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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Funktionalisierung einer Textiloberfläche, wobei mittels einer Plasmabehandlung die Textiloberfläche zunächst aktiviert und durch eine nachfolgende Funktionalisierung eine hydrophobe Oberfläche erzeugt wird, wobei die Aktivierung der Textiloberfläche durch Bildung reaktionsfähiger Carboxylgruppen erfolgt, sowie die Verwendung Betulin beschichteter Textiloberflächen an Bekleidungsstücken, Heimtextilien oder technischen Textilien.
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Die Erzeugung hydrophober Bekleidungsstücke ist seit längerer Zeit Grundlage vieler Untersuchungen in der Industrie und Wissenschaft. Ihre Saugfähigkeit von und ihre Durchlässigkeit gegenüber Wasser sind bei vielen Anwendungen allerdings unerwünscht. Für Outdoor-Textilien wie Regenbekleidung und Zeltplanen oder sich dauerhaft im Freien befindlichen Textilien wie Markisen und Geotextilien sind diese Eigenschaften nachteilig.
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Da sich durch die alleinige Wahl des Textilmaterials keine technisch ausreichende und wirtschaftlich akzeptable Lösung des Problems finden lässt, werden diese Textilien mit wasserabweisenden Mitteln behandelt. Lange Zeit dominierten die perfluorierten Acrylatsysteme und die darauf basierenden Ausrüstungen den Markt. Diese fluorhaltigen Oberflächenbehandlungen lassen nicht nur hervorragende Wasserabweisungen zu, sondern bringen auch öl- und schmutzabweisende Effekte mit sich. Trotz dieser technischen Eigenschaften sind die perfluorierten Beschichtungen mittlerweile auf dem Rückzug, da sie als persistent und bioakkumulativ gelten.
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So ist nach dem Stand der Technik heutzutage eine Hydrophobierung von textilen Oberflächen mittels einer Plasmaaktivierung bekannt, wobei die Hydrophobierung durch Wachse oder andere organische Polymere erfolgt. So wird in der
EP 323 18 91 A1 beschrieben, dass die Abscheidung organischer Verbindungen zur Hydrophobierung eines Substrats, insbesondere von Naturstoffen, wie beispielsweise Extrakten aus Pflanzen, Tieren, Pilzen oder Bakterien oder deren Stoffwechselprodukten mittels eines nichtthermischen Plasmas oder mittels des Sol-Gel-Verfahrens möglich ist. Dadurch können lokal begrenzte Mengen der organischen Verbindungen oder Naturstoffe auf einem Substrat gezielt appliziert werden.
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Ferner ist aus der
EP 299 70 91 A1 eine Zubereitung und ein Verfahren bekannt, die auf textilen Flächen, Geweben, Gelegen, Fasern, Vliesen und Gewirken angewendet werden und eine wasserabweisende Wirkung darauf zeigen. Auch ist der Einsatz von Wachsen in der Hydrophobierung von textilen Oberflächen dem Fachmann seit langem bekannt. Allerdings sind die Textilien nicht ausreichend stabil gegen Haushaltswäschen und müssen daher regelmäßig erneuert werden.
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Zudem wird in der
JPH06228881 beschrieben, wie eine oberflächenmodifizierte Polyesterfaserstruktur durch eine Plasmabestrahlungsbehandlung erzeugt wird, so dass die Oberfläche der Polyesterfaserstruktur sauer oder basisch wird und nachfolgend die Hydrophobierung mittels einer Beschichtung durch eine ionisch dispergierte Emulsion gegenüber der Oberfläche erfolgt.
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Die
DE102013209170A1 beschreibt Silikonpolymere und Wachse und/oder Fettsäureester als Beschichtung zur dauerhaften, waschpermanenten Hydrophobierung textiler Materialien mit angenehmem und weichem Griff sowie guter Luftdurchlässigkeit. Dabei weisen sie keine bei der Hydrophobierung üblicherweise erforderlichen Weichmacher auf.
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Schließlich ist auch die
US 2016185986 A1 zu nennen, in der eine Hydrophobierungszusammensetzung mit einem Hydrophobierungsextrakt beschrieben ist, die durch Extraktion der äußeren Rinde der Birke in einem organischen und/oder polaren Lösungsmittel, das mindestens 30 Gew.-% Betulinol enthält, gewonnen wird. Ebenfalls offenbart ist ein Verfahren zur Hydrophobierung einer Oberfläche, die die Schritte des Auftragens umfasst.
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Nachteilig an den bekannten Stand der Technik ist jedoch, dass die verwendeten Beschichtungssubstanzen teilweise giftig und bioakkumulativ sind, sowie nicht stabil gegen nachfolgende Reinigungsvorgänge. Die aufgetragenen Beschichtungssubstanzen werden durch die Reinigung der Textilien abgetragen oder zerstört.
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Aufgabe der Erfindung ist es daher ein Verfahren bereitzustellen, bei dem sowohl eine Bioakkumulation der Beschichtung der verwendeten Textiloberflächen verhindert wird als auch sicher zu stellen, dass die Beschichtung durch Reinigung oder Benutzung der Textiloberflächen erhalten bleibt.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß durch die Merkmale des unabhängigen Anspruchs 1 gelöst.
