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Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung und ein Verfahren zur Extraktion, Detektion und Echtzeitanalyse gelöster Komponenten aus flüssigen ein- oder mehrphasigen Medien. Hauptanwendungsgebiet der Erfindung ist die zeitnahe Online- und In-situ-Messung von gelösten flüchtigen Komponenten in Medien physikalisch-chemischer und biotechnologischer Prozesse, speziell in Biogasmedien, sowie auch in wässrigen und organischen Flüssigkeiten, Lösungen und Suspensionen beispielsweise der Bioprozesstechnik, der Lebensmittelprozesstechnik, der Gewässerüberwachung und der kommunalen Abwasserüberwachung. Mit der erfindungsgemäßen Vorrichtung lassen sich gleichzeitig außer gelösten Gasen wie Wasserstoff, Kohlendioxid, Sauerstoff, Ammoniak, Kohlenmonoxid und Methan auch weitere leicht flüchtige Komponenten wie Alkohole, flüchtige Fettsäuren und andere niedermolekulare organische Bestandteile extrahieren und analysieren. Ein bevorzugtes Anwendungsgebiet der Erfindung ist die In-situ-Messung des Partialdrucks des in Biogasmedien gelösten Wasserstoffs, der die Stabilität der mikrobiellen Umsetzung beeinflusst und signalisiert.
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Stand der Technik
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Die Konzentrationen an gelösten Gasen, wie Wasserstoff, Kohlendioxid, Sauerstoff, Ammoniak, Methan und weiteren flüchtigen Komponenten, wie Alkoholen, flüchtigen Fettsäuren und anderen niedermolekularen organischen Bestandteilen, beeinflussen in vielfältiger Weise die in physikalisch-chemischen und biotechnologischen Prozessen ablaufenden Reaktionen. Deren Messung kann daher vorteilhaft für die Prozesskontrolle und zur frühzeitigen Erkennung von Störungen hinsichtlich Prozessstabilität, Prozessablauf oder Prozessveränderung in biotechnologischen Anlagen herangezogen werden [
EP2559750A1 ; Prechtl et al., 2006; Schelter, 2015].
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Sofern für den zu messenden Analyt kein inline einsetzbarer Sensor zur Verfügung steht, erfolgt die Analyse von gelösten Komponenten aus flüssigen ein- oder mehrphasigen Medien meist durch Probennahme, Probentransfer in ein Labor, Probeaufbereitung und anschließende Analyse. Dafür stehen zahlreiche moderne Analysenmethoden zur Verfügung. Die Ergebnisse solcher Offline-Verfahren liegen oft erst mit erheblicher Zeitverzögerung vor und können außerdem durch Wechselwirkung mit der Atmosphäre und andere Einflüsse während der Probenahme und des Transports der Proben verfälscht werden. Die zuverlässige Steuerung komplexer Umwandlungsprozesse mit einer Vielzahl prozessinterner Einflussgrößen erfordert meist möglichst zeitnahe Messungen (online, inline und in situ) im Prozess. Stehen für wesentliche Regelparameter nur zeitverzögerte oder zeitlich und örtlich von Prozess getrennte Messprozeduren zur Verfügung (offline und atline) lassen sich solche Prozesse nicht oder nur mit limitierter Kinetik sicher beherrschen [Retamal Marin, 2022].
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Im Folgenden werden bekannte Verfahren und Sensoren/Geräte beschrieben, die für ein zeitnahes Monitoring gelöster Komponenten in solchen Prozessen entwickelt wurden.
