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Die vorliegende Erfindung betrifft eine Polyphenylensulfidzusammensetzung mit hoher Kriechstromfestigkeit, hoher Temperaturbeständigkeit und hoher Chemikalienbeständigkeit.
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Polyphenylensulfid (PPS) ist ein hochtemperaturbeständiger thermoplastischer Kunststoff mit der allgemeinen Formel (SC
6H
4)
n:
PPS ist ein teilkristalliner Hochleistungskunststoff, der durch die Verbindung aromatischer Monomereinheiten über Schwefelatome besonders widerstandsfähige Polymere ergibt.
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PPS tritt linear und vernetzt auf. Im zweiten Fall sind die verzweigten Polymerketten reversibel über physikalische Vernetzungspunkte miteinander verbunden, im ersten Fall lagern sich die Ketten der gering verzweigten linearen PPS zu hochgeordneten Überstrukturen an. Lineares PPS besitzt daher grundsätzlich eine höhere Zähigkeit und Reißdehnung als vernetztes PPS.
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PPS weist in jedem Fall gute mechanische Eigenschaften auch bei Temperaturen weit über 200°C auf und ist zudem gegenüber nahezu allen Lösemitteln, vielen Säuren und Laugen auch bei hohen Temperaturen chemisch beständig. Außerdem weist es gute Flammschutzeigenschaften auf. PPS ist ein Isolator und für die meisten Flüssigkeiten impermeabel. Aufgrund seines guten Fließvermögens ist PPS auch für lange, schmale Formteile und komplexe Werkzeuggeometrien geeignet.
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Aufgrund dieser sehr positiven mechanischen und chemischen Eigenschaften werden PPS-Werkstoffe häufig im Bereich Elektronik und Elektrotechnik eingesetzt. Aufgrund der im Vergleich zu anderen Polymeren deutlich geringeren Kriechstromfestigkeiten ist der Anwendungsbereich von PPS allerdings begrenzt.
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Kriechströme sind Leckströme, die an der Oberfläche eines Isolators entlang fließen und deren Auftreten unter anderem von den Oberflächeneigenschaften des Isolators abhängen, insbesondere dessen Wasseraufnahmevermögen, Verhalten bei erhöhten Temperaturen oder Verhalten bei Vorentladung, beispielsweise durch UV-Strahlung. Kriechströme werden über den CTI-Wert bestimmt, der angibt, bis zu welcher Spannung das Basismaterial keine Leckströme zeigt, wenn 50 Tropfen genormter Elektrolytlösungen aufgetropft werden. Einzelheiten zum Messverfahren des CTI-Werts sind in der IEC 60112 geregelt. PPS-Werkstoffe mit einem Glasfaser/Mineralanteil von bis zu 60% weisen üblicherweise CTI-Werte zwischen 150 und 250 auf.
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Aus der
DE 693 31 921 T2 ist eine Polyphenylensulfidzusammensetzung als Blend aus PPS und Polyamid bekannt, bei der neben PPS und Polyamid Magnesiumhydroxid sowie ein faserförmiges Verstärkungsmaterial vorgesehen sind. Die Gewichtsanteile der genannten Bestandteile betragen bezogen auf PPS als 100 Gew.-%: 20 bis 350 Gew.-% Mg(OH)
2, 10 Gew.-% bis 300 Gew.-% Polyamid und 25 Gew.-% bis 500 Gew.-% Fasern. Hierdurch soll ein guter Kompromiss zwischen Kriechstromfestigkeit und Lichtbogenfestigkeit des Werkstoffes erreicht werden. Eine gute Lichtbogenfestigkeit bei guter thermischer Beständigkeit lässt sich durch Zugabe von Mg(OH)
2 und Glasfasern erreichen, jedoch weist eine solche PPS-Zusammensetzung eine geringe Kriechstromfestigkeit auf. Die Vermischung mit einem Polyamid zur Erzeugung eines Polyblends Blend erhöht diese Kriechstromfestigkeit.
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Hierbei werden jedoch die für PPS-Werkstoffe typischen Eigenschaften, wie inhärente Flammwidrigkeit oder die thermische Beständigkeit im Blend herabgesetzt, so dass diese bekannte PPS-PA-Polyblend-Zusammensetzung nicht optimal ist.
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Die Erfindung hat daher die Aufgabe, von einem rein physikalisch gemischten Blend aus PA und PPS mit unbefriedigenden Eigenschaften auf ein reines PPS überzugehen. Dieses reine PPS soll zunächst kein PA aufweisen, sondern eine hohe Kriechstromfestigkeit anderweitig erreichen.
