-
Verfahren zur Fermentierung von Tabak Die industrielle Verarbeitung
zahlreicher organischer Stoffe pflanzlichen Ursprungs, besonders von Tabak, umfaßt
Fermentierungsverfahren, ,die eine mehr oder weniger wesentliche Änderung der physikalischen,
chemischen und/oder organischen Merkmale dieser Stoffe hervorrufen. Diese Fermentierung
kann sich entweder von allein entwickeln, oder -sie kann künstlich erzeugt werden,
wodurch es möglich ist, einerseits ihre Entwicklung zu beschleunigen oder zu verzögern
und andererseits in gewissem Maße diese Entwicklung zu überwachen und zu lenken.
-
Es wurde bisher für unentbehrlich gehalten, bei den Tabakfermentierung
die Vermittlung einer Bakterienflora zu Hilfe zu nehmen, die teils als das unmittelbare
und für die Fermentierung von Tabak verantwortliche Agens, teils als notwendig-
zur Vorbereitung des Bodens für die wirksame Tätigkeit der Enzyme angesehen wurde.
-
Hieraus sind oft durch die Erfahrung widerlegte Schlüsse über die
günstigen Bedingungen gezogen worden, die für die Entwicklung der Fermentierung
erforderlich sind., d. h. über die Temperaturbedingungen und die Feuchtigkeitsverhältnisse
den Umgebung, über die Zuhilfenahme von Beimpfungen mittels ausgewählter Bakterienkulturen
usw.
-
Es wurde nun festgestellt, daß eine rein enzymiatische Fermentierung
ausgelö,s:t wird und sich so weit entwickeln kann, bis der dem enzymatischen Prozeß
unterworfene organische Stoff im gewünschten Sinne vollständig umgewandelt ist,
wobei dieser Vorgang in einer vorher sterilisierten Umgebung vor sich geht, d. h.
ohne jede Möglichkeit der Einwirkung von Mikroorganismen, spei es als alleinige
Ursache oder als unentbehrliches Hilfsmittel für diese Fermentierung. Von dieser
Feststellung ausgehend ist ein Verfahren zur künstlichen und beschleunigten Reifung,
wobei dieser Ausdruck in denn vorher angedeuteten allgemeinen Sinn zu verstehen
ist, von Tabaken entwickelt wanden, welches gegenüber den bisher gebräuchlichen
Verfahren folgende Vorteile aufweist: Beträchtliche Herabsetzung der Zeitdauer des
Verfahrens und der für die vollständige Durchführung des Verfahrenes. erforderlichen
Handarbeit; beträchtliche: Verminderung des, für das Verfahren erfordenliehen Raumes;
Regelmäßigkeit der Ergebnisse; Erzielung einer guten Reife für Tabake, die als nicht
oder nur schwer ferment'verbar bekannt sind; die Unterdrückung nachträglichen Fermentierung,
insbesondere fauliger Fermentierung, welche für die Qualität des erhaltenen Fertigproduktes
nachteilig ist; die, Unterdrückung empfindlicher Verluste, die durch Schimmelbildung
während der Behandlung heTvomgerufen werden können; die Möglichkeit, unter weniger
eng begrenztem sowie leichter zu erzielenden und aufrechtzuerhaltendenTemperaturbedingungenund
Feuchtigkeitsverhältnis sei zu arbeiten.
-
Das wesentliche Merkmal :der Erfindung besteht in der Spaltung des.
Fermentierungsverfahrens in zwei Phasen, nämlich in eine soge@nannte kurze Befreiungsphase
und in eine Phase der enzymatischen Arbeit. Während der Befreiungsphase, wird in
geeigneter Umgebung ein Wirkstoff zur Anwendung gebracht, den man als »Starr« bezeichnen
könnte und dessen Wirkung im wesentlichen darin besteht, daß er sterilisierend wirkt
und daß er das physikalisch-cheinische Gleichgewicht im Innern des Behandlungsgutes
zerstört und dadurch die Diffusion, die gegenseitige Berührung und die gegenseitige
Einwirkung der fermentierbaren Stoffe und der Enzyme hervorruft, die in den organischen
Geweben vorhanden sind.
