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Verfahren zur Herstellung eines therapeutisch wirksamen Bakterienpräparats
Antibiotika und insbesondere die Breitbandantibiotika beeinflussen durch ihre Wirkung
auch die symbiotisch lebenden darmphysiologischen Keime, wie Escherichia coli und
Aerobacter aerogenes. Nach Verabreichung von Antibiotika, vor allem bei längerer
Applikation von Breitbandantibiotika, kann es zu einer weitgehenden Eliminierung
der darmphysiologischen Flora kommen. Damit ist ein Verlust der symbiotischen Funktionen
dieser Keime, wie Vitaminsynthese, Stoffwechselleistungen, Milchsäuregärung mit
antiseptischer Wirkung sowie bakterieller Antagonismus, verbunden. Auf den Ausfall
dieser Funktionen können auch die nach längerer Behandlung mit Breitbandantibiotika
auftretenden Symptome, wie Diarrhoe, sowie das häufige überhandnehmen von relativ
antibiotikaresistenten Keimen, z. B. Staphylokokken, welches eine entzündliche Erkrankung
des Darmes (staphylococcogene Enteritis nach Breitbandantibiotikamedikation) nach
sich ziehen kann, zurückgeführt werden.
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Die Erfindung zielt nun darauf ab, die Nachteile zu beseitigen, die
bei einer Beeinträchtigung der darmphysiologischen Flora auftreten können, durch
Herstellung eines prophylaktisch wirkenden Mittels zur Verhinderung von Darmstörungen
bei Antibiotikaverabreichung.
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Es wurde nun gefunden, daß therapeutisch wirksame Bakterienpräparate
zur Verhinderung oder Bekämpfung von Darmstörungen erhalten werden, wenn man wenigstens
einen gegen zumindest ein Antibiotikum natürlich resistenten, funktionstüchtigen
apathogenen Stamm von gramnegativen Bakterien, insbesondere von Darmbakterien der
Escherichia coli und Aerobacter aerogenes umfassenden Gruppe, deo bei Antibiotikakonzentrationen
von mehr als 50 Mikrogramm/ml, vorzugsweise mehr als 100 Mikrogramm/ml, noch Wachstum
zeigt und der gegen wenigstens ein anderes Antibiotikum voll empfindlich ist, in
bzw. auf eine Stickstoffquelle und eine Kohlenstoffquelle enthaltenden Nährmedien
züchtet und die erhaltenen Kulturen zu Trockenpräparaten verarbeitet.
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Als Stickstoffquellen kommen für die heim erfindungsgemäß en Verfahren
angewendeten Nährmedien beispielsweise in Frage: Ein anorganisches Salz, z. B.
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Natriumnitrat oder Ammoniumsulfat, ein organisches Produkt, z. B.
Cornsteepliquor, Hefe, Hefeautolysat, Peptone, Sojabohnenmehl u. dgl. Das Nährmedium
kann auch Mineralsalze, Puffer u. dgl. enthalten.
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Als Kohlenstoffquellen können im Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens
beispielsweise Dextrin, Stärke, Glycerin, Galaktose, Arabinose, Rhamnose, Xylose,
Glukose, Laevulose, Cellobiose, Inosit, Inulin, Mannit, Dulcit, Sorbit, Lactose,
Maltose, Saccharose u. dgl. verwendet werden.
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Die Gewinnung von gegen Antibiotika, insbesondere gegenüber Antibiotika
der Tetracydinreihe, resistenten, funktionstüchtigen, apathogenen Bakterienstämme
erfolgt durch Auswahl nach Reihenuntersuchungen des Stuhls gesunder Individuen.
Das Untersuchungsmaterial kann hierzu auf eine Endoplatte überimpft und bebrütet
werden (beispielsweise 20 Stunden bei 370 C). Auf der Endoplatte sich entwickelnde
typische Kolonien, z. B. von Escherichia coli bzw. Aerobacter aerogenes, können
dann zur Isolierung überimpft und nach ihrer Reinzüchtung in an sich bekannter Weise
auf ihr biochemisches Verhalten geprüft werden, z. B. hinsichtlich einer Vergärung
von Lactose, Dextrose, Saccharose, Mannit sowie der Bildung von H2S, Indol, Spaltung
von Harnstoff, Wachstum auf Citratnährboden, »Voges-Proskauerreaktion« (Nachweis
von Acetylmethylcarbinol) u. dgl. Bei dieser biochemischen Prüfung als typische
Stämme nachgewiesene Kolonien, insbesondere von E. coli und A. aerogenes, wurden
bezüglich der Resistenz gegenüber verschiedenen Antibiotika überprüft.
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Die quantitative Resistenzbestimmung kann im Röhrchentest erfolgen.