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Verfahren zur In-situ-Bestimmung des Partialdrucks bzw. der Konzentration von gelösten Gasen in Flüssigkeiten mit verschiedenen elektrochemischen Messmethoden sind bereits seit langer Zeit bekannt und werden sowohl in der Labor- als auch der Prozessmesstechnik in breitem Maße eingesetzt. In der Vergangenheit wurden beispielsweise verschiedene Methoden zur Bestimmung von organischen Säuren und Bicarbonatpuffer über Titration für Biogas- und Abwasserreinigungs-Prozesse entwickelt und getestet [Zäher et al. 2004, Ruiz et al. 2005, Fogelman et al. 2009]. Andere Vorrichtungen und Verfahren nutzen Analysatoren für die In-situ-Überwachung und Quantifizierung gelöster Gase (CO2, O2, N2, CH4 und H2) mittels Raman- und Infrarotspektroskopie [Lacroix et. al, 2021; Li et. al 2021]. Andree et al. berichten über eine Online-NIRS-Messung an Biogasanlagen [Andree et al. 2007], Spanjers et al. über den Einsatz eines Inline-Infrarotmonitors in einem anaeroben Vergärungsprozess im großen Maßstab [Spanjers et al. 2006]. Jacobi et al. nutzen die Nahinfrarotspektroskopie zur Überwachung flüchtiger Fettsäuren bei der anaeroben Vergärung [Jacobi et al. 2009]. Walte et al. verwenden eine Propionsäure erkennendes Gas-Sensor-Array zur Regelung von Vergärungsprozessen [Walte et al. 2008]. Einige Vorrichtungen und Verfahren verwenden für Online- bzw. Inline-Messungen Membraneinlass-Massenspektrometer (MIMS) [Heinzle, 1987; Bell et. al, 2007; Deng, 1992].
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In dem Patent
CA000002440983A1 werden ein System und mehrere Verfahren zur Entfernung von gelösten Gasen aus einer Flüssigkeit beschrieben. Das Gas wird durch Erzeugen eines Druckunterschieds, durch Anwendung von Wärme, durch Beschallung oder durch Erzeugen einer Flüssigkeit durch Kombination von trockenem gelöstem Stoff und entgastem Lösungsmittel entfernt. Alternativ können die Flüssigkeiten mit dem gelösten Stoff hoch konzentriert werden, um jegliches gelöste Gas aus der Lösung zu drücken und später mit entgasten Lösungsmitteln verdünnt zu werden. Das Patent
FI125907B beschreibt ein membranfreies Extraktionssystem für Gase aus Transformatorenölen, welches aus einem Balgkolben zur Flüssigkeitsentnahme, Gasextraktion durch Unterdruck und anschließenden Gaskompression besteht. Der Balgkolben wird durch einen Linearmotor angetrieben. Die Gasextraktion aus Medien biotechnologischer Prozesse mittels Unterdruck ist fast immer ausgeschlossen, da dabei Mikroben zerstört und dadurch Partialdrücke gemessen werden, die nicht den wirksamen Partialdrücken im Messmedium entsprechen. Ein weiteres Verfahren zur membranfreien Gasextraktion aus Transformatorenölen ist in
EP 1790965 A1 beschrieben. Hier strömt das flüssige Medium, aus dem gelöste Gase extrahiert werden sollen, in einem dünnen Film durch das ruhende Extraktionsgas bei Normaldruck. Diese Extraktionsmethode ist bei vielen biotechnologischen Prozessen wegen der Mehrphasigkeit und Verschmutzungsgefahr ebenfalls nicht einsetzbar.
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Bei den meisten Messverfahren ist das Sensorsystem von dem flüssigen Messmedium durch eine dünne, für das zu analysierende Gas durchlässige Polymermembran getrennt. Ihre Funktion beruht darauf, dass das Gas aus dem Messmedium durch die Membran in ein Sensormedium permeiert, welches mit einer Vielzahl unterschiedlicher Methoden (meistens atline und offline) analysiert wird. Beispielsweise wird in dem Patent
DE 000019604606 A1 eine Messvorrichtung für einen von wenigstens zwei flüchtigen Bestandteilen einer Flüssigkeit, insbesondere einer Fermentationsflüssigkeit, mit einer an einem Stützkörper anliegenden Permeationsmembran beschrieben, die einen ihr gegenüber offenen, im Stützkörper vorgesehenen Trägergaskanal gegenüber der Flüssigkeit abdeckt. Die Permeationsmembran besteht aus wenigstens zwei Schichten mit unterschiedlichem Durchdringungswiderstand für die flüchtigen Bestandteile; die eine besteht aus einem Silikon und die andere aus einem Polytetrafluorethylen.