-
Im Gegensatz zu anderem Fermentierungsverfahren, bei denen Stimu lantien
während der ganzen Fermentierungsd:auer vorhanden. sind, ist der zur Befreiung dienende
Wirkstoff nur, während der vorerwähnten ersten Phase vorhanden und wird dann entfernt,
so daß die eigentliche Ferrnenti'erung in der zweiten Phase ohne ihn erfolgt. Dieser
Wirkstoff sorgt auch dafür, daß die nachfolgende, Fenrnentierung, wie gesagt, ohne
Mitwirkung von Mikroorganismen und rein enzymatisch erfolgt.-Als Wirkstoffe oder
Starter für diesen Zweck, die schnell das physikalisch-chemische Gleichgewicht in
den Pflanzenteilen zerstören und dadurch ebenso schnell die osmotisahe der Enzyme
in den
Pflanzenteilen bewirken sowie außerdem eine Sterilisierung
erzeugen, so :daß keine lebenden Organismen mehr in denn zu fermentierenden Material
vorhanden sind, kommen vorzugsweise Äthylenoxyd und Prophylenoxyd in Betracht.
-
Während der zweitenPhase, der diästasischenArbeit erfolgt die eigentliche
Fermentierung in einer vorher festgelegten, danach aufrechterhaltenen und überwachten
Umgebung und, wie gesagt, ohne jede Einwirkungsmöglichkeit von Mikroorganismen.
-
Wirkstoffe, die außer Äthylenoxyd oder Prophylenoxyd für zufriedenstellende
Ergebnisse für dieses Verfahren mit einer kurzzeitigen Befreiungsphase verwendet
werden könnten, sind z. B. auch sterilisierend wirkende gasförmige Kohlenwasserstoffe
oder gasförmiges Chlor.
-
Alle derartigen Stoffe dienen also dazu, nur unter gleichzeitiger
Sterilisierung kurzzeitig zur Befreiung auf das Behandlungsgut einzuwirken und dann
entfernt zu werden, so daß die anschließende, dadurch ausgelöste Fermentierung ohne
ihre Anwesenheit in einer anderen Atmosphäre stattfindet.
-
Um das tiefe Eindringen des in Form von Dampf verwendeten Wirkstoffes
in die behandelten organischen Stoffe, zu gewährleisten, kann ein Vakuum erzeugt
werden, das die Evakuierung der Luft ge,wä hrleiseet, welche die Zwischenzellräume
dieser Stoffe erfüllt, worauf die Dämpfe des Wirkstoffes entweder allein oder in
Mischung mit anderen gasförmigen Stoffen, in den geschlossenen Raum eingelassen
werden, in dein das Vakuum erzeugt wurde.
-
Nachdem die behandelten Stoffe während eines kurzen, aber genügend
langen Zeitraumes derWirkung ausgesetzt waren, wird wieder ein Vakuum erzeugt, um
den Rest des Wirkstoffes zu entfernen. Man kann dann die entfernte Luft durch eine
andere Atmosphäre mit einem Gehalt an Aktivierungsmitteln, Oxydierungsmitteln oder
anderen Wirkstoffen, wie Sauerstoff, Ozon usw., ersetzen.
-
Die technologische Verwirklichung der stofflichen , Trennung und de
rAufeinanderfolge der verschiedenen Behandlungsphasen kann in einer genau bestimmten
Ordnung erfolgen, wobei verschiedene Behandlungsphasen auch in verschiedenen Vorrichtungen,
ja: sogar in verschiedenen Räumen vor sich gehen können.
-
Es können auch geschlossene Behälter benutzt werden, die während der
gewünschten Zeit in Kammern aufbewahrt werden, welche, eine genaue Überwachung derTemperaturbedingungen
gestatten, bei welchen die enzymatische Arbeit vor sich geht.
