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Navtool ist ein Navigationsgerät, das für verschiedene
Aufgaben eingesetzt werden kann, die in der traditionellen Navigation
mit einem Zirkel und zwei Kursdreiecken oder verschiedenen Plottern
erfüllt
werden. Der Zirkel hat scharfe Spitzen und kann somit in schwierigen
Situationen gefährlich
werden, das Hantieren mit den Kursdreiecken und Plottern ist oft
umständlich.
Navtool ersetzt diese und noch andere Geräte, u.a. auch die Peilscheibe.
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Bestandteile (siehe Zeichnungen
1 und 2)
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Navtool besteht aus
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- – einem
Windrosenlineal (rote Mittellinie), etwa 29,5 cm lang, 8 cm breit,
aus transparentem, stabilem, etwa 2 mm starken Kunststoff; die Windrose
hat einen Durchmesser von etwa 8 cm, so dass ein Grad auf ihr ungefähr 1 mm
entspricht; das Lineal hat in Abständen von 5 cm jeweils auf der
Mittellinie Bohrungen (3 mm Durchmesser), in die kleine Kunststoffstöpsel oder
andere Gegenstände
zum Peilen eingesetzt werden können;
- – einem
Kurslineal (schwarze Mittellinie), 29,5 cm lang, 8 cm breit, aus
dem gleichen Kunststoff; das Lineal hat im Abstand von 5 cm jeweils
auf der Mittellinie Bohrungen (3 mm Durchmesser) auf der Mittellinie,
in die kleine Kunststoffstöpsel
eingesetzt werden können;
das Lineal hat an den Kanten Skalen für Seemeilen (M), eine im Maßstab 1:100000
und eine im Maßstab
1:80000.
- – aus
einer hohlen Schraube mit Außengewinde
(Innendurchmesser 7 mm, etwa 9 mm lang) und zwei entsprechenden,
möglichst
flachen Rändelmuttern
(siehe Zeichnung 1 unten)
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Navtool kann für folgende Aufgaben eingesetzt
werden:
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Grundaufgaben der Navigation
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- – Positionsbestimmung,
z.B. in Verbindung mit einem GPS-Gerät, a) um die Koordinaten eines
in der Karte festgelegten Wegepunkts, eines Kaps, oder eines Seezeichens
zu ermitteln, b), um die vom GPS-Gerät ermittelten Koordinaten in
die Karte zu übertragen
("Wo sind wir jetzt?")
- – Kursbestimmung:
Der Kartenkurs zu einem Wegepunkt wird ermittelt ("Welchen Kurs müssen wir
steuern?") oder
ein bekannter Kartenkurs wird vom Standort aus in die Karte übertragen
("Wo kommen wir
hin, wenn wir diesen Kurs steuern?"). Entfernungsmessung: Die Entfernung
zu einem Wegepunkt wird in einem Arbeitsgang mit der Kursbestimmung
ermittelt, in Kilometern oder in Seemeilen in verschiedenen Kartenmaßstäben
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Weiterführende Navigation
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- – Seitenpeilung:
Der Winkel zwischen der Richtung "recht voraus" und einem zu peilenden Objekt (Schiff, Landmarke,
Seezeichen) wird zwecks Kreuzpeilung gemessen.
- – Kompass:
Wenn die Ortszeit bekannt ist und die Sonne scheint, können mit
Navtool und einem Schattenstift die Himmelsrichtungen ermittelt
werden.
- – Sonnenuhr:
Mit einem Schattenstift im Loch der Schraube und mit Hilfe eines
Kompasses kann die Ortszeit ungefähr bestimmt werden.
- – Schattenmessungen
: Mit einem kleinen Querstift in einer der Bohrungen des schwarzen
Lineals lässt
sich die "Höhe" der Sonne bestimmen.