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Grundsätzlich besteht jedoch auch die Möglichkeit, auf die Membran völlig zu verzichten und die Konzentration eines Gases in einer Flüssigkeit durch Messung des Partialdrucks in der Gasphase über der Flüssigkeitsoberfläche zu bestimmen, da entsprechend dem Henry'schen Gesetz diese beiden Größen proportional sind. Nach dem erweiterten Henry-Dalton'schen Gesetz gilt dies sogar auch für Gasmischungen über einer Flüssigkeit.
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In dem Patent
DE102011108133A1 wurde dazu ein neues Konzept zur Extraktion gelöster Komponenten aus Flüssigkeiten vorgestellt, das auf der membranlosen Extraktion von gelösten flüchtigen Stoffen aus der Flüssigphase durch einen Extraktionsgasstrom eines hochreinen Inertgases beruht. Die in dem Messmedium gelösten flüchtigen Bestandteile werden ohne Zwischenschaltung einer Gaspermeationsmembran über eine offene Grenzfläche zwischen dem Messmedium und dem Trägergas mittels des Trägergasstroms extrahiert. Der Gastransfer findet in einem speziellen Extraktionsgefäß unmittelbar an einer definierten Grenzfläche zwischen den beiden Phasen statt. Die Kontaktzeit des Extraktionsgases an der Oberfläche der flüssigen Phase ist so kurz, dass die Konzentrationen der extrahierten Gase in der Gasphase weit unter ihren Gleichgewichtskonzentrationen liegen. Dadurch werden hohe Massenflüsse der gelösten Gase durch die Grenzfläche erreicht. An der Grenzfläche gehen Gasmoleküle und flüchtige Stoffe kontinuierlich von der Flüssigphase in die Gasphase über. Die treibende Kraft für den Übergang der zu entnehmenden und zu bestimmenden Gaskomponente aus der flüssigen Phase in den Entnahmegasstrom ist die Partialdruckdifferenz zwischen der flüssigen und der gasförmigen Phase für die jeweilige Komponente. Der Trägergasstrom wird einem der Extraktionseinheit nachgeschalteten für die betreffende Gaskomponente selektiven Analysator zugeführt. Wie in
DE102011108133A1 beschrieben, erfolgt die Analyse des extrahierten Gasgemisches vorzugsweise mit einem Gaschromatograph mit geeigneter Detektionsvorrichtung. Die Analyse von gelösten Gasen nach derartigen Verfahren macht es erforderlich, dass die Analysevorrichtung mit der Extraktion durch eine Gasleitung verbunden ist. Dies ist u.a. bei Gaschromatographen der Fall, welche mit Vorrichtungen zur Probeaufgabe einerseits und Detektoren andererseits verbunden sind, um reproduzierbare Ergebnisse sowohl in der Labor- [Swinnerton et. al., 1962; Kilner et. al., 1964] als auch in der Prozessmesstechnik [Schelter et al., 2013 und 2014] zu erhalten. Solche gekoppelten analytischen Techniken sind mit einem vergleichsweise hohen Aufwand an Zeit und Kosten verbunden, ermöglichen jedoch hochselektive und hochsensitive Messungen mit niedrigen unteren Messgrenzen.
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Gemäß dem Patent
DE 102013021943 A1 können nach dem zuvor beschrieben membranfreien Verfahren auch extrahierte flüchtige organische Säuren in Gasgemischen mit einer Vorrichtung bestimmt werden, die aus einem Probeaufgabesystem, einer gaschromatographischen Trenneinrichtung und einem coulometrischen Festelektrolyt-Detektor besteht. Vor dem Probeaufgabesystem ist eine Adsorptions-/Desorptionseinheit angeordnet, die ein Adsorptionsmittel enthält, an dem in periodischer Abfolge die flüchtigen organischen Säuren aus dem Messgasgemisch zunächst adsorptiv extrahiert, angereichert und nachfolgend von diesem vollständig desorbiert dem Messgas höher konzentriert wieder zugefügt und mit diesem dem Probeaufgabesystem zugeführt werden. Zwischen der gaschromatographischen Trenneinrichtung und dem coulometrischen Festelektrolyt-Detektor befindet sich ein permanent beheizter Katalysereaktor, in dem die flüchtigen organischen Säuren durch katalytische Reaktionen vollständig in Substanzen umgesetzt werden, die mittels des coulometrischen Festelektrolyt-Detektors quantitativ bestimmt werden.
