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Die Erfindung betrifft eine Lenkwinkelvorrichtung für ein Kraftfahrzeug, sowie ein Kraftfahrzeug mit einer derartigen Lenkwinkelvorrichtung und ein Verfahren zum Einstellen eines Lenkwinkels an zwei Rädern wenigstens einer Fahrzeugachse eines Kraftfahrzeugs.
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Für Fahrzeuglenksysteme sind unterschiedliche Bauweisen bekannt, beispielsweise eine sogenannte Drehschemellenkung. Die Drehschemel-Lenkung ist die einfachste Form und ist heute noch bei Anhängern zu finden. Für Kraftfahrzeuge hat sich die Bauweise in Form einer Achsschenkellenkung durchgesetzt. Weitere Bauweisen sind unter anderem die Panzerlenkung und Knicklenkung. DIese sind heute nur noch bei Baumaschinen oder Sonderfahrzeugen anzutreffen.
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Darüber hinaus sind noch weitere Bauweisen bekannt geworden. So wird bei der sognannten Ross-Lenkung der Firma Ross Gear and Tool Inc. über ein Schneckenrad ein Lenkstockhebel angetrieben. Aus der
DE 2 807 005 A1 ist des Weiteren eine Zahnstangenlenkung bekannt geworden. Aus der
US 2,865,339 eine Zahnstangenlenkung mit variabler Verzahnung bekannt geworden. Weiter beschreibt die
DE 10 2011 003 087 A1 eine Zahnstangenlenkung für schwere Nutzfahrzeuge mit einer hydraulischen Hilfskraftunterstützung.
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Des Weiteren sind Überlagerungslenkungen beispielsweise aus der
DE 10 2008 043 913 A1 bekannt, die unabhängig von der Fahrervorgabe einen Lenkwinkel einstellen können. Aus der
DE 101 59 700 A1 ist eine Überlagerungslenkung durch zwei ineinander angeordnete Lenkstangen bekannt, die unabhängig betätigt werden können. Aus der
DE 60 2005 005 761 T2 ist wiederum eine sog. steer-by-wire Lenkwinkelvorrichtung bekannt geworden, bei der zwischen einer Vorrichtung zur Lenkwinkelvorgabe und einer Vorrichtung zur Einstellung eines Lenkwinkels am Rad keine mechanische Verbindung besteht.
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Gesetzliche Regelungen, wie z.B. ECE-R 79, schreiben für derartige Systeme umfangreiche Sicherheits- und Überwachungssysteme vor. Eine gesetzeskonforme Systemarchitektur erfordert meist Rückfallebenen und Redundanzen bei Steuerungsgeräten, Sensoren und Aktuatoren. Dies führt jedoch zu komplexen und teuren Systemen. Des Weiteren sind mechanische Rückfalllösungen bekannt, die bei Ausfall der Signal- oder Kraftübertragung, z.B. mittels einer Kupplung, die Verbindung über ein konventionelles Lenkgestänge mit der Lenkwinkelvorrichtung herstellen. Da gleichzeitig eine voll funktionsfähige mechanische Lenkwinkelvorrichtung vorgehalten werden muss, benötigt diese zusätzlich erheblichen Bauraum und das Crashverhalten verschlechtert sich. Aufgrund der Mehrkosten und des zusätzlichen Gewichts haben sich derartige Systeme bisher nicht durchsetzen können.
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Des Weiteren sind aus der
DE 10 2008 000 364 A1 individuell verstellbare Spurlenker an einer oder mehreren Achsen eines Fahrzeuges zur Umsetzung der Lenkwinkelvorgabe im Sinne eines steer-by-wire Systems bekannt, bei der die mechanische Kopplung zwischen linkem und rechtem Rad aufgehoben ist.
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Aus der
DE 102 20 123 A1 ist eine Überlagerungslenkung bekannt für eine Überlagerung eines Lenkradwinkels mit einem weiteren Winkel zur Beaufschlagung eines Lenkgetriebes mit der Summe dieser Winkel.
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Weiter ist aus der
DE 103 15 118 A1 ist ein steer-by-wire Lenksystem für ein Kraftfahrzeug bekannt.
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Eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, eine Lenkwinkelvorrichtung für ein Kraftfahrzeug zur Verfügung zu stellen, welches eine verbesserte Einstellung eines Lenkwinkels an den beiden Rädern einer Fahrzeugachse ermöglicht. Eine weitere Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, eine zuverlässige und gleichzeitig kostengünstige Lenkwinkelvorrichtung für ein Kraftfahrzeug zur Verfügung zu stellen. Eine weitere Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, eine alternative Lenkwinkelvorrichtung für ein Kraftfahrzeug zur Verfügung zu stellen.
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Die vorliegende Erfindung löst die Aufgabe bei einer Lenkwinkelvorrichtung für ein Kraftfahrzeug durch ein erstes mechanisches Lenksystem, welches wenigstens eine Betätigungseinrichtung aufweist zum Einstellen eines Lenkwinkels an zwei Rädern einer ersten Fahrzeugachse, und eine Steuerungseinrichtung zum Steuern der Betätigungseinrichtung, und ein zweites steer-by-wire Lenksystem, welches wenigstens eine Betätigungseinrichtung aufweist zum Einstellen eines Lenkwinkels an den zwei Rädern der ersten Fahrzeugachse oder zwei Rädern einer zweiten Fahrzeugachse, und eine Steuerungseinrichtung zum Steuern der Betätigungseinrichtung, wobei der Lenkwinkel an den zwei Rädern der jeweiligen Fahrzeugachse durch das erste und das zweite Lenksystem voneinander unabhängig einstellbar ist.
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Die Erfindung löst die Aufgaben ebenfalls bei einem Kraftfahrzeug, insbesondere bei einem Personen- oder Lastkraftwagen mit einer Lenkwinkelvorrichtung gemäß einem der Ansprüche 1 bis 15, sowie mit einem Verfahren zum Einstellen eines Lenkwinkels an zwei Rädern wenigstens einer Fahrzeugachse eines Kraftfahrzeugs mit einer Lenkwinkelvorrichtung gemäß einem der Ansprüche 1 bis 15.
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Vorteil hierbei ist unter anderem, dass der Lenkwinkel sowohl nur von einem der Lenksysteme an den Rädern einer Fahrzeugachse oder durch beide Lenksystem je nach Bedarf eingestellt werden kann. Dadurch ergeben sich breitere Anwendungsmöglichkeiten zur Einstellung eines geeigneten Lenkwinkels an den Rädern von Fahrzeugachsen eines Fahrzeugs. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Lenkwinkelvorrichtung einfach und kostengünstig im Aufbau gegenüber bisher bekannten Lenkwinkelvorrichtungen ist.
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Weitere vorteilhafte Ausführungsformen, Merkmale und Vorteile der Erfindung sind in den Unteransprüchen beschrieben.
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Vorteilhafterweise weist das jeweilige Lenksystem eine Betätigungseinrichtung zum Einstellen des Lenkwinkels beider Räder der Fahrzeugachse auf oder zwei Betätigungseinrichtungen, wobei jede Betätigungseinrichtung den Lenkwinkel eines Rads der Fahrzeugachse einstellt, insbesondere wobei die jeweilige Betätigungseinrichtung einen Elektromotor oder Schrittmotor umfasst. Ist lediglich eine Betätigungseinrichtung angeordnet, sind die Lenkwinkel beider Räder mittels nur einer Betätigungseinrichtung einstellbar, was kostengünstig ist. Sind zwei Betätigungseinrichtungen angeordnet, hat dies Vorteil, dass diese beispielsweise individuell angesteuert und betätigt werden können. Darüber hinaus wird dadurch auch die Zuverlässigkeit erhöht.
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Zweckmäßigerweise weisen das erste und zweite Lenksystem eine gemeinsame Steuerungseinrichtung zum Steuern der Betätigungseinrichtungen auf. Dies verringert die Kosten für die Steuerungseinrichtung. Ebenso wird Bauraum gespart. Es kann aber auch jedes Lenksystem eine eigene Steuerungseinrichtung aufweisen, wobei die beiden Steuerungseinrichtungen hierbei miteinander gekoppelt oder vollständig voneinander getrennt ausgeführt werden können, wobei letzteres die Flexibilität hinsichtlich der Anordnung in einem Fahrzeug verbessert.
