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Die Erfindung betrifft einen Sitz sowie einen Stuhl.
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Es ist bekannt, dass eine statische Sitzhaltung zu Schädigungen der Bandscheiben führen kann, einerseits, weil die Bandscheiben einseitigen Belastungen ausgesetzt sind und andererseits, weil sie durch einen Bewegungsmangel unzureichend mit Nährstoffen und Flüssigkeit versorgt werden. Bei längerem Sitzen wird daher empfohlen, einen stetigen Haltungswechsel anzustreben.
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Zu diesem Zweck sind bereits eine Vielzahl von Stühlen oder Sitzauflagen entwickelt worden. Beispielsweise sind sogenannte Gymnastikbälle oder Sitzbälle bekannt, welche aufgrund ihrer runden Form eine permanente, ausgleichende Bewegung der darauf sitzenden Person hervorrufen. Nachteilig ist hierbei allerdings, dass der Ball vollständig wegrutschen kann und insgesamt eine sehr unstabile Sitzposition vorliegt. Für ein längeres Sitzen sind Gymnastikbälle bzw. Sitzbälle daher eher ungeeignet.
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Ferner sind luftgefüllte Halbkugeln bekannt, die auf eine vorhandene Sitzfläche eines Stuhls aufgelegt werden und für ein dynamisches Sitzes sorgen sollen. Aufgrund der halbkugelförmigen Sitzfläche ist auch hier die Sitzposition für ein längeres Sitzen eher zu unstabil.
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Darüber hinaus sind Stühle mit sattelförmigen Sitzflächen bekannt. Das Sitzen auf einem Sattelstuhl vergrößert den Winkel in der Hüfte, was positive Auswirkungen auf den Stoffwechsel und die Blutzirkulation hat. Allerdings bewirken die bekannten Sattelstühle durch ihren unbeweglichen Sitz kein dynamisches Sitzen.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, einen Sitz und einen Stuhl bereitzustellen, welche ein besonders komfortables und rückenfreundliches Sitzen ermöglichen beziehungsweise bewirken.
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Die Aufgabe wird gelöst durch einen Sitz mit den Merkmalen des Anspruchs 1 sowie einen Stuhl mit den Merkmalen des Anspruchs 9. Bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben.
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Der erfindungsgemäße Sitz für einen Stuhl, insbesondere einen Bürostuhl, umfasst einen Formkörper, welcher mit einem Gas gefüllt oder befüllbar ist. Der Formkörper ist aus einem flexiblen Material gebildet und ist bei Belastung durch eine darauf sitzende Person in einer vorbestimmbaren Weise verformbar. Er weist eine Formstabilität auf, derart, dass der Formkörper sowohl bei Rücknahme der Belastung in seine Ausgangsform zurückkehrt als auch bei Belastung eine vorbestimmbare Verformung derart einnimmt, dass eine stabile Sitzposition herstellbar ist.
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Der erfindungsgemäße Stuhl weist einen erfindungsgemäßen Sitz auf.
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Ein Aspekt der Erfindung kann darin gesehen werden, den Sitz eines Stuhls, also das Element, auf dem eine Person sitzt, als einen mit einem Gas, insbesondere Luft, gefüllten Formkörper und somit verformbares Element zu gestalten. Dabei soll jedoch ein im Vergleich zu einem Sitzball stabileres Sitzen gewährleistet werden. Dies geschieht erfindungsgemäß durch die Form und/oder das Material des Formkörpers.
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Das Material des Formkörpers weist eine gewisse Formstabilität auf, die zwar ein bewegtes Sitzen ermöglicht, jedoch gleichsam eine stabile Sitzposition bereitstellt. Der Formkörper ist bevorzugt nachgiebig und gleichzeitig stützend.
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In einer alternativen oder bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung kann vorgesehen sein, dass der Formkörper zum Bereitstellen eines sattelartigen Sitzens mit mindestens einer vorderen Sattelnase und seitlichen, schräg nach unten gewölbten Beinauflageflächen geformt ist. Vorzugsweise weist der Formkörper insgesamt eine Sattelform auf. Der sattelförmige, mit Gas gefüllte Formkörper aus einem flexiblen Material bewirkt einerseits durch das Luftvolumen ein bewegliches oder bewegtes Sitzen. Der Anwender muss also stets gewisse Ausgleichsbewegungen durchführen, wodurch eine starre Haltung vermieden wird. Andererseits wird durch die Sattelform eine gespreizte Beinhaltung erzwungen, die eine gewisse Sitzstabilität bewirkt und zudem den Öffnungswinkel zwischen Oberkörper und Oberschenkel vergrößert. Dabei trägt das von dem Formkörper umgebene Luftvolumen zu einer gleichmäßigen Druckverteilung auf den Körper des Anwenders bei. Insgesamt wird durch die Kombination eines sattelartigen Sitzens und eines luft- beziehungsweise gasgefüllten Formkörpers ein die Bandscheiben besonders gut entlastendes Sitzen bewirkt.
