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Die vorliegende Erfindung betrifft ein bildgebendes Verfahren zur Erfassung von individuellen Merkmalen von Diamanten und eine Aufnahmevorrichtung zur Durchführung des Verfahrens.
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Diamanten gelten als umso wertvoller, je reiner sie sind und je perfekter ihre Form ist. Das heißt erstens, je weniger Einschlüsse und andere Makel sie haben, die unter 10facher Vergrößerung unter der Lupe zu erkennen sind. Das heißt zweitens, je perfekter die Naturform oder der Cut ist, also je genauer ein Diamant als Rohstein dem idealen Oktaeder entspricht bzw. als geschliffener Stein, zum Beispiel entsprechend den Proportionen und Winkeln, die z. B. Marcel Tolkowsky 1919 als optimale Maße für den Brillanten ermittelt hat. Diese Voraussetzungen haben zur Folge, dass Diamanten umso schwerer zu unterscheiden sind, je perfekter sie sind. Zwar spielen auch Farbe und Größe eine Rolle, doch sind die perfektesten Steine von hochreinem Weiß und damit von der Farbe her kaum unterscheidbar, und der Schliff und damit auch die Größe lassen sich relativ leicht verändern. Die Unterscheidbarkeit und Identifizierbarkeit sind aber von großer Bedeutung etwa für den Fall, dass Diamanten gestohlen oder umgearbeitet werden. Von zunehmender Wichtigkeit hat sich die Zertifikatsnummer erwiesen, die von manchen Instituten auf die Rondiste von geschliffenen Diamanten per Laser graviert werden. Allerdings ist es relativ einfach, diese Nummer wegzuschleifen, womit dann ein Erkennungsmerkmal entfällt.
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Es ist die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, mit einem Verfahren und einer Aufnahmevorrichtung, die den Diamanten unbeschädigt lassen, Merkmale festzustellen, die leicht zu dokumentieren sind und der Beschreibung und Identifizierung dienen.
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Die Lösung der Aufgabe erfolgt durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 und mit einer Aufnahmevorrichtung mit den Merkmalen des Patentanspruchs 11.
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Gemäß der Erfindung werden mittels eines Polarisators Muster im Diamanten erfasst, die unter normalen Lichtverhältnissen unsichtbar sind. Es werden mehrere Einzelaufnahmen durch iterative Variation der Aufnahmeebene in Bezug auf den Diamanten, insbesondere durch Veränderung der Winkellage, erzeugt und zu einer Serie gebündelt. Bereits bei einer Einzelaufnahme können charakteristische Muster ausgebildet werden. Je mehr Einzelmuster erzeugt und miteinander kombiniert werden werden, desto sicherer wird der untersuchte Diamant mittels der Aufnahmenserie als Individuum charakterisiert und lässt sich entsprechend umgekehrt anhand der z.B. aus einer Datenbank abgerufenen Aufnahmeserie indentifizieren.
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Die Erfindung beruht auf der Spannungsoptik, welche ein bekanntes Verfahren in der Werkstoffprüfung darstellt. Dabei wird beispielsweise ein Werkstückmodell aus transparentem Kunststoff zwischen zwei Polarisationsfilter gebracht. Unter mechanischer Belastung zeigen sich charakteristische Interferenzmuster, die Rückschlüsse auf die im realen Werkstück vorliegenden Spannungen zulassen.
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Bei dem Verfahren gemäß der vorliegenden Erfindung wird ein Diamant zwischen zwei gekreuzte Polarisationsfilter gebracht. Unter Berücksichtigung von Verfahrensdetails, die im Folgenden beschrieben werden, zeigen viele geschliffene und ungeschliffene Diamanten individuell unterschiedliche Farbmuster.