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Vorteilhafterweise ist die Betätigungseinrichtung des jeweiligen Lenksystems mit einem Querlenker oder einer Spurstange eines Radträgers der Fahrzeugachse koppelbar. Dadurch kann auf einfache und zuverlässige Weise ein Lenkwinkel an dem Rad durch ein geeignetes Bewegen des Querlenkers, des Spurlenkers oder eines Anbindungspunks des Querlenkers oder Spurlenkers an der Fahrzeugkarosserie durch die Betätigungseinrichtung eingestellt werden. Die Betätigungseinrichtung kann zum Einstellen eines Lenkers bei Fahrzeugachsen mit Spurlenkern eingesetzt werden, sowie bei Mehrlenkerachsen mit einem oder mehreren Querlenkern.
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Zweckmäßigerweise sind das erste und zweite Lenksystem durch ein gemeinsames Koppelglied mit dem Radträger des Rads der Fahrzeugsachse koppelbar, wobei ein Lenkwinkel an dem Rad durch Betätigen des gemeinsamen Koppelglieds durch das erste und zweite Lenksystem einstellbar ist. Dabei kann ein erster Lenkwinkel des ersten Lenksystems einem zweiten Lenkwinkel des zweiten Lenksystems überlagert werden und umgekehrt. Das erste und zweite Lenksystem sind beispielsweise durch eine mit dem Koppelglied verbundene Spurstange mit dem Radträger koppelbar. Durch das Koppelglied kann auf einfache Weise eine Übertragungslenkung des ersten und zweiten Lenksystems realisiert werden, bei dem die Lenkwinkel der beiden Lenksysteme einander überlagert werden können.
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Vorteilhafterweise ist das erste Lenksystem mit einem Lenkrad und einer Lenksäuleneinrichtung des Lenkrads mechanisch koppelbar ausgebildet, wobei ein Lenkwinkel des ersten Lenksystems einem durch Drehen des Lenkrads eingegebenen Winkel des Fahrers überlagerbar ist. Dadurch wird zusätzlich die Flexibilität der Lenkwinkelvorrichtung erhöht.
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Zweckmäßigerweise ist die Steuerungsvorrichtung ausgebildet, um den durch das zugeordnete Lenksystem einzustellenden Lenkwinkel abhängig von wenigstens einem Parameter zu bestimmen. Ein solcher Parameter ist beispielsweise die Fahrgeschwindigkeit. Dies hat den Vorteil, dass der Lenkwinkel feiner abgestimmt und das Fahrverhalten des Fahrzeugs verbessert werden kann.
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Vorteilhafterweise ist die Steuerungseinrichtung derart ausgebildet, so dass diese in Abhängigkeit von einem Geschwindigkeitsschwellenwert das erste Lenksystem und/oder das zweite Lenksystem steuert, um einen Lenkwinkel an einem jeweiligen Rad durch das erste und/oder zweite Lenksystem einzustellen, insbesondere wobei die Steuerungseinrichtung ausgebildet ist, das erste Lenksystem und/oder das zweite Lenksystem unterhalb oder bis zum Erreichen des Geschwindigkeitsschwellenwerts zu steuern, um einen Lenkwinkel an einem jeweiligen Rad durch das erste und/oder zweite Lenksystem einzustellen und vorzugsweise wobei die Steuerungseinrichtung ausgebildet ist, nur das erste Lenksystem steuern, um einen Lenkwinkel an einem jeweiligen Rad durch das erste Lenksystem einzustellen, wenn der Geschwindigkeitsschwellenwert überschritten ist. Dies hat den Vorteil, dass das zweite Lenksystem beispielsweise gezielt nur in einem bestimmten, insbesondere unteren Fahrgeschwindigkeitsbereich eingesetzt werden kann.
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Zweckmäßigerweise ist die Steuereinrichtung ausgebildet, die Anteile eines ersten Lenkwinkels des ersten Lenksystems und eines zweiten Lenkwinkels des zweiten Lenksystems, welche zusammen an den Rädern einer gemeinsamen Fahrzeugachse einstellbar sind, festzulegen in Abhängigkeit von der Differenz zwischen der tatsächlichen Fahrgeschwindigkeit und dem Geschwindigkeitsschwellenwert, in Abhängigkeit von einer maximal möglichen Seitenkraft auf die Räder und/oder in Abhängigkeit von wenigstens der Fahrgeschwindigkeit. Dies erlaubt ebenfalls eine verfeinerte Einstellung des Lenkwinkels an den Rädern einer Fahrzeugachse.
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Vorteilhafterweise ist der Geschwindigkeitsschwellenwert unveränderlich oder variabel einstellbar, insbesondere wobei der Geschwindigkeitsschwellenwert durch einen Fahrzeuginsassen und/oder die jeweilige Steuerungseinrichtung veränderbar ist. Dies hat den Vorteil, dass ein Fahrzeuginsasse den Geschwindigkeitsschwellenwert beispielsweise an seine persönlichen Bedürfnisse anpassen kann.
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Zweckmäßigerweise beschreibt der Verlauf des Geschwindigkeitsschwellenwertes zumindest teilweise eine Form einer Hysterese, insbesondere wobei die Hysterese für eine steigende Fahrgeschwindigkeit und eine sinkende Fahrgeschwindigkeit gleich oder unterschiedlich ist. Damit lässt sich das Lenkverhalten eines mit der Lenkwinkelvorrichtung für verschiedene Fahrzeuge einfacher anpassen.
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Vorteilhafterweise ist das zweite Lenksystem in eine Position bewegbar und darin blockierbar, in welcher die dem zweiten Lenksystem zugeordneten Räder einer Fahrzeugachse in einer Geradeausstellung sind, wobei das zweite Lenksystem insbesondere oberhalb des Geschwindigkeitsschwellenwerts oder bei Ausfall der Steuerungseinrichtung des zweiten Lenksystems in diese Position bewegbar und darin blockierbar ist. Dadurch wird erreicht, dass keine Lenkwinkeleinstellung durch das zweite steer-by-wire Lenksystem erfolgt.
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Zweckmäßigerweise ist das zweite Lenksystem durch eine Rückstellvorrichtung in die Position bewegbar und darin blockierbar, in welcher die dem zweiten Lenksystem zugeordneten Räder einer Fahrzeugachse in einer Geradeausstellung sind, wobei die Rückstellvorrichtung insbesondere wenigstens ein elastisches Element und/oder, wenigstens einen Aktuator, insbesondere wenigstens einen Elektromotor, zum Zurückstellen des zweiten Lenksystems aufweist. Das elastische Element, wie beispielsweise wenigstens ein Federelement, hat den Vorteil, dass es besonders kostengünstig ist und es kann damit eine einfache und kostengünstige Rückstellvorrichtung zur Verfügung gestellt werden.
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Vorteilhafterweise ist das zweite Lenksystem mittels fahrdynamischer und/oder statischer Kräfte eines Fahrwerks als Lenkrückstellmoment in die Position zurückstellbar. Dies hat den Vorteil, dass das Lenksystem besonders kostengünstig ist, da eine im Wesentlichen passive Rückstellvorrichtung vorgesehen werden kann.
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Zweckmäßigerweise weist das zweite Lenksystem wenigstens ein Dämpfungselement zum Dämpfen der Zurückstellung des Lenksystems durch die Rückstellvorrichtung auf. Dadurch kann der Komfort für den Fahrer weiter erhöht werden, da möglicherweise störende Geräusche gedämpft werden.
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Weitere wichtige Merkmale und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen, aus den Zeichnungen, und aus der dazugehörigen Figurenbeschreibung anhand der Zeichnungen.
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Es versteht sich, dass die vorstehend genannten und die nachstehend noch zu erläuternden Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.
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Bevorzugte Ausführungen und Ausführungsformen der Erfindung sind in den Zeichnungen dargestellt und werden in der nachfolgenden Beschreibung näher erläutert, wobei sich gleiche Bezugszeichen auf gleiche oder ähnliche oder funktional gleiche Bauteile oder Elemente beziehen.
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Dabei zeigen jeweils in schematischer Form
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1 ein Diagramm, in welchem der Lenkwinkel eines Fahrzeugs in Abhängigkeit von der Fahrgeschwindigkeit bei einer maximalen Querbeschleunigung, sowie der Verlauf eines minimalen Bahnradius dargestellt ist;
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2 ein Fahrzeug mit einer Lenkwinkelvorrichtung gemäß einer ersten Ausführungsform der Erfindung;
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3a einen Ausschnitt einer der beiden Radträger einer Fahrzeugachse mit einer Lenkwinkelvorrichtung gemäß einer zweiten Ausführungsform der Erfindung in einer Seitenansicht;
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3b den Ausschnitt des Radträgers mit der Lenkwinkelvorrichtung gemäß 3a in einer Perspektivansicht;
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4a einen Ausschnitt eines Radträgers mit einer Lenkwinkelvorrichtung gemäß einer dritten Ausführungsform der Erfindung;
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4b ein Einstellen eines Lenkwinkels des Rads des Radträgers gemäß 4a; und
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4c ein Einstellen eines weiteren Lenkwinkels des Rads des Radträgers gemäß 4b.
