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Die Erfindung betrifft Nukleotidsequenzen
coryneformer Bakterien codierend für am L-Serinstoffwechsel beteiligte
Proteine mit reduzierter bzw. ausgeschalteter L-Serin-Dehydratase
sowie Mikroorganismen und Verfahren zur Herstellung von L-Serin.
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Die Aminosäure L-Serin findet in der Nahrungsmittel-,
Futtermittel- und Pharmaindustrie, sowie in der Humanmedizin Anwendung.
Darüber
hinaus dient sie als Baustein für
die Synthese weiterer industriell verwertbarer Produkte, wie z.
B. L-Tryptophan aus Indol und L-Serin.
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Es ist bekannt, dass L-Serin durch
Fermentation von Stämmen
coryneformer Bakterien hergestellt werden kann. So ist z. B. ein
Stamm von Corynebacterium glycinophilum in der Lage, L-Serin aus
Glycin und Kohlenhydraten zu bilden (Kubota K, Kageyama K, Shiro
T und Okumura S (1971) Journal of General Applications in Microbiology,
17: 167–168;
Kubota K, Kageyama K, Maeyashiki I, Yamada K und Okumura S. (1972) Journal
of General Applications in Microbiology 18: 365). An der Umsetzung
von Glycin zu L-Serin ist hier das Enzym L-Serin-Hydroxymethyltransferase
beteiligt (Kubota K und Yokozeki K (1989) Journal of Fermentation and
Bioengeneering, 67(6):387–390).
Diese Corynebacterium glycinophylum Stämme weisen eine defekte Serindehydratase
auf, die durch ungerich tete Mutagenese erzeugt wurde (Kubota K (1985)
Improved production of L-serin by mutants of Corynebacterium glycinophylum
with less serine dehydratase activity. Agricultural Biological Chemistry,
49: 7–12).
Diese Enzymaktivität
ist Pyridoxal 5'-Phosphat
abhängig
und nicht molekular charakterisiert (Kubota K., Yokozeki K, Ozaki
H. (1989) Effects of L-serine dehydratse activity on L-serine production
by Corynebacterium glycinophylum and an examination of the properties
of the enzyme. Agric. Biol. Chem 49: 7–12) Aus dem US Patent 4,528,273
ist ebenfalls ein Verfahren zur Herstellung von L-Serin aus Glycin
bekannt, bei dem der Mikroorganismus Serin-Dehydratase negativ ist.
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Weiterhin wird L-Serin fermentativ
aus Methanol und Glycin unter Zuhilfenahme methylotropher Bakterien,
wie z. B. Hyphomicrobium Stämmen,
produziert (Izumi Y, Yoshida T, Miyazaki SS, Mitsunaga T, Ohshiro T,
Shiamo M, Miyata A und Tanabe T (1993) Applied Microbiology and
Biotechnology, 39: 427–432).
In beiden Fällen
muss die Aminosäure
Glycin als Vorstufe für
die Bildung der Aminosäure
L-Serin eingesetzt werden.
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Ferner sind coryneforme Bakterien
bekannt, die L-Serin direkt aus Kohlenhydraten, ohne zusätzliche Beigabe
weiterer Vorstufen produzieren können.
Dies ist für
eine wirtschaftliche Produktion von L-Serin in industriellem Maßstab vorteilhafter,
da L-Serin direkt aus Kohlenhydraten ohne aufwendige Zugabe von
Vorstufen hergestellt werden kann. Diese Stämme, die zu der Gattung Corynebacterium
glutamicum gehören,
weisen sich dadurch aus, dass sie z. B. resistent gegen die L-Serin-Analoga
Serin-Hydroxamat und β-Chloroalanin sind
und durch ungerichtete Mutagenese erhalten wurden (Yoshida H und
Nakayama K (1974) Nihon-Nogei-Kagakukaishi 48: 201–208).
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Darüber hinaus sind Brevibacterium
flavum Stämme
bekannt, die durch ungerichtete Mutagenese Defekte im L-Serin-Abbau
aufweisen, eine erhöhte
Aktivität
der durch serA kodierten 3-Phosphoglycerat-Dehydrogenase besitzen,
und die aus Escherichia coli stammenden Gene serB und serC überexprimieren (
EP0931833A2 ).
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Es ist Aufgabe der Erfindung, Maßnahmen
zur Verfügung
zu stellen, die zu einer verbesserten Produktion von L-Serin oder
davon ableitbaren Stoffwechselprodukten wie z. B. Tryptophan führen. Es
ist somit Aufgabe der Erfindung, Nukleinsäuren bereitzustellen, die für am L-Serinstoffwechsel
beteiligte Proteine codieren, die gegenüber in Wild Typ Organismen
vorkommenden Proteinen einen verringerten bzw. keinen Abbau von
L-Serin zu Pyruvat aufweisen. In diesem Zusammenhang ist es weiterhin
Aufgabe der Erfindung eine L-Serin-Dehydratase sowie Mikroorganismen
bereitzustellen, die gegenüber
natürlich
vorkommenden L-Serin-Dehydratasen bzw. Mikroorganismen mit einer
L-Serin-Dehydratase, einen verringerten Abbau von L-Serin aufweisen.
Weiterhin ist es Aufgabe der Erfindung, ein verbessertes Verfahren
zur mikrobiellen Herstellung von L-Serin bereitzustellen.
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Ausgehend vom Oberbegriff des Anspruchs
1 wird die Aufgabe erfindungsgemäß gelöst, mit
den im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 angegebenen Merkmalen.
Weiterhin wird die Aufgabe ausgehend vom Oberbegriff des Anspruchs
7 erfindungsgemäß gelöst, mit
den im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 7 angegebenen Merkmalen.
Die Aufgabe wird außerdem
ausgehend vom Oberbegriff des Anspruchs 8 erfindungsgemäß gelöst, mit
den im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 8 angegebenen Merkmalen.
Die Aufgabe wird ebenso ausgehend vom Oberbegriff des Anspruchs
9 erfindungsgemäß gelöst, mit
den im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 9 angegebenen Merkmalen.
Die Aufgabe wird weiterhin ausgehend vom Oberbegriff des Anspruchs
14 erfindungsgemäß gelöst, mit
den im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 14 angegebenen Merkmalen.
Ausgehend vom Oberbegriff des Anspruchs 20 wird die Aufgabe ebenfalls
erfindungsgemäß gelöst, durch
die im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 20 angegebenen Merkmale.
Weiterhin wird die Aufgabe ausgehend vom Oberbegriff des Anspruchs
21 erfindungsgemäß gelöst, durch
die im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 21 angegebenen Merkmale.
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Mit den erfindungsgemäßen Nukleinsäuren sowie
Polypeptiden ist es nunmehr möglich,
eine L-Serin-Dehydratase bereitzustellen, die einen verringerten
bzw. keinen L-Serin Abbau mehr verursacht. Weiterhin ist es möglich, Mikroorganismen
und Verfahren bereitzustellen, mit denen eine L-Serinproduktion
mit gegenüber
bisher bekannten mikrobiellen Verfahren höheren Ausbeuten möglich ist.