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Die Farbmuster ergeben sich nicht als Folge aktueller mechanischer Beanspruchung wie in vielen Fällen spannungsoptischer Materialprüfung. Sie ergeben sich vielmehr aus überdauernden Eigenschaften des jeweiligen Kristalls, die aus den Bedingungen hervorgegangen sind, die bei der Entstehung des Diamanten vor mehr als 1 Mrd. Jahren im Erdmantel geherrscht haben. Innere Spannungen bei Diamanten können z. B. als Folge von Temperaturwechseln während der Kristallisation entstanden sein. Solche Temperaturwechsel werden z.B. auch für äußerlich sichtbare Sprünge und Risse bei Rohsteinen von Diamanten verantwortlich gemacht. Die inneren Spannungen sind unter gewöhnlichen Beleuchtungsbedingungen nicht sichtbar und gehen daher in die Bewertung von Diamanten nicht als Mangel ein. Umso mehr sind sie als Erkennungsmerkmal bedeutsam, wenn sie sichtbar gemacht werden. Dies geschieht durch das Verfahren der vorliegenden Erfindung. Die praktische Bedeutung der Erfindung liegt nicht zuletzt darin, dass die sichtbar gemachten Merkmale sich innerhalb des Kristalls befinden und daher auch durch nachträglichen Umschliff nicht wesentlich verändert werden. Bisher sind solche Umschliffe eine häufige Methode, um etwa gestohlene Diamanten der Identifizierung zu entziehen.
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Der Diamant wird erfindungsgemäß zunächst in eine Immersionsflüssigkeit getaucht. Dies dient dazu, störende Reflexe seitens des Diamanten zu minimieren. Die Flüssigkeit darf nicht optisch aktiv sein. Ihr Brechungsindex muss zwischen dem von Luft (1,00) und dem von Diamant (2,42) liegen. Das ist bei destilliertem Wasser mit einem Brechungsindex von 1,33 der Fall. Es wird aus praktischen Gründen und der leichten Standardisierbarkeit wegen vorzugsweise verwendet.
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Der eingetauchte Diamant wird dann zwischen zwei gekreuzte Polarisationsfilter gebracht. Dabei zeigen sich im Durchlicht je unterschiedliche Farbverteilungen, die sich bei manchen Diamanten als unbunte Hell-Dunkel-Muster zeigen, bei anderen als vielfarbige Bilder. Es kann davon ausgegangen werden, dass es sich um Interferenzmuster handelt, die auf Spannungen im Diamanten zurückzuführen sind. Solche Spannungen führen dazu, dass der Diamant partiell doppelbrechend wird. Eine eintretende Lichtwelle wird in zwei Wellen aufgespalten, die sich mit unterschiedlicher Geschwindigkeit durch den Kristall bewegen und bei Wiederaustritt einen Gangunterschied aufweisen. Diese Gangunterschiede führen zu Interferenzen, die als Farbmuster sichtbar werden. Nur bei völlig spannungsfreien Diamanten fehlen solche Muster.
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Geschliffene Diamanten mit Tafel werden für die Aufnahme auf die Tafel gelegt, so dass die Aufnahme vonseiten des sogenannten „Pavillons“ erfolgt. Dabei wird der Kristall in eine optisch nicht aktive Flüssigkeit, vorzugsweise Wasser gelegt. Dadurch werden die durch den Schliff bei normalem Gebrauch gewünschten, bei vorliegender Anwendung aber störenden Reflexe verringert, so dass die Polarisationsmuster deutlich hervortreten können.
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Das neue Verfahren ermöglicht also, dass bei gewöhnlicher Beleuchtung nicht sichtbare Merkmale von Diamanten fotografisch dokumentiert werden, und zwar dadurch, dass die Diamanten zwischen zwei gekreuzte Polarisationsfilter in Wasser gelegt werden, dass in Abhängigkeit von ihrer Schliffform schrittweise deren Ausrichtung variiert wird und dass bei jedem Schritt eine makroskopische Aufnahme gemacht wird.
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Eine Aufnahmevorrichtung zur Durchführung des Verfahrens, von oben nach unten bestehend aus einer Digitalkamera mit Makroobjektiv, einem Polarisationsfilter, einem wassergefüllten Glasgefäß mit ebenem Boden, auf dem der zu untersuchende Diamant in horizontaler Lage vorzugsweise auf der Tafel ruht und gedreht wird, einem zweiten, zum ersten gekreuzten Polarisationsfilter und einer Durchlichteinheit.
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Die Erfindung ist von großer praktischer Bedeutung als Ergänzung zu bestehenden Zertifikaten und der damit verbundenen Lasergravur der Zertifikatsnummer, weil sie individuelle Merkmale erfasst, die sich der Beobachtung bei gewöhnlichem Licht entziehen und die größtenteils auch dann erhalten bleiben, wenn der Diamant umgeschliffen wird, z. B., wenn die Zertifikatsnummer durch Schliff entfernt wird.
