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Verfahren zur Herstellung einer hyaluronidasefreien, teilweise depolymerisierte
Hyaluronsäure enthaltenden wäßrigen Trägerlösung für Arzneimittel Die Erfindung
betrifft die Herstellung und Verwendung von teilweise depolymerisierter Hyaluronsäure
als Ausbreitungs- und Lipaemie klärendes Mittel.
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Bei der Injektion von therapeutischen Mitteln ist häufig eine rasche
Ausbreitung der Mittel in den Geweben erwünscht. Dies trifft besonders bei Lokal-
und Regionalanästhesien und bei der Hypodermoclyse zu.
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Das Enzym Hyaluronidase wurde kürzlich mit Erfolg als Ausbreitungsmittel
sowohl bei Tieren als auch klinisch bei Menschen angewandt. Diese Wirkung wird gewöhnlich
dem Absinken der Viskosität der Grundsubstanz, die sich aus der Entpolymerisation
des Hyaluronats durch das Enzym ergibt, zugeschrieben. Der Effekt besteht darin,
den normal vorhandenen Widerstand zu vermindern. Eine andere Möglichkeit besteht
darin, daß das Enzym teilweise depolymerisierte Hyaluronsäure (die im folgenden
mit TDHS bezeichnet werden soll) freigibt, die dann als Transportmittel, Ionenaustauscher
oder Schutzkolloid und Peptisierungsmittel wirkt und die Dispersion der Materialien
im Gewebe erleichtert.
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Bei Versuchen zur Bestimmung dieses Punktes wurde nun überraschenderweise
gefunden, daß auch eine teilweise depolymerisierte Hyaluronsäure (TDHS) die Ausbreitung
und Absorption von injizierten Materialien in tierischen und menschlichen Geweben
erleichtert, daß diese Wirkung eine Funktion des Depolymerisationsgrades ist und
daß sie bei arzneilichen Injektionen mit Vorteil verwendet werden kann.
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Während Hyaluronidase ein wirksames Ausbreitungsmittel darstellt
und in der Therapie mit Erfolg angewandt wurde, besitzt sie doch einige Nachteile,
die die TDHS nicht aufweist. Hyaluronidase ist ein Protein und neigt in wäßriger
Lösung zur Unbeständigkeit. Als Protein vermag sie Empfindlichkeitsreaktionen zu
erzeugen und Antikörper im Blut zu neutralisieren, so daß die Möglichkeit besteht,
daß eine längere Anwendung beim gleichen Patienten die Aufhebung ihrer gewöhnlichen
Eigenschaften zur Folge hat. Die TDHS ist aber nicht antigen und in Lösung beständiger.
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Gemäß der Erfindung wird Hyaluronsäure, die im folgenden als HS bezeichnet
wird, teilweise depolymerisiert, indem sie in Form eines Alkalisalzes in wäßriger
Lösung mit Hyaluronidase unter gesteuerten Zeit- und Temperaturbedingungen bebrütet
und dann das Enzym entaktiviert und entfernt wird. Die entstandene Lösung von TDHS
wird dann mit dem zu injizierenden Mittel vermischt.
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Ein geeigneter Depolymerisationsgrad von HS wird erhalten, wenn man
z. B. 50/obiges Natriumhyaluronat in physiologischer Kochsalzlösung mit einer kleinen
Menge Hyaluronidase bei etwa 380 C 15 Minuten lang bebrütet und das Enzym (durch
Behandlung im Autoklav und Zentrifugieren) entaktiviert und anschließend entfernt.
Die überstehende Flüssigkeit enthält die gewünschte TDHS.
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Eine längere Bebrütung vermindert die Ausbreitungswirkung; beispielsweise
vermindert eine Bebrütung von 60 Minuten diese um wenigstens 50 0/, Der Depolymerisationsgrad
für den erfindungsgemäßen Zweck sollte jedenfalls demjenigen entsprechen, der durch
Bebrütung unter den beschriebenen Bedingungen während einer Zeit von wenigstens
5 und weniger als 60 Minuten erzielt wird. Die Depolymerisation kann auch auf eine
andere Weise als durch Hyaluronidase bewirkt werden, z. B. durch nicht enzymatische
Verfahren, wie Behandlung mit Ascorbinsäure oder mit Wasserstoffperoxyd und einem
Metall, besonders Kupfer.