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Vorteilhafte Weiterbildungen sind
in den Unteransprüchen
angegeben.
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Gegenstand der Erfindung sind in
Mikroorganismen der Gattung Corynebacterium replizierbare, gegebenenfalls
rekombinante Nukleinsäuren,
deren für
die L-Serin-Dehydratase,
im folgenden auch als SDA bezeichnet, codierende Nukleotidsequenz
in Teilen oder komplett dele tiert oder mutiert ist oder gegenüber natürlich vorkommenden
Nukleotidsequenzen geringer oder gar nicht exprimiert wird.
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Gegenstand der Erfindung ist weiterhin
die Bereitstellung von Nukleinsäuren,
deren sdaA Gensequenz in Teilen oder komplett deletiert oder mutiert
ist oder gegenüber
natürlich
vorkommenden Nukleotidsequenzen geringer oder gar nicht exprimiert
wird. Es erwies sich beispielsweise eine Nukleinsäure mit
einer Nukleotidsequenz gemäß SEQ ID
No 1 deren Nukleotide von Position 506 bis 918 teilweise oder komplett
deletiert oder mutiert sind oder ein Allel, Homolog oder Derivat
dieser Nukleotidsequenz oder mit diesen hybridisierende Nukleotidsequenzen
als vorteilhaft. Weiterhin vorteilhaft kann beispielsweise die Deletion
oder Mutation des zur Bildung des Eisen-Schwefelclusters erforderliche
Cystein enthaltende Sequenzmotivs sein (Hofmeister et al., (1994)
Iron-sulfur cluster-containing L-serine dehydratase from Peptostreptococcus
asaccharolyticus: correlation of the cluster type with enzymatic
acticvity. FEBS Letters 351: 416–418).
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Die Wild Typ L-Serin-Dehydratase
(sdaA) Gensequenz ist allgemein bekannt und kann den dem Fachmann
bekannten Datenbanken (NCBI Accession Nr. AP005279) oder dem beigefügten Sequenzprotokoll
gemäß SEQ ID
No. 1 entnommen werden.
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Die vollständige Deletion des L-Serin-Dehydratase(sdaA)-Gens
kann beispielsweise durch gerichtete rekombinante DNA-Techniken
erreicht werden. Geeignete Methoden dazu sind bei Schäfer et al.
(Gene (1994) 145: 69–73)
oder auch Link et al. (Journal of Bacteriology (1998) 179: 6228–6237) beschrieben.
Auch können nur
Teile des Gens deletiert werden, oder auch mutierte Fragmente des
L-Serin-Dehydratase-Gens ausgetauscht werden. Durch Deletion oder
Austausch wird so ein Verlust oder eine Reduktion der L-Serin-Dehydratase-Aktivität erreicht.
Ein Beispiel für
eine derartige Mutante ist der C. glutamicum Stamm ATCC13032ΔsdaA, der
eine Deletion im sdaA-Gen trägt.
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Um die Expression des sdaA-Gens zu
verhindern oder eine geringere Expression zu erreichen, kann beispielsweise
die Promoter- und Regulationsregion, die sich stromaufwärts des
Strukturgens befindet, mutiert werden. In gleicher Weise wirken
Expressionsregulationskassetten, die stromaufwärts des Strukturgens eingebaut
werden. Durch regulierbare Promotoren ist es zusätzlich möglich die Expression im Verlaufe
der fermentativen L-Serinbildung zu reduzieren. Daneben ist aber
auch eine Regulation der Translation möglich, indem beispielsweise
die Stabilität
der m-RNA reduziert wird. Des weiteren können Gene verwendet werden,
die für
das entsprechende Enzym mit geringer Aktivität kodieren. Alternativ kann
weiterhin eine reduzierte Expression des L-Serin-Dehydratase-Gens durch Veränderung
der Medienzusammensetzung und Kulturführung erreicht werden. Anleitungen
findet der Fachmann unter anderem bei Martin et al. (Bio/Technology
5, 137–146 (1987)),
bei Guerrero et al. (Gene 138, 35–41 (1994)), Tsuchiya und Morinaga
(Bio/Technology 6, 428–430 (1988)),
bei Eikmanns et al. (Gene 102, 93–98 (1991)), in der Europäischen Patentschrift
EPS 0 472 869 , im US Patent
4,601,893, bei Schwarzer und Pühler
(Bio/Technology 9, 84–87
(1991), bei Reinscheid et al. (Applied and Environmental Microbiology
60, 126–132
(1994)), bei LaBarre et al. (Journal of Bacteriology 175, 1001–1007 (1993))
und in der Patentanmeldung WO 96/15246.
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Die erfindungsgemäßen Nukleinsäuren zeichnen
sich dadurch aus, dass sie aus coryneformen Bakterien, bevorzugt
der Gattung Corynebacterium oder Brevibacterium besonders bevorzugt
aus Corynebacterium glutamicum isoliert werden. Beispiele für in Stammkulturen
hinterlegte Wild Typen coryneformer Bakterien sind beispielsweise,
Corynebacterium
acetoacidophilum ATCC 13870;
Corynebacterium acetoglutamicum
ATCC 15806;
Corynebacterium callunae ATCC 15991;
Corynebacterium
glutamicum ATCC 13032;
Brevibacterium divaricatum ATCC 14020;
Brevibacterium
lactofermentum ATCC 13869;
Corynebacterium lilium ATCC 15990;
Brevibacterium
flavum ATCC 14067;
Corynebacterium melassecola ATCC 17965;
Brevibacterium
saccharolyticum ATCC 14066;
Brevibacterium immariophilum ATCC
14068;
Brevibacterium roseum ATCC 13825;
Brevibacterium
thiogenitalis ATCC 19240;
Microbacterium ammoniaphilum ATCC
15354;
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Beispiele für zur Herstellung von L-Serin
geeignete Mutanten oder Produktionsstämme sind, Organismen aus der
Gruppe Arthrobacter, Pseudomonas, Nocardia, Methylobacterium, Hyphomycrobium,
Alcaligenes oder Klebsiella. Die vorliegende Erfindung wird durch
die Angabe der zuvor genannten Bakterienstämme näher charakterisiert, die jedoch
nicht limitierend wirkt.
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Unter einer Nukleinsäure oder
einem Nukleinsäurefragment
ist erfindungsgemäß ein Polymer
aus RNA oder DNA zu verstehen, das einzel- oder doppelsträngig sein
kann und optional natürliche,
chemisch synthetisierte, modifizierte oder artifizielle Nukleotide
enthalten kann. Der Begriff DNA-Polymer schließt hierbei auch genomische
DNA, cDNA oder Mischungen davon ein.
