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Verfahren zur Abtrennung von Schwefelverbindungen aus Gasen und Flüssigkeiten
Es ist bekannt, daß man Schwefelverbindungen aus Gasen oder Flüssigkeiten mit Hilfe
von aktiven Kohlen abtrennen kann. Da jedoch die Schwefdverbindungen, die entfernt
werden sollen, sehr verschiedener Art sind, macht es Schwierigkeiten, für jeden
Fall, insbesondere wenn verschiedene Schwefelverbindungen nebeneinander in den zu
reinigenden Gasen oder Flüssigkeiten enthalten sind, die geeignete aktive Kohle
zu ermitteln.
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Die vorliegende Erfindung beseitigt diese Schwierigkeiten, indem
sie zeigt, weiche aktiven Kohlen für die Schwefdentfernung aus Gasen oder Flüssigkeiten
für anorganische Verbindungen einerseits und für organische Verbindungen andererseits
in Frage kommen.
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Es wurde gefunden, daß sich für die Abtrennung von anorganischen
Schwefelverbindungen, insbesondere von Schwefelwasserstoff, aus Gasen oder Flüssigkeiten
eine aktive Kohle besonders eignet, in der das Verhältnis von Mikroporenvolumen
zu Makrop<;renvolumen annähernd gleich ist und der mittlere Porendurchmesser
über etwa 60 ÅE, vorteilhaft zwischen 80 und 200 ÅF., liegt. Zur Entfernung on organischen
Schwefelverbindungen, z. B. von Kohlenoxysulfid., Merkaptanen, Alkylsuliiden, Thiophen
oder Schwefelkohlenstoff, kommen dagegen aktive Kohlen in Frage, bei denen das Mikroporenvolumen
ein Vielfaches des Makroporenvolumens ausmacht und der mittlere Porendurchmesser
unter etwa 60 aE, vorteilhaft zwischen 20 und 40 ÄE, liegt.
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Sind also Schwefelwasserstoff und organische Schwefelverbindungen
nebeneinander in einem Gas oder einer Flüssigkeit enthalten, so wird man gemäß der
Erfindung in einer ersten Stufe eine aktive Kohle verwenden, die ein Verhältnis
von Mikropo.renvolumen zu Makroporenvolumen von etwa 1:1 und einen mittleren Porendurchmesser
über etwa 60 ÄE hat, und in einer zweiten Stufe mit einer Kohle arbeiten, bei der
das Verhältnis l;on Mikroporenvolumen zu Makroporenvolumen größer, zweckmäßig wesentlich
größer als 1:1, z. B. 3.1 bis 7:1, und der mittlere Porendurchmesser unter 60 AE
ist.
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Zur Ermittlung des Verhältnisses von Mikroporenvolumen zu Makroporenvolumen
bestimmt man zunächst das Gesamtporenvolumen der betreffenden aktiven Kohle. Dieses
errechnet sich aus 1 1 Ds Dte; worin Ds die unter Verwendung von Quecksilber als
Pyknometerflüssigkeit bestimmte scheinbare Dichte und Dzer die unter Verwendung
von Wasser oder Benzol bestimmte wahre Dichte bedeutet.
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Die Bestimmung des Mikroporenvolumens erfolgt durch Beobachtung der
Kapillarkondensation, d. h. der Eigenschaft eines Gases, sich in sehr engen Räumen
unterhalb seines normalen Kondensationsdruckes zu verflüssigen. Nach der bekannten
Thomsonschen Formel #0 2# M ln # , # # #RT wobei die einzelnen Zeichen folgendes
bedeuten: p = Druck bei der Messung, po = Sättigungsdruck, 5 = Oberflächenspannung,
iTI= Molgewicht, e = Dichte des flüssigen Gases, T = Versuchstemperatur, R = Gaskonstante,
r = Porenradius, ist ersichtlich, daß bei den meisten Gasen der größte Porendurchmesser,
bei dem noch Kapillarkondensation beobachtet wird, etwa 1000 ÄE ist. Es ist daher
üblich, diesen Durchmesser als Grenze zwischen Makroporen und Mikroporen zu definieren.