Mittels einer Verdünnungsreihe des jeweiligen Antibiotikums mit dem Faktor V2, also
in geometrischer Progression, wobei die Ausgangslösung mit einer üblichen Nährbouillon
verdünnt wird, wird die bakteriostatische Wirkung gegenüber
einem
konstanten Inokulat des jeweils zu prüfenden Stammes während einer geeigneten Bebrütungszeit
(z. B. 20 Stunden) getestet. Die dabei erhaltenen Antibiogramme charakterisieren
die isolierten Stämme und lassen das jeweis vorhandene Ausmaß und die Art der Antibiotikaresistenz
erkennen.
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Unter den gegenüber Antibiotika der Tetracyclinreihe besonders resistenten
Stämme der Coli- bzw.
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Aerogenesreihe sind Escherichia coli 14230 und Aerobacter aerogenes
16092 besonders hervorzuheben.
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Escherichia coli 14230 zeigt in üblichen Nährlösungen Wachstum bis
zu den folgenden Antibiotikakonzentrationen: 620 Mikrogramm/ml Tetracyclin 250 Mikrogramm/ml
Chlortetracyclin 2500 Mikrogramm/ml Oxytetracyclin 15 Mikrogramm/ml Chloramphenicol
9,0 Mikrogrammiml Erythromycin (< 100 Mikrogramm/ml) 78,0 Mikrogramm/ml Viomycin
2,2 Mikrogrammlml Neomycin (0,1 bis 4,0 Mikrogramm/ml).
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Aerobacter aerogenes 16092 wächst in üblichen Nährlösungen bis zu
Antibiotikakonzentrationen von 150 Mikrogramm/ml Tetracyclin 550 Mikrogramm/ml Chlortetracyclin
5000 Mikrogramm/ml Oxytetracyclin 3,7 Mil<rngramm/ml Chloramphenicol 19,0 Mikrogramm/ml
Erythromycin (<50 Mikrogramm/ml) 4,5 Mikrogrammlml Viomycin <1,1 Mikrogramm/ml
Neomycin (0,2 bis 2,5 Mikrogramm/ml) Die in Klammern angegebenen Zahlen entsprechen
der Empfindlichkeit von mehr als 750/0 der Stämme.
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Um bei den gegenüber Antibiotika resistenten Stämmen pathogene Formen
auszuschließen, wurden die für therapeutische Applikation in Frage kommenden Stämme
neben der Prüfung auf Resistenz auf ihre Apathogenität geprüft. Es wurden, um eventuelle
Dyspepsiestämme auszuschließen, routinemäßig serologische Agglutinationsversuche
(ObjekttsägermetZlode:) mittels der Dyspepsiesera: O 111 B4, 0 55 B5, 0 26 B6 und
0 86, durchgeführt.
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Die Stämme von Aerobacter aerogenes wurden im Mäuseversuch auf die
Apathogenität getestet, wobei SOg schwere Mäuse jeweils mit 0,1 ml einer20stündig
betrüteten Bouillon inokuliert wurden.
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Für die Herstellung der therapeutischen Präparate werden nur solche
Stämme, die bei der obigen Prüfung apathogen befunden wurden, herangezogen.
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Bei der Herstellung der erfindungsgemäßen Präparate werden bevorzugt
gegenüber wenigstens einem Antibiotikum der Tetracyclinreihe resistente Bakterienstämme
verwendet; es ist von Bedeutung, daß die resistenten Stämme gegenüber einigen Antibiotika,
z. B. gegenüber Chloramphenicol, Erythromycin, Neomycin, Viomycin, sensibel sind,
wodurch es möglich ist, im Bedarfsfall in den Körper eingeführte, nur gegenüber
bestimmten Antibiotika resistente Bakterienstämme durch Anwendung einer bestimmten
Antibiotika-Therapie wieder zurückzudrängen.
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Bei Verabreichung mehrerer Stämme tritt eine gegenseitige Ergänzung
der bakteriell antagonistischen Wirkung auf. Ferner wird durch die Mehrzahl der
Stämme eine Verbesserung der potentiellen Adaption an das oft sehr unterschiedliche
Milieu im Bereich des Darmes erreicht.
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Die Züchtung einzelner antibiotikaresistenter gramuegativer Bakterienstämme,
insbesondere Coli-bzw. Aerogenesstämme, erfolgt beim erfindungsgemäßen Verfahren
grundsätzlich getrennt, d. h. jeder resistente Stamm wird für sich gezüchtet, während
bei der Trocknung sowohl einzelne Stämme für sich als auch Gemische von verschiedenen
Stämmen eingesetzt werden können. Soll eine Lagerung eines Vorrates von getrockneten
Stämmen erfolgen, ist eine gesonderte Trocknung jedes einzelnen Stammes empfehlenswert.