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Problem
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Die Betrachtung des Standes der Technik hat gezeigt, dass die bisher entwickelten Vorrichtungen und Verfahren zur Inline-Messung des Wasserstoffpartialdrucks oder der Konzentration an flüchtigen organischen Säuren in komplexen mehrphasigen flüssigen Medien bisher noch nicht für eine breite Anwendung außerhalb von Laboren geeignet sind. Die Messtechnik ist entweder zu teuer, die Probenaufbereitung zu aufwendig oder die entwickelten Sensoren/Systeme sind noch nicht so zuverlässig und robust, wie es beispielsweise beim Einsatz an Biogasanlagen erforderlich wäre. Mit der Erfindung soll insbesondere das in den Ausführungen zum Stand der Technik erläuterte Problem der zuverlässigen und praktikablen Extraktion, Messung und Charakterisierung von gelösten Gasen in flüssigen ein- oder mehrphasigen Medien gelöst werden. Der Erfindung liegt die technische Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Vorrichtung zu entwickeln, die es ermöglichen, aus beliebigen flüssigen Messmedien gelöste Gase und flüchtige Bestandteile in unterschiedlichen Konzentrationen, vorzugsweise Wasserstoff, Kohlendioxid, Sauerstoff, Ammoniak, Methan, Alkohole, flüchtige Fettsäuren oder andere niedermolekulare organische Bestandteile zu extrahieren, um sie und mit möglichst geringem apparativem Aufwand und kostengünstiger Kalibrierung zeitnah bestimmen zu können.
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Lösung
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Erfindungsgemäß wird die Aufgabe dadurch gelöst, dass die Extraktion und Analyse gelöster flüchtiger Komponenten aus flüssigen ein- oder mehrphasigen Medien in einer konstruktiven Einheit erfolgen, die eine Extraktions- und eine benachbarte Analysekammer enthält. Die Extraktionskammer ist ein unten offenes und oben abschließbares Gefäß, das ohne Trennung durch eine Gaspermeationsmembran in das Messmedium eintaucht. In die Extraktionskammer wird vor einer Messung von außen über die Verbindung zur Analysekammer einmalig ein Extraktionsgas mit festgelegtem Volumen dosiert eingeleitet, dass sich an der unteren offenen Seite der Extraktionskammer eine freie und stabile Phasengrenze flüssig/gasförmig ausbildet. Anschließend diffundieren die im flüssigen Messmedium gelösten flüchtigen Komponenten (Analyte) in das ruhende Extraktionsgas bis sich weitgehend ein Partialdruck-Gleichgewicht eingestellt hat. Nach der Gleichgewichtseinstellung wird die Verbindung zwischen Extraktions- und Analysekammer geöffnet, sodass die Analyte in die Analysekammer diffundieren und/oder strömen und in dieser mit einem oder mehreren Sensoren detektiert und analysiert werden. Die Extraktionskammer ist mit einem weiteren Anschluss zur Einleitung einer Reinigungslösung versehen, wobei für Biogasmedien vorzugsweise Wasser zum Einsatz kommt. Nach Abschluss eines jeden Messvorgangs wird die Innenseite der Extraktionskammer mit Wasser gereinigt, um das Aufwachsen von Biofilmen zu verhindern. Solche Biofilme enthalten meist Mikroben, die die Analyte verstoffwechseln und somit ihre Partialdrücke im Extraktionsgas verändern würden. Für die Messung der Analyte in der Analysekammer werden vorzugsweise Metalloxid-Gassensoren (MOX-GS) eingesetzt. Alternativ können auch optische, elektrochemische, magnetische oder thermische Gassensoren zum Einsatz kommen. Da die Analysekammer während der oben beschriebenen Diffusionsphase von der Extraktionskammer getrennt ist und von außen mit Gasgemischen gespült werden kann, ist eine regelmäßige Beaufschlagung der Gassensoren in der Analysekammer mit einem oder mehreren Kalibriergasen möglich. Mit dieser Vorrichtung lassen sich aus beliebigen flüssigen Messmedien gelöste Gase und flüchtige Bestandteile in unterschiedlichsten Konzentrationen, vorzugsweise Wasserstoff, Kohlendioxid, Sauerstoff, Ammoniak, Methan, Alkohole, flüchtige Fettsäuren oder andere niedermolekulare organische Bestandteile extrahieren und analysieren. Das verwendete Extraktionsgas sollte bezüglich des Messmediums und der extrahierten Gaskomponenten möglichst inert und kompatibel zu den verwendeten Gassensoren sein.
