dispersion, die auf 1 Teil
Feststoff mindestens 8 Teile Wasser enthält, wird anschließend 2t/2 Stunden bei
2000 C unter einem Druck von 18 bis 19 atü im Autoklav behandelt. Nach dem Filtrieren
und Trocknen bei 110 ° C werden 650 g eines reinweißen, hochvoluminösen Produktes
erhalten. Das Schüttgewicht beträgt 53 g/l, das Rüttelgewicht 106 g/l. Der als Ausgangsmaterial
benutzte Sand hatte ein Rüttelgewicht von 1600 g/l, so daß das Rüttelgewicht auf
etwa ein Fünfzehntel zurückgegangen ist.
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Beispiel Ein Versuch zur Feststellung der verdickenden Wirkung auf
Wasser wurde so durchgeführt, daß 5 g eines mit gelöschtem Kalk hydrothermal aufgeschlossenen
Quarzsandes mit mehr als 9001o SiO2 mit 200 cm3 Wasser behandelt und nach 24stündigem
Stehen durch Absaugen von der noch verbleibenden Flüssigkeit getrennt wurden. Bestimmt
wurde sodann die Menge des aufgenommenen Wassers, die zwecks besseren Vergleichs
auf den Wassergehalt von 100 g Substanz umgerechnet wurde. Die nachstehenden Zahlenwerte
geben also die Gewichtsmenge Wasser in Gramm auf 100g Substanz an. Es wurde dabei
sowohl das Aufschlußprodukt unmittelbar mit einem Verhältnis von Ca 0 : Si °2 =
1:1 als auch nach teilweiser und gänzlicher Extrahierung des Calciumoxyds untersucht.
Verdickungsmittel 1 Wasseraufnahme |
1 SiO2: 1 CaO 714g |
1 Si °2 : 2/3 Ca O 835g |
1 Si °2 t/3 Ca O 1024g |
SiO2 643g |
Es zeigt sich also, daß die Wasseraufnahme abhängig vom Restgehalt an Calciumoxyd
beträchtliche Werte erreicht. Zum Vergleich sei noch erwähnt, daß sich im analogen
Versuch für eine auf pyrogenem Wege hergestellte Kieselsäure eine Wasseraufnahme
von 660 g und für ein auf nassem Wege aus synthetischen löslichen Silikaten durch
Fällung hergestelltes Kieselsäureprodukt nur eine solche von 406 g ergab.
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EDATENTANSPRUCH Verwendung von als Hauptbestandteil Siliciumdioxyd
enthaltenden Naturstoffen, wie Sand, Quarzmehl oder Kieselgur oder solche enthaltenden
Gemischen, die durch eine Druckbehandlung mit einem ErdalkaIihydroxyd in wäßriger
Aufschlämmung, die auf 1 Teil Feststoff mindestens 8 Teile Wasser enthält, bei erhöhter
Temperatur aufgeschlossen sind, als Verdickungs- und Verfestigungsmittel für Flüssigkeiten
oder Pasten allein oder im Gemisch mit anderen Verfestigungs- oder Verdickungsmitteln.