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1 zeigt ein Diagramm, in welchem der Lenkwinkel eines Fahrzeugs in Abhängigkeit von der Fahrgeschwindigkeit bei einer maximalen Querbeschleunigung, sowie der Verlauf eines minimalen Bahnradius dargestellt sind.
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In dem in 1 gezeigten Diagramm stellt der Kurvenverlauf 1 den Lenkwinkel an einer Vorderachse des Fahrzeugs in Abhängigkeit von der Fahrgeschwindigkeit dar. Der Lenkwinkel nimmt dabei mit zunehmender Fahrgeschwindigkeit ab. Weiter stellt der Kurvenverlauf 2 den Lenkwinkel an der Vorderachse in Abhängigkeit von der Fahrgeschwindigkeit zusätzlich bei maximaler Querbeschleunigung dar. Durch die auftretende Querbeschleunigung nimmt der Lenkwinkel mit zunehmender Fahrgeschwindigkeit weiter ab. Des Weiteren stellt in dem Diagramm in 1 der Kurvenverlauf 3 den minimalen Bahnradius dar. Bei steigender Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeugs wird der minimale Bahnradius bzw. der minimal fahrbare Radius durch die vom Reifen des Fahrzeugs physikalisch übertragbare Seitenkraft begrenzt.
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Aus dem Radstand und dem gewünschten Wendekreis eines Fahrzeuges lässt sich, abgesehen von kinematischen Besonderheiten bei der Ausführung einer Lenkwinkelvorrichtung, der erforderliche Lenkwinkel des gelenkten Rades bzw. bei zweispurigen Fahrzeugen der Lenkwinkel an dem inneren und dem äußeren Rad, beispielsweise nach der Ackermann-Methode, ermitteln. Der maximale Lenkwinkel wird jedoch nur beim Rangieren oder geringen Geschwindigkeiten ausgenutzt. Mit steigender Fahrgeschwindigkeit ist der minimale Bahnradius bzw. der minimale fahrbare Radius durch die vom Reifen physikalisch maximal übertragbare Seitenkraft begrenzt, wie in dem Diagramm in 1 dargestellt ist. Um bei höheren Geschwindigkeiten das Fahrzeug auf dem physikalisch möglichen Bahnradius zu führen sind geringere Lenkwinkel erforderlich.
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Gemäß der Erfindung wird daher, wie im nachfolgenden anhand der Ausführungsformen in den 2, 3a, 3b und 4a–4c beispielhaft beschrieben, eine Lenkwinkelvorrichtung bereitgestellt, welche zwei voneinander unabhängige Lenksysteme aufweist.
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Das erste Lenksystem ist ein mechanisches Lenksystem zur Signal- und Kraftübertragung, wobei das erste Lenksystem optional zusätzlich mit einer nicht dargestellten Lenkkraftunterstützungseinrichtung ausgebildet sein kann. Die Lenkkraftunterstützungseinrichtung ist beispielsweise eine elektromechanische und/oder hydraulische Lenkkraftunterstützungseinrichtung. Die Erfindung ist aber auf diese Beispiele für Lenkkraftunterstützungseinrichtungen nicht beschränkt. Es kann jede andere Lenkkraftunterstützungseinrichtung vorgesehen werden, die zur Lenkkraftunterstützung des ersten Lenksystems geeignet ist.
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Das zweite Lenksystem ist ein von dem ersten Lenksystem unabhängig einstellbares oder autonomes Lenksystem mit elektrischer Signal- und Kraftübertragung. Hierbei stellt das zweite Lenksystem eine sog. steer-by-wire Lenkung bereit. Dabei besteht keine mechanische Verbindung zwischen einem Lenkrad und einer Lenksäuleneinrichtung des Fahrzeugs und dem zweiten Lenksystem.
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Die Lenkwinkelvorrichtung stellt somit eine mechanische Lenkung durch das erste Lenksystem und eine davon unabhängig einstellbare oder autonome bzw. sog. steerby-wire Lenkung durch das zweite Lenksystem bereit.
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In 2 ist ein Fahrzeug 4 mit einer Lenkwinkelvorrichtung 5 gemäß einer ersten Ausführungsform der Erfindung gezeigt.
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Das Fahrzeug 4 weist dabei eine erste und zweite Fahrzeugachse 6, 7 auf, deren Räder 8 jeweils mit dem ersten Lenksystem 9 bzw. mit dem zweiten davon unabhängigen Lenksystem 10 gesteuert oder gelenkt werden. Das erste Lenksystem 9 ist, wie zuvor beschrieben, ein mechanisches Lenksystem zur Signal- und Kraftübertragung. In dem in 2 gezeigten Ausführungsbeispiel, bildet die erste Fahrzeugachse 6 beispielsweise die Vorderachse und die zweite Fahrzeugachse 7 die Hinterachse des Fahrzeugs 4. Ebenso kann jedoch die erste Fahrzeugachse 6 auch die Hinterachse und die zweite Fahrzeugachse 7 die Vorderachse des Fahrzeugs 4 bilden. Dies gilt für alle Ausführungsformen der Erfindung und insbesondere für die anhand der nachfolgenden 3a, 3b und 4a–4c beschriebenen Ausführungsformen.
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Ein Lenkrad 11 mit einer Lenksäuleneinrichtung 12 ist mit dem ersten Lenksystem 9 mechanisch gekoppelt. Das erste Lenksystem 9 ist mittels einer ersten Spurstange 11 mit einem ersten Radträger 13 des ersten Rads 8 und mit einer zweiten Spurstange 12 mit einem zweiten Radträger 14 des zweiten Rads 8 der ersten Fahrzeugachse 6 gekoppelt. Durch Betätigen der beiden Spurstangen 11, 12 mittels des ersten Lenksystems 9 wird an dem mit dem Radträger 13, 14 verbundenen Rad 8 ein Lenkwinkel eingestellt. Das erste Lenksystem 9 weist hierzu eine nicht dargestellte Betätigungseinrichtung auf, welche die Spurstangen 11, 12 beispielsweise in Querrichtung des Fahrzeugs 4 aus- und einfährt oder verlängert und verkürzt und/oder einen Anbindungspunkt(e) der jeweiligen Spurstangen 11, 12 an der Fahrzeugkarosserie verschiebt, um einen Lenkwinkel an dem zugeordneten Rad 8 einzustellen. Die Betätigungseinrichtung kann dabei beispielsweise wenigstens einen Schrittmotor oder einen anderen geeigneten Elektromotor aufweisen, der geeignet ist, die jeweilige Spurstange 11, 12 zu betätigen. Dabei kann für jede der beiden Spurstangen 11, 12 eine eigene oder für beide eine gemeinsame Betätigungseinrichtung vorgesehen werden.
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Das erste Lenksystem 9 stellt bei Bedarf eine Überlagerungslenkung bereit, bei welcher ein von dem Fahrer eingegebener Lenkwinkel mit einem weiteren vorbestimmten oder definierten Winkel bzw. Lenkwinkel des Lenksystems 9 überlagert wird. Die Lenkwinkelvorrichtung 4 weist hierbei eine Steuerungseinrichtung 15 auf, welche mit der Betätigungseinrichtung oder Betätigungseinrichtungen des erste Lenksystems 9 verbunden ist und diese ansteuert, um die Spurstangen 11, 12 derart zu bewegen, dass dem vom Fahrer durch Drehen des Lenkrads 16 eingegebenen Lenkwinkel ein von der Steuerungseinrichtung 15 vorbestimmter Winkel bzw. Lenkwinkel überlagert wird.
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Die Steuerungseinrichtung 15 bestimmt beispielsweise mittels einer geeigneten Sensorik, den vom Fahrer durch Drehen des Lenkrads 16 eingestellten Lenkwinkel. Die Sensorik kann beispielsweise wenigstens einen Drehwinkelsensor und/oder einen Drehmomentsensor aufweisen usw. zur Bestimmung des Drehwinkels beim Drehen des Lenkrads 16 durch den Fahrer. Des Weiteren bestimmt die Steuerungseinrichtung 15 anhand des eingestellten Lenkwinkels einen geeigneten Winkel bzw. Lenkwinkel zum Überlagern des Lenkwinkels des Fahrers und steuert die Betätigungseinrichtung oder Betätigungseinrichtungen des ersten Lenksystems 9 derart, dass der Lenkwinkel des Fahrers mit diesem Winkel überlagert wird.