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Bei der Herstellung der Trockenpräparate resistenter Stämme kann
beispielsweise von einer 20 Stunden bei etwa 370 C mit den resistenten Stämmen bebrüteten
Bouillon ausgegangen werden, welche auf Agarplatten überimpft wird. Nach einer weiteren
Bebrütung auf -diesen Agarplatten (20 Stunden bei etwa 370 C) wurden die Oberflächenkolonien
mittels physiologischer Kochsalzlösung, der ansichbekannteWachstumssubstrate, wie
Lactose, vorzugsweise a-Lactose, und Wuchsstoffe, wie Biotin, p-Aminobenzoesäure,
Nicotinsäureamid (P. P. Faktor), Aneurin (Bl), Lactoflavin (B2), Cyano-Cobalamin
(bs2), Folsäure, Pantothensäure od. dgl., beigemengt sein können, gegebenenfalls
mehrmals abgeschwemmt. Coli- bzw. Aerogenesstämme können auch in großem Maßstab
durch Oberflächen- bzw. Submersverfahren erzeugt werden.
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Aus den so erhaltenen Bakterienanreicherungen kann dann die Bakterienmasse
durch geeignete Zentrifugen, z. B. Sharples-Zentrifugen, auszentrifugiert werden.
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Gegebenenfalls können auch durch mehrmaliges Aufschlämmen in Wasser
und Wiederauszentrifugieren Reste der Nährlösung aus der Bakterienmasse entfernt
werden.
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Die so erhaltenen Bakteriensuspensionen können zur Gewinnung der
Trockenpräparate, z. B. einer Lyophilisierung, unterworfen werden, wobei Schutzstoffe
zur Stabilisierung des Präparates, wie Pektinsubstanzen, Eiweißstoffe, Tragant u.
dgl., vor der Gefriertrocknung zugesetzt werden können. Bei aus mehreren Stämmen
hergestellten Präparaten von Escherichia-coli-Stämmen und Aerobacter-aerogenes-Stämmen
wird das Gewichtsverhältnis bevorzugt in der Weise abgestimmt, daß auf 2 Teile des
E.coli-Produktes 1 Teil A. aerogenes-Produkt entfällt. Für die therapeutische Applikation
werden zweckmäßig Präparate mit etwa 20 bis 50 mg Bakteriensubstanz hergestellt,
welchen Wachstumssubstrate und Wuchsstoffe in fester Form zugemischt werden können.
Die Menge von etwa 50mg genügt, um in etwa 150 ml Wasser eine dichte, trübe Keimsuspension
zu erzeugen. Falls die Präparate für die Herstellung trinkfertiger Suspensionen
hergestellt werden, kann durch Zusatz von Puffersubstanzen ein für die optimale
Entwicklung der Keime geeigneter pH-Wert festgelegt werden.
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Es kann auch vorteilhaft sein, die erfindungsgemäßen Präparate in
fester Form, z. B. in Kapseln, herzustellen; durch Abgabe der Präparate in einer
solchen Form wird bei Verabreichung der Bakterienpräparate die Gefahr einer unerwünschten
Verschleppung von Coli- bzw. Aerogenesbakterien beträchtlich vermindert.
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Beispiel 1 Von der Stammkultur des isolierten Escherichia coli 14230
werden Subkulturen auf in Reagenzgläsern schräggestelltem Nutrient-Agar der Fa.
Difco Laboratories, Detroit, Michigan, USA., angelegt. Die in einer Struktur enthaltenen
Keime werden in 2 ml physiologischer Kochsalzlösung aufgeschwemmt und in ein 100-ml-Erlenmeyerkölbehen,
das mit 25 ml
Nährlösung nachstehender Zusammensetzung gefüllt ist,
eingesät.
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0,810/0 Nutrient-broth der Fa. Difco Laboratories, Detroit, USA.
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0,30/o Na2HPO4 12 H2O 0,3 O/o Glukose PEF 7,2 (mit Na OH eingestellt)
Um eine gleichmäßige Resistenzhöhe der Keime gegenüber Tetracyclin zu erreichen,
werden den Nähr medien dieser ersten Submersvorkultur sowie der nachfolgenden zweiten
Submersvorkultur 200 Mikrogramm Tetracyclinhydrochlorid pro ml zugesetzt. Die obenerwähnte
beimpfte Nährlösung wird 24 Stunden in einer Rundschwingschüttelmaschine bei 370
C geschüttelt; hierauf werden 2 ml dieser Kultur in 25 ml Nährlösung derselben Zusammensetzung
eingeimpft.
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Es wird wiederum 24 Stunden bei 370 C am Rundschwingschüttelwerk bebrütet.
