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Die Erfindung richtet sich auf ein Verfahren zur Steuerung der Entkohlungsgeschwindigkeit in einem Konverter beim Frischen einer kohlenstoffhaltigen Metallschmelze, insbesondere Eisenschmelze, aus vorzugsweise einer FeCr- oder FeMn-Legierung mittels der Durchführung eines kombinierten Sauerstoff-Inertgas-Blas- und Vakuumverfahrens, insbesondere eines Vacuum-Oxygen-Decarburisation-Converter-Verfahrens.
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Um den in den letzten Jahren gestiegenen Anforderungen bei der Stahlherstellung, insbesondere der Herstellung von nicht rostenden, hitze- und säurebeständigen Stählen, vorzugsweise hochchromhaltigen Stählen, genügen zu können, ist u. a. das Frischen von Metallschmelzen, insbesondere von hochchromhaltigen Stählen, in einem evakuierten oder evakuierbaren Konverter, einem sogenannten Vacuum-Oxygen-Decarburisation-Converter entwickelt worden. Dieses Verfahren vereinigt die thermodynamischen Vorteile beim Frischen nicht rostender, hitze- und säurebeständiger Stähle in der Pfanne bei Unterdruck (VOD-[Vacuum-Oxygen-Decarburisation-]Verfahren) mit der einfachen Handhabung der Konverterverfahren wie z. B. dem AOD-(Argon-Oxygen-Decarburisation-)Verfahren. Aber auch bei derartigen kombinierten Blas- und Vakuumverfahren besteht die Notwendigkeit, den Entkohlungsprozess einer kohlenstoffhaltigen Metallschmelze beim Frischen zu steuern.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Lösung zu schaffen, die eine effiziente und vorteilhafte Steuerung des Blas- und Vakuumverfahrens beim Frischen einer kohlenstoffhaltigen Metallschmelze ermöglicht.
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Bei einem Verfahren der eingangs näher bezeichneten Art wird diese Aufgabe erfindungsgemäß dadurch gelöst, dass beim Frischen während des Entkohlungsvorganges in der Metallschmelze parallel ein Inertgaseintrag, insbesondere die Inertgasflussrate, in die Metallschmelze und ein Gefäßdruck eingestellt und eingeregelt werden und mittels dieser beiden Parameter die Entkohlungsgeschwindigkeit der Metallschmelze indirekt über das sich jeweils ergebende Entkohlungsreaktionspotential gesteuert wird.
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Ein erster Aspekt der Erfindung liegt somit in der Steuerung der Entkohlungsprozesskinetik mittels des Entkohlungsreaktionspotentials, d. h. mittels der Differenz zwischen dem aktuellen Kohlenstoffgehalt in der Metallschmelze und dem von der Schmelztemperatur und sowohl der chemischen Zusammensetzung der Schmelze als auch dem Partialdruck des Kohlenmonoxids in dem Behälter abhängenden Gleichgewichtsgehalt an Kohlenstoff in der Metallschmelze. Aus diesem Grund zeichnet sich die Erfindung in vorteilhafter Ausgestaltung dadurch aus, dass das Entkohlungsreaktionspotential als die Differenz zwischen dem aktuellen Kohlenstoffgehalt in der Metallschmelze und dem jeweiligen Gleichgewichtsgehalt an Kohlenstoff in der Metallschmelze bestimmt wird.
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Insbesondere wird daher zweckmäßigerweise das Kohlenstoffgleichgewicht in der Metallschmelze gesteuert, was die Erfindung ebenfalls vorsieht.
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Alle gängigen Aufzeichnungen der Entkohlungsrate in Abhängigkeit von der Zeit bestätigen bei verschiedenen Vakuum- und Konverterprozessen die theoretische Annahme, dass der Prozess aus zwei kontinuierlich ineinander übergehenden Zeitabschnitten oder Perioden besteht, nämlich einer konstanten Entkohlungsperiode als Hauptperiode und einer quasi exponentialen Periode als dynamische Periode. Beide Perioden sind durch ein kritisches Moment voneinander getrennt, welches in den Darstellungen der 3 sowie 3a–3d als kritisches Entkohlungsmoment gekennzeichnet ist. Die 3a–3d zeigen jeweils die durch das kritische Entkohlungsmoment voneinander getrennte Hauptperiode und dynamische Periode.
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Die Dauer der Hauptperiode hängt von den Blasparametern und die Dauer der dynamischen Periode hängt von dem thermodynamischen Potential der Kohlenstoffoxidation ab.