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Erreichte Vorteile
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Mittels der Erfindung werden gelöste Komponenten aus flüssigen ein- oder mehrphasigen Medien extrahiert und in ein Extraktionsgas überführt, in dem sie unmittelbar nachfolgend mit einem benachbarten Analysator detektiert und analysiert werden, wobei der Gasextraktor und der Gasanalysator in einer konstruktiven Einheit zusammengefasst sind. Das der erfindungsgemäßen Extraktionsvorrichtung zugrundeliegende Konzept unterscheidet sich von bekannten Vorrichtungen und Verfahren mit kontinuierlich durchströmtem Extraktor und nachfolgender chromatographischer Detektion dadurch, dass das Extraktionsgas während des Extraktionsvorgangs nicht strömt, sondern ruht, wodurch zwischen flüssigem Messmedium und Extraktionsgas eine weitgehende Gleichgewichtseinstellung bezüglich der Partialdrücke der extrahierten Komponenten ermöglicht wird. Auf diese Weise stellen sich im ruhenden Extraktionsgas weitaus höhere Analyt-Partialdrücke als in einem strömenden Trägergas ein, wodurch die untere Messgrenze des Messsystems deutlich abgesenkt werden kann. Außerdem erfolgen die Extraktion, Detektion und Echtzeitanalyse des Extraktionsgases in derselben Vorrichtung. Ein weiterer Vorteil der Erfindung liegt darin, dass die Extraktion von flüchtigen Komponenten aus der Messflüssigkeit ohne die Verwendung einer Gaspermeationsmembran unmittelbar über die offene Grenzfläche zwischen dem Messmedium und dem stationären Extraktionsgas erfolgt. Auf diese Weise werden die bei herkömmlichen und kommerziellen Sensoranordnungen mit der Stofftrennung durch eine Membran verbundenen Probleme bezüglich der Biofilmbildung, Verblockung und Alterung, die insbesondere dadurch verursacht werden, dass die bei physikalisch-chemischen und biotechnologischen Prozessen vorkommenden Mikroorganismen die Membranen bewachsen, eliminiert oder zumindest stark reduziert. Vorteilhaft ist auch, dass die für die Gasextraktion maßgebende Oberfläche der Messflüssigkeit kontinuierlich erneuert wird, da das Messmedium in den meisten biotechnologischen Prozessen gerührt wird. Aufgrund der Tatsache, dass bei der erfindungsgemäßen membranlosen Extraktionseinheit zwischen der Phasengrenzschicht der dispersen Systeme und dem Extraktionsgas keine externen Konstruktionselemente vorhanden sind, ist die Gasextraktion weitgehend unempfindlich gegenüber in der Flüssigkeit vorhandenen Feststoffen. Da die Extraktion, Detektion und Analyse in einer konstruktiven Einheit erfolgen, die eine Extraktions- und eine Analysekammer enthält, bringt die Erfindung deutliche Vorteile bei unterschiedlichen Anforderungen hinsichtlich der Steuerungsparameter von Biogasanlagen mit sich. Einige dieser Vorteile beziehen sich auf die rechtzeitige und nachhaltige Prozessstabilisierung, die Erkennung frühzeitiger Prozessveränderungen (z.B. Störung oder Überlastung der Reaktoren) mit resultierender Optimierung der Eingabe der Substrate (z.B. Menge, Art des Substrats, etc.).
