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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines flüssigen Cellulose-Komposits, ein flüssiges Cellulose-Komposit, das durch dieses Verfahren herstellbar ist, und dessen Verwendung.
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Bakterielle Nanocellulose (BNC) ist eine von gram-negativen Bakterien synthetisierte Cellulose. BNC unterscheidet sich in ihrer Morphologie deutlich von der Cellulose pflanzlichen Ursprungs. Sie besteht aus Fasern mit einem Durchmesser im Nanometerbereich (20-100nm), die 100mal feiner als herkömmliche Pflanzencellulosefasern (Zellstoff) sind. Das natürliche Nanofaser-Netzwerk zeigt eine dem menschlichen Gewebe (Kollagen) vergleichbare Gerüststruktur. Es enthält bis zu 99% Wasser und ist in der Lage, intensive Wechselwirkungen mit der Umgebung einzugehen. BNC ist auch im feuchten Zustand mechanisch stabil. BNC ist ein hochreines Polymer, frei von pflanzlichen Begleitkomponenten wie Lignin, Pektin und Hemicellulosen. Sie zeichnet sich durch ein hohes Molekulargewicht (Polymerisationsgrad von ca. 4.000 - 10.000) und hohe Kristallinität (80-90%) aus. BNC wird im menschlichen und Säugetierorganismus nicht abgebaut, löst keine Abwehrreaktionen des Körpers aus und wird von körpereigenen Zellen wirksam besiedelt (Klemm D, Kramer F, Moritz S, Lindström T, Ankerfors M, Gray D, Dorris A: Nanocelluloses: a new family of nature-based materials. Angew. Chem. Int. Ed. (2011) 50, 5438-5466).
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BNC hat ein Anwendungspotential auf dem Gebiet Medizin Pharmazie, Kosmetik und Technik, beispielsweise als Basisstoff oder Hilfsstoff zur Herstellung kosmetischer, technischeroder medizinischer Formulierungen. Ein Problem bei der Anwendung von BNC ist die Netzwerkstruktur, die eine herstellung homogener Zusammensetzungen erschwert. Bei Zerkleinerung von BNC in Anwesenheit von Wasser entsteht ein schwer verarbeitbarer und schwer handhabbarer Faserbrei.
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WO 2020/136629A1 schlägt die Herstellung einer pulverförmigen Formulierung aus BNC und einem Additiv vor, die redispergierbar ist.
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Die Aufgabe der Erfinung ist die Bereitstellung von BNC in einer homogenen, fließfähigen Formulierung, die sich vorzugsweise als Komponente für medizinische, technische oder kosmetische Formulierungen eignen sollte.
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Nach einer grundlegenden Idee der Erfindung wird bakterielle Nanocellulose mit einem wasserlöslichen ionischen Polysaccharid behandelt. Hierbei wird das wasserlösliche ionische Polysaccharid in die Struktur der bakteriellen Nanocellulose eingelagert und es entsteht ein Komposit.
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Es hat sich herausgestellt, dass dieser Komposit bei Anwesenheit von Wasser und bei Zerkleinerung in eine homogene und fließfähige Form gebracht werden kann. Nach Inklusion des wasserlöslichen ionischen Polysaccharids in die BNC Struktur kann der Komposit auf einfache Weise mechanisch zerkleinert werden. Das entstandene Produkt wird erfindungsgemäß auch als wässriges Flüssiggel bezeichnet. Das erfindungsgemäße Produkt ist ohne weitere Nachbehandlung gebrauchsfertig, beispielsweise als fließfähiger Basisstoff oder Hilfsstoff für medizinische, technische und kosmetische Anwendungen, und umfüllbar. Erhältliche feuchte BNC Ausgangsmaterialien, wie Schichten, Würfel oder Sphären, können als Einsatzstoffe in dem erfindungsgemäßen Verfahren verwendet werden. Sie müssen nicht einer vorherigen Vorbereitung, wie zum Beispiel Zerkleinerung unterworfen werden.
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Insbesondere werden von der Erfindung ein Verfahren und eine Zusammensetzung gemäß den unabhängigen Patentansprüchen angegeben.