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In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung weist der Formkörper eine Sitzfläche auf, die in einer Querrichtung eine konvexe Wölbung und in einer Längsrichtung eine konkave Wölbung aufweist. Durch die in Querrichtung konvexe Wölbung wird eine gewisse Instabilität der Sitzposition in Querrichtung erzielt, sodass der Anwender kleine Ausgleichsbewegungen ausführt, die die Bandscheiben mobilisieren. Die in Längsrichtung konkave Wölbung stabilisiert den Anwender in Längsrichtung, verhindert also ein Abrutschen beispielsweise nach vorne. Vorzugsweise ist die Sitzfläche insgesamt nach hinten hin ansteigend; die Rückseite der Sitzfläche ist also höher als die Vorderseite, wobei zwischen vorderem und hinteren Ende vorzugsweise ein tiefster Punkt existieren kann. Die insgesamt ansteigende Sitzfläche bewirkt eine Verkippung des Oberkörpers zur Entlastung der Bandscheiben. Besonders bevorzugt ist es, wenn der Sitz in Längsrichtung, insbesondere in einer Mittenebene, eine Mulde aufweist, wobei der rückseitige Anstieg größer ist als der Anstieg nach vorne. Der höchste Punkt des Sitzes wird vorzugsweise durch einen rückseitigen, in Querrichtung mittigen Bereich gebildet. Der zweithöchste Punkt liegt vorzugsweise in einem vorderen, in Querrichtung mittigen Bereich. Die konvexe Wölbung erstreckt sich vorzugsweise von einer linken Außenseite zu einer rechten Außenseite des Formkörpers. Die konkave Wölbung erstreckt sich vorzugsweise von einer Vorderseite zu einer Rückseite des Formkörpers.
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In einer weiteren bevorzugten Ausgestaltung weist der Formkörper eine gewölbte Unterseite auf. Die gewölbte Unterseite ermöglicht eine gezielte Anpassung der Dicke des Formkörpers, sodass das Luftvolumen gegenüber einem balligen Formkörper reduziert werden kann. Auf diese Weise lässt sich insgesamt eine stabilere und/oder komfortablere Sitzposition erzielen. Vorzugsweise weist der Formkörper eine gewölbte Unterseite auf, deren Wölbung in etwa der Wölbung der Sitzfläche entspricht. Dabei ist es besonders bevorzugt, dass der Formkörper eine Unterseite aufweist, welche in einer Querrichtung eine konkave Wölbung und in einer Längsrichtung eine konvexe Wölbung aufweist. Die Unterseite und die Oberseite des Schaumkörpers beziehen sich hierbei jeweils auf die entsprechenden Außenseiten des Formkörpers. Vorzugsweise weist der Formkörper eine gewölbte Oberseite und eine gewölbte Unterseite auf, welche im Wesentlichen deckungsgleich sind.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform weist der Formkörper eine zumindest im Wesentlichen konstante Dicke auf. Insbesondere weist der Formkörper entlang seiner Breite (Erstreckung zwischen linkem und rechtem Ende) und/oder seiner Tiefe (Erstreckung von vorne nach hinten) eine gleichbleibende Dicke auf. Die Dicke bezieht sich hierbei insbesondere auf die Erstreckung des Formkörpers quer zu seiner Breite oder Tiefe, oder auch quer zu seiner Sitzfläche. Die Dicke des Formkörpers kann auch als Höhe bezeichnet werden.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform weist der Formkörper eine obere Wand, eine Bodenwand und eine umlaufende Ringwand auf, welche zusammen ein Gasvolumen umgeben oder umgrenzen. Die umlaufende Ringwand ist vorzugsweise bereichsweise nach innen gewölbt, weist also eine konkave Wölbung auf. Vorzugsweise weist die Ringwand zwei Bereiche mit einer konkaven Wölbung auf, welche sich in seitlichen Bereichen des Formkörpers (links und rechts) befinden. Die konkav gewölbten Bereiche der Ringwand ermöglichen eine komfortable Beinposition des Anwenders auf dem Sitz.