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Die Sauerstoffblasraten in der Hauptperiode bestimmen den Level der Entkohlungsgeschwindigkeit und verlieren diese Eigenschaft aber nach dem Überschreiten des kritischen Momentes. In dieser Hauptperiode bestimmt sich die Entkohlungsgeschwindigkeit nach folgender Gleichung:
wobei in der Gleichung
die Sauerstoffdurchflussrate bedeutet, die mit dem Kohlenstoff reagiert und W das Metallgewicht bedeutet.
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Bei Erreichen des kritischen Momentes kann die Entkohlungsrate annähernd durch folgende Gleichung ausgedrückt werden: (– dC / dt) = kC A / V(C – C*) (2) wobei in der Gleichung kC den Stoffübergangskoeffizienten, A die Reaktionsoberfläche, V das Metallvolumen und C, C* die aktuelle Kohlenstoffkonzentration (C) und die Gleichgewichtskohlenstoffkonzentration (C*) in der Metallschmelze bedeuten.
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Die Bedeutung des kritischen Momentes wird bei der Betrachtung der Metalloxidation während der dynamischen Periode deutlich. Nicht an die thermodynamisch-dynamischen Bedingungen angepasstes Sauerstoffblasen führt zu einer hohen Metalloxidation mit einem extremen Temperaturanstieg. Um solche Effekte zu vermeiden benötigt die Prozesssteuerung eine Blasmusteranpassung. Diese Anpassung ändert die Sauerstoffversorgung an den Entkohlungsprozess und führt zu einer nur minimalen Oxidation der metallischen Komponenten in der Metallschmelze, was indirekt einen exzessiven Temperaturanstieg vermeidet. Es kann daher festgestellt werden, dass erst die optimale Prozesssteuerung während der Stufe der dynamischen Periode die Effektivität und Wirtschaftlichkeit des Gesamtprozesses bestimmt. Diese wirtschaftliche und effektive Steuerung insbesondere während der dynamischen Periode wird durch die vorliegende Erfindung bereitgestellt. Basis hierfür ist die Analyse der Prozesskinetik und der Prinzipien des Entkohlungsprozesses beim Frischen von kohlenstoffhaltigen Metallschmelzen. Der Entkohlungsmechanismus ist durch die folgenden Gleichungen bestimmt: [C] + [O = {CO}] (3) n[Me] + m[O] = (MenOm) (4) (MenOm) + m[C] = n[Me] + m{CO} (5)
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Aus der Gleichung (5) kann das Prozessgleichgewicht ausgedrückt werden als
und die Kohlenstoffaktivität als
aC = fCC* (7) so dass das Kohlenstoffgleichgewicht ausgedrückt werden kann als
wobei Me die Hauptkomponente der Schmelze, V* eine komplexe Funktion, die von der Metallchemie, der Temperatur und der Schlackenoxidaktivität abhängt, X die ergänzend vorhandenen Elemente, wie Si, P, S, Mn, Cr etc., T die Schmelztemperatur,
die Oxidaktivität der Hauptelemente und p
CO den Kohlenstoffmonoxidpartialdruck bedeuten.
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Der Kohlenstoffmonoxidpartialdruck ist definiert als
wobei
NCO = k1(– dC / dt) (10) ist, mit N
CO der Anzahl an aus der Metallschmelze entfernten CO-Molekülen und
NIG = k2QIG (11) ist, mit N
IG der Anzahl an Inertgasmolekülen, die bei einer Inertgasdurchflussrate Q
IG während des Frischens in die Metallschmelze eingeführt werden und p den Gefäßdruck darstellt.
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Aus der Kombination der Gleichungen (2) und (8) kann die Entkohlungssteuerung ausgedrückt als
abgeleitet werden.
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Daraus ist ersichtlich, dass in der dynamischen Entkohlungsperiode zwei Parameter die Entkohlungsgeschwindigkeit beeinflussen und forcieren, der Außendruck p und die Inertgasflussrate Q
IG. In Extremfällen, beispielsweise wenn der Außendruck oder der Gefäßdruck p gleich dem Atmosphärendruck ist, besteht die einzige Möglichkeit die Entkohlung zu steuern darin, die Inertgasflussrate Q
IG zu steuern, was typisch für einen reinen AOD-(Argon-Oxygen-Decarburisation-)Prozess ist. Eine solche allein durch die Inertgasflussrate gesteuertes C-Gleichgewicht ist in der
1 dargestellt. Die Entkohlungsgeschwindigkeit wird damit durch folgende Gleichung ausgedrückt:
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Dieses Diagramm zeigt die Gleichgewichtskohlenstoffkonzentration C* in Gewichtsprozent aufgetragen über der Inertgasdurchflussrate QIG in Nm3/min für eine Stahlschmelze bei einer Temperatur von 1700°C und einem Gefäßdruck von 1 bar sowie einer kritischen Kohlenstoffkonzentration von 0,68 Gew.-% für eine 18 Gew.-% Chrom und 8 Gew.-% Nickel enthaltende Schmelze bei einem Schmelzbad mit einem Gewicht von 100 t.