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Der Winkel bzw. Lenkwinkel, mit welchem der Lenkwinkel des Fahrers überlagert wird, wird beispielsweise derart gewählt, dass die Stabilität oder Fahrweise des Fahrzeugs verbessert wird. Dies gilt für alle Ausführungsformen der Erfindung. Die Erfindung ist aber auf die genannten Beispiele zur Auswahl eines geeigneten Winkels nicht beschränkt. Geeignete Winkel zur Überlagerung des Lenkwinkels können durch die Steuerungseinrichtung 15 beispielsweise berechnet und/oder abrufbar in einer mit der Steuerungseinrichtung gekoppelten nicht dargestellten Speichereinrichtung abgespeichert sein usw.
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Bei einer direkten Lenkung durch den Fahrer erfolgt keine Betätigung der Spurstangen 11, 12 durch die Betätigungseinrichtung(en). Stattdessen werden die Spurstangen 11, 12 durch das Drehen des Lenkrads 16 betätigt und ein Lenkwinkel an den Rädern 8 der ersten Fahrzeugachse 6 durch den Fahrer eingestellt.
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Wie zuvor beschrieben kann das erste Lenksystem 9 optional zusätzlich mit einer nicht dargestellten Lenkkraftunterstützungseinrichtung ausgebildet sein. Die Lenkkraftunterstützungseinrichtung ist beispielsweise eine elektromechanische und/oder hydraulische Lenkkraftunterstützungseinrichtung und ist derart ausgebildet als Servounterstützung den Kraftaufwand des Fahrers bei dem direkten Lenken zu reduzieren.
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Das zweite Lenksystem 10 ist, wie zuvor beschrieben, ein autonomes Lenksystem zur Signal- und Kraftübertragung. In dem in 2 gezeigten Ausführungsbeispiel, ist das zweite Lenksystem 10 mittels einer ersten Spurstange 11 mit einem ersten Radträger 13 des ersten Rads 8 und mit einer zweiten Spurstange 12 mit einem zweiten Radträger 14 des zweiten Rads 8 der zweiten Fahrzeugachse 7 gekoppelt. Zum Einstellen eines Lenkwinkels wird die erste bzw. zweite Spurstange 11, 12 derart bewegt, dass ein vorbestimmter Lenkwinkel an dem jeweiligen Rad 8 eingestellt wird. Dabei kann für jede der beiden Spurstangen 11, 12 eine eigene oder eine gemeinsame Betätigungseinrichtung vorgesehen werden.
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Die Betätigungseinrichtung weist, wie zuvor in Bezug auf das erste Lenksystem 9 beschrieben, beispielsweise wenigstens einen Schrittmotor oder einen anderen geeigneten Elektromotor auf, der geeignet bzw. ausgebildet ist, die jeweilige Spurstange 11, 12 zu betätigen.
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Die Betätigungseinrichtung(en) ist bzw. sind ebenfalls mit der Steuerungseinrichtung 15 der Lenkwinkelvorrichtung 4 verbunden zum Einstellen eines von der Steuerungseinrichtung 15 vorbestimmten oder definierten Lenkwinkels der Räder 8 der zweiten Fahrzeugachse 7.
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Das zweite Lenksystem 10 stellt, wie zuvor beschrieben, eine sog. steer-by-wire Lenkung bereit. Bei einer solchen sog. steer-by-wire Lenkung besteht keine mechanische Verbindung zwischen einer Lenksäuleneinrichtung 17 mit dem Lenkrad 16 und der zweiten Fahrzeugachse 7. Stattdessen wird der Lenkwinkel der Räder 8 der zweiten Fahrzeugachse 7 durch das zweite Lenksystem 10 eingestellt. Die Betätigungseinrichtung(en) wird bzw. werden durch die Steuerungseinrichtung 15 gesteuert und betätigen die Spurstangen 11, 12 des ersten und zweiten Rads 8 der zweiten Fahrzeugachse 7 derart, um den von der Steuerungseinrichtung 15 vorgegebenen Lenkwinkel einzustellen.
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In den 3a und 3b ist ein Ausschnitt einer der beiden Radträger 13 einer Fahrzeugachse 6 mit einer Lenkwinkelvorrichtung 5 gemäß einer zweiten Ausführungsform der Erfindung gezeigt.
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3a zeigt hierbei eine Seitenansicht und 3b eine Perspektivansicht des Radträgers 13, der mit der Lenkwinkelvorrichtung 5 gemäß der zweiten Ausführungsform der Erfindung verbunden ist.
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Die 3a und 3b zeigen eine erste Mehrlenkerfahrzeugachse 20, welche wenigstens zwei Querlenker 18, 19 aufweist, die an einem Ende mit dem Radträger 12 und an dem anderen Ende mit dem ersten bzw. zweiten Lenksystem 9, 10 der Lenkwinkelvorrichtung 5 gekoppelt sind. Die Querlenker 18, 19 sind dabei in Längsrichtung des Fahrzeugs oder X-Richtung zur Radmitte beabstandet angeordnet und quer (Y-Richtung) oder im Wesentlichen quer zur Fahrzeuglängsachse orientiert. Die Länge der Querlenker 18, 19 und/oder deren jeweils wenigstens einer nicht dargestellter karosserieseitiger Anbindungspunkt sind durch die erfindungsgemäße Lenkwinkelvorrichtung 5 beeinflussbar oder veränderbar.
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In dem in den 3a und 3b gezeigten Ausführungsbeispiel weist die erste Mehrlenkerfahrzeugachse 20 neben den wenigstens zwei Querlenkern 18, 19 beispielsweise drei weitere Lenker 21, 22, 23 auf, darunter zwei Längslenker 21, 22 und einen weiteren Querlenker 23. Die Erfindung ist jedoch nicht auf diese Ausführungsform einer Mehrlenkerfahrzeugachse 20 beschränkt. Grundsätzlich kann jede Mehrlenkerfahrzeugachse 20 vorgesehen werden, welche wenigstens zwei Querlenker aufweist, die geeignet sind, um mit der Lenkwinkelvorrichtung 5 verbunden und durch diese betätigt zu werden, so dass ein Lenkwinkel der Räder der Fahrzeugachse durch die Querlenker einstellbar ist.
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Wie zuvor beschrieben, ist das erste Lenksystem 9 mit einem der beiden Querlenker 18 des jeweiligen Radträgers 13 der Fahrzeugachse 20 verbunden. Das erste Lenksystem 9 ist des Weiteren mit einem Lenkrad 16 und dessen Lenksäuleneinrichtung 17 gekoppelt. Das erste Lenksystem 9 weist ebenfalls wenigstens eine nicht dargestellte Betätigungseinrichtung auf, welche von einer Steuerungseinrichtung 15 der Lenkwinkelvorrichtung 5 gesteuert wird. Die Betätigungseinrichtung 15 ist derart ausgebildet, den zugeordneten Querlenker 18 zu betätigen, um einen von der Steuerungseinrichtung 15 vorbestimmten Lenkwinkel an dem Rad 8 des jeweiligen der beiden Radträger der Fahrzeugachse 20 einzustellen. Die Steuerungseinrichtung steuert beispielsweise zusätzlich auch das nachfolgend beschriebene zweite Lenksystem 10 der Lenkwinkelvorrichtung. Dabei kann für jeden der Querlenker 18 der beiden Räder der Fahrzeugachse 20 eine eigene oder eine gemeinsame Betätigungseinrichtung vorgesehen werden.
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Die Betätigungseinrichtung weist beispielsweise wenigstens einen Schrittmotor oder einen anderen geeigneten Elektromotor auf, der geeignet ist, den jeweiligen Querträger 18 zu betätigen.