Unter Mikroporen versteht man somit Poren vom Durch messer 10 bis 1000 ÅE, unter
Makroporen solche vom Durchmesser von 1000 AB bis in das makroskopische Gebiet.
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Der Endpunkt der gemessenen Kondensationsisotherme beim Sättigungsdruck
t gibt die Anzahl der Mole Gas, die in den Mikroporen kondensiert werden, und somit
deren Volumen.
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Das Makroporenvolumen erhält man durch die Differenz Gesamtporenvolumen
- Mikroporenvolumen.
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Der mittlere Porendurchmesser ist nach der üblicher Berechnung 4.
Gesamtporenrolumen innere Oberfläche Die innere Oberfläche wird in der üblichen
Weise nach Brunauer, Emmet und Teller bestimmt.
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Geeignete aktive Kohlen für die Durchführung des Verfahrens können
in der üblichen Weise durch Gas-oder Wasserdampfaktivierung von festen Brennstoffen
oder deren Entgasungs- oder Vergasungsprodukten erhalten werden. Man kann auch Kohlen
verwenden, die durch Behandlung von Sägemehl oder Torf oder deren Gemischen mit
Chemikalien, z. B. Chlorzink, Phosphorsäure oder Alkaliverbindungen, gewomien wurden.
Ein verhältnismäßig hoher Eisengehalt in der aktiven Kohle wirkt, insbesondere für
die Entfernung von Schwefelwasserstoff, günstig. Die aktiven Kohlen können auch
in geformtem Zustand verwendet werden, wobei als Bindemittel folgende Stoffe dienen
können: Celluloseester, Cellulose- oder Holzäthercarbonsäuren, Kohlehydrate, z.
B. Glykose, Melasse, Dextrin, Stärkekleister, Sulfitablauge, Kondensationsprodukte
von Harnstoff mit Formaldehyd, hochmolekulare Kohlenwasserstoffe, polymerisierte
Vinylverbindungen und andere synthetische oder natürliche Harze und Leime, ferner
Bitumen, Peche, Teere, Ölrückstände, Säureteere, blitumenreiche Kohle, oder auch
anorganische Stoffe, wie Sole oder Gele der Oxydhydrate des Siliciums, Aluminiums,
Zirkons, Titans, Chroms oder Eisens.
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Bei der Behandlung der base und Flüssigkeiten mit aktiver Kohle ist
es zweckmäßig, Sauerstoff in annähernd stöchiometrischen Mengen, bezogen auf die
Schwefelverbindungen, gegebenenfalls stufenweise, zuzuführen. Auch Wasserdampf kann
in einer oder mehreren Stufen zugegebeai werden.
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In vielen Fällen bewährt sich der Zusatz von alkalisch reagierenden
Stoffen zur aktiven Kohle, z. B. von Alkalilauge, Pottaschelösun g, Sodalösung,
Ammoniak oder Aminen, z. B. Athanolamin.
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Die Behandlung mit aktiver Kohle erfolgt bei gewöhnlicher oder erhöhter
Temperatur, z. B. zwischen 10 und 700 C. In manchen Fällen, besonders bei der Entschwefelung
von Gasen, kann es vorteilhaft sein, die Temperatur so hoch zu halten, daß der Schwefel
flüssig aus der aktiven Kohle abläuft.
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Man arbeitet bei gewöhnlichem oder, insbesondere wenn die von den
Schwefelverbindungen gereinigten Gase unmittelbar für Drucksynthesen verwendet werden
sollen, z. B. für die Ammoniak-, Methanol-, Butanol- oder Harnstoffherstellung,
bei erhöhtem Druck, z. B. bei Drücken von 100 blis 500 at oder mehr. Dabei ist es
vorteilhaft, den Druck der letzten Stufe höher zu wählen als in den vorhergehenden
Stufen.