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Diese Aufgabe wird bei einer Polyphenylensulfidzusammensetzung gelöst, aufweisend die Bestandteile: a) ein lineares oder verzweigtes PPS und pro 100 g PPS b) 50 bis 190 g eines metallischen hydroxyhaltigen Oxids mit der Formel X3+O(OH) oder eines Metallhydroxids oder eines Gemisches hieraus und c) 20 bis 150 g Glasfasern.
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Dieses Füllstoffsystem stellt eine optimale Auswahl unter Berücksichtigung der richtigen mineralischen Füllstoffe und der optimalen Füllstoffanteile von Faser zu Mineralien dar. Überraschenderweise weist die erfindungsgemäße Zusammensetzung sogar eine erhöhte Wärmeleitfähigkeit auf, so dass die erfindungsgemäße Zusammensetzung ein Optimum aus hoher thermischer Beständigkeit, hoher Wärmeleitfähigkeit und gleichzeitig hohen CTI-Werten unter Erhalt der mechanischen Eigenschaften des PPS darstellt. Auf ein Blend mit PA kann mit Vorteil verzichtet werden.
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Die Erfindung kann mit großem Vorteil im Bereich der Elektronik und Elektrotechnik angewendet werden, wo die Temperaturbeständigkeit neben einer hohen Kriechstromfestigkeit eine große Bedeutung hat, beispielweise für Gehäuseteile, Chips, Druckstücke, Steckverbinder und dergleichen mehr. Hier kann sie sogar flammgeschützte Polybutylenterephthalate und Polyamide in Hochtemperaturbereichen ablösen und ersetzen. Die Zusammensetzung der Erfindung kann daher zur Herstellung von Bauteilen in der Automobilindustrie, im Schiffbau, im Maschinenbau, in der Elektro/Elektronikindustrie, der Bauindustrie, der Medizintechnik, der Pharmaindustrie, der Möbelindustrie, der Verpackungsindustrie, der Sport- und Freizeitindustrie, im Bereich Bürobedarf und auch der Haushaltswaren verwendet werden.
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Detaillierte Beschreibung der Erfindung
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Als PPS sind lineare und verzweigte PPS verwendbar. Eingesetzt werden können leichtfließende lineare PPS mit einer Dichte von 1.350 kg/m3 und einer Wasseraufnahmefähigkeit von 0,02 % sowie einer Schmelztemperatur von 280°C und einer Glasübergangstemperatur von 90°C. Der Ausgangs-CTI-Wert eines solchen reinen PPS lag bei 100. Unter der Vielzahl der einsetzbaren PPS mit auch anderen Viskositäten sind unter anderem zu nennen Toray PPS M2888, Torelina M2588 und Torelina M2900 der Toray Industries, Fortron 0203/B6 in Pulverform, Fortron 0205/B4, Fortron 0214/B1 in Pulverform der Ticona Engineering Polymers (Celanese), Durafide W-203A, Durafide W-214A der Polyplastics Co. Ltd, LP-17A und 17B der Minyang Polyray Plastics Co., HB1DL und HBW1 der Sichuan Deyang Chemical Co Ltd. sowie DSP MA-520 und 510 der DIC Europe GmbH.
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Als mineralisches Füllmaterial werden Metallhydroxide und Metalloxohydroxide mit und ohne Oberflächenmodifikation eingesetzt. Insbesondere werden Aluminiumhydroxide, Aluminiumoxohydroxide (Böhmite) und Magnesiumhydroxide eingesetzt. Als Magnesiumhydroxid findet hochreines Magnesiumhydroxid mit einem Mg(OH)2-Gehalt von größer 90%, vorzugsweise größer 99% und mit einer Korngröße von 0,6–3,5 μm (d50) Verwendung, vorzugsweise mit einer Korngröße von 0,8 bis 2,5 μm (d50), insbesondere mit einer Korngröße von 0,8 bis 1,5 μm (d50).
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Die spezifische Oberfläche betrug 2,0 bis 15,0 m2/g, vorzugsweise 8,0 bis 12 m2/g. Die Oberfläche dieses Magnesiumhydroxid war modifiziert. Eine Erhöhung des Magnesiumhydroxidanteiles über 40 % hinaus verschlechterte die Eigenschaften der späteren Zusammensetzung, führte insbesondere zu einer höheren Sprödigkeit. Anstelle des Magnesiumhydroxids kann allgemeiner auch ein metallisches hydroxyhaltiges Oxid mit der Formel X3+O(OH) eingesetzt werden, insbesondere ein AlO(OH) in seinen unterschiedlichen Modifikationen. Dies insbesondere dann, wenn dessen d50-Wert zwischen 0,2 μm und 3,5 μm liegt, insbesondere zwischen 0,3 und 2,0 μm (d50) liegt, ganz bevorzugt zwischen 0,3 und 1,5 μm (d50) liegt und dessen spezifische Oberfläche zwischen 4 und 20 m2/g beträgt, insbesondere zwischen 6 und 18 m2/g. Diese Korngrößen führen zu optimalen Eigenschaften. Bestandteil b) kann erfindungsgemäß auch mit einem Anteil von 80 bis 150 g pro 100g PPS insbesondere von 90 bis 120 g pro 100g PPS vorhanden sein.