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In dem in 3a und 3b gezeigten Ausführungsbeispiel wird zum Einstellen des Lenkwinkels an dem Rad 8 der Querlenker 18 durch die zugeordnete Betätigungseinrichtung beispielsweise verlängert und verkürzt oder ein- und ausgefahren, wie mit einem Doppelpfeil Q1 angedeutet ist. Der Querlenker 18 ist beispielsweise durch wenigstens einen Anbindungspunkt an die Karosserie angebunden. Zusätzlich oder alternativ kann daher durch die Betätigungseinrichtung karosserieseitig beispielsweise der nicht dargestellte wenigstens eine Anbindungspunkt des Querlenkers 18 zum Einstellen eines von der Steuerungseinrichtung 15 vorbestimmten Lenkwinkels an dem Rad 8 verschoben werden, beispielswiese hin zu oder weg von dem Radträger 13 und dem Rad 8, um so den Querträger 18 in Querrichtung oder Y-Richtung des Fahrzeugs hin zu oder weg von dem Radträger 13 und dem Rad 8 zu bewegen.
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Das erste Lenksystem 9 kann, wie zuvor mit Bezug auf 2 beschrieben, bei Bedarf eine Überlagerungslenkung bereitstellen, bei welcher ein von dem Fahrer durch Drehen des Lenkrads 16 eingegebener Lenkwinkel mit einem weiteren vorbestimmten oder definierten Winkel bzw. Lenkwinkel überlagert wird. Die Steuerungseinrichtung 15 steuert hierbei die Betätigungseinrichtung(en) des ersten Lenksystems 9 an, um den mit der Betätigungseinrichtung verbundenen Querlenker 18 des jeweiligen Radträgers 13 der Fahrzeugachse 20 derart zu betätigen, dass dem vom Fahrer durch Drehen des Lenkrads 16 eingegebenen Lenkwinkel ein von der Steuerungseinrichtung 15 vorbestimmter Winkel bzw. Lenkwinkel des ersten Lenksystems 9 überlagert wird. Die Steuerungseinrichtung 15 bestimmt, wie zuvor mit Bezug auf 2 beschrieben, beispielsweise mittels einer geeigneten Sensorik, den vom Fahrer durch Drehen des Lenkrads 16 eingestellten Lenkwinkel. Die Sensorik kann hierbei beispielsweise wenigstens einen Drehwinkelsensor und/oder einen Drehmomentsensor aufweisen usw. zur Bestimmung des Drehwinkels beim Drehen des Lenkrads durch den Fahrer.
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Der Winkel bzw. Lenkwinkel, mit welchem der Lenkwinkel des Fahrers überlagert wird, ist beispielsweise derart gewählt, dass die Stabilität oder Fahrweise des Fahrzeugs verbessert wird.
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Bei einer direkten Lenkung durch den Fahrer erfolgt keine Betätigung des Querlenkers 18 durch die Betätigungseinrichtung. Stattdessen wird die Mehrlenkerachse 20 durch das Drehen des Lenkrads 16 betätigt und ein Lenkwinkel durch den Fahrer eingestellt.
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Das erste Lenksystem 9 kann ebenfalls optional mit einer zusätzlichen Lenkkraftunterstützungseinrichtung ausgebildet sein. Die nicht dargestellte Lenkkraftunterstützungseinrichtung ist, wie zuvor mit Bezug auf 2 beschrieben, beispielsweise eine elektromechanische und/oder hydraulische Lenkkraftunterstützungseinrichtung und ist derart ausgebildet als Servounterstützung den Kraftaufwand des Fahrers bei der direkten Lenkung zu reduzieren.
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Das zweite Lenksystem 10 ist, wie zuvor beschrieben, ein autonomes Lenksystem zur Signal- und Kraftübertragung. In dem in 3a und 3b gezeigten Ausführungsbeispiel, ist das zweite Lenksystem 10 mit dem zweiten der beiden Querlenker 19 des jeweiligen Radträgers 13 der Mehrlenkerfahrzeugachse 20 verbunden. Das zweite Lenksystem 10 stellt eine steer-by-wire Lenkung bereit. Bei einer solchen sog. steer-by-wire Lenkung besteht keine mechanische Verbindung zwischen dem Lenkrad 16 mit dessen Lenksäuleneinrichtung 17 und der Fahrzeugachse 20. Der Lenkwinkel der Räder 8 der Fahrzeugachse 20 wird durch das zweite Lenksystem 10 bereitgestellt. Dabei kann für jeden der beiden Querlenker 19 eine eigene oder eine gemeinsame Betätigungseinrichtung vorgesehen werden. Die nicht dargestellte Betätigungseinrichtung kann, wie zuvor in Bezug auf das erste Lenksystem 9 beschrieben, beispielsweise wenigstens einen Schrittmotor oder einen anderen geeigneten Elektromotor aufweisen, der geeignet bzw. ausgebildet ist, den jeweiligen Querlenker 19 zu betätigen.
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Die Betätigungseinrichtung(en) des zweiten Lenksystems 10 wird bzw. werden durch eine Steuerungseinrichtung 15 gesteuert, welche beispielsweise auch die Steuerungseinrichtung 15 für das erste Lenksystem 9 bereitstellt. Die Steuerungseinrichtung 15 steuert die Betätigungseinrichtung(en) derart, dass diese die Querstange 19 des jeweiligen Radträgers 13 der Fahrzeugachse 20 betätigt, um einen von der Steuerungseinrichtung 15 vorgegebenen Lenkwinkel an dem Rad 8 des jeweiligen Radträgers 13 einzustellen. Die jeweilige Betätigungseinrichtung verändert dabei beispielsweise die Länge des Querlenkers 19 und verkürzt oder verlängert die Länge des Querlenkers in Querrichtung des Fahrzeugs, wie durch einen Doppelpfeil Q2 in den 3a und 3b angedeutet ist, oder bewegt z.B. den Querlenker 19 hin zu dem Rad 8 oder weg von dem Rad 8 in Querrichtung gemäß dem Doppelpfeil Q2, um einen Lenkwinkel des Rads 8 des Radträgers 13 einzustellen. Zusätzlich oder alternativ können durch die Betätigungseinrichtung(en) karosserieseitig beispielsweise der nicht dargestellte wenigstens eine Anbindungspunkt des Querlenkers 19 und gegebenenfalls weitere Anbindungspunkte der weiteren Lenker 21, 22, 23 der Mehrlenkerfahrzeugachse verändert oder verschoben werden, z.B. in Querrichtung oder Y-Richtung des Fahrzeugs, zum Einstellen eines von der Steuerungseinrichtung 15 vorbestimmten Lenkwinkels an dem Rad 8 des Radträgers 13.
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Bei dem in 3a und 3b gezeigten Ausführungsbeispiel der Lenkwinkelvorrichtung 5, können das erste und zweite Lenksystem 9, 10 zum Betätigen der Querstangen 18, 19 auch getauscht werden.
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Des Weiteren kann die zweite nicht dargestellte Fahrzeugachse des Fahrzeugs 4 z.B. ebenfalls als Mehrlenkerfahrzeugachse ausgebildet und hierbei zwei mit dem jeweiligen Radträger verbundene Querlenker mit einer Lenkwinkelvorrichtung, wie sie in dem Ausführungsbeispiel in den 3a und 3b gezeigt ist, verbunden sein.
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In 4a ist ein Ausschnitt eines Radträgers 13 einer Fahrzeugachse 24 eines Fahrzeugs 4 mit einer Lenkwinkelvorrichtung 5 gemäß einer dritten Ausführungsform der Erfindung gezeigt.
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Die dritte Ausführungsform der Lenkwinkelvorrichtung 5 gemäß der Erfindung ist, wie in 4a gezeigt eine Überlagerungs-Lenkwinkelvorrichtung. Bei der Überlagerungs-Lenkwinkelvorrichtung 5 kann der Lenkwinkel am Rad 8 gemeinsam durch die voneinander unabhängigen ersten und zweiten Lenksysteme 9, 10, durch nur eines der Lenksysteme 9, 10 oder mittels einer direkten Lenkung durch den Fahrer eingestellt werden. Bei einer direkten Lenkung stellt der Fahrer den Lenkwinkel an den Rädern 8 der Fahrzeugachse 24 durch Drehen des Lenkrads 16 ein. In diesem Fall, erfolgt keine Überlagerung des Lenkwinkels durch das erste und/oder zweite Lenksystem 9, 10 der Lenkwinkelvorrichtung 5.