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Der Formkörper ist vorzugsweise aus einem elastischen Material, beispielsweise Gummi, gebildet. Der elastische Formkörper bietet einerseits die Möglichkeit einer Verformung und ist andererseits formstabil, derart, dass er nach Rücknahme einer Belastung in seine Grundform beziehungsweise ursprüngliche Form zurückkehrt. Vorzugsweise ist der Formkörper formstabil, derart, dass er in einem unbelasteten Zustand eine vorgegebene Grundform aufweist und nach Rücknahme einer Belastung in die Grundform zurückkehrt.
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Für ein Befüllen und/oder Entleeren des Formkörpers ist vorzugsweise ein Ventil zum Einbringen und/oder Auslassen von Gas aus dem Formkörper vorgesehen. Das Ventil ermöglicht eine variable Befüllung des Formkörpers mit dem Gas, sodass eine variable Steifigkeit des Formkörpers eingestellt werden kann. Die Füllung des Formkörpers mit Gas (Luft) ermöglicht eine Verstellung der Bewegung beziehungsweise der Verformungsfähigkeit des Formkörpers. Die Flexibilität des Formkörpers lässt sich also über einen variablen Druck im Formkörper einstellen.
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Der Formkörper weist vorzugsweise im Bereich seiner Unterseite eine Anschlussstelle oder Anschlusseinrichtung zum Anschließen eines Stuhlgestells auf. Die Anschlusseinrichtung beziehungsweise Anschlussstelle befindet sich vorzugsweise in einem mittigen Bereich der Unterseite des Formkörpers. Vorzugsweise umfasst das Stuhlgestellt eine zentrale Säule, die den Sitz trägt und, insbesondere ausschließlich, mittig abstützt. Die Säule kann als Hubsäule für eine Höhenverstellung ausgebildet sein. Vorzugsweise ist der Sitz also lediglich in einem inneren Bereich abgestützt und in einem äußeren Bereich frei schwebend. Die Formstabilität des Formkörpers gewährleistet dabei, dass der Sitz trotz einer lediglich mittigen Abstützung, insbesondere im unbelasteten Zustand, seine vorgegebene Grundform behält. Durch die fehlende außenseitige Abstützung passt sich der Formkörper sehr gut einem Anwender an, sodass ein besonders bequemes Sitzen möglich ist.
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Der erfindungsgemäße Stuhl umfasst einen Sitz, welcher durch den erfindungsgemäßen Formkörper gebildet ist. Vorzugsweise ist eine zentrale Stütze vorgesehen, welche den Formkörper an einer Unterseite (Bodenwand) mittig abstützt. Die zentrale Stütze weist vorzugsweise an einem unteren Ende ein Fußteil auf, welches Rollen umfassen kann. Das Fußteil kann beispielsweise sternförmig gestaltet sein. Der durch den Formkörper gebildete Sitz wird insbesondere ausschließlich in einem inneren (mittigen) Bereich seiner Unterseite durch die Stütze beziehungsweise das Stuhlgestell abgestützt.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand von bevorzugten Ausführungsformen, welche in den beiliegenden, schematischen Figuren dargestellt sind, weiter beschrieben. In den Figuren zeigt:
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1 eine perspektivische Ansicht eines erfindungsgemäßen Sitzes von schräg vorne;
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2 eine perspektivische Ansicht eines erfindungsgemäßen Sitzes von schräg hinten;
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3 eine perspektivische Ansicht eines erfindungsgemäßen Sitzes von vorne;
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4 eine Querschnittsansicht eines erfindungsgemäßen Sitzes entlang der Linie A-A aus 3;
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5 eine Querschnittsansicht eines erfindungsgemäßen Sitzes entlang der Linie B-B aus 3;
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6 eine perspektivische Ansicht eines erfindungsgemäßen Stuhls mit einem erfindungsgemäßen Sitz von vorne; und
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7 eine perspektivische Ansicht eines erfindungsgemäßen Stuhls mit einem erfindungsgemäßen Sitz von der Seite.
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Gleiche oder gleichwirkende Elemente sind in sämtlichen Figuren mit denselben Bezugszeichen gekennzeichnet. Die anhand der einzelnen Figuren und Ausführungsformen beschriebenen Merkmale können grundsätzlich auch miteinander kombiniert werden.
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Ein erfindungsgemäßer Sitz 10 umfasst einen Formkörper 12, welcher einstückig als ein hohler Füllkörper aus einem flexiblen, insbesondere elastischen Material geformt ist. Der Sitz 10 umfasst ein Gasvolumen 44, welches von dem Formkörper 12 umgrenzt ist. Der Formkörper 12 bildet also eine gasgefüllte Hülle, insbesondere Gummihülle. In dem Formkörper ist ein Ventil 42 ausgebildet, durch das Gas in den Formkörper 12 eingebracht und ausgelassen werden kann. Das Material des Formkörpers 12 ist gasdicht.