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Unter Allelen sind erfindungsgemäß funktionell Äquivalente,
d. h. im wesentlichen gleichwirkende Nukleotidsequenzen zu verstehen.
Funktionell äquivalente
Sequenzen sind solche Sequenzen, welche trotz abweichender Nukleotidsequenz,
beispielsweise durch die Degenerierung des genetischen Codes bedingt
noch die gewünschten
Funktionen besitzen. Funktionelle Äquivalente umfassen somit natürlich vorkommende
Varianten der hierin beschriebenen Sequenzen sowie künstliche,
z. B. durch chemische Synthese erhaltene und gegebenenfalls an den
Kodongebrauch des Wirtsorganismus angepasste Nukleotidsequenzen.
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Unter einem funktionellen Äquivalent
versteht man insbesondere auch natürliche oder künstliche
Mutationen einer ursprünglich
isolierten Sequenz, welche weiterhin die gewünschte Funktion zeigen. Mutationen umfassen
Substitutionen, Additionen, Deletionen, Vertauschungen oder Insertionen
eines oder mehrerer Nukleotidreste. Inbegriffen sind hier auch sogenannte
Sinnmutationen, die auf Proteinebene beispielsweise zum Austausch
konservierter Aminosäuren
führen
können,
welche aber zu keiner grundsätzlichen
Veränderung
der Aktivität
des Proteins führen
und somit funktionsneutral sind. Dies beinhaltet auch Veränderungen
der Nukleotidsequenz, die auf Proteinebene den N-Terminus eines
Proteins betreffen, ohne jedoch die Funktion des Proteins wesentlich
zu beeinträchtigen.
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Durch die vorliegende Erfindung werden
auch solche Nukleotidsequenzen umfasst, welche man durch Modifikation
der Nukleotidsequenz, resultierend in entsprechenden Derivaten,
erhält.
Ziel einer solchen Modifikation kann z. B. die weitere Eingrenzung
der darin enthaltenen codierenden Sequenz oder z. B. auch die Einfügung weiterer
Restriktionsenzym-Schnittstellen sein.
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Außerdem sind artifizielle DNA-Sequenzen
Gegenstand der vorliegenden Erfindung, solange sie, wie oben beschrieben,
die gewünschten
Eigenschaften vermitteln. Solche artifiziellen DNA-Sequenzen können beispielsweise
durch Rückübersetzung
von mittels computergestützten
Programmen (molecular modelling) erstellten Proteinen oder durch
in-vitro-Selektion ermittelt werden. Besonders geeignet sind codierende
DNA-Sequenzen, die durch Rückübersetzung
einer Polypeptidsequenz gemäß der für den Wirtsorganismus
spezifischen Kodon-Nutzung erhalten wurden. Die spezifische Kodon-Nutzung
kann ein mit molekulargenetischen Methoden vertrauter Fachmann durch
Computerauswertung anderer, bereits bekannter Gene des zu transformierenden
Organismus leicht ermitteln.
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Unter homologen Sequenzen sind erfindungsgemäß solche
zu verstehen, die zu den erfindungsgemäßen Nukleotidsequenzen komplementär sind und/oder
mit diesen hybridi sieren. Der Begriff hybridisierende Sequenzen
schließt
erfindungsgemäß substanziell ähnliche
Nukleotidsequenzen aus der Gruppe von DNA oder RNA ein, die unter
an sich bekannten stringenten Bedingungen eine spezifische Wechselwirkung
(Bindung) mit den zuvor genannten Nukleotidsequenzen eingehen. Hierzu
zählen
auch kurze Nukleotidsequenzen mit einer Länge von beispielsweise 10 bis
30, bevorzugt 12 bis 15 Nukleotiden. Dies umfasst erfindungsgemäß u.a. auch
sogenannte Primer oder Sonden.
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Erfindungsgemäß sind auch die den codierenden
Bereichen (Strukturgenen) vorausgehenden (5'-oder upstream) und/oder nachfolgenden
(3'-oder downstream)
Sequenzbereiche eingeschlossen. Insbesondere sind hierin Sequenzbereiche
mit regulatorischer Funktion inbegriffen. Sie können die Transkription, die RNA-Stabilität oder die
RNA Prozessierung sowie die Translation beeinflussen. Beispiele
für regulatorische Sequenzen
sind u.a. Promotoren, Enhancer, Operatoren, Terminatoren oder Translationsverstärker.
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Gegenstand der Erfindung ist ferner
eine Genstruktur, enthaltend wenigstens eine der zuvor beschriebenen
Nukleotidsequenzen sowie mit diesen operativ verknüpfte regulatorische
Sequenzen, welche die Expression der codierenden Sequenzen in der
Wirtszelle steuern.
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Darüber hinaus betrifft die vorliegende
Erfindung einen Vektor enthaltend eine Nukleotidsequenz der zuvor
beschriebenen Art, mit diesen operativ verknüpfte regulative Nukleotidsequenzen
sowie zusätzliche
Nukleotidsequenzen zur Selektion transformierter Wirtszellen, für die Replikation
innerhalb der Wirtszelle oder zur In tegration in das entsprechende
Wirtszell-Genom. Ferner kann der erfindungsgemäße Vektor eine Genstruktur
der vorgenannten Art enthalten.
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Als Vektoren eignen sich solche,
die in coryneformen Bakterien repliziert werden wie z. B. pZ1 (Menkel E,
Thierbach G, Eggeling L, Sahm H., 1989, Appl Environ Microbiol 55(3):
684–688),
pEKEx2 (Eikmanns et al., Gene 102: 93–98 (1991), oder pXMJ19 (Jacoby
M., Burkovski A (1999) Construction ans application of new Corynebacterium
glutamicum vectors. Biotechnol. Technique 13: 437–441). Andere
Plasmidvektoren können in
gleicher Weise verwendet werden. Diese Aufzählung ist für die vorliegende Erfindung
jedoch nicht limitierend.
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Unter Ausnutzung der erfindungsgemäßen Nukleinsäuresequenzen
können
entsprechende Sonden oder auch Primer synthetisiert und dazu verwendet
werden, beispielsweise mit Hilfe der PCR-Technik analoge Gene aus
anderen Mikroorganismen, bevorzugt coryneformen Bakterien zu amplifizieren
und isolieren.
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Gegenstand der vorliegenden Erfindung
ist somit auch eine Sonde zur Identifizierung und/oder Isolierung
von Genen codierend für
an der Biosynthese von L-Serin beteiligte Proteine, wobei diese
Sonde ausgehend von den erfindungsgemäßen Nukleinsäuresequenzen
der zuvor beschriebenen Art hergestellt wird und eine zur Detektion
geeignete Markierung enthält.
