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Die Erfindung betrifft ein Fahrzeug, welches wenigstens eine Lenkerstange aufweist, nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1.
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Die Erfindung bezieht sich insbesondere auf Motorräder, kann aber auch auf ähnliche Fahrzeuge wie Fahrräder, E-Fahrräder Trikes und Quads angewendet werden. Der sprachlichen Einfachheit halber wird nun jedoch nur Bezug auf Motorräder genommen. Es wird einfach zu verstehen sein, dass die Erfindung ebenso auf ähnliche Fahrzeuge, welche wenigstens eine Lenkerstange aufweisen, angewendet werden kann.
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Die oben spezifizierten Fahrzeuge haben immer ein erstes Teil, welches zumindest indirekt wenigstens ein Hinterrad trägt, und ein zweites Teil, welches schwenkbar mit dem ersten Teil verbunden ist und welches wenigstens ein Vorderrad trägt. Im Fall eines Motorrades ist das erste Teil der Rahmen, mit welchem ein Hinterrad normalerweise mittels einer Schwinge verbunden ist, und das zweite Teil ist die Gabel. Gewöhnlich ist/ sind eine Lenkerstange, welche zwei Abschnitte aufweist, oder zwei separate Lenkerstangen starr mit der Gabel verbunden, normalerweise mit der oberen Gabelbrücke oder direkt mit den beiden Gabelbeinen. Zur sprachlichen Klarheit wird auf diese beiden Fälle als „die Lenkerstange“ oder „die wenigstens eine Lenkerstange“ Bezug genommen.
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Während passive Sicherheitssysteme im Bereich der Automobile durch die Verwendung von Gassäcken und Sicherheitsgurtsystemen stark verbessert wurden, ist die passive Sicherheit im Feld der Motorräder immer noch nur schwach entwickelt und somit ist es eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein neues passives Sicherheitssystem für Fahrzeuge mit wenigstens einer Lenkerstange bereitzustellen.
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Diese Aufgabe wird durch ein Fahrzeug mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst.
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Die Erfindung stellt ein Konzept zur Verfügung, welches helfen kann, die Sicherheit eines Motorradfahrers/ einer Motorradfahrerin während eines im Wesentlichen frontalen Zusammenstoßes deutlich zu verbessern.
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Wenn ein Motorrad frontal auf ein Hindernis (welches oft ein Auto ist) stößt, verformen sich im Wesentlichen nur das Vorderrad und gelegentlich die Gabel, während sein Rahmen verhältnismäßig undeformiert bleibt. Da die Masse des Hindernisses häufig viel größer ist als die Masse des Motorrades, kommt das Motorrad schnell zu einem vollständigen Stopp. Wegen der Prinzipien der Trägheit behält der Motorradfahrer/ die Motorradfahrerin seine/ ihre ursprüngliche Geschwindigkeit bei und verlässt das Motorrad über die Lenkerstange. Oft ist das Hindernis nicht sehr hoch, sodass der Motorradfahrer/ die Motorradfahrerin die Chance hat, über dieses Hindernis „zu fliegen“, sodass seine Chancen zu überleben und nicht zu schwer verletzt zu werden, in einem relevanten Bereich liegen.
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Es hat sich herausgestellt, dass insbesondere im oben beschriebenen Szenario die wenigstens eine Lenkerstange des Motorrades selbst eine relevante Quelle möglicher Verletzungen bildet, da es wahrscheinlich ist, dass ein Körperteil des Motorradfahrers/ der Motorradfahrerin - insbesondere sein/ ihr Abdomen - „beim Überfliegen“ die Lenkerstange triff. Die Lenkerstange kann sich nicht bewegen, da sie starr mit der Gabel verbunden ist, welche wiederum im Hindernis steckt.
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Deshalb ist erfindungsgemäß wenigstens eine Schwächungs- oder Zerstörungseinrichtung vorgesehen, welche direkt oder indirekt durch ein Unfallsensorsystem angesteuert wird und welche die wenigstens eine Lenkerstange schwächt oder zerstört oder welche die Verbindung der wenigstens einen Lenkerstange mit dem Teil des Fahrzeuges, mit welcher sie verbunden ist, normalerweise die Verbindung zur Gabel, schwächt oder zerstört.
