Generell sind bei solchen oder auch weiteren unter die Erfindung fallenden
Verfahren immer eine Vielzahl von Nukleinsäuren mit wenigstens teilweise
übereinstimmender Sequenz in einem definierten Bereich eines Trägers immobilisiert.
Die immobilisierten Nukleinsäuremoleküle haben in der Regel eine
Basensequenz, die einer Target-Nukleinsäuresequenz bzw. Abschnitten davon entspricht.
Der Bereich eines Trägers, in dem die Nukleinsäuremoleküle immobilisiert sind,
wird im weiteren auch als Spot bezeichnet werden.
Denkbar ist aber auch, daß Nukleinsäuremoleküle mit übereinstimmender
Sequenz jeweils auf einem Träger, z. B. einem Bead oder dergleichen immobilisiert
sind.
Wie oben erwähnt, werden bei gängigen Verfahren die immobilisierten
Nukleinsäuremoleküle mit markierten Oligonukleotidsonden in Kontakt gebracht. In der
Regel wird eine Vielzahl unterschiedlicher Oligonukleotidsonden eingesetzt, die
jeweils unterschiedliche Basensequenzen aufweisen. Bei bekannten
Sequenzierungsverfahren werden unterschiedliche Oligonukleotidsonden mit allen
statistisch möglichen Basensequenzen gleicher Länge eingesetzt. Die
Nukleinsäuremoleküle können dabei chemisch auf dem Träger immobilisiert werden.
Insbesondere bei z. B. Oligonukleotid-Ligationsassays können aber auch Träger
eingesetzt werden, an die kurze Oligonukleotidsonden gekoppelt sind. Hier erfolgt die
Immobilisierung der Nukleinsäuremoleküle über Hybridisierung an die
entsprechenden Oligonukleotidsonden.
Nach Inkubation der immobilisierten Nukleinsäuremoleküle mit den markierten
Sonden wird überprüft, in welchen Bereichen des Trägers bzw. an welchen
Trägern eine Markierung nachweisbar ist. In diesen Bereichen hat eine
Hybridisierung zwischen den immobilisierten Nukleinsäuremolekülen und den markierten
Oligonukleotidsonden stattgefunden.
Abhängig von den Verfahren kann dann mittels z. B. Kombinatorik oder anderer
bekannter Verfahren die weitere Auswertung, z. B. eine Sequenzierung,
vorgenommen werden.
Problematisch an dem bekannten Verfahren ist allerdings, daß nicht immer sicher
gestellt ist, daß in den markierten Spots tatsächlich eine hundertprozentig
komplementäre Hybridisierung stattgefunden hat. Der Grund dafür ist, daß
Hybridisierungen in Abhängigkeit von den Basenzusammensetzungen der beteiligten
hybridisierenden Sequenzen deutlich unterschiedlichen Bindungskinetiken folgen
können. Die Bindungsstärke, im allgemeinen charakterisiert durch die
Schmelztemperatur (Tm), der eingesetzten Sonden hängt von dem Verhältnis der Basen
Guanin und Cytosin (GC-Anteil) zu den Basen Adenosin und Thymidin (AT-
Anteil) ab. Ist der GC-Anteil hoch, so weisen die Sonden eine hohe
Bindungsstärke auf. Ist dagegen der AT-Anteil hoch, so ist die Bindungsstärke geringer.
Weiterhin spielt die Sequenzanalyse in der unmittelbaren Umgebung der
Paarungsbasen eine Rolle, da zum Teil Sekunkärstrukturen ausgebildet sind oder
Stabilisierungseffekte verursachen.
Übliche Verfahren werden bei einer Hybridisierungstemperatur durchgeführt und
es wird in Kauf genommen, daß die meisten der Hybridisierungsreaktionen nicht
unter optimalen Temperaturbedingungen ablaufen. Die Folge ist, daß es zu den
oben beschriebenen nicht hundertprozentig stringenten Hybridisierungen
kommen kann, die eine Auswertung erschweren bzw. die Ergebnisse verfälschen.