Bei der Sonde kann es sich um einen Teilausschnitt der erfindungsgemäßen Sequenz,
beispielsweise aus einem konservierten Bereich handeln, der z. B.
eine Länge von
10 bis 30 oder bevorzugt 12 bis 15 Nukleotiden aufweist und unter
stringenten Bedingungen spezifisch mit homologen Nukleotidse quenzen
hybridisieren kann. Geeignete Markierungen sind aus der Literatur
zahlreich bekannt. Anleitungen hierzu findet der Fachmann unter
anderem beispielsweise im Handbuch von Gait: Oligonukleotide synthesis:
a practical approach (IRL Press, Oxford, UK, 1984) und bei Newton
und Graham: PCR (Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, Deutschland,
1994) oder beispielsweise im Handbuch "The DIG System Users Guide for Filter
Hybridization" der
Firma Roche Diagnostics (Mannheim, Deutschland) und bei Liebl et
al. (International Journal of Systematic Bacteriology (1991) 41:
255–260).
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Gegenstand der vorliegenden Erfindung
ist ferner eine L-Serin-Dehydratase mit gegenüber der Wild Typ L-Serin-Dehydratase verringertem
L-Serinabbau, codiert durch eine erfindungsgemäße Nukleinsäuresequenz oder deren Variationen
der zuvor beschriebenen Art. Die vorliegende Erfindung betrifft
ebenso eine L-Serin-Dehydratase, bzw. ein L-Serin-Dehydratase Mutein,
mit einer Aminosäuresequenz
gemäß der SEQ
ID No 2 deren Aminosäuren
von Position 135 bis 274, beispielsweise als Folge einer gerichteten
Mutagenese auf DNA-Ebene, verändert
wurden oder einer modifizierten Form dieser Polypeptidsequenzen
oder Isoformen davon oder Mischungen daraus. Unter „verändert" wird im Rahmen der
vorliegenden Erfindung das komplette oder teilweise Entfernen oder
Austauschen der Aminosäuren
von Position 135 bis 274 verstanden.
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Unter Isoformen sind Enzyme mit gleicher
oder vergleichbarer Substrat- und Wirkungsspezifität zu verstehen,
die jedoch eine unterschiedliche Primärstruktur aufweisen.
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Unter modifizierten Formen sind erfindungsgemäß Enzyme
zu verstehen, bei denen Änderungen
in der Sequenz, beispielsweise am N-Terminus oder C-Terminus des
Polypeptids oder im Bereich konservierter Aminosäuren vorliegen, ohne jedoch
die Funktion des Enzyms zu beeinträchtigen. Diese Veränderungen
können
in Form von Aminosäureaustauschen
nach an sich bekannten Methoden vorgenommen werden.
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Die erfindungsgemäßen Polypeptide zeichnen sich
dadurch aus, dass sie aus coryneformen Bakterien, bevorzugt der
Gattung Corynebacterium oder Brevibacterium, besonders bevorzugt
der Art Corynebacterium glutamicum oder Brevibacterium besonders
bevorzugt aus Corynebacterium glutamicum stammen. Beispiele für in Stammkulturen
hinterlegte Wild Typen coryneformer Bakterien sind beispielsweise
Corynebacterium
acetoacidophilum ATCC 13870;
Corynebacterium acetoglutamicum
ATCC 15806;
Corynebacterium callunae ATCC 15991;
Corynebacterium
glutamicum ATCC 13032;
Brevibacterium divaricatum ATCC 14020;
Brevibacterium
lactofermentum ATCC 13869;
Corynebacterium lilium ATCC 15990;
Brevibacterium
flavum ATCC 14067;
Corynebacterium melassecola ATCC 17965;
Brevibacterium
saccharolyticum ATCC 14066;
Brevibacterium immariophilum ATCC
14068;
Brevibacterium roseum ATCC 13825;
Brevibacterium
thiogenitalis ATCC 19240;
Microbacterium ammoniaphilum ATCC
15354;
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Beispiele für zur Herstellung von L-Serin
geeignete Mutanten oder Produktionsstämme sind Organismen aus der
Gruppe Arthrobacter, Pseudomonas, Nocardia, Methylobacterium, Hyphomycrobium,
Alcaligenes oder Klebsiella. Die vorliegende Erfindung wird durch
die Angabe der zuvor genannten Bakterienstämme näher charakterisiert, die jedoch
nicht limitierend wirkt.
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Die vorliegende Erfindung betrifft
ferner einen genetisch veränderten
Mikroorganismus, dadurch gekennzeichnet, dass die für die L-Serin-Dehydratase
codierende Nukleotidsequenz in Teilen oder komplett deletiert oder
mutiert ist oder gegenüber
den natürlich
vorkommenden Nukleotidsquenzen geringer oder gar nicht exprimiert
wird.
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Die Erfindung betrifft weiterhin
einen Mikroorganismus, der dadurch gekennzeichnet ist, dass das
sdaA-Gen in Teilen oder komplett deletiert oder mutiert ist oder
gegenüber
den natürlich
vorkommenden sdaA-Genen geringer oder gar nicht exprimiert wird.
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Ebenso umfasst die vorliegende Erfindung
einen genetisch veränderten
Mikroorganismus enthaltend in replizierbarer Form eine Genstruktur
oder einen Vektor der zuvor beschriebenen Art.
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Gegenstand der vorliegenden Erfindung
ist darüber
hinaus auch ein genetisch veränderter
Mikroorganismus enthaltend ein erfindungsgemäßes Polypeptid der zuvor beschriebenen
Art, welches im Vergleich zu dem entsprechend nicht genetisch veränderten
Mikroorganismus einen verringerten bzw. keinen L-Serin Abbau aufweist.
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Ein erfindungsgemäß genetisch veränderter
Mikroorganismus zeichnet sich ferner dadurch aus, dass er ein coryneformes
Bakterium, bevorzugt der Gattung Corynebacterium oder Brevibacterium,
besonders bevorzugt der Spezies Corynebacterium glutamicum oder
Brevibacterium flavum ist.
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Prinzipiell können Gene durch an sich bekannte
Methoden, wie beispielsweise die Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR)
mit Hilfe von kurzen, synthetischen Nukleotidsequenzen (Primern)
amplifiziert und anschließend
isoliert werden. Die Herstellung der verwendeten Primer erfolgt
im Allgemeinen anhand bekannter Gensequenzen aufgrund bestehender
Homologien in konservierten Bereichen der Gene und/oder unter Berücksichtigung
des GC-Gehalts der
DNA des zu untersuchenden Mikroorganismus.
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Eine weitere Vorgehensweise zur Isolierung
von codierenden Nukleotidsequenzen ist die Komplementation von sogenannten
Defekt-Mutanten des zu untersuchenden Organismusses, die zumindest
phänotypisch einen
Funktionsverlust in der Aktivität
des zu untersuchenden Gens oder entsprechenden Proteins aufweisen. Unter
einer Komplementation ist die Aufhebung des Gendefektes der Mutante
und weitgehende Wiederherstellung des ursprünglichen Erscheinungsbildes
vor der Mutagenese zu verstehen, die durch die Einbringung funktioneller
Gene oder Genfragmente aus dem zu untersuchenden Mikroorganismus
erreicht wird.