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Als Faser werden erfindungsgemäß Glasfasern eingesetzt. Diese können entweder Glasfasern mit einer Länge von 0,5 bis 6 mm, vorzugsweise 1,5 bis 5 mm, insbesondere von 3 bis 4,5 mm und mit einem Durchmesser von 10 bis 13 μm sein, wobei das Glas ein E-Glas gemäß DIN 1259 ist, oder eine entsprechend dimensionierte Endlosglasfaser. Daneben sind ebenfalls verwendbar Gemische von Glasfasern mit den vorgenannten Längen. Eine Erhöhung des Glasfaseranteils über den in den Beispielen angegebenen Anteil reduzierte die CTI-Werte der späteren Zusammensetzung. Bestandteil c) kann erfindungsgemäß auch mit einem Anteil von 20 bis 150 g pro 100 g insbesondere von 60 bis 120 g pro 100 g PPS vorhanden sein.
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Als weiterer Bestandteil d) kann ein organofunktionelles Silan vorhanden sein. Die organofunktionellen Silane sind vor allem solche mit der allgemeinen Formel R1R2R3Si-R4, wobei R1, R2 und R3 gewählt sind aus den Gruppen Trimethoxy- und Triethoxy- und gleich oder unterschiedlich sind und wobei R4 gewählt ist aus der Gruppe gebildet durch 3-Glycidyloxypropyl-, Aminopropyl-, N-Propyl-ethylendiamin- und γ-Aminopropyl-. Bestandteil d) kann erfindungsgemäß auch mit einem Anteil von 0,1 bis 4,0 g pro 100 g PPS insbesondere von 1,0 bis 3,0 g pro 100 g PPS vorhanden sein.
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In einem Beispiel wurde mittelviskoses Polyamid 6.6 als Additiv eingesetzt, andere zugesetzten Additive waren Gleitmittel, insbesondere Montanwachse oder synergistische Additive, insbesondere organisch modifizierte Schichtsilikate auf Basis von natürlichem Betonit mit einem d50-Wert von < 10 μm, Siliconelastomere, Polydimethylsiloxane, Nanokreide mit einer BET-Oberfläche von 16 bis 20 m2/g mit bis zu 15 g auf 100 g PPS.
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Besonders wichtig ist die optimale Einarbeitung der Füllstoffe, da ansonsten die CTI-Werte deutlich absinken. Zur Herstellung der erfindungsgemäßen Zusammensetzung wurde ein einstufiger Prozess auf einem Doppelschneckenextruder unter Einsatz geeigneter Dosier- und Ganuliersysteme, wie zum Beispiel der Stranggranulierung. Die Schneckenkonfiguration wurde an eine optimale Einarbeitung der Füllstoffe und Additive angepasst.
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Beispiele:
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Die nachstehende Tabelle gibt fünf Beispiele wieder, wobei die Anteile der Bestandteile der Zusammensetzung in [g] angegeben sind:
| B1 | B2 | B3 | B4 | B5 |
PPS | 100 | 100 | 100 | 100 | 100 |
Mg(OH)2 | 89 | 115 | 89 | 117 | 135 |
Polyamid | - | - | - | - | 42 |
Faser | 63 | 72 | 64 | 73 | 96 |
Silan | - | - | 2,0 | 2,0 | 2,8 |
Additive | 0,3 | 0,3 | 0,3 | 0,3 | 0,3 |
CTI-Wert | 300 | 500 | 350 | 550 | 600 |
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Es zeigt sich, dass der jeweils erreichte CTI-Wert deutlich über dem des reinen Ausgangs-PPS liegt, teilweise um den Faktor 6 oberhalb des Ausgangswertes. Der fertige Werkstoff gemäß Beispiel 5 zeigt eine spezifische Wärmekapazität von 1.3 J/(K·g) und eine Wärmeleitfähigkeit von 0,9 W/(K·m). Es zeigt sich, dass die Zugabe des organofunktionellen Silans die CTI-Werte bei ansonsten unveränderten Anteilen der einzelnen Zusammensetzungsbestandteile erhöhte.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- IEC 60112 [0006]
- DIN 1259 [0016]