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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur stofflichen Verwertung von industrieller und agrarischer Biomasse und von biogenen Reststoffen unter Gewinnung von mindestens einem Wertstoff, von Biomethan mit mindestens 95 % Methangehalt und einer Nährstofflösung oder Suspension bzw. Salzmischung mit Mineralstoffen aus der Biomasse.
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Biomasse, vor allem pflanzliche Biomasse, ist die Basis zur Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln, aber auch von Industrieprodukten, von Pharmazeutika und Kosmetika und zur Erzeugung von nutzbarer Energie. Dabei entstehen neben den Produkten große Mengen an Rückständen, und die Produkte selbst fallen nach deren Nutzung meist als Reststoffe an.
Aus vielen dieser Rückstände lassen sich mit geeigneten Verfahren wirtschaftlich Energieträger wie Biogas bzw. Biomethan, aber auch Wertstoffe, z.B. Biopolymere und Proteine und deren Monomere, Vitamine, Farbstoffe sowie Organische Säuren und Lösungsmittel u.v.m. gewinnen.
Die Erfindung greift diese Aufgabenstellung auf und stellt ein solches wirtschaftliches Verfahren zur Verfügung.
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Beispiele für die Produktion von Biogas oder Biomethan aus Biomasse, bisher bevorzugt noch aus Nachwachsenden Rohstoffen (NawaRo, agrarische Biomasse) sind die zahlreichen landwirtschaftlichen und industriellen Biogasanlagen, in denen Biomasse wie Mais-, Ganzpflanzen- und Grassilagen zu Biogas mit ca. 50 bis 65 % Methan- und 35 bis 50 % Kohlendioxidanteil vergoren werden. In solchen Anlagen mit Biogasfermentern von bis 2000 m3 Volumen werden aber auch zunehmend organische Reststoffe, also Biomasse-Rückstände aus Produktionen (Lebensmittelproduktion, Brauereien, Weinkellereien, Großküchen, Restaurants) und kommunale Bioabfälle zu Biogas bzw. Biomethan verarbeitet. Dabei muss zur Gewinnung von Biomethan, welches zur Einspeisung in das Erdgasnetz geeignet ist („Bioerdgas“), der Methananteil durch Abtrennen des Kohlendioxids auf 95 bis 99 % angehoben werden. Das separierte Kohlendioxid (CO2) wird bisher i. d. R. nicht verwertet, sondern in die Atmosphäre entlassen.
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Grundlagen
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Der Abbau organischer Substanz unter anaeroben Bedingungen (d.h. Abwesenheit von molekularem Sauerstoff, O2) wird im Wesentlichen in drei Phasen (Schobert, S.: Mikrobielle Methanisierung von Klärschlamm - Chemie - Biologie - Potential. Expertengespräch 2.6.1978 KfA Jülich) gegliedert:
In der ersten Phase bilden heterotrophe (fermentative) Bakterien und fakultativ anaerobe Pilze aus den polymeren organischen Stoffen (Kohlenhydrate, Fette, Proteine) organische Säuren und Alkohole. Da die Polymere nicht direkt von den Mikroorganismen in die Zelle aufgenommen werden können, scheiden viele der beteiligten Arten (i. d. R. Bakterien) Enzyme aus, welche die polymeren Substanzen in kürzere Polymerketten und in die Monomere (Zucker, Fettsäuren, Alkohole, Peptide) zerlegen können. Man nennt diesen Abbau Hydrolyse, weil dabei je Bindung zwischen zwei Monomeren ein Wassermolekül zum Spalten (Lyse) der Bindung verbraucht wird. So werden beispielsweise Kohlenhydrate, deren Bausteine von Hexosen (Cellulose, Stärke, Glykogen) gebildet werden, durch Hydrolyse mit Hilfe bakterieller Cellulasen und Amylasen zu Glucose-Molekülen und anderen Monosacchariden abgebaut. Beim Abbau von Fetten entstehen kürzere Fettsäuren und Glycerin (Alkohol), beim Abbau von Proteinen und Lipoproteinen ebenfalls Fettsäuren, Zucker und Aminosäuren.
Diese Bausteine werden von den Bakterien assimiliert oder vergoren, sie decken damit ihren Energiebedarf und können sich damit vermehren (wachsen). Dabei entstehen als Gärungsprodukte kurzkettige Fettsäuren (Ameisensäure, Essigsäure, Propionsäure, Buttersäure, Milchsäure, Valeriansäure) und Ethanol sowie Kohlendioxid und Wasserstoff. Die erste Phase besteht also aus der Hydrolyse und der Säurebildung, der Acidogenese.
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Die zweite Phase wird als acetogene Phase bezeichnet, weil eine Gruppe acetogener (Essigsäure bildender) Bakterien aus den Produkten der Acidogenese Essigsäure, aber auch Kohlendioxid und Wasserstoff bildet. Hierbei handelt es sich um eine Bakteriengruppe, deren Arten nur unter ganz bestimmten, engen Bedingungen wachsen und dazu niedere Fettsäuren und Alkohole, aber auch aromatische Verbindungen, vergären können. Sie werden durch die Fettsäuren, die als Substrate dienen, gehemmt, aber auch durch ihre Produkte Essigsäure und Wasserstoff, wenn diese in zu hohen Konzentrationen auftreten. Sie sind somit darauf angewiesen, dass das Angebot an Fettsäuren (also die Substratbelastung) nicht zu groß ist und dass die Produkte Essigsäure und Wasserstoff sich nicht akkumulieren können.
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Dafür sorgen in einem funktionierenden Biogasfermenter oder Faulturm die Methanbakterien, welche die Endprodukte der Mikroorganismen der ersten und zweiten Phase, eben Essigsäure (auch Ameisensäure, Methanol, Formaldehyd und die Methylester und Amine dieser Säuren) und den Wasserstoff zu Methan konvertieren. Ihr Stoffwechsel bildet somit die dritte Phase des anaeroben Abbaus komplexer organischer Substrate zu Biogas, die Methanogenese.
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Ein kleiner Teil des in den beiden ersten Phasen entstandenen Kohlendioxids dient den Methanbakterien als Kohlenstoffquelle zum Aufbau ihrer Zellmasse. Während nur einige Spezies der bekannten Methanbakterien, die acetotrophen Methanbakterien, Essigsäure zu Methan disproportionieren können, sind, soweit bisher bekannt, alle Methanbakterien in der Lage, aus Wasserstoff und Kohlendioxid Methan zu bilden. Dieser Metabolismus wird als hydrogenotrophe Methanbildung bezeichnet.
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In einer Biogasanlage mit komplexen Einsatzstoffen als Substrate findet der Umsatz zu Methan zu etwa 70 % über die acetotrophe und zu etwa 30 % über die hydrogenotrophe Methanbildung statt.
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Auch wenn die Methanbildung in einer Biogasanlage so komplexen mikrobiellen Abläufen unterliegt, können über die Menge des potenziell entstehenden Methans und die zu erwartende Methan-Konzentration im Biogas aufgrund der Stöchiometrie der Gesamtreaktion (aus Elementbilanzen; Busswell-Gleichung) ziemlich verlässliche Angaben gemacht werden. So kann der maximal mögliche Methanertrag nur unter Vergärung langkettiger Fettsäuren und höherer Alkohole erreicht werden, er liegt dann bei 1,2 Liter (im Normzustand) Methan je Gramm organischer Substanz. Der maximal mögliche Methananteil im Biogas von 75 % wird mit Alkoholen und langkettigen Fettsäuren (also mit Fetten) erreicht. Wenn in einer Anlage höhere Werte gemessen werden, dann ist das nur möglich, weil sich ein Teil des gebildeten CO2 in der wässrigen Phase löst bzw. als Bikarbonat gebunden und mit der Gärsuspension aus dem Fermenter ausgetragen wird.
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Die Fähigkeit der Methanbakterien, aus Wasserstoff und Kohlendioxid Methan zu bilden, wird nun auch dazu genutzt, den Methananteil im Biogas zu erhöhen, ohne auf die Abtrennung von CO2 zurückgreifen zu müssen. Dazu muss den Methanbakterien CO2 und H2 im Verhältnis der nach der stöchiometrischen Umsatzgleichung (1) notwendigen Mengen zur Verfügung stehen:
4 H2 +CO2 → CH4 + 2 H2O Gleichung (1) Das heißt, je Volumenteil CO2 müssen mindestens 4 Volumenteile Wasserstoff verfügbar sein, um ein Volumenteil Methan, CH4, zu gewinnen. Um also den Methananteil im Biogas zu erhöhen, kann der CO2-Anteil gesenkt werden durch Konversion zu Methan mit Wasserstoff als Elektronendonator, wodurch sich der Methananteil proportional zum Verbrauch von CO2 erhöht.