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In anderen Fällen, wenn die Inertgasdurchflussrate auf eine reine Rührrate reduziert ist, die relativ gering ist im Vergleich zu der CO-Flussrate, die durch den Term k1(–dC/dt) ausgedrückt ist, kann die Entkohlung, d. h. die Entkohlungsgeschwindigkeit, durch den Vakuumdruck im Gefäß, also den Gefäßdruck p, gesteuert werden, wie dies in der 2 gezeigt ist. In diesem Fall lässt sich die Entkohlungsgeschwindigkeit ausdrücken als (– dC / dt) = 1 / τ(C – k3p) (14)
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Die 2 zeigt die Gleichgewichtskohlenstoffkonzentration C* als Funktion des Behälterdruckes. Hier ist die Gleichgewichtskohlenstoffkonzentration C* in Gewichtsprozent über dem Gefäßdruck in bar aufgetragen. Der dargestellte Fall betrifft ebenfalls eine Stahlschmelze mit einem Gewicht von 100 t bei einer Temperatur von 1700°C, wobei diese Metallschmelze ebenfalls wiederum eine Schmelze mit einem Anteil von 18 Gew.-% Chrom und 8 Gew.-% Nickel betrifft und die kritische Kohlenstoffkonzentration in der Metallschmelze wiederum bei 0,68 Gew.-% liegt. In diesem Fall ist eine Inertgasdurchflussrate QIG von 20 Nm3/min zugrunde gelegt.
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Durch Kombination dieser beiden Parameter Inertgasdurchflussrate Q
IG und Gefäßdruck p lässt sich ein extrem niedriges Kohlenstoffgleichgewicht und als Konsequenz daraus ein niedriger Kohlenstoffgehalt in der Metallschmelze einstellen. Neben diesem Effekt kann bei Standardentkohlungsvorgängen in Metallschmelzen der Inertgasverbrauch signifikant reduziert werden, wenn das Druckniveau in dem Vakuumsystem gesenkt wird. Die Steuerung umfasst somit eine zweidimensionale Form bei einer konstanten Temperatur und diese Kombination stellt dann bei der jeweiligen Temperatur eine optimale Lösung zur Erreichung der maximalen Entkohlungsgeschwindigkeit dar. Die Tabelle 1 zeigt die zweidimensionale Abhängigkeit des Kohlenstoffgleichgewichtes C* einer Metallschmelze beispielhaft.
p | QIG | C* (p, QIG) |
bar | Nm3/min | % |
0,890 | 5 | 0,3 |
0,899 | 7 | 0,3 |
0,909 | 9 | 0,3 |
0,918 | 11 | 0,3 |
0,927 | 13 | 0,3 |
0,937 | 15 | 0,3 |
0,946 | 17 | 0,3 |
0,955 | 19 | 0,3 |
0,964 | 21 | 0,3 |
0,974 | 23 | 0,3 |
0,983 | 25 | 0,3 |
Tabelle 1
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Aus der Tabelle 1 ist ersichtlich, dass das Kohlenstoffgleichgewicht C* in der Metallschmelze derart gesteuert einstellbar ist, dass bei unterschiedlichen Inertgasflussraten und Gefäßdrücken immer dasselbe Kohlenstoffgleichgewicht von 0,3% in der Metallschmelze eingestellt wird.
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Wenn man die Gleichung (12) nach (–dC/dt) auflöst, erhält man die Entkohlungsrate oder Entkohlungsgeschwindigkeit explizit in der Form der Gleichung
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Die Erfindung zeichnet sich daher in weiterer Ausgestaltung auch dadurch aus, dass die Entkohlungsgeschwindigkeit in der Metallschmelze auf Basis der Gleichung
gesteuert wird.
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Dies erlaubt die Darstellung einer komplexen Entkohlungssimulation und bietet die Basis für eine optimale Prozesssteuerung. Diese optimale Prozesssteuerung lässt sich als maximale Entkohlungsgeschwindigkeit bei gegebenen metallurgischen Bedingungen ausdrücken und beschrieben als
max(– dC / dt) als Lösung des Gleichgewichtssystems
ausdrücken.
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Die Erfindung zeichnet sich daher in weiterer Ausgestaltung auch dadurch aus, dass die maximale Entkohlungsgeschwindigkeit der Metallschmelze auf Basis und mittels der Lösung des Gleichungssystems
gesteuert wird.
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Schließlich sieht die Erfindung auch noch vor, dass das erfindungsgemäße Verfahren beim Frischen eines Kohlenstoffstahls oder eines unlegierten Stahls oder eines legierten Stahls verwendet wird.