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Das erste und zweite Lenksystem 9, 10 der Lenkwinkelvorrichtung 5 wirken bei der Lenkwinkelvorrichtung 5 gemäß der dritten Ausführungsform der Erfindung auf ein gemeinsames Koppelglied 25. Wie in dem Ausführungsbeispiel in 4a gezeigt ist, sind das erste und zweite Lenksystem 9, 10 mit dem gemeinsamen Koppelglied 25 gekoppelt. Das gemeinsame Koppelglied 25 ist des Weiteren mit dem Radträger 13 gekoppelt. Hierbei ist das gemeinsame Koppelglied 25 beispielsweise mit einer Spurstange 11 gekoppelt, wie in dem Ausführungsbeispiel in 4a gezeigt ist. Die Spurstange 11 ist wiederum mit dem Radträger 13 gekoppelt. In dem in 4a gezeigten Ausführungsbeispiel ist die Spurstange 11 beispielsweise mit einem Achsschenkel 26 des Radträgers 13 verbunden. Der Abstand der Spurstange 11 zu dem jeweiligen ersten bzw. zweiten Lenksystem 9, 10 definiert die Übersetzung, d.h. den Einfluss auf den Lenkwinkel am Rad 8. Der Abstand des ersten und zweiten Lenksystems 9, 10 zu der Spurstange 11 kann gleich groß oder unterschiedlich groß sein. In dem in 4a gezeigten Ausführungsbeispiel ist der Abstand zwischen dem ersten Lenksystem 9 und der Spurstange 11 größer als zwischen dem zweiten Lenksystem 10 und der Spurstange 11. Es kann sich jedoch auch umgekehrt verhalten und der Abstand zwischen dem ersten Lenksystem 9 und der Spurstange 11 kleiner als zwischen dem zweiten Lenksystem 10 und der Spurstange 11 sein.
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Wie bereits bei den zuvor mit Bezug auf die 2, 3a und 3b beschriebenen Ausführungsformen der Lenkwinkelvorrichtung 5, ist das erste Lenksystem 9, ein mechanisches Lenksystem zur Signal- und Kraftübertragung. Dabei ist ein Lenkrad 16 mit einer Lenksäuleneinrichtung 17 mit dem ersten Lenksystem 9 mechanisch gekoppelt. Das erste Lenksystem 9 weist eine Betätigungseinrichtung zum Steuern der Spurstange 11 des Rads 8 auf, welche durch eine nicht dargestellte Steuerungseinrichtung gesteuert wird. Dabei kann für jede der beiden Spurstangen 11 der Räder 8 der Fahrzeugachse eine eigene oder eine gemeinsame Betätigungseinrichtung vorgesehen werden. Die Betätigungseinrichtung weist beispielsweise wenigstens einen Schrittmotor oder einen anderen geeigneten Elektromotor auf, der geeignet ist, die jeweilige Spurstange 11 zu betätigen.
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Die Betätigungseinrichtung(en) wird bzw. werden derart durch die Steuerungseinrichtung gesteuert, dass ein erster Lenkwinkel durch das erste Lenksystem 9 an dem Rad 8 des Radträgers 13 einstellbar ist. Dieser erste Lenkwinkel kann zusätzlich durch einen zweiten Lenkwinkel des zweiten Lenksystems 10 überlagert werden, zum Bereitstellen eines vorbestimmten Lenkwinkels an dem Rad 8, wie in den nachfolgenden 4b und 4c gezeigt ist.
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Das zweite Lenksystem 10 ist, wie zuvor beschrieben, ein autonomes Lenksystem zur Signal- und Kraftübertragung. In dem in 4a gezeigten Ausführungsbeispiel, ist das zweite Lenksystem 10 mit dem gemeinsamen Koppelglied 25 verbunden. Zum Einstellen des zweiten Lenkwinkels weist das zweite Lenksystem 10 eine nicht dargestellte Betätigungseinrichtung auf, mit welcher das Koppelglied 25 und die mit dem Koppelglied 25 verbundene Spurstange 11 derart bewegt wird, dass ein vorbestimmter zweiter Lenkwinkel an dem Rad 8 eingestellt wird. Dabei kann für jede der beiden Spurstangen 11 der Räder 8 der Fahrzeugachse 24 eine eigene oder eine gemeinsame Betätigungseinrichtung vorgesehen werden. Die Betätigungseinrichtung weist beispielsweise wenigstens einen Schrittmotor oder einen anderen geeigneten Elektromotor auf, der geeignet ist, die jeweilige Spurstange zu betätigen.
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Die Betätigungseinrichtung(en) ist bzw. sind ebenfalls mit einer nicht dargestellten Steuerungseinrichtung der Lenkwinkelvorrichtung 5 verbunden, zum Einstellen eines von der Steuerungseinrichtung 25 vorbestimmten oder definierten zweiten Lenkwinkels der Räder 8 der Fahrzeugachse 24. Die Steuerungseinrichtung ist dabei vorzugsweise die Steuerungsvorrichtung welche auch das erste Lenksystem 9 steuert.
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Das zweite Lenksystem 10 stellt, wie zuvor beschrieben, eine sog. steer-by-wire Lenkung bereit. Der Lenkwinkel der Räder 8 der Fahrzeugachse 24 wird hierbei durch das zweite Lenksystem 10 eingestellt.
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Das erste und zweite Lenksystem 9, 10 können auch eine Überlagerungslenkung bereitstellen, bei welcher ein von dem Fahrer durch Drehen des Lenkrads 16 eingegebener Lenkwinkel mit dem durch das erste und zweite Lenksystem 9, 10 vorbestimmten oder definierten Winkel überlagert wird. Wie zuvor beschrieben, setzt sich dieser Winkel aus dem ersten und zweiten Lenkwinkel des ersten und zweiten Lenksystems 9, 10 zusammen. Die Steuerungseinrichtung steuert hierbei die jeweilige Betätigungseinrichtung(en) des ersten und zweiten Lenksystems 9, 10 derart an, das mit ihnen verbundene Kopplungsglied 25 zu betätigen, dass dem vom Fahrer durch Drehen des Lenkrads 16 eingegebenen Lenkwinkel ein von der Steuerungseinrichtung 25 vorbestimmter Winkel durch das erste und zweite Lenksystem 9, 10 überlagert wird.
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Wie in den zuvor mit Bezug auf die 2, 3a und 3b beschriebenen Ausführungsformen bestimmt die Steuerungseinrichtung beispielsweise mittels einer geeigneten Sensorik, den vom Fahrer durch Drehen des Lenkrads 16 eingestellten Lenkwinkel. Des Weiteren bestimmt die Steuerungseinrichtung anhand des eingestellten Lenkwinkels einen geeigneten Winkel bzw. ersten und zweiten Lenkwinkel des erste und zweiten Lenksystems 9, 10 zum Überlagern des Lenkwinkels des Fahrers und steuert die jeweilige Betätigungseinrichtung(en) des ersten und zweiten Lenksystems 9, 10 derart, dass der Lenkwinkel des Fahrers mit diesem Winkel überlagert wird.
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Wie zuvor beschrieben kann das erste Lenksystem 9 optional zusätzlich mit einer Lenkkraftunterstützungseinrichtung ausgebildet sein. Die nicht dargestellte Lenkkraftunterstützungseinrichtung ist beispielsweise eine elektromechanische und/oder hydraulische Lenkkraftunterstützungseinrichtung, welche als Servounterstützung den Kraftaufwand des Fahrers bei der direkten Lenkung reduziert.
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Die 4b und 4c zeigen, dass der Lenkwinkel am Rad 8 durch beiden Lenksysteme 9, 10 gebildet oder überlagert werden kann.
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In dem in 4b gezeigten Ausführungsbeispiel bewegt das erste Lenksystem 9 durch seine nicht dargestellte Betätigungseinrichtung(en) das eine Ende des Koppelglieds 25 in Richtung des Rads 8 und das zweite Lenksystem 10 das andere Ende des Koppelglieds 25 weg von dem Rad 8, wie durch die Pfeile P1, P2 in 4b angedeutet ist. Entsprechend wird die Spurstange 11 durch das Koppelglied 25 bewegt und ein Lenkwinkel an dem Rad 8 durch das erste und zweite Lenksystem 9, 10 eingestellt.
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Umgekehrt bewegt in dem in 4c gezeigten Ausführungsbeispiel das erste Lenksystem 9 durch seine Betätigungseinrichtung(en) das eine Ende des Koppelglieds 25 weg von dem Rad 8 und das zweite Lenksystem 10 das andere Ende des Koppelglieds 25 hin zu dem Rad 8, wie durch die Pfeile P1, P2 in 4a angedeutet ist. Entsprechend wird die Spurstange 11 durch das Koppelglied 25 bewegt und ein anderer Lenkwinkel an dem Rad 8 durch das erste und zweite Lenksystem 9, 10 eingestellt.