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Von der Erfindung wird angegeben: ein Verfahren zur Herstellung eines flüssigen Cellulose-Komposits, aufweisend
- a) Behandeln von bakterieller Nanocellulose mit einem wasserlöslichen ionischen Polysaccharid in wässrigem Medium, wobei das ionische Polysaccharid in die bakterielle Nanocellulose eingelagert und ein Cellulose-Komposit, aufweisend bakterielle Nanocellulose und das ionische Polysaccharid, gebildet wird,
- b) Mechanisches Zerkleinern des Cellulose-Komposits unter Anwesenheit oder unter Zugabe von Wasser, wobei das Cellulose-Komposit in eine flüssige Form gebracht wird.
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Vor Einsatz in dem Verfahren kann die bakterielle Nanocellulose, sofern erwünscht, gereinigt werden, vorzugsweise mit wässriger alkalischer Lösung, beispielsweise Natriumhydroxidlösung. In roher Form liegt bakterielle Nanocellulose häufig in wässrigem essigsauren Medium vor. Durch Waschen mit alkalischer Lösung werden noch enthaltene Mikroorganismen zerstört. Nach dem Waschen mit alkalischer Lösung kann ein weiterer Waschschritt mit neutralem Wasser erfolgen, bis ein neutraler pH Wert erreicht wird. Vor Einsatz im Verfahren kann die gewaschene BNC gepresst werden um den Wassergehalt zu reduzieren. In der bevorzugten Variante des Verfahrens ist die bakterielle Nanocellulose wasserhaltig.
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Das erfindungsgemäße Verfahren weist vorzugsweise keinen Schritt, insbesondere keinen Zwischenschritt, des Trocknens auf.
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Das erfindungsgemäße Verfahren weist vorzugsweise keinen Schritt, insbesondere keinen Zwischenschritt, der Herstellung eines Pulvers auf.
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Das Behandeln in a) kann durch Einlegen der bakteriellen Nanocellulose in das wässrige Medium mit dem wasserlöslichen ionischen Polysaccharid erfolgen.
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Eine beispielhafte Zeit für das Behandeln in a) sind 1-4 Tage. Das Behandeln in a) kann unter erhöhter Temperatur, insbesondere 30 bis 80°C, und/oder unter Rühren stattfinden, wodurch die Behandlungszeit verkürzt werden kann.
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In dem Verfahren Verfahren kann in b) eine Viskosität des flüssigen Cellulose-Komposits durch die Menge Wasser eingestellt werden, wobei durch mehr Wasserzugabe eine geringere Viskosität erzielt wird
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In einer Ausführungsform weist das Verfahren weiterhin auf:
- das Entfernen überschüssigen ionischen Polysaccharids, welches nicht in die bakterielle Nanocellulose eingelagert ist. Dieser Schritt erfolgt vorzugsweise nach dem Behandeln der bakteriellen Nanocellulose mit einem wasserlöslichen ionischen Polysaccharid, und
- vor dem mechanischen Zerkleinern des Cellulose-Komposits. Entferntes ionisches Polysaccharid kann zurück gewonnen werden, insbesondere zum weiteren Einsatz in dem erfindungsgemäßen Verfahren.
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In einer Ausführungsform des Verfahrens erfolgt das Enfernen überschüssigen ionischen Polysaccharids nach dem Behandeln der bakteriellen Nanocellulose mit einem wasserlöslichen ionischen Polysaccharid durch Waschen mit Wasser. Hierbei wird überschüssiges ionisches Polysaccharid, welches nicht in die bakterielle Nanocellulose eingelagert ist, abgewaschen. Es wird nicht eingelagertes ionisches Polysaccharid von der Oberfläche der bakteriellen Nanocellulosestruktur abgewaschen.
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Zum mechanischen Zerkleinern des Cellulose-Komposits können beispielsweise ein Dispergierstab, ein Passierstab, ein Mixer, eine Mühle oder eine Kombination davon eingesetzt werden, ohne dass die Werkzeuge darauf beschränkt sind
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In dem Verfahren kann das ionische Polysaccharid ausgewählt sein aus Carboxymethylcellulose, Chitosan, Alginsäure, Hyaluronsäure, oder einem Salz derselben. Eine bevorzugte Carboxymethylcellulose ist Natrium-Carboxymethylcellulose.