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Zum Zeitpunkt des Frontalunfalls ist die Lenkerstange für den Motorradfahrer/ die Motorradfahrerin von keinem Nutzen, da es für ihn/ sie unmöglich ist, das Motorrad mit der Lenkerstange zu lenken. Somit ist die Lenkerstange ausschließlich eine potentielle Bedrohung für den Motorradfahrer/ die Motorradfahrerin und somit ist es in jedem Fall gut, sie zu entfernen oder zu schwächen, sodass sie keine Kraft oder zumindest keine große Kraft auf ein Körperteil des Motorradfahrers/ der Motorradfahrerin ausüben kann.
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Da relativ große Kräfte benötigt werden, weist die Schwächungs- oder Zerstörungseinrichtung vorzugsweise ein pyrotechnisches Element auf.
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In den meisten Fällen sind Lenkerstangen in Form von Rohren, was bedeutet, dass sie einen einen Hohlraum umschließenden Mantel haben.
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In einer Ausführungsform ist jedes pyrotechnische Element in Form einer pyrotechnischen Schnur, welche innerhalb des Hohlraumes angeordnet ist. Die Zündung der pyrotechnischen Schnur kann beispielsweise die Verbindung zwischen dem Rohr und einer Schraube, einem Bolzen oder dergleichen zerstören. In diesem Fall kann jede Schwächungs- oder Zerstörungseinrichtung ausschließlich aus einer pyrotechnischen Schnur bestehen.
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In einer anderen Ausführungsform kann jede Schwächungs- oder Zerstörungseinrichtung einen pyrotechnischen Aktuator und eine Schneideinrichtung, welche durch diesen pyrotechnischen Aktuator angetrieben wird, aufweisen. In diesem Fall sind der pyrotechnische Aktuator und die Schneideinrichtung außerhalb des Rohres der Lenkerstange angeordnet und die Schneideinrichtung schneidet durch einen Abschnitt des Mantels des Rohres, wenn sie durch den pyrotechnischen Aktuator getrieben wird. Dies schwächt die Struktur des Rohres wesentlich, sodass es sich leicht biegt oder bricht, wenn eine radiale Kraft auf es wirkt. Vorzugsweise ist die Schwächungs- oder Zerstörungseinrichtung zwischen der Lenkerstange und der Sitzposition des Fahrers/ der Fahrerin angeordnet.
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Meist wird es bevorzugt sein, zwei Schwächungs- oder Zerstörungseinrichtungen vorzusehen, eine für jede Lenkerstange im Falle von zwei getrennten Lenkerstangen, eine für den linken Abschnitt und eine für den rechten Abschnitt einer gemeinsamen Lenkerstange im Fall einer gemeinsamen Lenkerstange.
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Im Fall einer gemeinsamen Lenkerstange wäre es im Prinzip auch möglich, nur eine Schwächungs- oder Zerstörungseinrichtung vorzusehen.
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Die Erfindung wird nun im Detail mittels bevorzugter Ausführungsbeispiele beschrieben. Die Figuren zeigen:
- 1 Eine sehr schematische Darstellung eines in Richtung eines Hindernisses fahrenden Motorrades,
- 2 das in 1 Gezeigte, nachdem das Motorrad das Hindernis getroffen hat,
- 3 das in 1 Gezeigte in einem etwas späteren Zustand,
- 4 ein erstes Ausführungsbeispiel der Erfindung in einer schematischen Schnittdarstellung der oberen Gabelbrücke und zweier an der oberen Gabelbrücke befestigter Lenkerstangen,
- 5 ein zweites Ausführungsbeispiel der Erfindung in einer Draufsicht im Wesentlichen von der Fahrerseite,
- 6 das in 5 Gezeigte in einer Draufsicht aus Richtung R (von oben in 5), und
- 7 eine Schnittdarstellung entlang der Ebene A-A in 6 in einer detaillierteren Darstellung.
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1 zeigt schematisch ein Motorrad 5, welches in Richtung eines Hindernisses O fährt. Wie jedes Motorrad weist dieses Motorrad 5 einen Rahmen 10, welcher das erste Teil des Motorrades bildet und die Gabel, welche schwenkbar mit dem Rahmen verbunden ist, auf. Diese Gabel 20 bildet gemäß den hier gewählten Definitionen das zweite Teil des Motorrades. Ein Hinterrad 16 ist an einem Schwingarm gehalten, welcher am Rahmen befestigt ist, sodass das Hinterrad 16 indirekt vom Rahmen 10 getragen wird. In bekannter Art und Weise trägt die Gabel 20 das Vorderrad 26. Eine obere Gabelbrücke bildet das obere Ende der Gabel 20. Die untere Gabelbrücke und die Verbindung der Gabel mit dem Lenkkopf des Rahmens sind nicht gezeigt, da diese Teile hier nicht von Interesse sind. Im ersten Ausführungsbeispiel sind zwei Lenkerstangen (hier kann die erste (linke) Lenkerstange 31 gesehen werden) an der oberen Gabelbrücke 22 befestigt. Ein Motorradfahrer/ eine Motorradfahrerin sitzt auf einer Bank 16, welche am Rahmen befestigt ist, und hält die an den Lenkerstangen befestigten Lenkergriffe mit beiden Händen.