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Weitere Ausgestaltung der Erfindung
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Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den Patentansprüchen 4 bis 9 angegeben.
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Gemäß Anspruch 4 erfolgt die zeitnahe Analyse des extrahierten Gasgemisches durch einen der Extraktionskammer nachgeschalteten Analysator, vorzugsweise durch den Einsatz Metalloxid-Gassensoren (MOX-GS), welche in der Analysekammer der Extraktionseinheit positioniert sind.
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In Anspruch 5 ist vorgesehen, dass der Fluss von Kalibrier- und Extraktionsgasen in die und aus der Analysekammer in der Extraktionseinheit derart regulierbar ist, dass die Extraktionskammer während der Diffusions- und Messphasen immer vollständig mit Extraktionsgas gefüllt ist, vorzugsweise über vor dem Einlass in die Extraktionseinheit angeordneten fluidischen Steuerelementen wie Magnetventilen, Strömungskapillaren oder Massendurchflussreglern. Mit solchen Steuerelementen wird zudem der Fluss von Kalibrier- und Spülgas durch die Analysekammer während der Diffusionsphase mit abgeschlossener Extraktionskammer geregelt. Während der Messphase werden die Gasleitungen zur Spülung der Analysekammer nach außen fluidisch geschlossen und die Verbindung der Analysekammer zum ruhenden Extraktionsgas in der Extraktionskammer geöffnet, sodass anschließend die extrahierten flüchtigen Komponenten aus der Extraktionskammer in die Analysekammer diffundieren und dort gemessen werden.
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Entsprechend Anspruch 6 ist es vorteilhaft, die Extraktions- und Analysekammer in Form von Hohlzylindern auszuführen, wobei das Volumen der Extraktionskammer vorzugsweise mindestens 30-mal größer als das der Analysekammer ist. Generell sind die Gestalt und Größe der Gasextraktionseinheit beliebig. Die Konstruktion sollte eine einfache Herstellung, eine schnelle Reinigung und einen unkomplizierten Austausch einzelner Komponenten ermöglichen. Die Größe und Form der Extraktionsfläche sowie das Material (Edelstahl, Kunststoff, etc.) der Extraktionseinheit können den Einsatzbedingungen, der Konsistenz und den sonstigen Eigenschaften des Messmediums sowie den Anforderungen bezüglich der Messgenauigkeit und Ansprechgeschwindigkeit des Messsystems angepasst werden. Entsprechend der gegebenen Volumenverhältnis-Empfehlung sollte die Höhe des Gasraumes über der Extraktionsfläche nicht zu gering sein, um mögliche Verstopfungen der Verbindung zwischen Extraktions- und Analysekammer zu vermeiden.
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Nach Anspruch 7 ist es vorteilhaft, dass man die Diffusionsrate der gelösten Gaskomponenten in der Messflüssigkeit mittels einer einstellbaren membranfreien Phasengrenze zwischen zwei Phasen mit mehreren Komponenten in der Extraktionskammer erhöhen kann, mit der die Oberfläche der Phasengrenze und das Diffusionsvolumen in der Extraktionskammer festgelegt werden.
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Nach Anspruch 8 ist es vorteilhaft, die Innenseite der Extraktionskammer mit einem Siebschutz mit integriertem Spülanschluss (abhängig vom Messmedium mit oder ohne hydrophobierter Oberfläche) zur Reinigung der Extraktionskammer auszustatten, um deren Verschmutzung oder Bewuchs mit Mikroorganismen entgegenzuwirken.