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In dem erfindungsgemäßen Verfahren wird durch eine Plasmabehandlung eine Textiloberfläche zunächst aktiviert, wobei die Aktivierung der Textiloberfläche durch Bildung reaktionsfähiger Carboxylgruppen erfolgt und nachfolgend Betulin an die erzeugten Carboxylgruppen kovalent gebunden wird. Durch eine Plasmabehandlung werden Gewebe wie beispielsweise Textiloberflächen oder Fasern oder Vliese oder Gewirke zunächst vorbehandelt. Die Aktivierung der Oberfläche erfolgt durch die chemische und physikalische Wechselwirkung des Plasmas mit der Textiloberfläche. Die Plasmaaktivierung bewirkt, dass die Oberflächenenergie des Textils ansteigt und polar wird. Möglich wird dieser Effekt durch im Plasma vorhandene energiereiche Radikale, Ionen, Atome und Molekülfragmente, die ihre Energie an die Oberfläche des zu behandelnden Materials abgeben und dadurch chemische Reaktionen initiieren. Die entstandenen funktionellen Hydroxyl-, Carbonyl- und Carboxylgruppen (aber auch Sauerstoffverbindungen des Stickstoffs) gehen mit dem nachfolgend aufgetragenem Betulin durch Veresterung eine kovalente chemische Bindung ein und tragen so zu einer bedeutenden Verbesserung der Haftung der hydrophobierten Beschichtung der Textiloberfläche bei. Die Plasmabehandlung der Oberfläche des Gewebes ermöglicht demnach als Aktivierungsschritt die verbesserte Haftung des Betulins auf der Textiloberfläche.
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Als Textiloberflächen sind erfindungsgemäß allen textilen Erzeugnissen wie Textilfasern, also Fasern, die sich in textilen Fertigungsverfahren verarbeiten lassen, insbesondere verspinnbar sind, gemeint. Zu den textilen Fasern zählen Naturfasern (mineralische wie Asbestfasern und Steinwolle; pflanzliche wie Baumwollfaser, Flachsfaser, Hanffaser oder tierische wie Wolle, Seiden, Fellhaare). Auch Chemiefasern aus „natürlichen Polymeren“ auf Cellulosebasis wie Viskose, Lyocell oder auch Kautschuk oder „synthetischen Polymeren“ (wie Polyolefine, Polyacrylnitril, Polypropylen, Polyester, Polyamid oder Polyurethan) sowie „anorganische Fasern“ (wie Keramik-, Glas- und Metallfasern) oder Mischungen von den natürlichen, synthetischen oder anorganischen Fasern, sind als Bestandteile der Textilfasern von dem erfindungsgemäßen Begriff der textilen Erzeugnisse umfasst. Textile Erzeugnisse können aber auch nicht textile Rohstoffe beinhalten wie z. B. Leder, Federn, Schuppen. Als Bestandteile der textilen Erzeugnisse zählen auch, die oft nur einen geringen Anteil an der Gesamtmasse vorhandenen, aber für das Aussehen und die Gebrauchseigenschaften von besonderer Bedeutung sind, Farbstoffe und die Veredlungsmittel wie zum Beispiel die Flammschutzmittel.
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Die Textiloberflächen werden zunächst mit der Plasmabehandlung, die unter Atmosphärendruck erfolgen kann, aktiviert, sodass sich im Aktivierungsschritt Carboxylgruppen auf der Textiloberfläche bilden. Die plasmabezogene Vorbehandlung kann mit Luft, Sauerstoff und/oder Kohlendioxid in beliebigen Verhältnissen erfolgen. Nachfolgend werden die aktivierten Oberflächen mit Betulin verestert. Durch die im Aktivierungsschritt erzeugten Carboxylgruppen und die nachfolgende kovalente Bindung der Textiloberfläche an das Betulin wird ein hydrophobes Textil erzeugt, dass gegenüber nicht plasmabehandelten hydrophoben Textilien durch Reinigung oder Benutzung weniger schnell seine hydrophoben Eigenschaften einbüßt.
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Der dem Aktivierungsschritt nachfolgende Beschichtungs- oder Hydrophobierungsvorgang erfolgt zunächst durch Zugabe von polaren organischen Lösungsmitteln wie Toluol, THF, Chloroform, DMF, Limonen oder Mischungen dieser organischen Lösungsmittel zu Betulin oder Birkenrinde. Als Katalysator für die Veresterung wird eine äure beispielsweise Schwefelsäure, p-Toluolsulfonsäure, Weinsäure,Citronensäure oder eine Dicarbonsäure wie Bernsteinsäure, Glutarsäure, Malonsäure der Betulin- oder Birkenrindenlösung zugesetzt, wobei die Veresterungsreaktion in der Siedehitze erfolgt. Durch Zugabe eines Wasserfängers wie beispielsweise eines Molekularsiebs wird das bei der Veresterung anfallende Wasser aus dem Reaktionsgemisch entfernt. Die Größe des Molekularsiebs liegt dabei in einem Bereich zwischen 3 und 10 Å.