Diesem Problem kann z. B. dadurch begegnet werden, daß man die
Hybridisierungen in einem Temperaturgradienten durchführt, wie z. B. in "nature biotech
ology, Vol. 20 April 2002" beschrieben. Ein solches Verfahren ist jedoch relativ
aufwendig.
Aufgabe der Erfindung ist es, ausgehend von dem Stand der Technik ein
Verfahren zu schaffen, mit dem sich in einfacher Weise dem obigen Problem begegnen
läßt.
Gelöst wird die Aufgabe mit einem Verfahren, das die kennzeichnenden
Merkmale des Anspruches 1 aufweist.
Erfindungsgemäß ist vorgesehen, daß die Oligonukleotidsonden in Abhängigkeit
von ihrer Bindungsstärke mit unterschiedlichen Markierungen versehen sind.
Es sind dabei alle gängigen Markierungen geeignet, wie z. B. Fluoreszenz-,
Chemolumineszenz- oder Radioaktivmarkierungen bzw. Kombinationen solcher
Markierungen, um nur einige Beispiele zu nennen. Denkbar sind
selbsverständlich auch indirekt nachweisbare Markierungen wie z. B. Enzyme oder
dergleichen.
Eine besonders bevorzugte Ausgestaltung sieht vor, daß die
Oligonukleotidsonden in mindestens zwei Untergruppen mit jeweils unterschiedlichen
Markierungen aufgeteilt werden, wobei eine der Gruppen bindungsstärkere und die andere
der Gruppen bindungsschwächere Sonden umfasst. Bevorzugt ist vorgesehen,
daß beide Gruppen im wesentlichen ähnliche Sonden enthalten, also daß sich z. B.
die in einer Gruppe enthaltenen Sonden jeweils nur in einer bzw. wenigen Basen
bzw. z. B. bis zu 10% der Basenfolge von einer bzw. mehreren Sonden der
anderen Gruppe unterscheiden.
Die Differenzierung in bindungsstarke und bindungsschwache Sonden kann wie
oben angesprochen z. B. über ihren Anteil der Basen Guanin und Cytosin (GC-
Anteil) erfolgen. Die eine Gruppe würde demnach Sonden mit hohem GC-Anteil,
die andere Gruppe Sonden mit hohem AT-Anteil umfassen.
Wird das erfindungsgemäße Verfahren mit z. B. zwei Untergruppen
unterschiedlich markierter Oligonukleotidsonden durchgeführt, so können zwei
unterschiedliche gut zu detektierende Bindungsereignisse auftreten.
In dem einen Fall beobachtet man in einem Spot ein einheitliches Signal, das
ausschließlich von einer der beiden Markierungen herrührt. In diesem Fall ist davon
auszugehen, daß die Hybridisierung in diesen Spots mit den jeweils beteiligten
Sonden stringent erfolgt ist.
Beobachtet man dagegen in einem Spot ein Mischsignal aus beiden
Markierungen, so muß davon ausgegangen werden, daß hier zwei Sonden mit
unterschiedlicher Bindungsstärke an die immobilisierten Nukleinsäuremoleküle hybridisiert
haben. In der Regel kann dann davon ausgegangen werden, daß die Sonde mit der
höheren Bindungsstärke diejenige ist, die nicht hundertprozentig paßt und man
wird bei der Auswertung das Signal der Sonde mit der geringeren Bindungsstärke
zugrundelegen.
Das erfindungsgemäße Verfahren erlaubt damit auf einfache Weise eine
eindeutige Auswertung unklarer Bindungsereignisse, die bislang in gattungsgemäßen
Verfahren über zusätzliche Hybridisierungen erkannt bzw. ausgeschlossen
werden mußten.