5 ml dieser zweiten Submersvorkultur werden in 500 ml Nährlösung folgender Zusammensetzung
übertragen: 0,20/, Stickstoff in Form von abgeschleudertem Bierhefeantolysat 0,150/oNa2HPO4
12H2O 0,020/oMgSO4 7H2O 0,3o Glukose PH 7,2 (mit Na O H eingestellt) Die Nährlösung
wird in einen 2-l-Erlenmeyerkolben abgefüllt. Es wird 24 Stunden bei 370 C auf einem
Rundschwingschüttelwerk mit 270 U/min geschüttelt Nach dieser Zeit beträgt die Ausbeute
an Zellentrockensubstanz 3 gil 1 Nährlösung. Die oben be schriebene Züchtung des
Organismus hat unter streng aseptischen Bedingungen zu erfolgen. Hierauf werden
die Bakterienzellen durch Zentrifugieren aus der Nährlösung abgeschieden und durch
zweimaliges Waschen mit je 500 ml physiologischer Kochsalzlösung sowie jeweils nachfolgendes
Zentrifugieren von den Nährlösungsresten befreit. Der gereinigte Bakterienschlamm
wird in für die Gefriertrocknunggeeigneten Schutzlösungen, wie Magermilch, 1:4 verdünnte
Nährbouillon, 1°/oiges Peptonwasser, Gelatine oder 50/oige Glukoselösung, suspendiert,
in sterile Glasschalen, die mit Filterpapier überspannt sind, in dünner Schicht
(etwa 1 mm Höhe) eingebracht und bei 780 C eingefroren. Das gefrorene Material wird
nun in einer Gefriertrocknungsanlage bis zu einer Restfeuchtigkeit von 1,0 bis 0,5
O/o getrocknet. Das getrocknete Zellenmaterial wird bis zu seiner Weiterverarbeitung
in einem Vakuumexsikkator bei Kühlraumtemperatur (+ 20 C) gelagert.
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Beispiel 2 Von der Stammkultur des isolierten Aerobacter aerogenes
16092 werden Subkulturen auf in Reagenz-
gläsern schräg g,elegtem Nutrient-Agar der
Fa. Difco Laboratories angelegt. Die Weiterzüchtung des Organismus erfolgt wie im
Beispiel 1. Auch die Nährlösungen der ersten und zweiten Submersvorkultur haben
die gleiche Zusammensetzung wie im Beispiel 1.
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Die zu diesen Nährböden zugesetzte Tetracyclin-H Cl-Menge beträgt
200 Mikrogramm/ml. Von der zweiten Submersvorkultur werden 5 ml in 500 ml Nährlösung
folgender Zusammensetzung übertragen: 0,175 O/o Stickstoff in Form von abgeschleudertem
B ierhefeautolysat 0,150/oNa2HPO4 12H2O 0,3°/e NaCl 0,02 O/o MgSO4 .7 H2O 0,3 <>/o
Glukose p3 7,2 (mit Na OH eingestellt) Die Nährlösung wird in einem 2-l-Erlenmeyerkolben
abgefüllt. Es wird wiederum 24 Stunden bei 370 C auf einem Rundschwingschüttelwerk
bei 270 U/min geschüttelt. Nach dieser Zeit beträgt die Ausbeute an Zellentrockensubstanz
4 g/l Nährlösung. Die oben beschriebene Züchtung des Organismus hat unter streng
aseptischen Bedingungen zu erfolgen. Die Gewinnung der Trockensubstanz des Aerobacter
aerogenes geschieht in gleicher Weise wie die Gewinnung der Trockensubstanz von
Escherichia coli im Beispiel 1.
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PATENTANSPROCHE: 1. Verfahren zur Herstellung eines therapeutisch
wirksamen Bakterienpräparates mit einem Gehalt an antibiotikaresistenten Bakterienstämmen
zur Verhinderung bzw. Bekämpfung von Darmstörungen, dadurch gekennzeichnet, daß
man wenigstens einen gegen zumindest ein Antibiotikum, vorzugsweise ein Antibiotikum
der Tetracyclinreihe, natürlich resistenten, funktionstüchtigen, apathogenen Stamm
von gramnegativen Bakterien, insbesondere von E. coli und bzw. oder A. aerogenes,
der bei Antibiotikakonzentrationen von mehr als 50 Mikrogramm/ml, insbesondere von
mehr als 100 Mikrogramm/ml noch Wachstum zeigt und der gegen wenigstens ein anderes
Antibiotikum voll empfindlich ist, in bzw. auf eine Stickstoffquelle und eine Kohlenstoffquelle
enthaltenden Nährmedien züchtet und die erhaltenen Kulturen, gegebenenfalls unter
Zusatz von Trägerstoffen, Wuchsstoffen, Wirkstoffen od. dgl., wie an sich bekannt,
zu Trockenpräparaten verarbeitet.