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Nach Anspruch 9 ist es vorteilhaft, dass ein Temperaturfühler in die Extraktionseinheit integriert ist, um Informationen über die Temperatur in der Extraktionskammer zu gewinnen. Aus dieser Information lässt sich die Zeitdauer bis zur Einstellung eines weitgehenden Partialdruck-Gleichgewichtes zwischen Messmedium und Extraktionsgas abschätzen.
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Beschreibung eines Ausführungsbeispiels
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Die Erfindung wird nachfolgend in einem Ausführungsbeispiel näher erklärt, welches, wie in der schematischen Zeichnung in Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. 1 dargestellt, die Integration der Extraktionseinheit in einen Fermenter zum Zweck der Bestimmung des Partialdrucks von gelösten Gasen mit dem Gasanalysator (z.B. H2, CH4, CO2, etc.) beschreibt.
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Die in den Fermenterdeckel 11 eingebaute Gasextraktionseinheit ist ein oben abgeschlossenes, unten offenes Rohr 14 aus Edelstahl, das in das flüssige Messmedium B mit den in diesen vorhandenen zu extrahierenden Gaskomponenten eintaucht. In dem hier beschriebenen Ausführungsbeispiel hat das Rohr 14 die Länge 127 mm und den Innendurchmesser 34 mm. Das Rohr 14 ist oben mit einem Deckel 1 aus Polyoxymethylene (POM) abgeschlossen, der die Fluidzuleitungen 2, 12 und 15 und die elektrischen Anschlussleitungen 3 und 16 fixiert und den Innenraum des Rohrs 14 gegen das Eindringen von Feuchtigkeit oder Fremdpartikeln schützt. Im unteren Bereich des Rohres ist der Fluidik- und Messzylinder 4 positioniert, der mit einer O-Ring-Dichtung 24 im Rohr 4 fixiert und gedichtet ist. Dieser Fluidikzylinder 4 enthält die Analysekammer 19, in die ein Metalloxid-Gassensor 5 eingebaut ist, sowie die Magnetventile 6, 8, 17 und 18, die das automatische Schließen/Öffnen der Einlassleitung 2, der Verbindungsleitung zwischen Analysekammer 19 und Extraktionskammer 22, der Spülleitung 15, beziehungsweise der Auslassleitung 12 ermöglichen. Weiterhin enthält der Fluidikzylinder 4 den Temperaturfühler 7, der in diesem Ausführungsbeispiel als Platinmesswiderstand PT100 ausgeführt ist. Der unterhalb des Fluidikzylinders 4 angeordnete Siebboden 9 verhindert die Verschmutzung der Unterseite des Fluidikzylinders 4 durch Spritzer aus dem Messmedium, die sich bei der Auflösung von Gasblasen an der Grenzfläche bilden können.
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Das Verfahren zur Extraktion, Detektion und Analyse gelöster flüchtiger Komponenten aus flüssigen ein- oder mehrphasigen Medien erfolgt mit dieser Vorrichtung in folgenden Schritten:
- Zu Beginn einer Messung wird das Extraktionsgas (z.B. synthetische Luft) kurzzeitig von außen durch die Gaszuleitung 2 in die Extraktionskammer 22 mit definiertem Volumenstrom eingeführt, bis diese vollständig damit gefüllt ist. Die Ventile 6 und 8 sind dazu geöffnet, die Ventile 17 und 18 sind geschlossen. Die genannten Einstellungen ermöglichen die Einstellung einer membranfreien Phasengrenze 10 zwischen Messmedium und Extraktionsgas.
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Sobald diese Grenzfläche eingestellt ist, wird die Zuführung des Extraktionsgases durch Schließen der Magnetventile 6 und 8 unterbrochen und die Extraktionskammer 22 somit vollständig zur dahinterliegenden Analysekammer 19 abgedichtet. Dieser Zustand wird so lange aufrechterhalten, bis sich zwischen der Gasphase in der Extraktionskammer 22 und dem Biogas-Gärmedium B weitgehend ein Partialdruck-Gleichgewicht eingestellt hat. Die dazu benötigten Zeiträume variieren typischerweise zwischen 30 und 200 min.