-
Es besteht auch die Möglichkeit, die Temperaturbedingungen und Feuchtigkeitsverhältnisse,
unter welchen das enzymatische Verfahren vor sich geht, in viel weiteren Grenzen
zu verändern als in jenen, die bisher für die Anwendung der bekannten Verfahren
als zulässig erachtet wurden, bei welchen eine mikrobielle Tätigkeit als wirksam
oder als vorteilhaft erachtet wird.
-
Nachstehend, wird beispielsweise eine besondere Ausführungsform der
Erfindung beschrieben.
-
Der Tabak wird zuerst durch geeignete Mittel auf einem passenden Feuchtigkeitsgehalt
gebracht. Dieser beträgt im allgemeinen zwischen 20 und 30°/o seines Gewichtes und
kann sich im übrigen je nach der Herkunft des Tabaks, seiner Beschreibung und nach
den Merkmalen des zu erzielenden Produktes ändern. Hierauf wird der Tabak bei Zirnmertemperattir
(15 bis 25° C) in Behälter aus dünnem, nicht oxydierbarem Blech gebracht, die mit
für die Beschickung erforderlichem dicht schließenden Türerz versehen sind und außerdem
an ihren oberen und unteren Teilen mit Öffnungen versehen sind, die rasch wieder
verschlossen werden können. Nachdem der Tabak in die Behälter eingebracht wurde,
wird die dicht schließende Tür verschlossen, während die obere und untere Öffnung
offengelassen werden. In diesem Zustand werden die' Behälter in das Innere eines
Autaklavs eingeführt. Nach Verschluß des Autoklavs wird in demselben ein '\'akuuni
erzeugt, wobei der verbleibende Druck etwa 20 min Hg-Säule beträgt. Nach Erzeugung
des Vakuums wird in denAutoklav eine bestimmte Menge (z. B. 500 g/ln3) eines Wirkstoffes
eingesaugt, der im vorliegenden Beispiel aus Dämpfen von Äthylenoxyd besteht, und
man läßt diese Dämpfe während einer Stunde auf den Tabak einwirken.
-
Am Ende der Zeit der Einwirkung wird in dem Autoklav wieder das Vakuum
hergestellt, worauf man Atmosphärenluft eintreten läßt, die in einem passenden Verhältnis
finit Sauerstoff angereichert ist. Dieses Verhältnis kann beispielsweise 3331 Sauerstoff
pro m3 Luft betragen.
-
Dann wird :der Autoklav geöffnet. Die vollen Behälterwerden rasch
aus dem Autoklav herausgezogen und ihre oberen und unteren Öffnungen sofort verschlossen.
Es ist jedoch vorzuziehen, eine dieser Öffnungen durch einen Filter oder porösen
Pfropfens in '#7'erb,induitg mit der Außenluft zu lassen, um der Gefahr von Verformungen
zu begegnen, die durch eventuelle Unterschiede zwischen den inneren und äußeren
Drücken hervorgerufen .werden können. In diesem Zustand werden die Behälter in einen
wärmeisolierten Raum gebracht, in dem eineTempera,tur von 50 bis 60° C aufrechterhalten
wird. In diesem Rauire bleiben die Behälter während 48 Stunden, ohne daß ein nennenswerter
Austausch der Atmosphäre mit der Außenluft erfolgt.
-
Am Ende dieses Zeitraumes werden die Behälter aus dein wärmeisolierten
Raum entfernt und ihrInhalt entleert. Die behandelten Tabalzblätter werden in Haufen
aufgeschichtet, um sie langsam abkühlen und allmählich ihre: normale Feuchtigkeit
wiedergewinnen zu lassen.