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Wie schon oben erwähnt, besitzt die teilweise depolymerisierte Hyaluronsäure
in verschiedener Hinsicht günstigere Eigenschaften als die Hyaluronidase, wie im
folgenden noch näher dargelegt werden soll.
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Bei einem Vergleich der Ausbreitungswirkung von TDHS mit derjenigen
von Hyaluronidase (Versuch an Albinokaninchen) hat sich gezeigt, daß 5 mg TDHS (15
Minuten hydrolysiert) eine größere Wirkung haben als 2000 und weniger als 5000TRU
Hyaluroni-
dase; die TDHS (60 Minuten hydrolysiert) hatte etwas
weniger als die Hälfte dieser Wirkung.
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Die Fähigkeit der TDHS, die Hypodermoklyse von physiologischer Kochsalzlösung
zu erleichtern, wurde ebenfalls durch Versuche am Kaninchen festgestellt; hierbei
hat sich gezeigt, daß beispielsweise 150 mg TDHS genauso wirksam sind wie 150TRU
Hyaluronidase.
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Auch die Erleichterung der Ausbreitung und Absorption eines Röntgenkontrastmittels
wurde am Meerschweinchen geprüft. Hierbei wurde festgestellt, daß 150 TRU Hyaluronidase
oder 150 mg TDHS die Ausbreitungsfläche und die Geschwindigkeit der Absorption und
das Auftreten des undurchsichtigen Materials in der Harnblase um das Doppelte vergrößerten.
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Ebenso wurde durch Versuche am Menschen festgestellt, daß die TDHS
das Ausbreiten und die Absorption eines injizierten Lokalanästhetikums (es wurde
das unter dem Handelsnamen »Wycaine« bekannte Lokalanästhetikum, welches ein Glycinamid-Äthanolamin-Derivat
darstellt, verwendet) erleichtert, wobei die Dauer der Anästhesie durch die Anwesenheit
von TDHS im wesentlichen auf die Hälfte vermindert wurde.
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Es wurde weiterhin festgestellt, daß die TDHS außer ihrer Ausbreitungswirkung
noch eine lipaemieklärende Wirkung (lipemia-clearing action) bei der intravenösen,
subkutanen oder oralen Verabreichung aufweist. So hat sich gezeigt, daß bei Versuchen,
die an Hunden durchgeführt wurden, bei denen Lipaemie hervorgerufen worden war,
sowohl bei parenteraler als auch bei oraler Verabreichung von TDHS ein lipaemieklärender
Effekt auftrat.
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Durchgeführte Versuche haben weiterhin gezeigt, daß die nicht depolymerisierte
Hyaluronsäure keinen brauchbaren Ausbreitungseffekt ergibt.
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Das folgende Beispiel soll die Erfindung näher erläutern, ohne sie
zu beschränken.
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Beispiel Herstellung von TDHS Eine 5 5%ige Lösung von Natriumhyaluronat
wurde hergestellt, indem 1250 mg Streptococcen-Hyaluronsäure in 25 ml physiologischer
Kochsalzlösung (US-Pharmacopoeia) gelöst wurden. Die Mischung wurde in ein Wasserbad
von 38 + 10 C gegeben und gerührt, bis das Hyaluronat in Lösung war. Zu dieser Lösung
wurden 25 mg Hyaluronidase (1000 TRU/mg) gegeben und bis zur Lösung gerührt. Die
Mischung wurde 15 Minuten im Wasserbad gehalten, wonach sie entfernt und 40 Minuten
in einen Dampfdruckautoklav gegeben wurde (Temperatur = 1040 C). Nach 40 Minuten
im Autoklav wurde der Druck auf normal gebracht, indem die Dampfzufuhr abgesperrt
wurde. Die ausgefallene Hyaluronidase wurde durch Zentrifugieren mit 1800 Umdr./Min.