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Stand der Technik
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Die meisten Biogasverfahren beruhen auf der einstufigen Betriebsweise, bei der die Schritte der biologischen Konversion von polymerer Biomasse zu Methan, nämlich Hydrolyse/Versäuerung, Acetogenese und Methanogenese, in einer Prozessstufe bzw. in einem Fermenter zusammengefasst stattfinden. In landwirtschaftlichen Biogasanlagen werden dazu meist zwei Fermenter, ein Haupt- und ein Nachfermenter, eingesetzt. Je nach Größe der Biogasanlage können diese beiden Kombinationen auch mehrfach vorhanden sein. Zur Anlage gehört auch ein sog. Gärrestlager, in dem der Gärrest, die Suspension der nicht umgesetzten Substratbestandteile, meist faserige Lignocellulosen, bis zur Ausbringung auf die Felder gespeichert werden.
Auch für die Klärschlamm-Faulung, die anaerobe Umsetzung von Primärschlamm und Überschuss-Biomasse aus Belebtschlamm zur anaeroben Schlammstabilisation und Gewinnung von Klärgas (Biogas) erfolgt fast ausschließlich im Einstufenverfahren, im sog. Faulturm.
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Charakteristisch für das einstufige Verfahren ist, dass der Prozess nur bei für einen der Teilschritte optimalen Reaktionsbedingungen stattfinden kann, in der Regel unter für die Methanbildung optimalen Bedingungen. Folge ist, dass die schwerer hydrolysierbaren polymeren Inhaltsstoffe der Substrate nicht vollständig abgebaut werden, wodurch ein zum Teil beträchtlich hoher Anteil der Substat-Biomasse im Gärrest verbleibt. Bei der Klärschlammfaulung besteht diese Problematik darin, dass meist nur etwa die Hälfte der organischen Substanz des Rohschlamms abgebaut und zu Biogas umgesetzt werden kann, weil ein Großteil der Biomasse aus Mikroorganismen mit noch intakter Zellwand besteht, die damit dem enzymatischen Abbau durch Hydrolyse nicht effektiv zugänglich sind.
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Deshalb befinden sich in jüngerer Zeit Verfahren im Einsatz bzw. noch in der Entwicklung, bei denen einerseits die Biomasse einer Vorbehandlung unterzogen wird und andererseits der biologische Abbau zweistufig durchgeführt wird.
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Die Vorbehandlungsschritte haben zum Ziel, die Biomasse für den biologischen Abbau zu konditionieren. Dies geschieht durch mechanischen oder thermischen oder chemischen Aufschluss oder in Kombinationen dieser Vorbehandlungsmaßnahmen. Der mechanische Aufschluss beruht auf dem Prinzip, dass chemische und biochemische Reaktionen durch Reduktion der Teilchengröße der abzubauenden Stoffe beschleunigt werden können, weil dadurch die Zahl der Angriffstellen für die Katalysatoren der chemischen und biochemischen Reaktionen, meist Hydrolysen, stark erhöht wird.
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Ein Beispiel für mechanische Behandlung zum gezielten Zerstören von Zellwänden mit anschließender Versäuerung von Biomasse wird in der
DE 10 2015 100 848 A1 beschrieben. Es wird berichtet, dass durch die Aussetzung der Biomasse einer mechanischen Behandlung die Verweilzeit der Biomasse in der Versäuerung von 3 bis 5 Tagen auf 1 bis 2 Tage verkürzt werden kann.
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Die zweistufige Betriebsweise mit der Methanstufe vorgeschalteter Hydrolyse/Versäuerung wird bereits 1987 in der
US 4,696,746 als „Two Phase Anaerobic Digestion“ beschrieben, jedoch mit zwei getrennten Methanfermentern, wobei im ersten die Flüssigphase aus der ersten Stufe (acid phase), im zweiten die Gasphase aus der „acid phase“ behandelt wird, was zu einer Erhöhung der Methanproduktion führen soll.
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Auch die Patentschrift
DE 40 00 834 C2 berichtet von einem Verfahren und einer Anlage zur Biomethanisierung von organischen Reststoffen (Beispiel: Treber und Hefe aus Brauereien), bei dem ein zweistufiger Prozess beschrieben wird, in dem sowohl die Hydrolyse/Versäuerung als auch die Methanbildung jeweils in getrennten Kaskaden von Reaktoren abläuft. Die Hydrolyse wird durch Enzymbehandlung unterstützt, die Versäuerung durch Rückführen von durch Sedimentation aus dem Ablauf der Versäuerung getrennten Bakterien und nicht hydrolysierten Feststoffen verbessert. Die Methanreaktorkaskade besteht aus Schlaufenreaktoren mit Füllkörpern in Bereichen mit Aufwärtsströmung, und die Bakterien werden durch Ultrafiltration aus dem Ablauf der Methankaskade separiert und in die Reaktoren zurückgeführt, sodass ein feststofffreies Abwasser entsteht.
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In
DE 42 26 087 A1 wird ein Verfahren zur biologischen Aufbereitung organischer Substanzen, insbesondere zur anaeroben biologischen Hydrolyse zur anschließenden Biomethanisierung und Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens vorgeschlagen, das aus einer Versäuerungsstufe und einer Feststoff-Hydrolysestufe mit einer dritten Stufe zur Methanisierung besteht.
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Ein weiteres Verfahren zur biologischen Umsetzung von organischen Stoffen zu Methangas wird in der Patentschrift
DE 199 37 876 C2 vorgestellt, das ebenfalls mehrstufig ausgeführt ist.
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Auch in
DE 199 46 299 C2 werden Verfahren und Vorrichtung beschrieben zur gemeinsamen Vergärung von kohlenhydrat-, fett- und eiweißhaltigen Bioabfällen, cellulosereichen Bioabfällen, Faulschlamm aus Kläranlagen sowie Papierschlamm und Molke, das ebenfalls die Behandlung der leicht und schwer abbaubaren Stoffe in separaten Behältern vorsieht.
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Von getrennten Reaktoren für die Vorgärung und Hauptgärung berichtet auch die Patentschrift
DE 103 16 680 B4 . Hierbei wird auf die Steuerung des pH-Werts als Regelgröße durch Zufuhr von Substrat und durch Variation der Temperatur sowie durch Rückführen ausgefaulten Substrats in die Vorgärung Wert gelegt.
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Von Ertragsteigerungen bei Biogasanlagen durch zweistufigen Betrieb wird in der Veröffentlichung von Klauß und Matthes (Sonnenenergie Nr. 5, 2008 und Nr. 1, 2009) berichtet.
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Die
DE 10 2004 042 690 A1 schlägt ein Verfahren zur Verbesserung des anaeroben Abbaus von Überschussschlämmen vor. Dabei sollen Enzyme und Enzymgemische zur Verbesserung des Abbaus der Bakterien des Überschussschlamms im Faulturm eingesetzt werden.
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Gemäß
DE 10 2005 047 719 A1 wird ein Verfahren zur Nutzung von Biomasse in einem Biogasprozess vorgestellt, das sich der Aufgabe stellt, auch Substrate mit hohem Stickstoff- und Feststoffanteil zu vergären. Dazu wird auch ein zweistufiger Prozess vorgeschlagen, bei dem durch Rückführen eines Teilstroms aus dem Ablauf des Methanreaktors und von feststoffarmem Teilstrom eines Separators die Vergärung verbessert werden soll, indem aus dem zweiten Teilstrom des Ablaufs Stickstoff durch Erwärmen und mit Unterdruck entfernt wird und danach dieser Teilstrom in einem Separator in den feststoffarmen Teilstrom und in eine feststoffreiche Suspension getrennt wird, die direkt oder nach Trocknung als Dünger verwendet werden soll.
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In
DE 44 46 661 C1 ist ein Patent für ein Verfahren und Anlage zur anaeroben Aufbereitung von Lebensmittelabfällen vorgestellt, bei dem eine Zerstörung der Struktur der Lebensmittelabfälle erfolgt, die Abfälle vorversäuert werden, das versäuerte Material vergärt wird, wobei der Prozess ohne Verdünnung der Abfälle in einem geschlossenen System läuft und nach der Gärung eine Abtrennung der Biomasse von der flüssigen Phase erfolgt. Es handelt sich hierbei um ein klassisches zweistufiges Biogasverfahren, bei dem jedoch ein Reststoff entsteht, der kompostiert werden soll, und ein Biogas liefern soll, das einen hohen Methananteil aufweisen und weitgehend frei von Schwefel sein soll. Dennoch arbeite der Prozess nahezu emissionsfrei, was jedoch in Verbindung mit der Angabe zum Schwefelgehalt des Biogases und zum abgetrennten Reststoff angesichts hoher Schwefel- und Stickstoffgehalte von Lebensmittelabfällen zweifelhaft erscheint.