-
Die oben beschriebene Behandlung kann mittels eines der Anwendung
des Verfahrens besonders angepaßten Materials ausgeführt werden, aber es ist ebenso
möglich, dieser Behandlung bereits vorhandene Einrichtungen zur künstlichen Fermentierung
anzupassen, in -,welchen die Luft in geschlossenem Kreislauf in Umlauf gesetzt wird.
-
Es ist noch zu bemerken, daß nach der Phase der Fermen:tierung, die
durch Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens auf Tabak: erzielt wird, und ohne
Rücksicht darauf, wie im einzelnen die praktischen Ausführungen dieser Anwendung
beschaffen sein mögen, die behandelten Tabake weiterhin der Sitz einer verminderten
Fermentierung sind, wie sie bei allenLagerbestän.den auftritt, gleichgültig welcher
Art die zuerst durchgeführteFermentierung ist. Diese verminderteFermentierung vereinigt
sich also in ihrer Schlußphase mit der natürlichen und spontanen Fermentierung,
der »passiven« Fermentierung, die sich bis zum vollständigen Absterben der pflanzlichen
Gewebe fortsetzt.
-
Die Vorteile, welche das Verfahren gemäß der Erfindung gegenüber den
bekannten erfahrungsmäßigen und bisher angewendeten Verfahren aufweist, sind folgende:
1. Der Fermentierungs:prazeß wird in beträchtlichem Maße beschleunigt, da er sich
in einem Zeitraum von ungefähr 2 Tagen abspielt.
2. Die Handarbeit
isst gegenüber der natürlichen Fermen-tierung um drei Viertel verringert und :um
mehr als die Hälfte gegenüber der künstlichen Fermentierung, die aus-schließlich
in konditionierten Räumen ausgeführt wird.
-
3. Das Verfahren, kann mit Erfolg auf die versclUiedensten Qualitäten
von Tabak angewendet werden, einschließlich der Sorten, die der Fermentierung nach
den üblichen Verfahren hartnäckig widerstehen. Wenn diese Tabake dem neuen Verfahren
unterworfen werden, erfahren sie eine Verbesiserung, die sich auf ihren Handelswert
äußerst günstig auswirkt.
-
4. Die Ungleichartigkeit der durch Anwendung der bekannten Verfahren
erzielten Fe rmentierung verschwindet vollkommen, die Tabakstränge werden in vollkommen
homoa n:er Weise durch und durch fermentiert.
-
5. Durch das neue Verfahren wird Tabaken von minderer Qualität eine
Brennbarkeit verliehen, die vvesen:tlich besser ist als jene, die sie nach den gebräuchlichen
Verfahren erlangen können.
-
6. Mit Rücksicht darauf, daß die Zeitdauer der Reifung auf ein Mindestmaß
herabgesetzt ist und daß vorher alle unerwünschten Keime vernichtet werden, wird
durch das Verfahren jede Möglichkeit von Verlusten während der Behandlung beseitigt,
die: durch das mögliche Auftreten von schädlichen Vorgängen entstehen konnten, wie
unzeitige Erwärmung oder Kondensation von Wasser auf der Oberfläche, der Ballen
mit allen Folgen, hauptsächlich Schimmelbildung.
-
Die Erfindung läß,t sich unter Berücksichtigung der erforderlichen
technischen Abänderungen außer auf Tabak auch auf die industrielle Fermentierung
verschiedener organischer Produkte anwenden. Beispielsweise, könnten die nachstehend
aufgeführten Produkte einem Verfahren unterworfen werden, das dem für die Behandlung
von Tabaken beschriebenen Verfahren sehr ähnlich ist: Tee zur Herstellung von Handelstee,
Mate, Mandeln (zwecks Gewinnung von Öl), Maniokwurzeln (zwecks Beseitigung verschiedener
zyansalzhaltiger Verbindungen), Wurzeln und Ölkuchen vor ihrer Verwendung für die
menschliche bzw. tierische Ernährung, das chemiischeAntreiben von Pflanzen, die
beschleunigte Reifung von Früchten, die Alterung von Kaffee.