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Im nachfolgenden werden weitere Ausführungsbeispiele der zuvor mit Bezug auf die 2, 3a, 3b und 4a–4c beschriebenen Ausführungsformen der erfindungsgemäßen Lenkwinkelvorrichtung beschrieben.
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In einem Ausführungsbeispiel der zuvor anhand der Figuren beschriebenen erfindungsgemäßen Lenkwinkelvorrichtung kann das zweite Lenksystem 10 der Lenkwinkelvorrichtung 5, welches eine steer-by-wire Lenkung bereitstellt, beispielsweise abhängig von wenigstens einem oder mehreren Parametern angesteuert werden zum Bereitstellen eines Lenkwinkels an dem jeweiligen Rad einer Fahrzeugachse.
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In einem weiteren Ausführungsbeispiel der erfindungsgemäßen Lenkwinkelvorrichtung 5 kann das zweite Lenksystem 10 einen Lenkwinkel an dem zugeordneten Rad abhängig von der Fahrzeuggeschwindigkeit einstellen. Beispielsweise kann wenigstens ein Geschwindigkeitsschwellenwert vorgeben werden bis zu dem das zweite Lenksystem betätigt wird, zum Einstellen eines Lenkwinkels an einem zugeordneten Rad.
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Der Geschwindigkeitsschwellenwert kann beispielsweise derart festgelegt sein, dass er unterhalb oder auf der gesetzlich zulässigen Geschwindigkeitsgrenze für sog. steer-by-wire Lenkungssystemen liegt. Aktuell liegt diese Geschwindigkeitsgrenze gemäß ECE-R-79 bei 50km/h. Somit kann die vorbestimmte Geschwindigkeitsschwelle z.B. 50km/h betragen oder z.B. einen Wert in einem Bereich von 40km/h bis 49km/h aufweisen. Die Erfindung ist jedoch auf eine Geschwindigkeitsschwelle von 50km/h oder kleiner 50km/h nicht beschränkt und es kann jeder andere Wert, einschließlich eines Wert von größer 50km/h, vorgesehen werden, welcher als Geschwindigkeitsschwelle für sog. steer-by-wire Lenkungssystem geeignet ist oder z.B. durch eine gesetzliche Vorgabe vorgegeben ist usw.
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Der Geschwindigkeitsschwellenwert bis zu der das zweite Lenksystem 10 zum Einstellen eines Lenkwinkels bei einem Rad betätigt wird, kann sowohl als fester oder unveränderlicher Wert vorgegeben werden oder variabel gestaltet sein. Beispielsweise kann der Geschwindigkeitsschwellenwert abhängig von wenigstens einem oder mehreren Parametern durch einen Algorithmus oder wenigstens eine Funktion der Steuerungsvorrichtung des zweiten Lenksystems bestimmt oder angepasst werden. Beispielsweise kann der Geschwindigkeitsschwellenwert in Abhängigkeit von wenigstens einem Parameter, wie z.B. der Fahrzeuggeschwindigkeit, dem Reibwert der Straße, auftretendem Regen, der Umgebungstemperatur usw. durch die Steuerungseinrichtung bestimmt oder angepasst werden. Derartige Parameter wie die Fahrzeuggeschwindigkeit, der Reibwert der Straße, das Auftreten von Regen oder die Umgebungstemperatur usw. können über entsprechende Sensoren im Fahrzeug erfasst und als Signale oder Daten der Steuerungseinrichtung zugeführt werden. Die genannten Parameter sind lediglich beispielhaft und die Erfindung ist darauf nicht beschränkt.
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Des Weiteren kann der Geschwindigkeitsschwellenwert eine Hysterese aufweisen. Der Geschwindigkeitsschwellenwert kann dabei für steigende Geschwindigkeiten eine andere Hysterese aufweisen als für sinkende Geschwindigkeiten.
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Ebenso kann in einem weiteren erfindungsgemäßen Ausführungsbeispiel der Geschwindigkeitsschwellenwert durch einen Fahrzeugbenutzer selbständig festgelegt und/oder verändert werden. Hierbei kann der Fahrzeugbenutzer, vorzugsweise der Fahrer oder Fahrzeugeigentümer, beispielsweise bevor er den Geschwindigkeitsschwellenwert in einer zugeordneten Eingabeeinrichtung des Fahrzeugs einstellt oder verändert, informiert oder aufgeklärt werden, z.B. über eine Haftungsübernahme, mittels beispielsweise eines akustischen und/oder optischen Gerätes in dem Fahrzeug. Die Eingabeeinrichtung zur Eingabe des neuen Geschwindigkeitsschwellenwerts durch den Fahrzeugbenutzer ist mit der Steuerungseinrichtung des ersten und zweiten Lenksystems gekoppelt ist. Optional kann die Eingabeeinrichtung eine Authentifizierungseinrichtung für den Fahrzeugbenutzer aufweisen, beispielsweise einen Fingerabdruckleser usw.. Auf diese Weise kann beispielsweise erzielt werden, dass die Einstellung oder Veränderung des Geschwindigkeitsschwellenwerts nur von bestimmten Personen, wie z.B. dem Fahrzeugeigentümer, durchgeführt werden kann. Der Wert für den Geschwindigkeitsschwellenwert kann nach der Eingabe in die Eingabeeinrichtung und gegebenenfalls einer zusätzlichen optionalen Sicherheitsabfrage, auf den neuen Wert eingestellt werden, wobei der Wert dabei sowohl unterhalb als auch gegebenenfalls oberhalb der gesetzlich zulässigen Grenzen eingestellt werden kann. Durch die Sicherheitsabfrage kann beispielsweise vor dem Einstellen des neuen Geschwindigkeitsschwellenwerts bestimmt werden, ob der eingegebene Geschwindigkeitsschwellenwert zulässig oder ein nicht akzeptables Sicherheitsrisiko darstellt und daher eine Einstellung auf diesen Wert beispielsweise nicht durchgeführt oder abgebrochen wird. Die Daten zur Verstellung des Geschwindigkeitsschwellenwerts können optional als ein beliebiges geeignetes Signal, beispielsweise durch ein Funksignal oder ein anderes geeignetes drahtloses Signal, an eine datenverarbeitende Vorrichtung, z.B. einen externen Server, außerhalb des Fahrzeuges übertragen werden. Beispielsweise können die Daten der Verstellung des Geschwindigkeitsschwellenwerts als E-Mail Nachricht, Fax-Nachricht usw. an die datenverarbeitende Vorrichtung gesendet werden.
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In einer weiteren Ausführungsbeispiel der erfindungsgemäßen Lenkwinkelvorrichtung ist das zweite Lenksystem 10, welches eine steer-by-wire Lenkung bereitstellt, beispielsweise oberhalb der vorbestimmten Geschwindigkeitsschwelle in einer Geradeausstellung, der durch das Lenksystem einstellbaren Räder, blockierbar, beispielsweise mechanisch blockierbar, ausgebildet.
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In einem weiteren Ausführungsbeispiel der erfindungsgemäßen Lenkwinkelvorrichtung 5 weist das zweite Lenksystem 10 optional eine zusätzliche in den Figuren nicht dargestellte Rückstellvorrichtung auf, die bei einem Ausfall des Signal- oder Kraftpfades des zweiten Lenksystems die Geradeausstellung der durch das Lenksystem einstellbaren Räder oder Radachse anfährt und verriegelt. Die Rückstellung der mit dem zweiten Lenksystem verbundenen Räder durch die Rückstellvorrichtung in eine Geradeausstellung kann hierbei beispielsweise durch ein elastisches Element erfolgen, z.B. mittels wenigstens einem Federelement. Ebenso kann eine Rückstellkraft, beispielsweise ein Lenkrückstellmoment, der Rückstellvorrichtung zum Zurückstellen der Räder in die Geradeausstellung durch fahrdynamische und/oder statische Kräfte des Fahrwerks erfolgen. In einer weiteren Variante kann die Rückstellbewegung der Rückstellvorrichtung zum Bewegen der Räder in die Geradeausstellung optional durch wenigstens ein zusätzliches Dämpfungselement gedämpft werden. Die Dämpfung mittels des Dämpfungselements kann beispielsweise periodisch oder aperiodisch erfolgen. In einer weiteren Variante kann die Rückstellung durch wenigstens einen bezüglich der Lenkwinkelvorrichtung redundant ausgeführten Aktuator erfolgen, beispielsweise einen mechanischen, elektromechanischen, hydraulischen, pneumatischen und/oder elektromagnetischen Aktuator.