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Bei der Patentanmeldung nach
DE 196 15 551 A1 handelt es sich um ein Verfahren zur mehrstufigen anaeroben Behandlung von Biomasse zur Erzeugung von Biogas sowie eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens. Es umfasst einen mechanischen Voraufschluss der Biomasse mit anschließendem mechanischen Zellaufschluss mittels Ultraschall vor und/oder nach aerob- mikrobieller Vorhydrolyse, gefolgt von einer mikrobiellen mesophilen Hydrolyse mit gesonderter Behandlung sedimentierter Feststoffe, eine thermophile Methanisierung mit gesonderter Behandlung sedimentierter Feststoffe nach Alkalisierung zur pH-Einstellung, mechanische Abtrennung des Gärrückstandes mit dessen anschließender aerober Nachrotte und eine Prozesswasseraufbereitung mit Prozesswasser-Rückführung zum Einmaischen und Verdünnen der mechanisch voraufgeschlossenen Biomasse. Produkte des Verfahrens sind Strom und Wärme durch Verbrennen des Biogases im BHKW sowie Kompost aus dem Gärrückstand.
Es wird weder speicherbares Methan noch werden Wertstoffe oder Dünger aus der Biomasse gewonnen. Unter Hydrolyse ist bei der Anmeldung nicht die gezielte (enzymatische) Hydrolyse der Biopolymere der Biomasse zur Gewinnung der Polymer-Bausteine gemeint, sondern die mikrobielle Versäuerung. Die Kombination von Methangärung mit separater „Hydrolyse“ bedeutet auch nicht die konsequente Trennung der biologischen Vorgänge Versäuerung und Methanbildung, weil in diesem Verfahren noch ein erheblicher Anteil von Feststoffen (d.h. polymeren Biomolekülen) in die Methanstufe gelangt, in der also auch noch die Versäuerung und nicht nur die Methanbildung stattfindet. Obwohl die Energiegewinnung aus dem Biogas nicht Gegenstand der Anmeldung ist, sondern nur die Biogasfermentation, wird deutlich, dass das Verfahren Kohlendioxid ausstößt und damit nicht CO
2-frei arbeitet.
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DE 296 05 625 U1 beschreibt eine Anlage zur zweistufigen Vergärung organischer Abfälle mit Vorversäuerungsreaktor und vorzugsweise zwei Methanreaktoren zur thermophilen Vergärung, wobei der Versäuerungsreaktor mit Druckluft belüftbar ist und sich an die Methanreaktoren mindestens zwei Absetzbehälter zur Aufkonzentrierung der Biomasse anschließen. Diese dienen jedoch nicht der Biomasserückführung, sondern zur Abtrennung und Rückführung von Prozesswasser.
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Auch die
DE 196 28 521 A1 beschreibt Verfahren und Anlage zur anaeroben Verwertung von Tierkörperteilen und von Tieren stammender Erzeugnisse, bei dem die „Rohware“ zuerst grob, dann fein zerkleinert und homogenisiert wird, danach sterilisiert, dann „hydrolysiert“ und danach anaerob in einem Biogasreaktor zu Biogas umgesetzt wird. Die Hydrolyse ist nicht näher beschrieben, außer dass sie unter ständiger Bewegung (Rühren?) in einem Zeitraum von 3 bis 5 Tagen erfolgt. Daher handelt es sich vermutlich um eine Versäuerung und bei dem Verfahren um einen klassischen Zweistufenprozess mit einer Variante, die durch Einstellen des pH-Wertes und des Feststoffgehaltes in der Versäuerung durch Rückführen von Prozesswasser und Biomasse aus dem Biogasreaktor gekennzeichnet ist.
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Die Offenlegungsschrift
DE 199 28 663 A1 beschreibt ein sehr ähnliches Verfahren und Vorrichtung mit einer aeroben sauren Hydrolyse und einem Scheibenreaktor als Methanstufe zur Behandlung von strukturfreien oder strukturarmen Bioabfällen.
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In all diesen Vorschlägen spielt die Gewinnung von Wertstoffen in Verbindung mit der Produktion von Biomethan und mineralischem Dünger keine Rolle. In der
DE 10 2009 051 884 A1 ist hingegen nun ein Bioraffinerie-Verfahren beschrieben, bei dem Biomasse in eine Lignin-Fraktion und eine (Hemi-) Cellulose-Fraktion getrennt, die (Hemi-) Cellulose-Fraktion zu Ethanol oder Methan und die Lignin-Fraktion zu einem organo-mineralischen Düngemittel verarbeitet wird, wobei bei der Verarbeitung der (Hemi-) Cellulose-Fraktion entstehendes Kohlendioxid zur Herstellung des Düngemittels verwendet wird. Die Trennung soll durch Aufschluss, vorzugsweise mit überkritischem Kohlendioxid, erfolgen. Über die Art, wie die Produkte Ethanol oder Methan und in welcher Qualität erzeugt werden sollen, lehrt die Schrift nichts.
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Hingegen beschreibt die Patenschrift
AT 504 206 B1 ein Verfahren zur Behandlung eines Stoffstromes mit Gewinnung von Werstoffen aus der Gruppe der (A) Aminosäuren, (B) anderen Karbonsäuren mit 1 bis 5 C-Atomen und (C) anorganischen Salzen durch Verfahrensstufen wie Nanofiltration, Elektrodialyse und Umkehrosmose. Hierbei steht als Stoffstrom jedoch nicht Biomasse im Vordergrund, sondern Flüssigkeiten, die z.B. aus Silagen gewonnen werden.
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In der
DE 10 2005 062 727 A1 ist ein Verfahren zur CO
2-Verwertung beschrieben, das auf der Verwertung von Kohlendioxid aus beliebigen CO
2-Quellen durch biotechnologisch nahezu vollständige Umwandlung in einem Photobioreaktor in ein Methan-Sauerstoff-Gemisch beruht. Beispielhaft wird dabei als CO
2-Quelle Biogas angeführt. Wie diese nahezu vollständige Umwandlung möglich ist, wird nicht gezeigt. Ein großer Mangel dieses Verfahrens gegenüber den bekannten Verfahren der CO
2-Separation aus Biogas zur Gewinnung von Biomethan ist der Umstand, dass hier nach der Umwandlung das Methan in einem Methan-Sauerstoff-Gemisch vorliegt, aus dem zur Gewinnung von Biomethan erst noch der Sauerstoff abgetrennt werden muss, was wesentlich schwieriger ist als die Methan-CO
2-Separation, z.B. durch Druckwechsel-Adsorption, Aminwäsche oder Membran-Separation.
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Die Schrift
DD 244 742 A1 enthält Informationen über Verfahren und Vorrichtung zur Gewinnung von methanangereichertem Biogas. Sie enthält den Vorschlag, dass in einer ersten Stufe aus faulfähigem Substrat, z.B. Gülle, gewonnenes Biogas und anaerob aufgearbeitetes Substrat in eine zweite Stufe überführt werden, in der chemoautotrophe und/oder photoautotrophe Algen und nitrifizierende Bakterien angesiedelt sind, wobei in der Vorrichtung die zweite Stufe als eine Reaktionskolonne aus lichtdurchlässigem Material ausgeführt ist. Erwartet wird bei dem Verfahren, dass das CO
2aus dem Biogas in der zweiten Stufe absorbiert und von den Algen/Bakterien als Kohlenstoffquelle verwertet wird und dass der dabei entstehende Sauerstoff von den Nitrifikanten zur Ammonoxidation verbraucht wird. Dabei könne ein methanangereichertes, aber noch CO
2 und Sauerstoff enthaltendes Gas gewonnen werden.