(lOcm Radius) während 15 Minuten entfernt. Die überstehende Flüssigkeit, die die
teilweise depolymerisierte Hyaluronsäure als Natriumsalz (TDHS) enthielt, wurde
durch den Trübungstest auf zurückgebliebene Hyaluronidase geprüft. Der Test zeigte,
daß weniger als 0,1 TRU Hyaluronidase je ml Lösung vorhanden waren. Diese Lösung,
die die depolymerisierte Hyaluronsäure enthält, hat eine ausgeprägte Ausbreitungswirkung
und erleichtert die Absorption von subkutan injizierten Lösungen.
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Wenn die Depolymerisation durch das Enzym auf 60 Minuten verlängert
wurde, so verminderte sich die Ausbreitnngswirkung um wenigstens 50°/o.
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Die Wirkung der Bebrütungsdauer auf die Ausbreitungswirkung der TDHS
ist in der folgenden Ta-
belle gezeigt. Die teilweise depolymerisierte Hyaluronsäure
wurde wie oben beschrieben hergestellt, nur wurden die Bebrütungszeiten variiert.
Dosen von 5 mg in 0,1 ml Testlösung und 0,1 ml 1 igem Trypanblau in physiologischer
Kochsalzlösung wurden intradermal anästhesierten Ratten injiziert und die Ausbreitungsfläche
nach einem Zeitraum von 60 Minuten gemessen.
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Die Ergebnisse sind im Vergleich mit Kontrollinjektionen von physiologischer
Kochsalzlösung und 1000' TRU Hyaluronidase in der folgenden Tabelle zusammengestellt.
Es wird daraus ersichtlich, daß die Ausbreitungswirksamkeit von TDHS mit der Bebrütungszeit
von 5 bis 20 Minuten wächst, dann bei 30 bis 50 Minuten auf etwa gleiche Werte abfällt
und dann bei 55 Minuten erneut zu fallen beginnt. Eine wirksame Ausbreitung wird
in dem Bereich von 5 bis nicht über 60 Minuten erhalten, jedoch wird die maximale
Wirksamkeit in dem bevorzugten Bereich von 10 bis 25 Minuten erhalten.
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Beziehung zwischen Bebrütungszeit von Hyaluronsäure mit Hyaluronidase
und Ausbreitungswirksamkeit der teilweise depolymerisierten Hyaluronsäure (TDHS)
Ausbreitungsnäche |
Injizierte Zusammensetzung (mm²) |
nach 60 Minuten |
Physiologische Kochsalzlösung .. 255,0 |
Hyaluronidase, 1000 TRU ...... 596,2 |
TDHS, |
bebrütet 5 Minuten .......... 462,6 |
bebrütet 10 Minuten .......... 565,0 |
bebrütet 15 Minuten .......... 981,4 |
bebrütet 20 Minuten .......... 1047,4 |
bebrütet 25 Minuten , 883,3 |
bebrütet 30 Minuten .......... 483,4 |
bebrütet 35 Minuten .......... 447,2 |
bebrütet 40 Minuten .......... 441,9 |
bebrütet 45 Minuten ........... 433,5 |
bebrütet 50 Minuten .......... 417,4 |
bebrütet 55 Minuten .......... 399,9 |
Es wird dem Fachmann ersichtlich, daß man verschiedene Änderungen vornehmen kann,
ohne aus dem Bereich der Erfindung zu belangen.
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Die hier verwendeten Ausdrücke Hyaluronsäure (HS) und teilweise depolymerisierte
Hyaluronsäure (TDHS) sollen sowohl die freien Säuren als auch ihre Alkalisalze bezeichnen.
Sie umfassen auch Hyaluronsäure und teilweise depolymerisierte Hyaluronsäure, unabhängig
von der-Herstellungsquelle, wie Nabelschnur, Glaskörper oder Bakterien.