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Ein klassisches Mutagenese-Verfahren
zur Herstellung von Defektmutanten bzw. von Mutanten mit einer reduzierten
oder ausgeschalteten L-Serin-Dehydratase, ist beispielsweise die
Behandlung der Bakterienzellen mit Chemikalien wie z. B. N-Methyl-N-Nitro-N-Nitrosoguanidin
oder UV-Bestrahlung. Derartige Verfahren zur Mutationsauslösung sind
allgemein bekannt und können
unter anderem bei Miller (A Short Course in Bacterial Genetics,
A Laboratory Manual and Handbook for Escherichia coli and Related
Bacteria (Gold Spring Harbor Laboratory Press, 1992)) oder im Handbuch "Manual of Methods
for General Bacteriology" der
American Society for Bacteriology (Washington D.C., USA, 1981) nachgelesen
werden.
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Die vorliegende Erfindung betrifft
darüber
hinaus ein Verfahren zur mikrobiellen Herstellung von L-Serin, wobei
die für
die L-Serin-Dehydratase codierende Nukleinsäure in einem Mikroorganismus
in Teilen oder komplett deletiert oder mutiert wird oder gegenüber natürlich vorkommenden
Nukleinsäuren
gar nicht oder geringer exprimiert wird, dieser genetisch veränderte Mikroorganismus
zur mikrobiellen Herstellung von L-Serin eingesetzt wird und das
entsprechend gebildete L-Serin aus dem Kulturmedium isoliert wird.
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Die erfindungsgemäß hergestellten genetisch veränderten
Mikroorganismen können
kontinuierlich oder diskontinuierlich im batch-Verfahren (Satzkultivierung)
oder im fed batch (Zulaufverfahren) oder repeated fed batch Verfahren
(repetitives Zulaufverfahren) zum Zwecke der Produktion von L-Serin
kultiviert werden. Eine Zusammenfassung über bekannte Kultivierungsmethoden
sind im Lehrbuch von Chmiel (Bioprozesstechnik 1. Einführung in
die Bioverfahrenstechnik (Gustav Fischer Verlag, Stuttgart, 1991))
oder im Lehrbuch von Storhas (Bioreaktoren und periphere Einrichtungen
(Vieweg Verlag, Braunschweig/Wiesbaden, 1994)) beschrieben.
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Das zu verwendende Kulturmedium muss
in geeigneter Weise den Ansprüchen
der jeweiligen Stämme
genügen.
Beschreibungen von Kulturmedien verschiedener Mikroorganismen sind
im Handbuch "Manual of
Methods for General Bacteriology" der
American Society for Bacteriology (Washington D.C., USA, 1981) enthalten.
Als Kohlenstoffquelle können
Zucker und Kohlenhydrate wie z. B. Glucose, Saccharose, Lactose, Fructose,
Maltose, Melasse, Stärke
und Cellulose, Öle
und Fette wie z. B. Soja-Öl, Sonnenblumenöl, Erdnussöl und Kokosfett,
Fettsäuren
wie z. B. Palmitinsäure,
Stearinsäure
und Linolsäure,
Alkohole wie z. B. Glycerin und Ethanol und organische Säuren wie
z. B. Essigsäure
verwendet werden. Diese Stoffe können
einzeln oder als Mischung verwendet werden. Als Stickstoffquelle
können
organische stickstoffhaltige Verbindungen wie Peptone, Hefeextrakt,
Fleischextrakt, Malzextrakt, Maisquellwasser, Sojabohnenmehl und
Harnstoff oder anorganische Verbindungen wie Ammoniumsulfat, Ammoniumchlorid,
Ammoniumphosphat, Ammoniumcarbonat und Ammoniumnitrat verwendet
werden. Die Stickstoffquellen können
einzeln oder als Mischung verwendet werden. Als Phosphorquelle können Phosphorsäure, Kaliumdihydrogenphosphat
oder Dikaliumhydrogenphosphat oder die entsprechenden natriumhaltigen
Salze verwendet werden. Das Kulturmedium muss weiterhin Salze von
Metallen enthalten wie z. B. Magnesiumsulfat oder Eisensulfat, die
für das
Wachstum notwendig sind. Schließlich
können
essentielle Wuchsstoffe wie Aminosäuren und Vitamine zusätzlich zu
den oben genannten Stoffen eingesetzt werden. Dem Kulturmedium können überdies
geeignete Vorstufen zugesetzt werden. Die genannten Einsatzstoffe
können
zur Kultur in Form eines einmaligen Ansatzes hinzu gegeben oder in
geeigneter Weise während
der Kultivierung zugefüttert
werden.
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Zur pH-Kontrolle der Kultur werden
basische Verbindungen wie Natriumhydroxid, Kaliumhydroxid, Ammoniak
bzw. Ammoniakwasser oder saure Verbindungen wie Phosphorsäure oder
Schwefelsäure
in geeigneter Weise eingesetzt. Zur Kontrolle der Schaumentwicklung
können
Antischaummittel wie z. B. Fettsäurepolyglykolester
eingesetzt werden. Zur Aufrechterhaltung der Stabilität von Plasmiden
können
dem Medium geeignete selektiv wirkende Stoffe z. B. Antibiotika
hinzugefügt
werden. Um aerobe Bedingungen aufrecht zu erhalten werden Sauerstoff
oder sauerstoffhaltige Gasmischungen wie z. B. Luft in die Kultur
eingetragen. Die Temperatur der Kultur liegt normalerweise bei 20°C bis 45°C und vorzugsweise
bei 25°C
bis 40°C.
Die Kultur wird so lange fortgesetzt, bis sich ein Maximum an L-Serin
gebildet hat. Dieses Ziel wird normalerweise innerhalb von 10 Stunden
bis 160 Stunden erreicht.
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Die Analyse der L-Serin-Bildung kann
durch Anionenaustauschchromatographie mit anschließender Ninhydrin
Derivatisierung erfolgen so wie bei Spackman et al. (Analytical
Chemistry, 30, (1958), 1190) beschrieben, oder sie kann durch reversed
Phase HPLC erfolgen so wie bei Lindroth et al. (Analytical Chemistry (1979)
51: 1167–1174)
beschrieben.