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In vielen Fällen ist es zweckmäßig, eine Vorreinigung der Gase oder
Flüssigkeiten, insbesondere von Staub und Harzbildnern, durchzuführen, z B. durch
Wäsche mit Wasser oder anderen Flüssigkeiten, gegebenenfalls unter Druck od.er mit
festen Stoffen. Als solche eignen sich grobporige Stoffe, z. B. Schwelkoks, Hochtemperaturkoks,
Kieselgur, Aschen, schwach aktivierte Kohlen mit überwiegendem Makroporenvolumen,
Schlacken, Kieselgel Tonerde, Gasreinigungsmasse oder Verbrennungsrückstände.
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Die organischen Schwefelverbindungen können teilweise, insbesondere
wenn es sich um solche mit höherem Molekulargewicht handelt oder wenn daneben nur
wenig SeEwefelwasserstoff anwesend ist, zum Teil schon in der ersten Stufe von der
aktiven Kohle mit höherem Makroporenvolumen zurückgehalten werden. Man kann auch
zwischen die beiden Stufen eine weitere einschalten, wobei eine aktive Kohle verwendet
wird, deren Verhältnis von Mikroporenvolumen zu Makroporenvolultlen zwischen dem
der Kohlen der ersten und zweiten Stufe liegt.
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Neben der Behandlung mit aktiver Kohle können bei der Reinigung von
Gasen oder Flüssigkeiten von Schwefelverbindungen noch andere bekannte Reinigungsverfahren
vor-, nach- oder zwischengeschaltet werden.
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Die verschiedenen aktiven Kohlen können in einem oder mehreren Behältern
fest angeordnet sein oder als Wirbelschicht, in Schwebe oder in Form von wandernden,
zusammenhängenden Schichten verwendet werden. Die Regenerierung der aktiven. Kohlen
erfolgt in der üblichen Weise kontinuierlich oder diskontinuierlich.
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Gase, die gemäß der Erfindung von Schwefelverbindungen gereinigt
werden können, sind insbesondere technische Gasgemische, wie sie durch Vergasung
oder Entgasung fester Brennstoffe oder durch Vergasung flüssiger Brennstoffe, insbesondere
von Rohölen, schweren Rückstandsölen und Teeren erhalten werden, oder auch solche
Gase, die bei der thermischen Umsetzung gasförmiger Kohlenwasserstoffe, bei Trenn-
oder Konvertierungsverfahren gebildet werden. Insbesondere eignen sich auch Synthesegase,
wie Kohlenoxyd-Wassersto.ff-Gemische, oder Kohlendioxyd.
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Beispiel 1 Durch drei Behälter, von denen jeder mit 25 m3 körniger
aktiver Kohle gefüllt ist, leitet man bei schwach erhöhter Temperatur unter Zugahe
geringer Mengen von Sauerstoff und Ammoniak stündlich 7000mg Kohlendioxyd, die je
ms 500mg Schwefelwasserstoff und 7 mg organische Schwefelverlindungen enthalten.
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Der erste Behälter ist mit einer aktiven Kohle beschickt, welche
bei einem mittleren Porendurchmesser von 123 ÄE praktisch gleiches Mikro- und Makroporenvolumen
besitzt. In dieser Stufe wird der gesamte Schwefelwasserstoff und ein kleiner Teil
der organischen Schwefelverbindungen aus dem Gas entfernt.
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Der zweite Behälter enthält eine aktive Kohle, bei der das Milcroporenvolumen
das Makroporenvolumen etwas übertrifft. Hier wird ein weiterer kleiner Teil der
organischen Schwefelverbindungen entfernt.
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Im dritten Behälter ist eine aktive Kohle enthalten, welche bei einem
mittleren Porendurchmesser von 29,2 AE ein Mikroporenvolumen von 0,45 cm3/g und
ein Makro,porenvolumen von 0,09cm3/g besitzt. In diesem Behälter wird der gesamte
Rest der organischen Schwefelverbindungen, insbesondere auch das gesamte Kohlenoxysulüd,
aus dem Gas entfernt.
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Die mit Schwefelverbindungen beladene Kohle wird an.schließend in
bekannter Weise extrahiert oder auf anderem Wege regeneriert.