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In einem weiteren Ausführungsbeispiel der erfindungsgemäßen Lenkwinkelvorrichtung wird die Lenkwinkelvorgabe bzw. der Lenkwinkel an dem zugeordneten Rad der Fahrzeugachse, beispielsweise oberhalb des vorbestimmten Geschwindigkeitsschwellenwerts, allein durch das erste Lenkungssystem 9 umgesetzt, welches eine mechanische Lenkung bereitstellt.
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Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel der erfindungsgemäßen Lenkwinkelvorrichtung 5 kann die Lenkwinkelvorgabe oder Vorgabe eines Fahrtrichtungswunschs oberhalb des vorbestimmten Geschwindigkeitsschwellenwerts, die beispielsweise allein durch das erste Lenksystem 9 nicht umsetzbar ist, durch radindividuelle Bremseingriffe umgesetzt werden.
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Das erste Lenksystem 9 kann beispielsweise auf einen Lenkwinkel in einem Bereich z.B. zwischen 5° und 10° oder optional 45° an dem jeweils zugeordneten Rad begrenzt sein.
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In einem weiteren Ausführungsbeispiel der erfindungsgemäßen Lenkwinkelvorrichtung 5 kann die Lenkwinkelvorgabe bzw. der an dem jeweiligen Rad einzustellende Lenkwinkel bei einem Unterschreiten des Geschwindigkeitsschwellenwerts anteilig aus dem ersten Lenksystem, welches eine mechanische Lenkung bereitstellt, und dem zweiten Lenksystem, welches eine steer-by-wire Lenkung einstellt, bereitgestellt werden. Dieses Ausführungsbeispiel findet bei der zuvor mit Bezug auf die 4a–4c beschriebenen Lenkwinkelvorrichtung Anwendung, bei welcher die Räder einer Fahrzeugachse jeweils mit dem ersten und zweiten Lenksystem gekoppelt sind und ein Lenkwinkel an dem jeweiligen Rad durch beide Lenksysteme gemeinsam eingestellt wird. In einer Variante können sich die Anteile der durch das erste und zweite Lenksystem umgesetzten Lenkwinkel proportional oder allgemein als Funktion zur Differenz zwischen aktueller Fahrgeschwindigkeit und dem vorbestimmten Geschwindigkeitsschwellenwert verhalten.
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In einer weiteren Variante bzw. Ausführungsbeispiel können die Anteile der umgesetzten Lenkwinkel durch das erste und zweite Lenksystem 9, 10 in Abhängigkeit von der Fahrgeschwindigkeit als Parameter und wenigstens einem weiteren Parameter berechnet werden, beispielsweise mittels eines geeigneten Algorithmus. Ein weiterer Parameter ist beispielsweise der Reibwert des Fahrbahn, die Umgebungstemperatur usw.. Diese Parameter können über geeignete Sensoren im Fahrzeug direkt oder indirekt bestimmt und die Daten hierzu als Signal an die Steuerungseinrichtung der Lenksysteme weitergeleitet werden.
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In einer anderen Variante kann der Lenkwinkel als Summe aus dem Lenkwinkel des ersten Lenksystems 9 und dem Lenkwinkel des zweiten Lenksystems 10 auf einen vorbestimmten Wert beschränkt werden. Der Wert des vorbestimmten Lenkwinkels wird dabei beispielsweise durch die physikalisch umsetzbare maximale Seitenkraft beschränkt.
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Gemäß einer weiteren Variante kann in einem Fahrgeschwindigkeitsbereich von 0km/h bis zum vorbestimmten Geschwindigkeitsschwellenwert der Lenkwinkel am Rad abnehmend vorgesehen werden, wobei der Lenkwinkel durch das zweite Lenksystem als steer-by-wire Lenkung eingestellt wird. Die Abnahme des Lenkwinkels kann dabei beispielsweise linear oder gemäß einer anderen geeigneten mathematischen Funktion auch zumindest teilweise nichtlinear abnehmen.
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In einer weiteren Variante kann der Übergang des an dem jeweiligen Rad durch die Lenkwinkelvorrichtung einstellbaren Lenkwinkels als Funktion der Fahrgeschwindigkeit im Bereich des Geschwindigkeitsschwellenwerts beispielsweise einen harmonischen oder mathematisch stetigen Verlauf aufweisen.
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Gemäß einer Ausführungsform der erfindungsgemäßen Lenkwinkelvorrichtung können das erste und zweite Lenksystem an unterschiedlichen Fahrzeugachsen des Fahrzeugs wirken, wie beispielhaft in 2 gezeigt ist. Bei Fahrzeugen mit beispielsweise mehr als zwei Achsen kann jedes Lenksystem unterschiedliche, jedoch mehrere der Achsen gleichzeitig beeinflussen.
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Zusammenfassend bietet die vorliegende Erfindung unter anderem den Vorteil, dass ein Lenkwinkel an Rädern eines Fahrzeugs gezielt mittels der Lenkwinkelvorrichtung eingestellt werden kann, da die mechanische Lenkung und die steer-by-wire Lenkung der Lenkwinkelvorrichtung unabhängig voneinander erfolgen kann. Dadurch kann ein geeigneter Lenkwinkel an den Rädern über einen großen Fahrgeschwindigkeitsbereich des Fahrzeugs geeignet eingestellt werden.
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Obwohl die vorliegende Erfindung vorstehend anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele beschrieben wurde, ist sie nicht darauf beschränkt, sondern auf vielfältige Weise modifizierbar.
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Die zuvor beschriebenen Ausführungsformen der Lenkwinkelvorrichtung, sowie die beschriebenen Ausführungsbeispiele und Varianten davon sind miteinander kombinierbar, insbesondere einzelne Merkmale davon. Beispielsweise können an einer Fahrzeugachse die Lenkwinkel der beiden Räder mittels der Lenkwinkelvorrichtung gemäß der zweiten Ausführungsform, wie sie mit Bezug auf 3a und 3b, beschrieben wurde, eingestellt werden und die Lenkwinkel der beiden Räder der Fahrzeugachse, statt ebenfalls mit der Lenkwinkelvorrichtung gemäß 3a und 3b, mit der Lenkwinkelvorrichtung gemäß der dritten Ausführungsform gemäß der 4a–4c. Ebenso kann die Lenkwinkelvorrichtung gemäß der ersten Ausführungsform, wie sie in 2 beschrieben ist, auch mit der zweiten und/oder dritten Ausführungsform kombiniert werden, indem beispielsweise das erste Lenksystem an der einen Fahrzeugachse mit dem zweiten Lenksystem gemäß der zweiten oder dritten Ausführungsform der Lenkwinkelvorrichtung kombiniert wird. Gleiches gilt für das zweite Lenksystem der ersten Ausführungsform, wie es in 2 beschrieben ist. Dieses kann mit dem ersten Lenksystem gemäß der zweiten und dritten Ausführungsform der Lenkwinkelvorrichtung kombiniert werden. Grundsätzlich können die Lenkwinkel der Räder beider Fahrzeugachsen eines Fahrzeugs mittels der erfindungsgemäßen Lenkwinkelvorrichtung eingestellt werden oder auch nur der Lenkwinkel der Räder einer Fahrzeugachse.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- erster Kurvenverlauf
- 2
- zweiter Kurvenverlauf
- 3
- dritter Kurvenverlauf
- 4
- Fahrzeug
- 5
- Lenkwinkelvorrichtung
- 6
- Erste Fahrzeugachse
- 7
- Zweite Fahrzeugachse
- 8
- Rad
- 9
- Erstes Lenksystem
- 10
- Zweites Lenksystem
- 11
- Erste Spurstange
- 12
- Zweite Spurstange
- 13
- Erster Radträger
- 14
- Zweiter Radträger
- 15
- Steuerungseinrichtung
- 16
- Lenkrad
- 17
- Lenksäuleneinrichtung
- 18
- Erster Querlenker
- 19
- Zweiter Querlenker
- 20
- Mehrlenkerfahrzeugachse
- 21
- Erster Längslenker
- 22
- Zweiter Längslenker
- 23
- Dritter Querlenker
- 24
- Fahrzeugachse
- 25
- Koppelglied
- 26
- Achsschenkel
- P1, P2, Q1, Q2
- Pfeile
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 2807005 A1 [0003]
- US 2865339 [0003]
- DE 102011003087 A1 [0003]
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- DE 10220123 A1 [0007]
- DE 10315118 A1 [0008]