Aus ihr kann man zur Mittagszeit die Breite des Ortes, an dem man
sich befindet, ungefähr
ableiten (Genauigkeit etwa im Bereich von ein bis zwei Grad)
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Anleitungen
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1. Positionsbestimmung
(siehe Zeichnung 3)
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- a) Eine Mittellinie auf eine Längengradlinie
(Meridian) und die andere auf eine Breitengradlinie legen, wobei die
Mutter entsprechend gelockert und wieder festgeschraubt wird. So
entsteht ein rechter Winkel. Dann wird das Schraubenloch über den
zu bestimmenden Punkt auf der Karte gelegt und mit Hilfe der roten
Linien wird das Gerät
so gedreht, dass die Mittellinien der beiden Lineale senkrecht zu
den Skalen am Rande der Karte stehen. Dort können die Koordinaten abgelesen
werden. Man kann den zu bestimmenden Punkt auch an den Schnittpunkt
der beiden Innenkanten der Lineale setzen und die Koordinaten an
diesen Kanten ablesen.
- b) Um die z.B. vom GPS-Gerät
ermittelten Koordinaten in die Karte zu übertragen, verfährt man
umgekehrt, wobei die Mittellinien wieder einen rechten Winkel bilden
müssen.
Man legt die beiden Mittellinien durch die Koordinaten am Rand der
Karte und verschiebt dabei das Gerät, bis die roten Linien parallel
zu den Gradlinien in der Karte liegen. Der gesuchte Punkt kann nun
als kleiner Kreis im Schraubenloch mit einem Bleistift markiert
werden. Auch die Variante mit den beiden Innenkanten der Lineale
ist möglich.
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2. Kursbestimmung (siehe
Zeichnung 4)
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Die Mutter sollte auf einen mittleren
Druck eingestellt sein. Man legt die Schraube mit dem Loch über den
Startpunkt und dreht das rote Lineal so, dass die Mittellinie parallel
zu einem Meridian in Richtung Norden verläuft. Dann dreht man das schwarze
Lineal, bis seine Mittellinie sich mit dem Wegepunkt (WP) deckt.
Nun kann man den Kartenkurs auf der Windrose unter der schwarzen
Mittellinie ablesen.
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3. Entfernungsmessung
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Gleichzeitig mit der Kursbestimmung
kann die Entfernung zwischen Startpunkt und Zielpunkt abgelesen
werden. Auf der schwarzen Mittellinie ist eine Zentimeterskala eingezeichnet,
was bei einem Maßstab
von 1:100000 einer Kilometerskala entspricht. An den Kanten des
Lineals stehen schwarze Skalen für
die Seemeilen in den Maßstäben 1:100000
(z.B. in den kroatischen Karten) und 1:80000 (z.B. Sportbootkarten
der Ostsee ) zur Verfügung.
Diese Entfernungen müssen
allerdings immer durch einen Vergleich (mittels der Querlinien) mit
der Entfernung auf der Mittellinie abgelesen werden.
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- – Seitenpeilung:
Der Winkel zwischen der Richtung "recht voraus" und dem zu peilenden Objekt wird gemessen,
indem man von der Mitte der Schraube über einen Stöpsel peilt,
der in die äußerste Bohrung
des roten Lineals gesteckt wird. Ein Segler peilt "recht voraus" und ein zweiter
peilt über
das schwarze Lineal ebenfalls über
einen Stöpsel
das erste Objekt an. Das Ergebnis wird an der Windrose abgelesen.
Ebenso wird das zweite Objekt angepeilt und auf der Seekarte kann
nach den üblichen
Verfahren der Kreuzpeilung die Position ermittelt werden. Dabei
dient das Gerät
zum Einzeichnen der Linien (siehe Zeichnung 6)
- – Kompass:
Man steckt einen Schattenstift (z.B. einen Bleistift, mit der Spitze
nach oben) in das Schraubenloch und legt das rote Lineal auf eine
waagrechte Unterlage. Man lässt
den Schatten des Stiftes auf die schwarze Mittellinie fallen und
dreht zugleich das rote Lineal so, dass der Winkel zwischen der
roten und der schwarzen Mittellinie der Ortszeit entspricht. Die
Ortszeit berechnet man, indem man für jede Stunde 15 Grad auf der
Windrose rechnet, das sind für
ein Grad vier Minuten. Beispiel: Wir befinden uns um 12 Uhr MEZ
(mitteleuropäische
Zeit) auf 8 Grad westlicher Länge.