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Das Verfahren und die Aufnahmevorrichtung nach der Erfindung sind jeweils so gestaltet, dass sie gut reproduziert und standardisiert werden können und damit als Standardverfahren mit eindeutigen Ergebnissen zur Identifikation registrierter Diamanten benutzt werden können.
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Die Erfindung wird nachfolgend in Anwendung auf einen Diamanten im Brillantschliff beschrieben, der gegenwärtig auf 90 bis 95% aller handelsüblichen Schmuckdiamanten zutrifft. Die Figuren zeigen:
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1 eine Aufnahmevorrichtung von vorn
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2 eine Aufnahmevorrichtung von unten;
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3 ein Muster eines Brillanten und
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4 ein Muster eines Rohdiamanten in Oktaederform.
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Eine in 1 in Ansicht von vorn dargestellte Aufnahmevorrichtung 10 umfasst eine Digitalfotokamera 1 mit einem Lupen- oder Mikroskop-Fotoobjektiv 2, die – ähnlich wie bei einer Reprokamera – in stabiler und schwingungsfreier Lage befestigt ist, beispielsweise an einem Stativ, und dabei senkrecht nach unten ausgerichtet ist.
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Ein Brillant 20 wird in ein Glasgefäß 5 mit gleichmäßig ebenem Glasboden gelegt, und zwar so, dass der Pavillon des Diamanten 20 zum Fotoobjektiv 2 zeigt. Dadurch erhält der Brillant 20 eine stabile, leicht wiederholbare Lage. Das Glasgefäß ist mit einer Flüssigkeit soweit gefüllt, dass der Diamant davon bedeckt ist. Unterhalb und oberhalb der Glasschale sind Polarisationsfilter 3, 4 so angebracht, dass sie zueinander gekreuzt sind. Zwischen dem Glasgefäß 5 und dem unteren Polarisationsfilter 4 befindet sich eine Winkelskala 8, die relativ zum Glasgefäß 5 kontrolliert gedreht werden kann. Hierzu ist am Rande des Glasgefäßes 5 eine Zeigermarkierung angebracht.
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Unterhalb des unteren Polarisationsfilters 4 befindet sich eine Durchlichtleuchte 8 mit gleichmäßigem, weißem Licht, vorzugsweise Vollspektrumlicht.
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Entscheidend bei dem erfindungsgemäßen Verfahren ist die Ausrichtung des Brillanten 20. Bei beliebiger Orientierung des Diamanten 20 würde bei jeder Aufnahme ein anderes Polarisationsmuster entstehen, und ein späterer Vergleich zur Identifizierung wäre nicht möglich. Wesentliches Merkmal der Erfindung ist daher, eine Serie systematischer Ausrichtungen des Diamanten 20 anzufertigen, wobei die Ausrichtungen, also die relativen Winkellagen des Paars von Polarisationsfiltern 3, 4 zu dem Diamanten 20 standardmäßig einzuhalten sind. In der Regel haben Brillanten 20 eine achtzählige Symmetrie, auf diese bezieht sich die Beschreibung des Verfahrens im Folgenden.
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Der Brillant 20 wird auf seine Tafel gelegt. Für die erste Aufnahme wird der Brillant 20 so ausgerichtet, dass eine der oberen Hauptfacetten bei 0° (12 Uhr) liegt. Für die zweite, dritte und vierte Aufnahme wird das Glasgefäß 5 mit dem Brillanten 20 jeweils um 45° gedreht, so dass fotografische Aufnahmen bei 0°, 45°, 90° und 135° erfolgen. Bei weiteren Drehungen um 45° wiederholen sich aus Gründen der physikalischen Optik die Polarisationsmuster, so dass sich zusätzliche Aufnahmen erübrigen. Eine Serie von Aufnahmen sollte daher bei einem symmetrischen Schliff eine Mindestanzahl von Aufnahmen entsprechend der halben Facettenzahl haben, wobei die Winkelschritte über einen Winkel kleiner 180°-Bogen verteilt sind.