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In der Patentschrift
DE 197 21 280 C2 wird ein Verfahren mit Vorrichtung zur photobiologischen Trennung von kohlendioxid- und methanhaltigen Gasgemischen beschrieben. Demnach wird das Kohlendioxid aus dem Gemisch durch lichtinduzierte Assimilation und anschließende Dissimilation einer Algenkultur entfernt und danach das Kohlendioxid mittels Photosynthese in Algenbiomasse und Sauerstoff umgewandelt. Hierbei kann tatsächlich das Gasgemisch in einen im wesentlichen mit Methan und einen mit Sauerstoff angereicherten Teilstrom konvertiert werden. Des weiteren enthält die Schrift Vorschläge zur Nutzung der Algenbiomasse, entweder zur Ernährung von Organismen oder zur Extraktion von Wertstoffen mit Vergärung der Extraktionsrückstände zu Biogas.
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Die Patentschrift
DE197 21 243 C2 schlägt ein Verfahren und eine Anlage zur effizienten energetischen und stofflichen Nutzung von Biogas vor, indem Biogas einem Algenreaktor zugeführt wird, in welchem aus dem CO
2 Algenbiomasse und Sauerstoff gebildet werden, wobei das Methan-Sauerstoff-Gemisch aus dem Algenreaktor sowohl zur Produktion von PHB in einem Fermenter als auch zur direkten energetischen Verwertung in einem BHKW verwendet werden und die Algenbiomasse aus dem Algenreaktor sowie die Restbiomasse aus dem PHB-Fermenter in die Biogasanlage zurückgeführt werden soll. Hierbei werden also der Wertstoff PHB (Poly-beta-Hydroxy-Buttersäure) und Energie erzeugt, aber kein Biomethan, sodass das Verfahren nicht auf Trennung von CO
2 aus dem Biogas zur Erzeugung von Methan als Produkt angelegt ist.
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Ein weiteres Verfahren zur biologischen Reinigung von Biogasen und Anreicherung von Methan stellt die Patentschrift
DE 44 19 766 C2 vor. Es wird vorgeschlagen, Schwefelwasserstoff und einen Teil des CO
2aus dem Biogas durch anaerobe photoautotrophe Schwefelbakterien zu entfernen, einen weiteren Teil des CO
2 durch die Kultivierung wirtschaftlich nutzbarer Algen zu binden und den Rest des in Lösung in Form von Hydrogenkarbonat befindlichen Kohlendioxids durch Züchtung von alkalitoleranten Grünalgen oder submersen höheren Pflanzen zu entfernen. Wie nun in dem Verfahren die für Biomethan notwendige Abreicherung von CO
2 erfolgt und wie die verschiedenen Algenkulturen entsprechend der verschiedenen Aufgaben getrennt kultiviert werden, ist nicht beschrieben, sodass die Realisierbarkeit fraglich bleibt.
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US 2009/0227003 A1 zeigt ein Verfahren zur Behandlung von Biomasse mit a) Beschickung von einer oder mehreren Gäreinheiten, b) Einleiten der Gärprodukte aus der Vergärung in wenigstens eine Algenproduktionseinheit und c) Ernte der Algen aus der Algenproduktion, wobei Gase, produziert in a), wenigstens einer Gastrenneinheit, einer weiteren Gäreinheit, einer Verbrennung oder einer Algenproduktionseinheit zugeführt werden. Weiter beansprucht das Verfahren wenigstens eine Hydrolyseeinheit vor a), die Nutzung des produzierten Biogases zur Erzeugung von elektrischem Strom und die Extraktion von gewünschten Produkten aus den geernteten Algen sowie Aufarbeiten der Algen zu Biodiesel, Ölen, Fetten und Fettsäuren, Enzymen und Alkoholen für industrielle oder andere vorteilhafte Produkte. Hier wird also nicht angestrebt, aus der Input-Biomasse selbst Wertprodukte zu gewinnen. Auch ist nicht Methan das Zielprodukt der anaeroben Vergärung, sondern Biogas, das zur Stromerzeugung verwendet wird und somit nicht speicherbar und nicht CO
2-frei ist. In der Publikation wird von effizienter und nachhaltiger, kompletter Nutzung der Bestandteile der Input-Biomasse gesprochen, was durch Umwandlung in Biogas und in Algen-Biomasse jedoch nicht zu bewerkstelligen ist.
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Schließlich ist im Hinblick auf die Trennung von CO
2 durch ein nichtbiologisches Verfahren noch die Patentschrift
DE 10 2013 211 685 B4 von Interesse, das ähnlich wie das seit langem in der Gaseindustrie bekannte Pottasche-Verfahren arbeitet. In diesem kombinierten Verfahren zur Nutzung von Roh-Biogas enthaltend Kohlendioxid und ein Nutzgas wird CO
2 in einem ersten Schritt in eine Alkali-Karbonatlösung absorbiert, wo es zu Alkali-Hydrogenkarbonat reagiert. Das CO
2 wird in einem zweiten Schritt durch thermische Regeneration des Hydrogenkarbonats zu Karbonat zur Weiterverwendung entfernt. Die für die Regeneration erforderliche Wärme-Energie wird aus der Abwärme gedeckt, die bei der Verstromung des mit Methan angereicherten Gasstroms aus der ersten Stufe anfällt. Damit ist das Verfahren nicht für die nachhaltige Gewinnung von Biomethan ausgelegt.
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Alle recherchierten Verfahren und Anlagen bzw. Vorrichtungen sind nicht dazu geeignet, die eingangs genannten Merkmale und Aufgaben dieser Erfindung zur erfüllen. Dies wird im folgenden deutlich, indem die komplexen Zusammenhänge und Detaillösungen für die effiziente und nachhaltige Aufarbeitung zur stofflichen Verwertung von industrieller und agrarischer Biomasse und von biogenen Reststoffen unter Gewinnung von mindestens einem Wertstoff, von Biomethan mit mindestens 95 % Methangehalt und einer Nährstofflösung oder Suspension bzw. Salzmischung mit Mineralstoffen aus der Biomasse dargestellt werden.
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Aufgabe und Lösung
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Dem erfindungsgemäßen Verfahren zur stofflichen Verwertung von industrieller und agrarischer Biomasse und von biogenen Reststoffen unter Gewinnung von mindestens einem Wertstoff, Biogas mit mindestens 95 % Methangehalt und einer Nährstofflösung oder Suspension bzw. Salzmischung mit Mineralstoffen aus der Biomasse liegt die Aufgabe zugrunde, die Nachteile bisher bekannter Verfahren zur Produktion von Biogas bzw. Biomethan zu vermeiden und die Wirtschaftlichkeit der Biogas- bzw. Biomethan-Produktion durch gleichzeitige Gewinnung von Wertstoffen und Nährstoffen aus der Biomasse zu erhöhen. Gleichzeitig ermöglicht die Erfindung die Aufarbeitung der Biomasse zu den Produkten ohne die Produktion von Treibhausgasen, da das Kohlendioxid, das bei anaeroben Abbauprozessen gebildet wird, separiert und als Produktgas gewonnen und genutzt wird oder mit Wasserstoff, der elektrolytisch aus Wasser mithilfe von regenerativ erzeugtem Strom gewonnen wird, zu Biomethan konvertiert wird. Darüber hinaus entstehen bei dem Verfahren praktisch keine Reststoffe, die entsorgt oder deponiert oder in der Landwirtschaft untergebracht werden müssten. Durch die nahezu vollständige Eliminierung und Nutzung sowohl organischer als auch anorganischer Inhaltsstoffe der Biomasse und der verfahrensspezifischen Zwischenprodukte fällt der Wasseranteil der Biomasse einschließlich des im Verfahren gebildeten Reaktionswassers mit nur geringem Gehalt an gelösten Stoffen an.
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Das Verfahren wird am Beispiel einer industriellen Biomasse beschrieben, die von ihrer Zusammensetzung und Konsistenz mit dem Überschussschlamm einer aeroben biologischen Abwasserreinigung von z.B. Brauereiabwasser vergleichbar ist.
Ein solcher Überschussschlamm, der im Wesentlichen aus den Bakterien besteht, die sich in der aeroben Belebungsstufe mit den gelösten Inhaltsstoffen des Abwassers als Kohlenstoff- und Energiequelle gebildet haben, hat nach der Nachklärung und Eindickung meist einen Biomasseanteil (Feststoffgehalt) von maximal 10 % organischer Trockensubstanz (oTS). Diese oTS besteht zum größten Teil aus Biopolymeren (ca. 50 % Proteine, ca. 10 % Lipide (Fett), ca. 20 % Zellwandbestandteile, ca. 20 % RNA und DNA). Die elementare Zusammensetzung entspricht etwa 50 % Kohlenstoff, ca. 20 % Sauerstoff, ca. 10 % Wasserstoff, ca. 12 % Stickstoff, ca. 5 % Phosphor und ca. 3 % Schwefel und andere Elemente (Metalle, Alkali- und Erdalkalimetalle etc.).