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Während dieser Equilibrierphase bei den genannten Zeiträumen werden bei geschlossenem Ventil 8 die Ventile 6 und 18 geöffnet und die Analysekammer 19 mit dem darin positionierten Gassensor 5 wird mit befeuchteter synthetischer Luft gespült. Alternativ kann diesem Spülgas auch H2 oder CH4 in definierter Konzentration beigemischt und so der Sensor 5 in engmaschigem Zeitraster kalibriert werden.
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Nach Beendigung der Equilibrierphase werden die Ventile 6 und (kurz danach) 18 geschlossen und anschließend Ventil 8 geöffnet, sodass die Verbindung zwischen der Extraktionskammer 22 und der Analysekammer 19 hergestellt und anschließend der im Extraktionsgas enthaltene Analyt H2 zum Sensor 5 diffundiert und dort nachgewiesen wird. Dieser Messvorgang kann je nach Ansprechgeschwindigkeit des Gassensors zwischen 1 und 60 min dauern.
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Nach Abschluss dieses Diffusions- und Messvorgangs wird das Ventil 8 zwischen der Analysekammer 19 und Extraktionskammer 22 wieder geschlossen und bei geöffnetem Ventil 17 die Extraktionskammer mit Reinigungslösung, hier vorzugsweise Wasser, gereinigt. Danach wird die Analysekammer 19 bei geöffneten Ventilen 6 und 18 und geschossenem Ventil 8 mit Spülgas gespült. Anschließend wird das Ventil 18 geschossen und Ventil 8 geöffnet, um das Gasvolumen in der Extraktionskammer 22 erneut aufzufüllen und die nächste Messung zu starten.
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Alle Schaltvorgänge der Magnetventile, der Gas- bzw. Wasserdosierung sowie die Aufzeichnung der Messwerte des/der Gassensoren und des Temperaturfühlers erfolgen automatisch mittels rechnergestützter Steuerung.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Deckel Extraktionseinheit
- 2
- Extraktions- bzw. Kalibriergaszuleitung
- 3
- Anschlussleitung Temperaturfühler
- 4
- Fluidik- und Messzylinder
- 5
- Analysator/Gassensor
- 6
- Mikroventil für Einlass von Extraktions-, Kalibrier- bzw. Spülgas
- 7
- Temperaturfühler
- 8
- Mikroventil für Einlass der gelösten flüchtigen Komponenten durch Diffusion
- 9
- Siebboden mit integrierter Spüldüse
- 10
- Einstellbare membranfreie Phasengrenze zwischen Messmedium und Extraktionsgas
- 11
- Deckel bzw. Oberseite des Fermenters/Reaktors
- 12
- Gasauslass-Leitung
- 13
- Äußere Oberfläche der Extraktionseinheit
- 14
- Innenraum der Extraktionseinheit - gefüllt mit Umgebungsluft
- 15
- Wasserzuleitung
- 16
- Anschlussleitung des Analysators
- 17
- Mikroventil für Einlass der Reinigungslösung (Wasser) zur Reinigung des Siebbodens und der inneren Oberfläche der Extraktionskammer
- 18
- Mikroventil für Auslass des Extraktionsgases und Kalibriergases
- 19
- Analysekammer
- 20
- Verbindungskanal zwischen Extraktions- und Analysekammer
- 21
- Sprühdüse
- 22
- Extraktionskammer
- 23
- Eventuell vorhandene Biogasblasen
- 24
- O-Ring-Dichtung
- A
- Gasgefüllter Headspace des Fermenters
- B
- Flüssigphase
- Extraktionsgasfluss
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- Kalibrier- und Spülgasfluss
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- Analytfluss
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- Mischgasfluss
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- Spülwasserfluss
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- EP 2559750 A1 [0002]
- CA 000002440983 A1 [0006]
- FI 125907 B [0006]
- EP 1790965 A1 [0006]
- DE 000019604606 A1 [0007]
- DE 102011108133 A1 [0009]
- DE 102013021943 A1 [0010]