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In einer Variante des Verfahrens liegt die bakterielle Nanocellulose vor dem Behandeln mit dem wasserlöslichen ionischen Polysaccharid in Form von Stücken vor, beispielsweise flächigen Stücken (Sheets), Würfeln (Cubes) oder Spären (Spheres).
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In einer Ausführungsform des Verfahrens beträgt in a) die Konzentration von dem wasserlöslichen ionischen Polysaccharid im wässrigem Medium 0,1 bis 2 % (m/V). In anderen Worten kann BNC mit einer wässrigen Lösung von wasserlöslichem ionischen Polysaccharid behandelt werden, wobei die Konzentration vorzugsweise in genanntem Bereich liegt.
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In einer Ausführungsform des Verfahrens beträgt in dem Cellulose-Komposit das Masseverhältnis von wasserlöslichem ionischem Polysaccharid zu der bakteriellen Nanocellulose 0,35 : 1 bis 0,85 : 1. In dem erfindungsgemäßen Verfahren wird in dieser Ausführungsform ein Cellulose-Komposit mit diesem Masseverhältnis hergestellt. Das Masseverhältnis kann beispielsweise durch die Dauer des Behandelns in a), durch die Konzentration von dem wasserlöslichen ionischen Polysaccharid im wässrigem Medium, durch die Wahl der Temperatur, oder eine Kombination davon, eingestellt werden.
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Die Viskosität des ionische Polysaccharids in Lösung (Lösungsviskosität) beträgt vorzugsweise 50 bis 200 mPas bei einer Konzentration von 4% (m/V) in Wasser, wobei das ionische Polysaccharid vorzugsweise Carboxymethylcellulose ist. Zur Verwendung in dem Verfahren kann die Lösung auf eine Konzentration gebracht werden wie zuvor angegeben. Andere anwendbare Lösungsviskositäten sind 100 - 160 mPas bei 2% (m/V), 550 - 900 mPas bei 2% (m/V), oder 1500 - 3000 cps bei 1% (m/V), wobei das ionische Polysaccharid vorzugsweise Carboxymethylcellulose ist.
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In einem weiteren Aspekt betrifft die Erfindung einen flüssigen Cellulose-Komposit, aufweisend bakterielle Nanocellulose, ein ionisches Polysaccharid und Wasser. Dieser Komposit kann nach einem erfindungsgemäßen Verfahren erhalten sein.
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In einer Ausführungsform des flüssigen Cellulose-Komposits beträgt in dem Cellulose-Komposit das Masseverhältnis von wasserlöslichem ionischem Polysaccharid zu der bakteriellen Nanocellulose 0,35 : 1 bis 0,85 : 1.
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In noch einem Aspekt betrifft die Erfindung die Verwendung eines flüssigen Cellulose-Komposits, wie vorangehend beschrieben, als Komponente in medizinischen, technischen oder kosmetischen Formulierungen. Beispielhafte Technikgebiete, in denen der erfindungsgemäße flüssige Cellulose-Komposit vorteilhaft eingesetzt werden kann, sind Elektronik und Elektrotechnik, beispielweise dort in elektronischen Komponenten oder Bauteilen, wie Batterien, Akkus oder Kondensatoren. Ein weiteres Technikgebiet ist die Oberflächenbehandlung, wo der Komposit beispielsweise als Basis- oder Zusatzstoff in Anstrichen oder Grundierungen verwendet werden kann.
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In noch einem Aspekt betrifft die Erfindung die Verwendung des Komposits als Dispersionsbasisstoff.
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Nachfolgend wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen dargestellt.
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Beispiel 1:
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1. In einem Waschtrakt wird das kommerziell erhältliche BNC-Rohmaterial mit einer wässrigen Lösung eines alkalischen, medizinisch zugelassenen Waschmittels und anschließend mit Wasser gewaschen und durch Abpressen von überschüssigem Wasser befreit.
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2. In einem Homogenisierungstrakt wird das unter (1) erhaltene, gereinigte Produkt mit der wässrigen Lösung eines ionischem Celluloseethers versetzt. Das entstehende Komposit wird anschließend mit einem Dispergierstab homogenisiert.