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Der hohe Stickstoffanteil solcher Biomassen, der bei der Vergärung in Biogasanlagen oder im Faulturm einer Kläranlage bei 10 % oTS (eingedickter Belebtschlamm) zu einer Konzentration von ca. 10 g/l Gesamt-N (org.-N + NH4-N) führen kann, stellt ein großes Problem dar, weil bei dem pH-Wert im Methanfermenter von 7,5 - 8 nach Umwandlung des org.-N in NH4-N bereits ein beträchtlicher Teil des Stickstoffs als Ammoniak, NH3, vorliegen kann, der hemmend auf die Bakterien wirkt und zu einem hohen Anteil von NH3 im Biogas führt, der die Verwendung des Biogases erheblich stört.
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Der innovative Gedanke bei der Konzeption des erfindungsgemäßen Verfahrens beruht auf der Kombination geeigneter Verfahrensschritte zur Aufarbeitung der Biomasse. Dabei werden die drei wichtigen biotechnischen Reaktionsschritte, nämlich Hydrolyse der Polymere, Versäuerung der Hydrolyseprodukte und Methanbildung aus den Zwischenprodukten der Versäuerung in drei Stufen, d.h. in drei separaten Reaktoren, getrennt durchgeführt. Versäuerung und Methanbildung werden jeweils mit Biokatalysator-Rückhaltung betrieben.
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Das erfindungsgemäße Verfahren löst nun Probleme bisheriger (konventioneller) Biogasprozesse und vermeidet deren Nachteile in vielfältiger Weise:
- - Die Biomasse wird durch eine effiziente mechanische Vorbehandlung (der Zellwand) aufgeschlossen, der Zellinhalt wird weitgehend freigesetzt.
- - Die Separierung von proteinhaltigen Fraktionen bzw. von Aminosäure-Fraktionen aus der aufgeschlossenen Biomasse-Suspension reduziert die Stickstofffracht und vermindert so die Hemmeffekte in der Methanstufe.
- - Mit einer getrennten enzymatischen Hydrolyse werden die Biopolymere gezielt in Oligomere und Monomere umgewandelt, die in geeigneten Trennschritten als Wertprodukte (Peptide, Aminosäuren) gewonnen werden können.
- - Nach der Versäuerung liegen die Heteroelemente Stickstoff, Phosphor und Schwefel sowie die Metalle in gelöster, anorganischer Form vor, sodass sie in weiteren Schritten nach der Versäuerung aus der Säurelösung getrennt, aufkonzentriert und in gewünschter Form als Nährsalzlösung bzw. Nährsalz gewonnen werden können. Damit ist die Konzentration von Hemmstoffen aus der Säurelösung so gering, dass in der Methanisierungsstufe keine Hemmung durch Ammoniak und Schwefelwasserstoff mehr auftreten kann und gleichzeitig der Anteil der Schadgase im Produktgas (Biogas bzw. Biomethan) auf minimale Werte reduziert ist.
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1 ist das Grundfließbild einer Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens. Dabei ist die Biologische Methanisierung als Lösung für die Produktion von Biomethan dargestellt.
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2 ist das Grundfließbild einer weiteren Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens. Dabei ist die Gewinnung von Biomethan durch Laugendruckwäsche in Kombination mit der Konversion des bei der Laugendruckwäsche gewonnenen Kohlendioxids durch eine Algenkultur zu Algenbiomasse mit Gewinnung von Wertstoffen, Mineraldünger und Biomethan auch aus der Algenbiomasse wiedergegeben.
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In 3 ist beispielhaft ein vereinfachtes Schema wiedergegeben, das einen Überblick über die vier wesentlichen Verfahrensblöcke gibt. Anhand der Bilanzdaten ist die wirtschaftliche Bedeutung des Verfahrens erkennbar. In dieser Darstellung gilt das Verfahren nur für die verwertbaren Produkte Biomethan und Dünger.
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4 gibt in vereinfachtem Schema das Verfahren für drei Produkte, nämlich Biomethan, Dünger und Aminosäuren (als Gemisch) wieder. Dabei wird deutlich, dass die Wertstoff-Gewinnung in Form von Aminosäuren zwar eine geringere Ausbeute an Biomethan und Dünger ermöglicht. Die Erlöse, die durch die Verwertung der Aminosäuren erzielt werden können, überwiegen die Ausbeuteverluste bei Biomethan und Dünger jedoch bei weitem.
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Bestandteil der Erfindung ist ferner eine Anlage zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens gemäß dem Anspruch 18 (5). Dabei entsprechen die Zählnummern # der Anlagenkomponenten den in den 1 und 2 verwendeten Zählnummern (S#).
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Verfahrensbeschreibung anhand Fig. 1
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Erster Schritt der Verarbeitung von Biomasse (S1) nach dem Antransport an die Prozessanlage ist die Vorzerkleinerung, angepasst an die Art der Biomasse. Ziel ist dabei die Reduktion der Teilchengröße auf weniger als 0,1 mm Partikelgröße. Für solche Zerkleinerungsaufgaben eignen sich verschiedene Zerkleinerungsmaschinen („Mühlen“), je nach Art und Eigenschaften der Biomasse. Es werden Schneidmühlen und Prallmühlen unterschieden und Mühlen, bei denen die Biomasse durch Quetschen zerkleinert wird. Von den Prallmühlen sind sog. Hammermühlen in vielen Fällen am besten geeignet. Man unterscheidet dann noch zwischen Nass- und Trockenzerkleinerung, wobei Biomasse, die meist schon mit einem recht hohen Wassergehalt (häufig über 50 %) anfällt, vorteilhaft einer Nasszerkleinerung unterzogen wird.
Die Zerkleinerung führt immer zu einem mehr oder weniger breiten Verteilungsspektrum der Teilchengröße, weshalb das Zerkleinerungsergebnis in der Regel durch einen folgenden Separationsschritt, meist durch Siebung (z.B. mit Maschenweite 0,1 mm) kontrolliert wird. Das Überkorn wird dann in die Mühle zurückgeführt, das Unterkorn gelangt in den nächsten Verfahrensschritt.
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Biomasse, die dem Beispiel des Überschussschlamms entspricht, erfordert keine Vorzerkleinerung, sondern kann direkt mit dem zweiten Schritt, der Feinzerkleinerung (S2) verarbeitet werden mit dem Ziel, die Zellen der Biomasse aufzuschließen. Dies ist insbesondere bei bakterieller Biomasse, wie sie der Überschussschlamm aus der aeroben biologischen Abwasserreinigung oder aber auch die mikrobielle Biomasse aus industriellen Fermentationsprozesse (Zellen aus der Produktion von Vitaminen, Biopharmazeutika, Essigbakterien aus der Essigherstellung, Hefezellen aus Brauereien und Weinkeltereien usw.) darstellen, notwendig, da die Zellwände eine Barriere für das Austreten der Zellinhaltstoffe in die Prozessflüssigkeit, aber auch eine Barriere für das Eindringen von z.B. Enzymen in die Zelle darstellen. Der Zellaufschluss ist demnach eine enorm wichtige Maßnahme für die Gewinnung von Stoffen aus den Zellen und die Konversion von Zellinhaltsstoffen zu Produkten im Sinne des erfindungsgemäßen Verfahrens.
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Nach dem Zellaufschluss, bei dem nun ein Großteil der Zellinhaltsstoffe (das Cytoplasma mit in ihm gelösten Molekülen, die Ribosomen, der Nucleus bzw. die DNA, Proteine, Organellen wie Mitochondrien, Speicherstoffe wie Stärke, PHB oder Glykogen, Polyphosphate usw., Zellwandbruchstücke, Teile der Zellmembran und Lipidtropfen) als eine Dispersion vorliegt, wird diese Dispersion in eine partikelhaltige und eine partikelfreie Dispersion (Lösung) aufgetrennt (S3), wobei als partikelfrei eine Dispersion gelten kann, die nur Teilchen mit einer Partikelgröße kleiner ca. 0,1 µm oder einer Molmasse kleiner ca. 3 MD enthält. Die partikelhaltige Dispersion wird in die Zerkleinerung (S2) zurückgeführt, da sie auch noch nicht aufgeschlossene Zellen enthalten kann.