Abgesehen von der Zeitgleichung (Unregelmäßigkeiten im scheinbaren Lauf
der Sonne) können
wir berechnen, dass die Sonne noch 7 Grad zurücklegen muss, bis sie genau über unserem
Längenkreis
steht. Das entspricht 28 min. Also steht die Sonne um 12:28 Uhr
auf ihrem höchsten
Punkt. Dann deckt sich der Schatten des Stiftes mit der roten Mittellinie. Der
oben erwähnte
Winkel zwischen der roten und der schwarzen Mittellinie wäre in diesem
Fall gleich Null. Um 12 Uhr würde
er 7 Grad betragen. Mit einigen Überlegungen
und einfachen Berechnungen können
die Himmelsrichtungen auf diese Weise ungefähr ermittelt werden.
- – Sonnenuhr:
Ein Schattenstift, z.B: ein Bleistift, wird in das Schraubenloch
gesteckt. Mit Hilfe eines Kompasses wird das Gerät nach Norden ausgerichtet
(die rote Mittellinie zeigt nach Norden). Die schwarze Mittellinie
wird parallel zum Schatten gedreht. So kann nun die Ortszeit (Winterhalbjahr)
ungefähr
bestimmt werden. Die Sonne legt bekanntlich (scheinbar) jede Stunde
15 Grad zurück.
Der Winkel, den die schwarze Mittellinie auf der Windrose anzeigt,
wird von 180 Grad subtrahiert. Das Ergebnis ist die Himmelsrichtung der
Sonne (Azimut). Diese kann in die Ortszeit umgerechnet werden (siehe
auch unter "Kompass").
- – Schattenmessungen
: Man stellt das rote Lineal hochkant auf eine waagrechte Unterlage
oder richtet es an der Kimm aus, indem man über die Mitte der Schraube
und einen Stöpsel
oder einen kleinen Querstift peilt, z.B. einen Zahnstocher oder
einen Nagel, den man in die letzte Bohrung des Lineals steckt. Auch
in das schwarze Lineal wird ein solcher Stift gesteckt; er wirft
einen Schatten auf die Mitte der Schraube, wenn die schwarze Mittellinie
genau zur Sonne zeigt.
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Wenn man die Messungen mit Hilfe
der Kimm durchführt,
braucht man wieder (wie zu Kolumbus' Zeiten) zwei Segler: Einen, der das
rote Lineal auf die Kimm ausrichtet und einen, der das schwarze
Lineal so dreht, dass der Schatten des Stöpsels (oder eines Querstiftes)
auf die Mitte der Schraube fällt.
Dann kann man die "Höhe" der Sonne ablesen,
also den Winkel zwischen Kimm und Sonne. Aus ihm kann man zur Mittagszeit die
Breite des Ortes, an dem man sich befindet, ungefähr ableiten
(Genauigkeit etwa im Bereich von ein bis zwei Grad). Dazu eine vereinfachte
Formel für
die nördliche
Halbkugel im Sommerhalbjahr (Frühling
und Sommer): Breite = 90° +
DEC – HO
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Einige
gerundete Werte für
DEC (Deklination):
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HO ist der gemessene Winkel ("Höhe") zwischen Kimm und Sonne. Dies ist
in Verbindung mit den oben angeführten
Anleitungen (Kompass, Sonnenuhr) eine gute Einführung in die Astronavigation
und in die Verwendung des Sextanten.
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Zusätzliche
Verwendungsmöglichkeiten
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Navtool kann auch als Krängungsmesser
eingesetzt werden. Durch die hohle Schraube wird ein Faden mit einem
kleinen Gewicht geführt,
das Gerät
wird parallel zu einer senkrechten Kante des Schiffes festgehalten,
z.B. am Niedergang. Der Faden zeigt auf der Windrose die Krängung an.
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Geodreieck – Navtool kann in den Schulen
und im Alltag an der Stelle oder als Ergänzung für das übliche Geodreieck verwendet
werden. Es bietet den Vorteil, dass es anschaulich für das Darstellen,
Messen und Konstruieren von Winkeln eingesetzt werden kann, die
größer als
180° sind.
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Dr. Walter Alber, Landauer Warte
6, D 67346 Speyer, Tel. 06232/93 898 E-mail: christelundwalter@msn.com