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Die Mikroorganismen, die Gegenstand
der vorliegenden Erfindung sind, können L-Serin aus Glucose, Saccharose,
Lactose, Mannose, Fructose, Maltose, Melasse, Stärke, Cellulose oder aus Glycerin
und Ethanol herstellen. Es kann sich um die zuvor bereits näher beschriebenen
Vertreter coryneformer Bakterien handeln. Eine Auswahl an Ergebnissen
der Fermentation ist in Tabelle 1 dargestellt. Hierbei zeichnen
sich die erfindungsgemäß genetisch
veränderten
Mikroorganismen durch eine wesentlich verbesserte L-Serin-Produktion gegenüber den
entsprechend nicht transformierten Mikroorganismen (Wild Typen)
oder den Mikroorganismen aus, die lediglich den Vektor ohne Gen-Insert
enthalten. In einer besonderen Ausführungsvariante der vorliegenden
Erfindung ist gezeigt, daß C.
glutamicum ATCC 13032ΔpanBCΔsdaA zu einer
wenigstens 4-fachen Steigerung der L-Serin Akkumulation im Medium
im Vergleich zu den Kontrollstämmen
führt (Tab.
1). Durch die gemeinsame Überexpression
weiterer Gene, die positiv auf den L-Serinbiosyntheseweg wirken,
konnte eine 16-fache Steigerung der L-Serin-Produktion erreicht
werden.
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Unter Aminosäure-Produktionsstämmen sind
im Sinne der vorliegenden Erfindung Corynebacterium glutamicum-Stämme oder
homologe Mikroorganismen zu verstehen, die durch klassische und/oder
molekulargenetische Methoden derart verändert sind, dass ihr Stoffwechselfluss
verstärkt
in die Richtung der Biosynthese von Aminosäuren oder deren Abkömmlingen
verläuft
(metabolic engineering). Beispielsweise sind bei diesen Aminosäure-Produktionsstämmen ein
oder mehrere Gen (e) und/oder die korrespondierenden Enzyme, die
an entscheidenden und entsprechend komplex regulierten Schlüsselpositionen
des Stoffwechselweges (Flaschenhals) stehen in ihrer Regulation
verändert
oder sogar dereguliert. Die vorliegende Erfindung umfasst hierbei
sämtliche
bereits bekannte Aminosäure-Produktionsstämme, bevorzugt
der Gattung Corynebacterium oder homologer Organismen. Ferner sind
erfindungsgemäß auch diejenigen
Produktionsstämme
umfaßt,
die der Fachmann in Analogie zu Erkenntnissen aus anderen Mikroorganismen,
beispielsweise Enterobacterien, Bacillaceen oder Hefe-Arten nach
gängigen
Methoden herstellen kann.
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Die Figuren zeigen beispielhaft verwendete
Plasmide sowie experimentelle Ergebnisse nach Einsatz der erfindungsgemäßen Nukleinsäuren bzw.
Mikroorganismen Es zeigt:
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1:
Intergrationsplasmid pKl9mobsacB-DeltasdaA Die am äußeren Rand
des Plasmids angegebenen Markierungen kennzeichnen die jeweiligen
Restriktionsschnittstellen. Die im Inneren des Kreises angegebenen
Abschnitte kennzeichnen folgende Gene:
kan | Kanamycinresistenz |
sacB | Sucrase |
OriT | Transfer-Origin |
sdA' | 5'-Ende des sdaA Gens |
sda'' | 3'-Ende des sdaA Gens |
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2:
Wachstumsverhalten (quadratische Symbole) und L-Serin-Abbau (kreisförmige Symbole)
von C. glutamicum 13032ΔpanBCΔsdaA, Klon
1 (❍, ☐)
und C. glutamicum 13032ΔpanBCΔsdaA, Klon
2 (❍, ☐)
im Vergleich zu C. glutamicum 13032ΔpanBC, Klon 1 (❍, ☐)
und C. glutamicum 13032ΔpanBC,
Klon 2 (❍, ☐). Die
Abszisse X gibt die Fermentationszeit in Stunden [h] an.
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Die Ordinate Y1 gibt
das Wachstum der Mikroorganismen gemessen als optische Dichte (OD)
bei 600 nm an. Die Ordinate Y2 gibt die
L-Serinkonzentration
in mM an.
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3:
Expressionsplasmid pEC-T18mob2-serAfbrCB.
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Die am äußeren Rand des Plasmids angegebenen
Markierungen kennzeichnen die jeweiligen Restriktionsschnittstellen.
Die im Inneren des Kreises angegebenen Abschnitte kennzeichnen folgende
Gene:
SerC | Phosphoserin
Transaminase |
SerB | Phosphoserin
Phosphatase |
Rep | Replikationsursprung |
Per | Partition
Zellverteilungsgen |
Tet | Tetracyclinresistenzgen |
RP4-mob | Mobilisationsursprung |
OriV | Ursprung
der DNA Replikation |
SerA-fbr | 3-Phosphoglycerat
Dehydrogenase |
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Ausführungsbeispiele:
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1. Konstruktion einer
sdaA-Deletionsmutante von C. glutamicum ATCC13032 ΔpanBC
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Corynebacterium glutamicum verfügt über eine
Nukleotidsequenz (Genbank-Accession-Nummer BAB99038; SEQ-ID-No.
1) dessen abgeleitete Polypeptid-Sequenz 40 % Identität zur beschriebenen
L-Serin-Dehydratase von E. coli aufweist (NCBI-Accession-Nummer
P16095). Durch gengerichtete Mutagenese nach einer Methode von Link
et al. (Link AJ, Phillips D, Church GM. Methods for generating precise
deletions and insertions in the genome of wildtype Escherichia coli:
application to open reading frame characterization. J Bacteriol.
1997 Oct; l79(20): 6228–37)
und Schäfer
et al. (Gene 145: 69–73
(1994)) wurde das sdaA-Gen von C. glutamicum deletiert. Hierzu wurden
folgende Primer von der corynebacteriellen sdaA-Sequenz (NCBI Accession-Nummer
AP005279) abgeleitet:
sdaA-1: 5'-TCGTGCAACTTCAGACTC-3' (AP005279 Nukleotid
73635 – 73653);
sdaA-2:
5'-CCCATCCACTAAACTTAAACACGTCATAATGAACCCACC-3' (AP005279 komplementär zu Nukleotid
74121–74139);
sdaA-3:
5'-TGTTTAAGTTTAGTGGATGGGCCGACTAATGGTGCTGCG-3' (AP005279 komplementär zu Nukleotid
74553–74571);
sdaA-4:
5'-CGGGAAGCCCAAGGTGGT-3' (AP005279 Nukleotid
75044–75062)
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Primer sdaA-1 und sdaA-2 flankieren
jeweils den Beginn und das Ende des sdaA-Gens. Die Primer sdaA-2
und sdaA-3 verfügen über jeweils
komplementäre
Linker-Regionen (hervorgehobener Text), die es ermöglichen
in einem zweistufigen PCR-Ansatz (Cross-over PCR) eine Deletion
in dem sdaA-Gen in vitro zu erzeugen. In einer ersten PCR-Reaktion
mit chromosomaler DNA von C. glutamicum wurden jeweils die Primer-Kombinationen
sdaA-1 und sdaA-2 sowie sdaA-3 und sdaA-4 eingesetzt. Die PCR-Reaktion wurde in
30 Zyklen in Gegenwart von 200 μM
Deoxynukleotidtriphosphaten (dATP, dCTP, dGTP, dTTP), je 600 nM
der entsprechenden Oligonukleotide sdaA-1 und sdaA-4 sowie 60 nM
der Oligonukleotide sdaA-2 und sdaA-3, 100 ng chromosomaler DNA von Corynebacterium
glutamicum ATCC13032, 1/10 Volumen 10-fach Reaktionspuffer und 2,6
Einheiten einer hitzestabilen Taq-/Pwo-DNA-Polymerase-Mischung (Expand High Fidelity
PCR System der Firma Roche Diagnostics, Mannheim, Deutschland) in
einem Thermocycler (PTC-100, MJ Research, Inc., Watertown, USA)
unter folgenden Bedingungen durchgeführt: 94°C für 30 Sekunden, 50°C für 30 Sekunden
und 72°C
für 40
Sekunden. Der Elongationsschritt bei 72°C wurde nach 10 Zyklen um 5
Sekunden pro Zyklus verlängert.