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Derart hergestellte Aufnahmen 31...34 bzw. 31‘...34‘ zeigen die 3 und 4. Diese sind zu Aufnahmeserien 30, 30‘ zusammengefasst, wobei die Einzelaufnahmen in den 3, 4 jeweils beispielhaft auf vier Quadranten verteilt angeordnet sind
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Die Aufnahmeserien 30, 30‘ bieten ein ausgezeichnetes Erkennungsmerkmal. Sie sind bereits als Schwarz-Weiß-Muster zweckdienlich, wie aus den 3 und 4 ersichtlich, sind aber als Farbaufnahmen noch eindeutiger und deshalb zu bevorzugen. Das einschlägige Zertifikat des als Beispiel verwendeten Brillanten bescheinigt ihm Lupenreinheit, ausgezeichnete Schliffqualität und als Farbe TOP WESSELTON. Die Erfindung ermöglicht trotz des Fehlens von Einschlüssen und trotz fehlender Abweichungen von den idealen Brillantmaßen eine relativ einfache individuelle Merkmalserkennung.
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Das beschriebene Verfahren ist problemlos reproduzierbar und eindeutig, so dass spätere Vergleiche eines beliebigen registrierten Diamanten mit dokumentierten Polarisationsmustern erfolgen können, die vorzugsweise in einer zentralen Datenbank mit anderen Eigenschafts- und Identifikationsmerkmalen zusammen gespeichert werden. Mit Hilfe an sich bekannter Bildauswertungsverfahren ist auch ein automatischer Datenbankabgleich möglich, sofern Aufnahmen von dem zu identifizierenden Diamanten unter denselben Aufnahmebedingungen gefertigt werden, wie die in der Datenbank gespeicherten Aufnahmeserien.
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Bei abweichenden Schliffen sind für die Aufnahmen entsprechend modifizierte Rotationsintervalle vorgesehen. Für Oval-, Marquise, Carré-, Princess-, Scheren-, Smaragd- und Baguetteschliff sind zwecks Eindeutigkeit jeweils Aufnahmen bei 0°, 45°, 90° und 135° vorgesehen, wobei 0° einer der Symmetrieachsen entspricht, ebenso beim Tropfen- und beim Herzschliff.
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Beim Trillantschliff sind mindestens drei Aufnahmen vorgesehen, und zwar bei 0°, 120° und 240°, wobei 0° einer Symmetrieachse entspricht.
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Schliff-Formen ohne Tafel wie Context und Spirit erfordern für die Aufnahmen eine Stabilisierung des Steins in horizontaler Lage durch eine geeignete Halterung. Für eine eindeutige Beschreibung durch die vorliegende Erfindung sind beim Context Aufnahmen bei 0°, 45°, 90° und 135° vorgesehen. Beim Spirit sind wegen der Anzahl von 16 Facetten acht Aufnahmen vorgesehen, und zwar bei 0°, 22,5°, 45°, 67,5°, 90°, 112,5°, 135° und 157,5°, wobei die 0°-Bezugslinie der Ausrichtung einer der Facetten der Krone entspricht.
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Die Erfindung ist auch für Rohdiamanten vorgesehen, vorzugsweise für solche in Oktaederform. Um einen Oktaederkristall eindeutig zu beschreiben, sind Aufnahmen senkrecht zu allen acht Oktaederflächen vorgesehen, jeweils bei 0°, 120° und 240°, wobei 0° mit einer Dreiecksspitze zusammenfällt. Hierbei wird darauf verzichtet, den Kristall in eine Flüssigkeit zu legen, da die gegenüberliegenden Flächen parallel zueinander liegen und innerhalb dieses Bereichs keine störenden Reflexe auftreten, siehe 4.
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Um Vergleiche zwischen Mustern von mehreren Diamanten 20 zu vereinfachen und zu beschleunigen, sind die Anwendung von digitalen Mustererkennungsprogrammen und die Anlage einer Datenbank mit den Polarisationsmustern von Diamanten vorgesehen. Dies ist vor allem zur Identifizierung nach Diebstahl und/oder Umarbeitung von Bedeutung.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Aufnahmevorrichtung
- 1
- Fotokamera
- 2
- Lupenobjektiv
- 3
- Oberer Polarisationsfilter
- 4
- Unterer Polarisationsfilter
- 5
- Glasgefäß
- 6
- Immersionsflüssigkeit
- 7
- Durchlichtleuchte
- 8
- Winkelskala
- 20
- Diamant