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Es ist ein Unfallsensorsystem vorgesehen. Dieses Unfallsensorsystem kann beispielsweise einen Beschleunigungsmesser 7 und eine elektronische Verarbeitungseinrichtung, beispielsweise die ECU des Motorrades, aufweisen. Natürlich könnte auch eine separate elektronische Verarbeitungseinheit für den Beschleunigungsmesser 7 vorgesehen sein. Im Prinzip könnte das Unfallsensorsystem auch nur aus einem mechanischen Trägheitssensor bestehen, welcher am Rahmen montiert ist. Der Begriff „Unfallsensorsystem“ ist so zu verstehen, dass er alle Einrichtungen oder Systeme umfasst, welche in der Lage sind, einen Aufprall, insbesondere einen Frontalaufprall, zu detektieren.
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Wenn das Motorrad 5 auf ein Hindernis O (welches beispielsweise ein Auto mit der mehrfachen Masse des Motorrades 5 sein kann) trifft, verformt sich das Vorderrad 26 leicht und/oder die Gabel verdreht sich relativ zum Rahmen (2).
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Sobald die Gabel auf das Hindernis O trifft, kommt das Motorrad zu einem sehr plötzlichen Halt, was zu einer Bewegung des Fahrers/ der Fahrerin über die Lenkerstange führt. Dies ist in 3 gezeigt. Wenn die Lenkerstangen mit der Gabel 20 verbunden bleiben, kann wenigstens eine der Lenkerstangen vom Fahrer/ der Fahrerin, insbesondere von seinem/ ihrem Abdominalbereich getroffen werden, was aufgrund der hohen Relativgeschwindigkeit des Fahrers/ der Fahrerin relativ zu dieser Lenkerstange, welche sich nicht wesentlich bewegen kann, da die Gabel durch das Objekt O „gehalten“ wird, zu schweren Verletzungen führen könnte.
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Erfindungsgemäß werden deshalb die Verbindungen der Lenkerstangen zur Gabel 20 (hier: der oberen Gabelbrücke 22) geschwächt oder zerstört, wenn das Unfallsensorsystem einen Frontalcrash erkennt. Die 1 zeigt die obere Gabelbrücke 22 und die Lenkerstangen 31, 32 des in den 1 und 3 gezeigten Motorrades in einer schematischen Darstellung. Im gezeigten Ausführungsbeispiel sind diese beiden Lenkerstangen 31, 32 mittels Gewindebolzen 34, 35 und Muttern 36, 37 an die obere Gabelbrücke 22 geschraubt. Die Hauptkörper der Lenkerstangen 31, 32 sind (wie dies üblich ist) aus Hohlrohren gefertigt und die Gewindebolzen 34, 35 sind beispielsweise an die Innenseiten dieser Hohlrohre geschweißt. Wenigstens eine pyrotechnische Schnur 38, 39 ist auf der Innenseite jeder Lenkerstange vorgesehen, im Wesentlichen auf dem jeweiligen Gewindebolzen.
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Wenn das Unfallsensorsystem einen Frontalcrash detektiert, werden die pyrotechnischen Schnüre 38, 39 gezündet und zerstören die Gewindebolzen 34, 35 oder ihre Verbindungen mit den Rohren der Lenkerstangen 31, 32. Somit werden die Lenkerstangen 31, 32 von der oberen Gabelbrücke 22 getrennt.
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Die pyrotechnischen Schnüre 38, 38 können auch so angeordnet sein, dass sie die Lenkerstangen 31, 32 schneiden oder schwächen.
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In einem anderen Ausführungsbeispiel kann die wenigstens eine pyrotechnische Schnur 38, 39 auch auf der Außenseite der Lenkerstangen 31, 32 in wenigstens einem speziellen Gehäuse (in den Figuren nicht gezeigt) angeordnet sein, welche auf die Lenkerstangen geklemmt sein könnte.