Nach der PCR-Reaktion wurden die erhaltenen DNA-Fragmente, die jeweils
eine Länge von
500 by aufwiesen mit dem QIAExII Gelextraktionskit (Qiagen) nach
Angaben des Herstellers aus einem 0,8 %igen Agarose-Gel isoliert,
und beide Fragmente wurden als Template in die zweite PCR eingesetzt.
Als Primer wurden nun die Primer sdaA-1 und sdaA-4 eingesetzt. Diesmal
erfolgte die Reaktion in 35 Zyklen in Gegenwart von 200 μM Deoxynukleotidtriphosphaten,
je 600 nM des entsprechenden Oligonukleotids, jeweils 20 ng der
isolierten Template-DNA aus der ersten PCR, 1/10 Volumen 10-fach
Reaktionspuffer und 2,6 Einheiten der Taq-/Pwo-DNA-Polymerase-Mischung unter folgenden
Bedingungen: 94°C
für 30
Sekunden, 50°C für 30 Sekunden
und 72°C
für 80
Sekunden. Wiederum wurde der Elongationsschritt nach 10 Zyklen um
jeweils 5 Sekunden verlängert.
Nach der PCR-Reaktion wurde das erhaltene 1000 by lange DNA-Fragment, dass
nun das inaktivierte sdaA-Gen mit einer 420 by langen zentralen
Deletion beinhaltet, aus einem 0,8 %igen Agarose-Gel isoliert, und
blunt-end mit Hilfe des Sure Clone-Kits (Amersham Pharmacia Biotech)
in die SmaI-Schnittstelle
des Inaktivierungsvektors pKl9mobsacB (Schäfer et al. Gene 145: 69–73 (1994),
der nur in E. coli, nicht aber in C. glutamicum replizieren kann,
kloniert. Das erhaltene Plasmid pKl9mobsacB_ΔsdaA ( 1) wurde durch Restriktionskartierung
auf Richtigkeit überprüft. Die
Klonierung erfolgte in dem Escherichia coli Stamm DH5αmcr (Grant
et al., Proceedings of the National Academy of Sciences of the United
States of America USA (1990) 87: 4645–4649).
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Anschließend wurde das Plasmid durch
Elektroporation in C. glutamicum 13032ΔpanBC (Radmacher E, Vaitsikova
A, Burger U, Krumbach K, Sahm H, Eggeling L. Linking central metabolism
with increased pathway flux: L-valine accumulation by Corynebacterium
glutamicum. Appl Environ Microbiol. 2002 68(5): 2246–50) eingebracht
und auf Integration des Vektors selektioniert. Dieser Stamm ist
durch die Deletion der Pantothenat-Biosynthese Gene panB und panC
Pantothenat-auxotroph, und zeichnet sich dadurch aus, dass er unter
Pantothenat-Limitation aufgrund einer verstärkten Akkumulation von Pyruvat
ca. 50 mM Alanin und 8 mM Valin ausscheidet. Darüber hinaus bildet der Stamm
ca. 100 μM
L-Serin und eignet sich somit als Ausgangsstamm für die Konstruktion
eines L-Serinproduzenten. Es wurden Kanamycin-resistente Klone von
C. glutamicum 13032ΔpanBC
erhalten, bei denen der Inaktivierungsvektor im Genom integriert
vorlag. Um auf die Excision des Vektors zu selektionieren, wurden
Kanamycin-resistente Klone auf Saccharose-haltigem LB-Medium ((Sambrook
et al., Molecular cloning. A laboratory manual (1989) Cold Spring
Harbour Laboratory Press) mit 15 g/l Agar, 2% Glucose/ 10% Saccharose)
ausplattiert und Kolonien erhalten, welche den Vektor durch ein
zweites Rekombinationsereignis wieder verloren haben (Jäger et al.
1992, Journal of Bacteriology 174: 5462–5465). Zwei dieser Klone,
deren Nukleotide des sdaA-Gens von Position 506 bis 918 deletiert
waren und fortan mit 13032ΔpanBCΔsdaA, Klon
1 und 13032ΔpanBCΔsdaA, Klon
2 bezeichnet werden, wurden für
die weiteren Untersuchungen verwendet.
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2. Einfluss
der sdaA-Deletion auf den L-Serin-Abbau
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Im Folgenden wurde getestet, ob das
deletierte sdaA-Gen tatsächlich
am L-Serin-Abbau beteiligt ist. Hierzu wurde ein Wachstumsexperiment
mit jeweils zwei Klonen des Stamms C. glutamicum 13032ΔpanBCΔsdaA im Vergleich
zum Stamm C. glutamicum 13032ΔpanBC
auf Minimalmedium (Keilhauer et al., Journal of Bacteriology 175
(1993) 5595–5603)
das zusätzlich
2 % Glucose, 1 μM
Pantothenat und 100 mM L-Serin enthielt durchgeführt. Es wurde das Wachstum
und der Verbrauch von L-Serin verfolgt. Das Ergebnis ist in 2 dargestellt.
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Das Ergebnis in 2 zeigt, dass die Deletion des sdaA-Gens
zu einem ca. 40 % verringerten Abbau von L-Serin führt.