Solche unklaren Bindungsereignisse können z. B. bei der in der EP 1164201
beschriebenen "Reverse-Array-Technik", bei dem "Sequencing by Hybridisation"
(SBH)- Verfahren, bei Arrays zur "Single Nucleotide Polymorphism" (SNP)-
Detektion bzw. Arrays zur Untersuchung homologer Sequenzen verschiedener
Arten auftreten, um nur einige Beispiele zu nennen.
Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren kann man dagegen einfache
Auswerteregeln aufstellen, die eine sicherere Interpretation der Bindungsereignisse
ermöglichen.
Insbesondere von Vorteil ist das erfindungsgemäße Verfahren bei der
Untersuchung von Polymorphismen, die bislang im wesentlichen z. B. mittels des relativ
aufwendigen in der US 5,487,985 beschriebenen Primer-Extension-Verfahrens
oder mit Hybridisierungen, die einen zusätzlichen Ligationsschritt beinhalten
(Oligonukleotid-Ligationsassays), erfolgten.
Auch gattungsgemäße Sequenzierungsverfahren, die Oligonukleotidsonden mit
allen statistisch möglichen Basensequenzen verwenden, werden aus
Kostengründen häufig als Oligonukleotid-Ligationsassays konzipiert. Dabei werden z. B. statt
Oligonukleotidsonden mit einer Länge von 10 Basen (Dekamere) Sonden mit
jeweils 5 Basen (Pentamere) eingesetzt. In einem ersten Schritt werden die
Nukleinsäuremoleküle durch Hybridisierung mit einem ersten Satz trägergekoppelter
Pentamere immobilisiert. Dann wird in Gegenwart von Ligase mit einem zweiten
Satz markierter Pentamere inkubiert und aus nachgewiesenen Markierungen in
Parallelverfahren mit anders belegten Arrays über Kombinatorik auf die Sequenz
der Nukleinsäuremoleküle geschlossen. Zu Einzelheiten wird z. B. auf die WO 96/17957
verwiesen. Hauptvorteil des beschriebenen Verfahrens ist, daß anstelle
von 410 Oligonukleotidsonden (beim Einsatz von Dekameren) nur jeweils 45
verschiedene Varianten des unmarkierten und des markierten
Oligonukleotidsondentyps (beim Einsatz von Pentameren) synthetisiert werden müssen, um bei
einer Sequenzlänge von 10 Basen alle möglichen Sequenzen zu erfassen.
Gerade bei dieser Methode erlaubt das erfindungsgemäße Verfahren eine direkte
Hybridisierung und anschließende Detektion. Eventuelle fehlerhafte
Hybridisierungen können dabei sofort erkannt und bei der Interpretation der Ergebnisse
berücksichtigt werden.
Die Durchführung der Erfindung z. B. bei der eindeutigen Hybridisierung von
drei Nukleinsäuremolekülen ist wie folgt möglich:
Immobilisierte Nukleinsäuremoleküle 1, 2 und 3 mit den folgenden Sequenzen
befinden sich in verschiedenen Spots auf einem Array:
Die Nukleinsäuremoleküle 1 und 2 unterscheiden sich an drei Positionen (Basen
5, 6 und 12). Die Nukleinsäuremoleküle 1 und 3 unterscheiden sich ebenfalls an
drei Positionen (Basen 5, 6 und 12). Die Nukleinsäuremoleküle 2 und 3
unterscheiden sich nur an Base 5.
Es werden in einem Beispiel 3 Oligonukleotidsonden (1-3) eingesetzt, die jeweils
zu den vollständigen Nukleinsäuremolekülen (Basen 1-20) komplementär sind. In
zwei weiteren Beispielen werden Oligonukleotid-Ligationsassays beschrieben, in
denen 6 Oligonukleotidsonden eingesetzt werden, die jeweils zu den Bereichen
1-10 und 11-20 komplementär sind. Diese Sonden werden mit 1' (Basenbereich
1-10 der Oligonukleotidsonde 1) und 1" (Basenbereich 11-20 der
Oligonukleotidsonde 1) etc. bezeichnet.