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In Schritt (S4) wird die partikelarme Dispersion z. B. durch Ultrafiltration in einer Teilmenge zwischen 0 und 100 % der Gesamtmenge der partikelarmen Dispersion in eine wertstoffreiche und eine wertstoffarme Fraktion getrennt. Aus der wertstoffreichen Fraktion können durch geeignete Verfahrensschritte z. B. Proteine als Wertprodukte gewonnen werden (Schritt (S14)). Die wertstoffarme Fraktion und die Rückstandsfraktion aus der Proteingewinnung (S14) wird dem nächsten Verfahrensschritt (S5) zugeführt.
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Im Schritt (S5) wird die partikelarme Dispersion aus (S3) zusammen mit der proteinarme Fraktion bzw. Rückständen aus (S4) mithilfe von Proteine, Kohlenhydrate und Fette hydrolysierenden Enzymen einer enzymatischen Hydrolyse unterworfen. Die Hydrolyse kann in mehreren Stufen erfolgen, sodass beispielsweise in einer Stufe aus Proteinen Peptide und Aminosäuren, in der zweiten Stufe aus den Kohlenhydraten Zucker und in der dritten Stufe aus den Fetten Gyzerin und Fettsäuren entstehen. Nach jeder dieser Stufen wäre dann eine Separation des jeweiligen Hydrolysats gemäß Schritt (S6) möglich.
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Im Schritt (S6) wird nun das Hydrolysat, die Dispersion bestehend aus den durch Hydrolyse gebildeten Hydrolyseprodukten, den bereits in der partikelarmen Dispersion vorhandenen gelösten Stoffe aus der Biomasse und den nicht hydrolysierten Molekülen aus der partikelfreien Dispersion, durch z.B. Ultrafiltration in eine Lösung mit den Hydrolyseprodukten und in eine Suspension mit nicht hydrolysierten Stoffen getrennt. Die Suspension kann in die Hydrolyse zurückgeführt werden oder sie wird der Versäuerung (S7) zugeführt.
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Aus der Lösung mit den Hydrolyseprodukten können nun gem. Schritt (S15) Wertstoffe getrennt und als Wertprodukte gewonnen werden. Beispielsweise können Aminosäuren (Anspruch 4) durch lonenaustausch, aber auch Adsorption aus der Lösung abgetrennt und fraktioniert werden. Auf diese Weise lassen sich wertvolle Aminosäuren wie Phenylalanin, Arginin, Leucin, Tyrosin u.a., aber auch Gemische von Aminosäuren (für Nahrungsergänzung) gewinnen. Dieses Verfahrensmerkmal macht das erfindungsgemäße Verfahren nicht nur attraktiv im Hinblick auf die Erlöse durch den Verkauf von Biomethan und Wertprodukten, sondern es bedeutet auch eine wesentliche Verbesserung der Funktionalität des Prozesses durch Elimination von Hemmstoffen, die aus den aromatischen Aminosäuren bei der Versäuerung der Hydrolyseprodukte entstehen und insbesondere die Methanbakterien in ihrer Funktion als Biokatalysator in der Methanstufe hemmen können.
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Die Suspension aus der Separation (S6) und die Rückstände der Wertstoff-Aufarbeitung (S15) werden in der Fermentation ((S7),Versäuerung) mit einer Mischkultur fakultativ anaerober heterotropher Mikroorganismen vergoren. Diese Fermentation wird in einem Rührfermenter durchgeführt. Dabei werden als Gärprodukte aus den Hydrolyseprodukten organische Säuren wie Ameisensäure, Essigsäure, Propionsäure, Buttersäure, Alkohole und weitere niedermolekulare Spaltprodukte gebildet, die so in gelöster Form vorliegen, aber von den Mikroorganismen unter anaeroben Bedingungen (ohne Sauerstoff!) nicht weiter verstoffwechselt werden. Darüber hinaus entstehen aber auch gasförmige Gärprodukte: Kohlendioxid und Wasserstoff (CO2 und H2), die mit dem Abgasstrom als „Sauergas“ aus dem Fermenter abgeführt werden. Die Heteroatome Stickstoff, Phosphor, Schwefel und die Mineralstoffe (Metalle, Alkali- und Erdalkalimetalle) werden bei der Gärung ebenfalls freigesetzt, Stickstoff in Form von Ammoniumionen, NH4 +, Phosphor als Phosphat-Ionen in Form von H2PO4 - (pH-abhängig), der Schwefel bei dem pH-Wert der Versäuerung als Schwefelwasserstoff, H2S, der mit dem Gärgas ausgetragen wird und somit nur noch in geringer Konzentration in der Lösung verbleibt. Die Metalle gehen in Ionenform in Lösung.
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Der Schwefel in Form von Schwefelwasserstoff wird in einer Kolonne mit Lauge (z.B. verdünnte Natronlauge) aus dem Sauergas absorbiert (Anspruch 13). Er liegt dann in der Lauge als Sulfid vor, das als Feststoff ausfällt und separiert werden kann. Die Suspension mit Sulfid wird aus der Kolonne ausgetragen und der Nährstofflösung bzw. Kristallsuspension gem. (S13) beigemischt.
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Die heterotrophen Mikroorganismen gewinnen aus der Gärung Energie, mit der sie unter Verbrauch der reichlich vorhandenen Nährstoffe (Aminosäuren bzw. Nährsalze) neue Zellmasse bilden, also wachsen. Die Menge an neu gebildeten Zellen und auch die Wachstumsgeschwindigkeit sind von der Menge, genauer: der Konzentration der vorhandenen Hydrolyseprodukte (Energie- und Kohlenstoff- und Mineralstoff-Quellen) abhängig. Diese Neubildung an Biomasse bedeutet aber auch das Entstehen von neuer Biomasse, die z.B. in der aeroben Biologischen Abwasserreinigung den Überschussschlamm bildet und zu dem Klärschlamm-Problem führt. Um dies in dem erfindungsgemäßen Verfahren zu vermeiden, wird die Suspension aus dem Versäuerungsfermenter gemäß Schritt S8 in eine Lösung mit den gelösten Gärprodukten und eine die Mikroorganismen enthaltende Suspension getrennt. Als Trennverfahren kann man die Ultrafiltration oder die Mikrofiltration in Form der Crossflow-Membranfiltration einsetzen, aber auch die zentrifugale Separation, z.B. mit einem Tellerseparator oder einem Dekanter. Dabei ergibt sich je nach der Einstellung der Massenströme von Lösung und Suspension eine Aufkonzentrierung der Mikroorganismen. Ein Teil der Suspension wird nun in den Fermenter zurückgeführt. Die entsprechende Menge der rückgeführten Mikroorganismen bestimmt somit die Menge der Mikroorganismen im Fermenter, die als Katalysatoren für den Abbau der gelösten organischen Stoffe verantwortlich sind, und die damit die Umsatzleistung des Fermenters bestimmt. Die im Fermenter für die gewünschte Leistung nicht benötigte Menge an Mikroorganismen wird mit dem übrigen Teil der Suspension in den Zellaufschluss (S2) zurückgeführt und dort wie die zugeführte Biomasse aufgeschlossen. So wird auch die neu gebildete Überschuss-Biomasse der Gewinnung von Wertstoffen, Biomethan und Dünger zugeführt. Das Verfahren produziert somit keine neuen organischen Feststoffe (Anspruch 10).
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Aus der partikelfreien Lösung der Trennstufe (S8) („Sauerwasser“) werden nun in einer weiteren Trennstufe (S9) die anorganischen Ionen (die Mineralstoffe) separiert (Anspruch 6). Dafür kommen mehrere Trennverfahren in Frage. Ammonium und Phosphor könnten beispielsweise durch Fällung mit Magnesium (Magnesiumchlorid oder Magnesiumhydroxid) als Magnesium-Ammonium-Phosphat, MAP, gewonnen werden. Ammonium könnte man in Form von Ammoniak desorbieren und nach Absorption in Schwefelsäure als Ammoniumsulfat gewinnen. Diese Methoden würden jedoch die Stoffeigenschaften der Lösung mit den Gärprodukten negativ verändern, sodass die anschließende Vergärung zu Biomethan nicht mehr gewährleistet wäre. Darüber hinaus verursachen die dafür benötigten Chemikalien zu hohe Betriebskosten.