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3. Einfluss
der Deletion des sdaA-Gens auf die L-Serin-Bildung
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Um zu testen, welchen Einfluss die
Deletion des L-Serin-Dehydratase-Gens auf die L-Serin-Bildung hat,
wurden die Stämme
13032ΔpanBCΔsdaA (Klon
1, Klon 2) und 13032ΔpanBC
(Kon 1, Klon 2) mit dem Plasmid pEC-T18mob2-serAfbrserCserB
transformiert. Das Plasmid (3)
setzt sich zusammen aus dem Vektor pEC-T18mob2 (Tauch, A., Kirchner,
O., Loffler, B., Gotker, S., Puhler, A. and Kalinowski, J. Efficient Electrotransformation
of Corynebacterium diphtheriae with a Mini-Replicon Derived from the Corynebacterium glutamicum
Plasmid pGA1. Curr. Microbiol. 45 (5), 362–367 (2002)), den corynebacteriellen
Genen serAfbr (Peters-Wendisch P, Netzer
R, Eggeling L, Sahm H. 3-Phosphoglycerate dehydrogenase from Corynebacterium glutamicum:
the C-terminal domain is not essential for activity but is required
for inhibition by L-serine. Appl Microbiol Biotechnol. 2002 Dec;
60(4): 437–41),
sowie serC und serB (deutsche Patentanmeldung 100 44 831.3, 11.09.2000).
Nach erfolgter Elektroporation wurden die Stämme 13032ΔpanBCΔsdaApserAfbrCB
und 13032ΔpanBCpserAfbrCB erhalten. Zur Untersuchung der L-Serinausscheidung
wurden die zwei Stämme 13032ΔpanBCΔsdaApserAfbrCB und 13032ΔpanBCpserAfbrCB
in Komplexmedium (CgIII mit 2% Glukose und 5 μg/l Tetracyclin) gezüchtet, und
das Fermentationsmedium CGXII (J Bacteriol (1993) 175: 5595–5603) jeweils
aus den Vorkulturen beimpft. Das Medium enthielt zusätzlich 50 μg/l Kanamycin
und 1 μM
Pantothenat. Als Kontrolle wurden die beiden Ausgangsstämme 13032ΔpanBC und
13032ΔpanBCΔsdaA in gleicher
Weise kultiviert, allerdings enthielten die Medien kein Tetracyclin
b. Es wurden je mindestens zwei unabhängige Fermentationen durchgeführt. Nach
Kultivierung für
30 Stunden bei 30°C
auf dem Rotationsschüttler
bei 120 Upm wurde die in das Medium akkumulierte L-Serinmenge bestimmt.
Die Bestimmung der Aminosäurekonzentration
erfolgte mittels Hochdruckflüssigkeitschromatographie
(J Chromat (1983) 266: 471–482).
Das Ergebnis der Fermentation ist in Tabelle 1 dargestellt, und
es zeigt sich, daß das
Ausschalten der L-Serin-Dehydratase zu einer 4- fachen Steigerung der L-Serin-Akkumulation
im Medium führt,
unabhängig
davon, ob die L-Serin-Biosynthesegene serAfbr,
serC und serB überexrimiert
werden. Die Überexpression
der L-Serin-Biosynthesegene serAfbr, serC
und serB führt
jedoch generell zu einer 16-fachen Steigerung der L-Serin-Akkumulation
im Kulturüberstand.
Somit stellt die Nutzung der konstruierten und beschriebenen Deletionsmutante ΔsdaA ein
Verfahren dar, um die L-Serinbildung entscheidend zu verbessern.
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Tabelle 1: Akkumulation von L-Serin
im Kulturüberstand
von Corynebacterium glutamicum 13032ΔpanBC und 13032ΔpanBCΔsdaA nach
Expression der Gene serAfbr, serC und serB.
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4. Bestimmung der L-Serin-Dehydratase-Aktivität
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Zur Bestimmung der L-Serin Dehydratase-Aktivität wurde
der Wildtypstamm WT pXMJ19 (Jacoby M., Burkovski A (1999) Construction
ans application of new Corynebacterium glutamicum vectors. Biotechnol. Technique
13: 437–441),
der Überexpressionsstamm
WT pXMJ19 sdaA und der Deletionsstamm ΔsdaA pXMJ19 in CgXII-Minimalmedium
wie bei Keilhauer et al., (1993) beschrieben angezogen. Das Medium
enthielt 30 mg/l Protokatechusäure,
100 mM Glu kose und 100 mM L-Serin. Die Zellen wurden in Anwesenheit
von 1 mM Isopropyl-beta-D-thiogalactopyranoside kultiviert und in
der exponentiellen Wachstumsphase bei einer optischen Dichte von
6–8, gemessen
am Spektralphotomer Pharmacia Biotech ultrospec 3000, geerntet.
Anschließend
wurden sie 10 min bei 4500 rpm und 4°C abzentrifugiert, in 50 mM
N-2-Hydroxyethylpiperazin-N'-2-ethansulfonsäure-Puffer
(pH 8,0) respundiert, und erneut zentrifugiert. Danach wurden die
Zellen in 50 mM N-2-Hydroxyethylpiperazin-N'-2-ethansulfonsäure-Puffer
(pH 8,0), 1 mM FeSO4 und 10 mM Dithiothreitol
aufgenommen. Der Zellaufschluss erfolgte mittels Ultraschallbehandlung
(Branson sonifier 250; duty cycle 25%, output control 2,5, 10 Minuten)
auf Eis. Zur Bestimmung der L-Serin Dehydratase-Aktivität enthielt
der Reaktionsansatz 50 mM N-2-Hydroxyethylpiperazin-N'-2-ethansulfonsäure-Puffer
(pH 8,0), 10 mM Dithiothreitol und 10–100 μl Rohextrakt. Der Nachweis des
aus dem Serin gebildeten Pyruvats erfolgte wie beschrieben (Ohmori
et al., 1991). Die Reaktion wurde durch Zugabe von 50 mM L-Serin
gestartet und nach 10 Minuten durch Zugabe von 1,2-Diamino-4,5-dimethoxybenzol
Reagenz im Verhältnis
1:1 gestoppt. Das Reagenz bestand, wie bei Ohmori et al., 1991 beschrieben,
aus 4 mg 1,2-Diamino-4,5-dimethoxybenzol in 42,4 ml H2O, 3,5
ml β-Mercaptoethanol
und 4,1 ml HCl (37%ig) gelöst.
Anschließend
erfolgte eine Inkubation für
2 h bei 102°C
trockener Hitze. Der Nachweis und die Quantifizierung des aus dem
Pyruvat entstandenen 2-Hydroxy-6,7-dimethoxy-3-methylquinoxalin-Derivats
erfolgte mittels Hochdruckflüssigkeitschromatographie,
ebenfalls wie beschrieben (Ohmori et al., 1991). Die Proteinbestimmung
im Rohextrakt erfolgte mittels eines auf der Bradford- Methode (Bradford,
1976) beruhenden Protein Assays (Fa. Bio-Rad). Die ermittelten spezifischen L-Serin
Dehydratase-Aktivitäten
der drei Stämme
sind in Tabelle 2 angegeben.
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Tabelle 2: Spezifische Aktivität der L-Serin
Dehydratase in den Stämmen
13032 WT pXMJ19_sdaA (Überexprimierer),
13032 WT pXMJ19 (Wildtyp mit Leervektor) und 13032 ΔsdaA pXMJ19
(Deletionsmutante mit Leervektor) unter induzierenden Bedingungen.
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