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Um das Reaktionsgleichgewicht besser in Richtung der Produkte zu verschieben, ist in einer alternativen Ausgestaltung des Verfahrens auch vorgesehen, einen Wasserabscheider zu verwenden. Das während der Veresterung anfallende Wasser kann beispielsweise mit Hilfe einer Dean-Stark-Apparatur aus dem azeotropen Reaktionsgemisch entfernt werden. Die nach Beendigung der Veresterungsreaktion hydrophobierten Fasern werden anschließend in einem unpolaren organischen Lösungsmittel wie beispielweise THF gewaschen und nachfolgend getrocknet.
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Die durch das Verfahren hergestellten hydrophoben Textiloberflächen können als Betulin beschichtete Textiloberflächen an Bekleidungsstücken, Heimtextilien oder technischen Textilien dienen, wobei unter Bekleidungsstücken die Gesamtheit aller Erzeugnisse zu verstehen ist, die als künstliche Hülle den Körper des Menschen umgibt, sowie als Heimtextil jegliche Art von Decken, Bettwäsche, Tischwäsche, Gardinen und Vorhängen und als technische Textilien alle textilen Flächengebilde und Textilerzeugnisse, die vorrangig hinsichtlich ihrer technischen und funktionellen Eigenschaften und nicht wegen ihres ästhetischen und dekorativen Charakters verwendet werden zu verstehen sind.
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Die durch die Hydrophobierung beschichteten Textiloberflächen sind aufgrund ihrer Betulinbeschichtung in der Lage, beim Tragen der Bekleidungsstücke das Austrocknen der Haut zu verringern, Juckreiz zu lindern und Krankheitskeime wie beispielsweise Bakterien zu bekämpfen. Sie weisen daher antimikrobielle Eigenschaften auf, die insbesondere beim Sport, bei enganliegender Bekleidung prophylaktisch einer Wunderzeugung vorbeugen oder aber die Infektion betroffener Hautbereiche verhindern oder verringern.
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Ausführungsbeispiele
- 1. Getrocknete, gemahlene Birkenrinde wird mit Limonen (10 g Pflanzenmaterial auf 50 ml Lösemittel) unter Rückfluss für 4 h erhitzt und anschließend heiß filtriert. Beim Erkalten beginnen die Triterpene auszufallen. Der Filterrückstand wird anschließend erneut 4 h in Limonen erhitzt. Die Extrakte werden vereinigt und das Lösemittel mit einem Rotationsverdampfer entfernt. Der Rückstand wird in Ethanol aufgenommen und mit 0.1 N wässriger Kaliumhydroxidlösung oder Kaliumcarbonatlösung (alternativ auch NaOH oder NaCO3) gewaschen. Die organische Phase wird abgetrennt und mit Hilfe eines Rotationsverdampfers destilliertDer leicht gelbliche Rückstand wird getrocknet. Schmelzpunkt: 256-258 °C.
Das Textil 10 cm2 (Polyester) wird mit Niederdruckatmosphärenplasma vorbehandelt. In 10 ml Limonen werden 0,071 g Betulin gelöst, 0,001 g DL-Weinsäure und 0,001 g Molsieb zugegeben und 3 h unter Rückfluss erhitzt. Das Textil wird anschließend kurz mit THF gewaschen und getrocknet. Kontaktwinkel: 142°
- 2. Gemahlene Birkenrinde wird mit Wasser (10 g Pflanzenmaterial auf 100 ml) 2 h unter Rückfluss erhitzt und anschließend filtriert. Nach Trocknen bei 80 °C wird das Pflanzenmaterial mit Limonen (10 g Pflanzenmaterial auf 50 ml Lösemittel) und einem Polyestertextil unter Rückfluss 2 h erhitzt. Das Textil wird mit THF gewaschen und getrocknet. Kontaktwinkel: 137°
- 3. 0,071 g Betulin werden in 10 ml Limonen gelöst und mit einem PES-Textil (10 cm2) unter Rückfluss 2 h erhitzt. Das Textil wird mit THF gewaschen und getrocknet. Kontaktwinkel: 139°
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Figurenliste
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- 1 IR-Spektrum des Rindenextrakts
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In 1 ist das IR-Spektrum des Rindenextrakts zu erkennen. Man sieht die Hauptbanden des Betulins bei ca. 3400 cm-1 und 2900 cm-1. Auch im niederfrequenten Bereich von ca. 1600 cm-1, 1500cm-1, sowie ca. 1000cm-1 und 900cm-1 sind die Banden des Betulins vorhanden. Dies lässt darauf schließen, dass die Extraktion des Betulins aus der Rinde gelungen ist und nur einen niedrigen Verunreinigungsanteil aufweist.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- EP 3231891 A1 [0004]
- EP 2997091 A1 [0005]
- JP H06228881 [0006]
- DE 102013209170 A1 [0007]
- US 2016185986 A1 [0008]