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Der Formkörper 12 weist insgesamt eine Sattelform auf und besteht aus einer oberen Wand 14, dessen äußere Seite eine Sitzfläche (Oberseite) 20 bildet, einer Bodenwand 16 (untere Wand) und einer Ringwand 18, die sich zwischen der oberen Wand 14 und der Bodenwand 16 erstreckt. Eine äußere Fläche der Bodenwand 16 bildet eine Unterseite 30 des Formkörpers 12.
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Sowohl die Sitzfläche 20 als auch die Unterseite 30 (beziehungsweise die entsprechenden Wände 14, 16) sind gewölbt. Insbesondere sind die Sitzfläche 20 und die Unterseite 30 etwa gleich geformt, sodass der Formkörper 12 entlang seiner Längsrichtung 2 und seiner Querrichtung 4 eine im Wesentlichen konstante Dicke 6 aufweist, die im Wesentlichen durch die Höhe der Ringwand 18 definiert wird.
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Der mit Gas, insbesondere Luft, gefüllte Formkörper 12 ist einerseits verformbar und weist andererseits eine Formstabilität auf, welche es ermöglicht, dass ein Anwender eine weitgehend stabile Sitzposition einnehmen kann, jedoch die vorbestimmbare, vergleichsweise geringe Verformung ausgleichen muss, sodass er “dynamisch“ sitzt. Aufgrund der Form und/oder des Materials des Formkörpers 12 kann die Verformung vorbestimmbar begrenzt sein, beispielsweise auf ein Eindrücken von 5 cm.
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Die Sitzfläche 20 weist, zumindest bereichsweise, in Längsrichtung 2 des Formkörpers 12 eine konkave Wölbung auf, wie in 4 dargestellt. In Querrichtung 4 des Formkörpers 12 weist die Sitzfläche 20, zumindest bereichsweise, eine konvexe Wölbung auf, wie in 5 dargestellt. An den Außenseiten der konvexen Wölbung ist jeweils eine Beinauflagefläche 22 ausgebildet, die zu den äußeren Seiten hin nach unten abfällt.
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An einem vorderen Ende des Formkörpers 2 ist eine Sattelnase 40 ausgebildet, die sich in der dargestellten Ausführungsform ausgehend von einem mittleren Bereich des Formkörpers 12 nach vorne und nach oben erstreckt. Ein rückwärtiger Bereich der Sitzfläche 20 ist als ansteigender Bereich 24 ausgebildet und insbesondere höher als die Sattelnase 40.
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Wie in den 4 und 5 zu erkennen, ist an der Unterseite 30 des Formkörpers 12 eine Anschlusseinrichtung oder ein Anschlussbereich 32 zum Anschließen einer Stütze 52 eines Hockers oder Stuhls vorhanden.
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Die 6 und 7 zeigen einen erfindungsgemäßen Stuhl 50 mit einem Stuhlgestell 51, welches eine zentrale Stütze 52 aufweist. Die Stütze 52 ist an den Anschlussbereich 32 an der Unterseite des Sitzes 10 angeschlossen, so dass der gasgefüllte Sitz 10 ausschließlich mittig von unten abgestützt ist. Der Stuhl 50 umfasst des Weiteren eine Rückenlehne 54 und Armstützen 56, die fest mit dem Stuhlgestell 51 verbunden sind. An dem Stuhlgestell 51 sind zudem Rollen 58 angebracht, so dass der Stuhl auf dem Boden rollen kann. Der Stuhl 50 ermöglicht aufgrund des gasgefüllten, sattelförmigen Sitzes 10 ein sattelartiges Sitzen, wobei ein Anwender zusätzlich die Möglichkeit hat, sich anzulehnen und/oder seine Arme zu stützen. Damit werden die Komforteigenschaften eines üblichen Lehnenstuhls mit denen eines sattelartigen Hockers kombiniert.
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Bezugszeichenliste
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- 2
- Längsrichtung
- 4
- Querrichtung
- 6
- Dicke
- 10
- Sitz
- 12
- Formkörper
- 14
- obere Wand
- 16
- Bodenwand
- 18
- Ringwand
- 20
- Sitzfläche
- 22
- Beinauflagefläche
- 24
- ansteigender Bereich
- 30
- Unterseite
- 32
- Anschlussbereich
- 40
- Sattelnase
- 42
- Ventil
- 44
- Gasvolumen
- 50
- Stuhl
- 51
- Stuhlgestell
- 52
- Stütze
- 54
- Rückenlehne
- 56
- Armstütze
- 58
- Rolle