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Vorteilhaft zeigt sich jedoch die Separierung der Ionen mittels Ionenaustauscher (Anspruch 7). Dazu wird die Trennung in zwei Stufen vorgenommen. In der ersten Stufe werden die Kationen an ein Kationenaustauscherharz gebunden. Dies betrifft also die Kationen NH4 +, Ca2 +, Mg2 +. K+, Fe2 + und weitere Metall-Kationen. In der zweiten Stufe werden die Phosphat-Anionen H2PO4 - an ein Anionenaustauscherharz gebunden. Regeneriert man sowohl Anionen- als auch Kationenaustauscherharz nacheinander mit verdünnter Schwefelsäure (Anspruch 8), gewinnt man im Regererat eine konzentriertere Lösung (S13) mit den Ionen aus dem Sauerwasser, also eine Lösung, bestehend aus den Salzen Ammoniumsulfat, Diammoniumhydrogenphosphat, Kaliumphosphat, Kalziumsulfat und Magnesiumsulfat. Diese Salze lassen sich durch Kristallisation und Trocknung als Feststoff gewinnen.
Alternativ kann der Kationenaustauscher mit Schwefelsäure, der Anionenaustauscher aber mit Salzsäure, Natronlauge, bevorzugt auch mit Soda (Natriumkarbonat) regeneriert werden, wobei für die Regeneration mit Natriumkarbonat auch die beladene Waschlauge der CO2-Laugendruckwäsche benutzt werden kann. Des Weiteren kann man das Kationenaustauscherharz auch mit CO2-Gas oder mit Biogas regenerieren. Dabei geht das CO2 in Lösung und reagiert mit Wasser zu Hydrogenkarbonat, welches die Hydrogenphosphat-Ionen verdrängt.
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Als Alternativverfahren wäre es auch möglich, die Mineralstoff-Ionen aus dem Sauerwasser mittels Elektrodialyse (Anspruch 9) zu trennen.
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Die von den Mineralstoffen befreite Lösung mit den organischen Gärprodukten wird nun in einem Methanfermenter von Methanbakterien gem. Schritt (S10) zu Biogas vergoren. Das Biogas besteht aus Methan (CH4) und Kohlendioxid (CO2), wobei der Methananteil entscheidend vom Anteil der Wasserstoffatome in den Molekülen der Gärprodukte bzw. von deren Oxidationsgrad abhängt. Als Maß dafür kann der in der Abwassertechnik bekannte Summenparameter CSB (Chemischer Sauerstoffbedarf, engl. COD) dienen, welcher den Sauerstoffbedarf bei der Oxidation eines Moleküls zu CO2 und Wasser, H2O, charakterisiert. Je höher der CSB eines Moleküls, desto höher ist sein Wasserstoffanteil, desto größer ist der Methananteil im Biogas, welches aus dieser Substanz gewonnen werden kann. Das bedeutet, man kann die zu erwartende Menge an Methan je Menge organischer Substanzen aus der Stöchiometrie der Methanbildung berechnen (nach der Buswell-Gleichung), wenn man die Konzentrationen der einzelnen vergärbaren Substanzen kennt, oder man kann sie aus dem CSB der Lösung bestimmen. So entspricht einem CSB von 1 kg/m3 Lösung ein Methanpotenzial von 0,350 m3 je m3 Lösung.
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Da nach dem erfindungsgemäßen Verfahren in der Säurelösung kaum mehr Ammonium vorhanden ist, werden bei der Biogasbildung im Methanreaktor nur noch Spuren von Ammoniak freigesetzt. Weil der Schwefel in Form von H2S aus dem Versäuerungsgas vor Eintritt in den Methanreaktor ausgewaschen wird, wird auch das Biogas praktisch frei von Schwefelwasserstoff sein. Es besteht damit praktisch nur noch aus Methan und Kohlendioxid mit geringem Gehalt von Wasserdampf entsprechend der Sättigungstemperatur.
Falls jedoch die Nährstoffelimination so intensiv erfolgt, dass die Methanbakterien im Methanreaktor nicht mehr genügend Nährstoffe vorfinden, kann gem. Anspruch 9 eine Teilmenge der gewonnenen Nährstofflösung bzw. Kristallsuspension im erforderlichen Maß in den Methanreaktor dosiert und so den Methanbakterien zur Deckung ihres Nährstoffbedarfs zugeführt werden.
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Die Konzentration der Methanbakterien in dem Methanreaktor bestimmt die Leistung des Methanfermenters. Für einen hohen Abbaugrad der organischen Säuren kann nun die Leistung durch die Rückhaltung der Methanbakterien mittels Membranfiltration gesteuert werden. Eventueller Überschuss an Methanbakterien, der wie beim Versäuerungsreaktor durch Bakterienneubildung entstehen kann, kann durch Rückführen der entsprechenden Menge in den Zellaufschluss (S2) kompensiert werden, sodass auch aus dem Methanreaktor kein organischer Feststoff mehr anfällt (Anspruch 15).
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Der Biogasstrom des Methanfermenters wird nun zu Biomethan aufgearbeitet (S 12). Dazu beschreibt die Erfindung zwei Verfahrenslösungen.
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Die erste, bevorzugte Lösung besteht in der Anwendung der Biologischen Methanisierung (Anspruch 11) des Kohlendioxidanteils im Biogas mithilfe der Methanbakterien als Katalysatoren, die aus dem Methanreaktor abgezweigt werden können. Für diese Konversion können das Verfahren und ein Reaktor gemäß
DE 10 2013 001 689 A1 eingesetzt werden. Dabei wird Wasserstoff durch Elektrolyse von Wasser mit regenerativem Strom (Strom aus PV- und Windkraftanlagen oder aus dem Netz in Zeiten von Überproduktion durch regenerative Quellen) erzeugt und mit dem Biogas im Verhältnis von H
2/CO
2 = 4/1 vermischt. Das Gasgemisch wird in den Reaktor unten eingeführt. Der Reaktor ist bevorzugt ein schlanker Reaktionsbehälter mit Einbauten, die die axiale Vermischung der Gasphase verhindern. Der Reaktor ist bevorzugt als eine Blasensäule gestaltet, in der die Flüssigphase durch eine Suspension von Methanbakterien gebildet wird, welche sich in dem Reaktor befindet und die aus dem Methanreaktor laufend mit einem Kreislaufstrom der Methanbakterien-Suspension erneuert wird. Das Biogas-Wasserstoff-Gemisch strömt in Form kleiner Blasen von unten nach oben durch den Reaktor. Dabei werden die Gasmoleküle des Wasserstoffs und des Kohlendioxids in die Suspension absorbiert die Methanbakterien nehmen diese Moleküle in die Zelle auf und konvertieren sie gemäß der Sabatier-Reaktionsgleichung zu Methan:
4 H
2 + CO
2 → CH
4 + 2 H
2O. Somit kann der gesamte Kohlendioxid-Anteil eins-zu-eins in Methan umgewandelt werden. Dabei bleibt ein geringer Wasserstoffgehalt von 1-2 % übrig, und es kann ein Biomethan mit 97-98 % Methan gewonnen werden.
Der Reaktor wird bevorzugt unter Überdruck (bei 5 bis 15 bar) betrieben, weil dadurch die Löslichkeit des Wasserstoffs erhöht wird, sodass sich dementsprechend ein kleineres Reaktionsvolumen und damit ein kleinerer Reaktor ergibt.
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Die Alternativlösung besteht gem. aus der Anwendung eines Trennverfahrens, einer Lauge-Druckwäsche (Anspruch 9). Dabei wird der CO2-Anteil aus dem Biogas durch Chemiesorption in eine Lösung aus Hydroxid (Natriumhydroxid, NaOH, oder Calciumhydroxid, Ca(OH)2) unter Druck absorbiert und gebunden. Dieses Trennverfahren ist mit Kalilauge als Pottascheverfahren bekannt.
Die Absorption findet bevorzugt in einer Kolonne mit Einbauten zur Oberflächenvergrößerung für die Waschlauge statt, in die das CO2 nach Verdichtung bei seinem Weg von der Eintrittstelle am unteren Ende der Kolonne zum Kolonnenkopf aus der Gasphase absorbiert wird. Auch hierbei ist die Strömungscharakteristik wichtig: Rückvermischung in der Gasphase entlang der Achse der Kolonne muss vermieden werden. Dazu verwendet man Einbauten, die die Quervermischung von Gas und Flüssigkeit unterstützt, wie etwa eine Schüttung aus Füllkörpern oder, besser, strukturierte Packungen, wie man sie auch aus Kühltürmen kennt. Durch Überdruck von 1 bis 10 bar wird die Löslichkeit des CO2 in der Lauge vergrößert und damit die Absorption beschleunigt und die Stofftransport-Geschwindigkeit in die Flüssigphase hinein vergrößert.