Bei 50 mM Salzkonzentration liegen die errechneten Tm-Werte nach SantaLucia
et al. (1996) für Hybridisierungsreaktionen des Nukleinsäuremoleküls 1 bei
52,2°C, des Nukleinsäuremoleküls 2 bei 52,1°C und des AT-ärmeren
Nukleinsäuremoleküls 3 bei 54,6°C.
In der Ausgestaltung des Anspruchs 2 würden damit die komplementären Sonden
1, 1' und 2, 2' für die Nukleinsäuremoleküle 1 und 2 in eine Gruppe und die für
das Nukleinsäuremolekül 3 komplementären Sonden 3, 3' in die andere Gruppe
eingeordnet.
Wenn man ein Hybridisierungsexperiment mit vollständigen markierten
Oligonukleotidsonden 1-3 durchführt, so erhält man bei 52,0-52,5°C
Hybridisierungstemperatur (und 50 mM Salzkonzentration) folgende
Hybridisierungssignale (+ bedeutet Hybridisierung, - bedeutet keine Hybridisierung):
In Anwesenheit des Oligonukleotidsonde 3 ist stets gleichzeitig ein Signal an den
Positionen von Nukleinsäuremolekül 2 und 3 zu finden, ungeachtet der Tatsache,
ob die Oligonukleotidsonde 2 ebenfalls in der Sondenmolekülpopulation
vorhanden ist, denn die Oligonukleotidsonde 3 bindet wegen der zu geringen
Hybridisierungstemperatur nicht stringent, so daß es zu fehlerhaften Signalen kommt.
Diesen Fehler kann man bei einheitlich markierten Sonden allerdings nur dann
entdecken, wenn man die Oligonukleotidsonden jeweils einzeln mit einem Array
inkubiert, was in Praxis nicht gemacht wird.
Bei Durchführung eines Experimentes zum Nachweis derselben
Nukleinsäuremoleküle auf dem Wege eines Oligonukleotid-Ligationsassays mit Vorlage der
unmarkierten Oligonukleotidsonden 1"-3", und anschließender Zugabe von mit
fluoreszenzgelabelten Cytosin (Cy3) markierten Oligonukleotidsonden 1'-3', die
den ersten 10 Basen (1-10) der Nukleinsäuremoleküle 1 bis 3 entsprechen, erhält
man nach Ligation bei 52,0-52,5°C Hybridisierungstemperatur und 50 mM
Salzkonzentration dieselben Ergebnisse.
Erfindungsgemäß kann man nun bei dem gleichen Oligonukleotid-Ligationsassay
die geschilderten Nachteile verhindern, wenn man die Oligonukleotidsonden 1'
und 2' mit Cy3 und die Sonde 3' mit einem anders fluoreszenzgelabelten Cytosin
(Cy5) markiert. Man erhält dann folgende, bei gleichzeitiger Zugabe der Sonden
einwandfrei differenzierbare Hybridisierungssignale.
Das Vorhandensein eines Signals von ausschließlich Cy5 auf der Position von
Nukleinsäuremolekül 2 bedeutet eine Fehlpaarung, so dass geschlossen werden
kann, daß nur komplementäre Sequenzen zu Oligonukleotidsonde 3' vorhanden
ist, während das gleichzeitige Vorhandensein eines Signals von Cy5 und Cy3 an
Position 2 das Vorhandensein komplementärer Sequenzen zu
Oligonukleotidsonde 2' bei gleichzeitigem Vorliegen komplementärer Sequenzen zu
Oligonukleotidsonde 3' (Signal an Position von Nukleinsäuremolekül 3) zeigt.
Literatur
SantaLucia, Jr., J. S, Allawi, H. T., Seneviratne, P. A. (1996) "Improved
nearest-neighbor parameters for predicting DNA duplex stability"
Biochemistry 35: 3555-3562. SEQUENZPROTOKOLL