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Dasselbe Prinzip kann natürlich auch auf andere Verbindungsarten zwischen Lenkerstangen und der Gabel angewendet werden.
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Die 5 und 6 zeigen ein zweites Ausführungsbeispiel. Hier ist eine gemeinsame Lenkerstange 33 vorgesehen, wobei die Enden dieser gemeinsamen Lenkerstange 33 die Lenkergriffe 31a, 32a tragen. Ein Mittelteil dieser gemeinsamen Lenkerstange 33 ist innerhalb der Gabelbrücke 22 in einer geklemmten Art gehalten. Deshalb weist die obere Gabelbrücke 22 einen oberen Teil 22a und einen unteren Teil 22b auf. In diesem Fall wäre es kompliziert, die Verbindung der Lenkerstange oder wenigstens ihrer linken und rechten Abschnitte 33a, 33b mit der oberen Gabelbrücke 22 vollständig zu zerstören, deshalb ist nur eine Schwächung dieser Abschnitte gewählt. Zu diesem Zweck sind zwei pyrotechnische Schwächungseinrichtungen 40, 40' auf der gemeinsamen Lenkerstange 33 links und rechts der oberen Gabelbrücke 22 und vorzugsweise in enger Nachbarschaft zur oberen Gabelbrücke 22 angeordnet. Diese beiden Schwächungseinrichtungen 40, 40' sind identisch gestaltet, deshalb wird nur Bezug auf eine dieser pyrotechnischen Schwächungseinrichtungen, nämlich die pyrotechnische Schwächungseinrichtung 40 auf der linken Seite genommen.
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Wie man leicht in 7 sehen kann, weist diese pyrotechnische Schwächungseinrichtung 40 ein Gehäuse 42, welches auf die gemeinsame Lenkerstange 33 geklemmt ist und welches einen pyrotechnischen Aktuator 46 und eine Schneideinrichtung 48, welche durch diesen pyrotechnischen Aktuator 46 angetrieben wird, umfasst, auf. Auf der dem pyrotechnischen Aktuator 46 angewandten Seite der Schneideinrichtung 48 hat die Kammer eine Ausstülpung, welche eine Kammer 44 umgibt, sodass die Schneideinrichtung 48 eine kurze geradlinige Bewegung durchführen kann ohne das Gehäuse 42 zu verlassen, wenn sie durch den gezündeten pyrotechnischen Aktuator 46 angetrieben wird. Durch diese geradlinige Bewegung schneidet die Schneideinrichtung 48 einen Abschnitt der Zylinderwand der Lenkerstange, was zu einer erheblichen Schwächung der Lenkerstange (hier ihres linken Abschnittes 33a) führt, sodass dann, wenn der Motorradfahrer/ die Motorradfahrerin diesen Abschnitt der Lenkerstange trifft, dieser leicht weg biegt. Wie man insbesondere in 6 sehen kann, sind die Schneideinrichtungen 48 und der pyrotechnische Aktuator 46 hinter der Lenkerstange angeordnet, das heißt, zwischen der Lenkerstange und der normalen Sitzposition des Motorradfahrers/ der Motorradfahrerin. Dies ist wichtig, da der Motorradfahrer/ die Motorradfahrerin die Lenkerstange natürlich von hinten trifft.
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Bezugszeichenliste
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- 5
- Motorrad
- 7
- Beschleunigungsmesser
- 10
- erstes Teil (Rahmen)
- 12
- Tank
- 14
- Bank
- 16
- Hinterrad
- 20
- zweites Teil (Gabel)
- 22
- obere Gabelbrücke
- 22a
- oberer Teil
- 22b
- unterer Teil
- 26
- Vorderrad
- 31
- erste Lenkerstange
- 31a
- erster Lenkergriff
- 32
- zweite Lenkerstange
- 32a
- zweiter Lenkergriff
- 33
- gemeinsame Lenkerstange
- 34, 35
- Schraube
- 36, 37
- Mutter
- 38, 39
- pyrotechnische Schnur
- 40
- pyrotechnische Schwächungseinrichtung
- 42
- Gehäuse
- 43
- Kammerteil
- 44
- Kammer
- 46
- pyrotechnischer Aktuator
- 48
- Schneideinrichtung
- C
- Motorradfahrer/ Motorradfahrerin
- O
- Hindernis