In der Flüssigkeit reagiert das gelöste CO2 bei dem relativ hohen pH-Wert zu Carbonat-Ionen, gemäß den Protolysegleichgewichten
CO2 + 2 OH-→ C03 2- + 2 H2O Gleichung (2),
CO3 2- + CO2 + H2O → 2 HCO3 - Gleichung (3), damit kann viel mehr CO2 in der Lauge gelöst werden als dem Löslichkeitsgleichgewicht entspricht.
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Das Methan im Biogas löst sich nur in sehr geringem Maß in der Lauge. Der aus der Kolonne am Kopf austretende Gasstrom wird entspannt, er stellt (nach Trocknung) den Produktstrom an Biomethan gem. Anspruch 10 dar.
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Die Waschlauge, in der nun neben der Lauge auch die jeweiligen Salze (Na2CO3 bzw. Ca-CO3 und NaHCO3 bzw. Ca(HCO3)2) gelöst sind, wird nun in einer zweiten Kolonne entspannt, die als Flash- oder Desorptionkolonne ausgelegt ist. Dabei desorbiert das CO2 wieder als Gas, das Reaktionsgleichgewicht verschiebt sich nach links, und die gebundenen Hydroxylionen, OH-, werden wieder frei gesetzt. Das CO2 wird gasförmig aus der Flashkolonne abgeleitet, es kann gesammelt und genutzt werden, die regenerierte Waschlauge wird mit einer Pumpe wieder auf die Absorptionskolonne aufgegeben. Damit wird der Kreislauf der Waschlauge geschlossen.
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Durch die Methanisierung des CO2 im Biogas arbeitet das Verfahren nun ohne Netto-Produktion von Kohlendioxid, also CO2-frei (Anspruch 15). Wird die CO2-Separation gemäß Anspruch 10 gewählt, so kann das gewonnene Kohlendioxid getrocknet, verdichtet oder verflüssigt und somit als Produkt einer Nutzung zugeführt werden. Es besteht aber auch die Möglichkeit, das CO2 zu puffern und mittels biologischer Methanisierung gem. Anspruch 7 mit Wasserstoff zu Methan zu konvertieren und mit dem Methan aus der Laugendruckwäsche zum Produkt zu vereinen.
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Eine weitaus nachhaltigere und wirtschaftlichere Variante des Verfahrens mit Produktion von mehr Biomethan anstelle nutzbaren Kohlendioxids stellt die Produktion von Biomasse aus phototrophen Mikroorganismen (Algen, Cyanobakterien) in einem Photobioreaktor aus dem Kohlendioxid dar, das bei der Laugendruckwäsche aus dem Biogas separiert wird.
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Mit dieser Variante kann ähnlich viel zusätzliches Biomethan erzeugt werden wie bei der Variante mit Methanisierung des CO2 im Biogas durch biologische Methanisierung mit Wasserstoff.
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Das CO2 wird dabei einem Photobioreaktor zur Kultivierung von phototrophen Organismen (Algen, bevorzugt Mikroalgen, oder Cyanobakteien) als Kohlenstoffquelle zugeführt. Die Algenkultur vermehrt sich dabei durch Wachstum der Algenzellen mit Sonnenlicht als Energiequelle und mit Mineralstoffen und Wachstumssupplinen, deren Bedarf mit der Lösung aus dem Methanreaktor, die noch Reststoffe aus dem Sauerwasser enthält und vor dem Ausleiten aus dem Prozess durch den Photobioreaktor geleitet werden kann, oder aus den produzierten Mineralsalzen und Aminosäuren gedeckt werden kann. So können aus 44 kg CO2 etwa 30 kg Algenbiomasse-Trockensubstanz erzeugt werden.
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Die Algenbiomasse, die dabei im Photobioreaktor neu entsteht, wird aus dem Reaktor als Suspension abgezogen und durch Membranfiltration oder mit einem Dekanter in eine konzentrierte Suspension (Konzentrat) und eine algenfreie Lösung separiert, die in den Photobioreaktor zurückgeführt wird. Die konzentrierte Suspension wird dem Zellaufschluss zugeführt, dadurch wird auch die Algenbiomasse in die Aufarbeitung der Biomasse eingeschleust. Somit kann auch die Algenbiomasse zusätzlich zur Gewinnung von Wertstoffen und Biomethan sowie zur Rückgewinnung der als Nährstoffe eingesetzten Mineralstoffe genutzt werden.
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Bei der Vergärung von 38 kg Biomasse werden im Methanreaktor etwa 34 kg CO2 und ca. 16 kg Methan freigesetzt. Für die Erzeugung von 30 kg Algenbiomasse werden ca. 59 kg CO2 benötigt, wobei ca. 34 kg CO2 aus der Einsatz-Biomasse und ca. 25 kg CO2 aus der Vergärung der Algenbiomasse v̇erbraucht werden können. Dafür werden nun also aber aus 30 kg Algenbiomasse zusätzlich ca. 13 kg Methan produziert durch Verwertung des CO2 aus der Einsatz-Biomasse.
Die Bilanzbetrachtung zeigt nun, dass aus 38 kg Einsatz-Biomasse somit ca. 29 kg Methan produziert werden können. Woher kommt nun aber der Wasserstoff, mit dem so aus CO2 Methan, CH4, erzeugt wird?
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Der Wasserstoff wird im Algenbioreaktor durch die Algenkultur aus dem Wasser in Form von Biomasse gebunden. Schreibt man vereinfacht die Algenbiomasse als Kohlenhydrat, CH2O, lässt sich die Reaktionsgleichung formulieren:
H2O + CO2 → CH2O + O2 Gleichung (4). Also werden aus Wasser und Kohlendioxid (und Stickstoff und weiteren Nährstoffen) Algenbiomasse und Sauerstoff produziert. Unter Berücksichtigung der exakteren Zusammensetzung von Algen-Biomasse (CH1,82O0,45N0,1) werden aus 59 kg CO2 und 19 kg Wasser sowie 2 kg Stickstoff 30 kg Algenbiomasse sowie 50 kg Sauerstoff erzeugt.
Die Gesamtbilanz bedeutet: aus 38 kg Primärbiomasse und ca. 44 kg Wasser entstehen ca. 29 kg Methan und ca. 50 kg Sauerstoff! Damit produziert diese Verfahrensvariante neben den Wertstoffen, dem Biomethan und dem Mineraldünger auch noch Sauerstoff, der nach Aufbereitung (Entfernen geringer Spuren von CO2) als Produkt verwertet oder in die Atmosphäre abgegeben werden kann, was im Vergleich zum CO2 bedenkenlos möglich ist.
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Durch eine Modifikation dieser Verfahrensvariante ist es jedoch auch möglich, die CO2-Absorption in die Waschlauge bei Atmosphärendruck oder geringem Überdruck durchzuführen. Dazu wird die mit CO2 beladene Lauge nicht einem Desorber, sondern über einen Pufferspeicher dem Algenbioreaktor direkt zugeführt. Dieser wird somit nicht mit gasförmigem CO2, sondern in Flüssigkeit in Form von gelöstem CO2, Hydrogenkarbonat und Karbonat zugeführt. Die Algen nehmen das CO2 auf, wodurch sich wieder das Protolysegleichgewicht gemäß den Gleichungen (2) und (3) nach links verschiebt. Die Speicherung der beladenen Waschlauge bietet die Möglichkeit, die Lauge nur in den Zeiten der Algenkultur zuzuführen, in denen Licht für die Umsetzung des Kohlendioxids zu Algenbiomasse zur Verfügung steht.
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Anschließend wird die separierte Algenbiomasse noch gewaschen, bevor sie in den Biomasse-Aufarbeitungsstrang eingespeist werden kann. Dies kann in einer Waschzentrifuge, in einer Waschkolonne mit Gegenstromwäsche oder durch Diafiltration in einer Membrantrennstufe geschehen. Die Waschflüssigkeit wird dann wie auch der Teil der bei der Aufkonzentrierung der Algensuspension anfallenden Lösung in die CO2-Absorption rezirkuliert.
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Das erfindungsgemäße Verfahren stellt somit einen integrierten Prozess im Sinne einer Bioraffinerie dar, mit dem Wertstoffe, die ein großes Potenzial mit hoher Wertschöpfung bieten, in das Erdgasnetz einspeisbares Biomethan mit über 95 % Methangehalt und nur geringen Spuren an Schadgasen sowie Mineraldünger aus Biomasse gewonnen werden können, was sowohl in Bezug auf effiziente und nachhaltige Ressourcennutzung als auch auf die Energiewende hin zu erneuerbaren Energieformen von herausragender Bedeutung sein kann.