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Beispiel 2:
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In einem Waschgefäß wird das Essigsäure haltige kommerziell erhältliche BNC Rohmaterial (pH 3,5) mit 1 N wässriger NaOH Lösung für 20 Minuten gekocht. Nach Entfernen der Waschlösung (enthält vor allem Aminosäuren aus den Spaltprodukten der abgetöteten Bakterien, Natriumacetat und überschüssige NaOH) wird überschüssiges Wasser durch Abpressen entfernt und anschließend das Produkt bis zur pH Neutralität mit Wasser gewaschen.
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In einem Mischbehälter wird das vorstehend erhaltene gereinigte Produkt mit der wässrigen Lösung von Carboxymethylcellulose (CMC) versetzt und für 24 Stunden bei Raumtemperatur stehengelassen. Danach wird überschüssige CMC Lösung abgetrennt und zur Wiederverwendung aufgefangen. Anschließend wird mit fließendem Wasser gespült.
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Das Komposit wird nachfolgend mit einem Dispergierstab homogenisiert. Das so entstandene flüssige Gel kann entweder dampfsterilisiert oder mit einem sterilisierenden Zusatzstoff aufbereitet werden.
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Beispiel 3:
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Die Erfindung beinhaltet die Herstellung eines flüssigen Nanocellulose-Hydrogels für den Einsatz als Dispergier-Basisstoff und Viskositätsregler für Kosmetik, Pharmazie, Medizin und Technik. Es wurde gefunden, dass gereinigte bakterielle Nanocellulose (BNC) unterschiedlicher Gestalt (Sheets, Würfel, Tubes, Kugeln) einschließlich der kommerziell zugänglichen BNC-Ausgangsprodukte unabhängig von der Gestalt des Ausgangsstoffes und ohne weitere Vorbehandlung durch Zusatz wässriger ionischer Polysaccharid-Derivate mit nachfolgender mechanischer Desintegration direkt in das Zielprodukt überführt wird.
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Verfahren:
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- 1. Gereinigtes BNC-Vlies: Abpressen bis Feststoffgehalt von 5-50%, im vorliegenden Fall: Würfel 10 × 10 × 10 mm, Feststoffgehalt 9%
- 2. Einlegen in eine wässrige Lösung von Polysacchariden und Polysaccharidderivaten vorzugsweise ionisch z.B. Carboxymethylcellulose-Natriumsalz (CMC), Chitosan, Alginsäure-Natriumsalz und Mischungen eben derer oder mit anderen wasserlöslichen Polysacchariden
Konzentration von 0,1 - 2%
Stehen bei RT für mindestens 24 h oder 0,5-1 h rühren oder 30 min erhitzen bis vollständige Quellung
In diesem Beispiel 250 g feuchte BNC-Würfel werden mit wässriger 2 L CMC-Lösung (1%, w/v, Spezifik CMC: 4 % Lösung hat eine Viskosität von 50 - 200 cps) behandelt: Stehen für 4 d bei RT)
- 3. Abtropfen der Polysacchariderivat-Lösung vom behandelten Feststoff.
- 4. Spülen mit Wasser um überschüssiges Polysaccharidderivat zu entfernen. In diesem Beispiel: 1 x mit fließendem Wasser spülen
- 5. Abtropfen des überschüssigen Wassers
- 6. Mechanische Zerkleinerung mit Dispergierstab, Mixer, Mühle etc. unter Zugabe einer definierten Menge Wasser zur Einstellung der Gel-Viskosität.
In diesem Beispiel: portionsweises Überführen in Dispergierbecher (Volumen von ca. 150ml gequollene BNC-CMC-Würfel), ca. 50 ml Wasser je Portion zufügen und 3x für 1 min mit Pürierstab homogenisieren,
- 7. optional Sterilisieren (z.B. Autoklavieren, Gamma-Bestrahlung, Biozid) und Abfüllen. In diesem Beispiel: Gelportionen vereinigen, dampfsterilisieren und steril abpacken.
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Der Gehalt an CMC im Hydrogel ist abhängig von der Molmasse der CMC, der Konzentration der CMC-Lösung, der Dauer und Art der Einwirkung z.B. Stehen, Rühren, Erhitzen. Er variiert bezogen auf 1 g BNC aus Punkt 1. (Trockenmasse) zwischen 0,35 g und 0,85 g im Produkt (Trockenmasse).
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Die Lösungen aus Punkt 3 bis 5 werden vereinigt, die Konzentration bestimmt, auf die Ausgangskonzentration angereichert und in den Prozess zurückgeführt.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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