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Beispiel 2 Durch einen zylindrischen Behälter von 20 m3 Inhalt leitet
man bei gewöhnlichem Druck und gewöhnlicher Temperatur unter Zugabe geringer Mengen
von
Sauerstoff und Ammoniak stündlich 8000 m3 Wassergas, weiches
neben 2,5 g Schwefelwasserstoff 200 mg organische Schwefelverbindungen enthält.
Der Behälter ist mit einer körnigen aktiven Kohle gefüllt, die bei einem mittleren
Porendurchmesser von 123 ÄE gleiches Mikro- und Makroporenvolumen besitzt. Der Schwefelwasserstoff
wird bis auf einen Rest von 2,6 mg je m3 Gas zu elementarem Schwefel oxydiert, der
von den Poren der aktiven Kohle festgehalten wird. Die organischen 5 chwefelverbinduigen
werden von der Kohle nicht zurückgehalten.
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Das so behandelte Gas wird in bekannter Weise an einem Eisenoxydkatalysator
mit Wasserdampf zu einem Gemisch von Wasserstoff und Kohlendioxyd konvertiert. Das
Kohlendioxyd wird dann durch Druckwasserwäsche zum größten Teil entfernt. Der organische
Schwefel wird bei dieser Arbeitsweise zum großen Teil in Schwefelwasserstoff umgewandelt,
der, soweit er nicht am Katalysator bleibt, mit dem Kohlendioxyd ausgewaschen wird.
Das schwefelwasserstofffreie Gas enthält noch etwa 2 mg organische Schwefelverbindungen,
insbesondere Kohlenoxysulfid, im m3. Nach Kompression auf 300 at wird mit Natronlauge
und Ammoniakwasser gewaschen, wodurch ein Teil der organischen Schwefeiverbindungen
entfernt wird. Die Reste der organischen Schwefelverbindungen werden anschließend
durch Behandlung mit einer aktiven Kohle, welche bei einem mittleren Porendurchmesser
von 29,2au ein Mikroporenvolumen von 0,45 cm3/g und ein Makroporenvolumen von 0,09
cm3/g besitzt, bis auf weniger als 4 y entfernt. Man arbeitet dabei bei 300 at Die
für die katalytische Umsetzung erforderlichen geringen Mengen Sauerstoff sind im
Gas enthalten.
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Beispiel 3 Abwasser, das je Liter 2 g Schwefelwasserstoff und 2,5
g Schwefelkohlenstoff gelöst enthält, wird mit 1 Gewichtsprozent gemahlener aktiver
Kohle behandelt, welche bei einem mittleren Porendurchmesser von 123 ÄE praktisch
gleiches Mikro- und Makro-
porenvolumen besitzt. Der gesamte Schwefelwasserstoff
des Abwassers wird von der aktiven Kohle gebunden, während der Schwefelkohlenstoff
praktisch restlos im Wasser gelöst bleibt.
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Nach Abfiltrieren der mit Schwe£elvsrasserstoff beladenen aktiven
Kohle wird das Filtrat mit 3 Gewichtsprozent einer gemahlenen aktiven Kohle behandelt,
die bei einem mittleren Porendurchmesser von 29,2 ÄE ein Mikroporenvolumen von 0,45
cm3/g und ein Makroporenvolumen von 0,09 cm3/g besitzt.
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Durch diese Behandlung wird der Schwefelkohlenstoff restlos aus dem
Wasser entfernt.
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PATENTANSPRtJCHE 1. Verfahren zur Abtrennung von anorganischen und
organischen Schwefelverb,indungen aus Gasen oder Flüssigkeiten mit Hilfe aktiver
Kohlen, dadurch gekennzeichnet, daß man zunächst in einer ersten Stufe mit einer
aktiven Kohle arbeitet, in der das Verhältnis von Mikroporenvolumen zu Makroporenvolumen
annähernd gleich ist und der mittlere Porendurchmesser über etwa 60 ÄE liegt, und
dann in einer zweiten Stufe eine aktive Kohle verwendet, bei der das Mikropoi envolumen
ein Vielfaches des Makroporenvolumens beträgt und der mittlere Porendurchmesser
unter etwa 60 ÄE liegt.