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Die Erfindung betrifft ein Fahrzeug mit einer Lenkachsanordnung umfassend: eine Lenkachse; zwei gelenkte Räder, wobei die gelenkten Räder um einen Lenkwinkel verschwenkbar an der Lenkachse angeordnet sind; eine Lenkanlage zur Vorgabe des Lenkwinkels an den gelenkten Rädern; mit mindestens zwei radselektiven Antrieben für zwei Räder an einer beliebigen Achse des Fahrzeugs; mit einer Steuereinrichtung, wobei die Steuereinrichtung ausgebildet ist, durch Kontrolle der radselektiven Antriebe das Fahrzeug in unterschiedliche Betriebszustände zu setzen, wobei einer der Betriebszustände als ein Kurvenfahrtbetriebszustand ausgebildet ist, in dem die gelenkten Räder in einer Kurvenstellung angeordnet sind, wobei in der Kurvenstellung der gelenkten Räder an der Lenkanlage ein IST-Gesamtrückstellmoment und/oder IST-Gesamtrückstellkraft anliegt, welche die Rückstellung der Lenkanlage in eine Geradeausstellung bewirkt, wobei in dem Kurvenfahrtbetriebszustand durch die Steuereinrichtung eine Kurvendrehmomentverteilung an den Rädern ansteuerbar ist und/oder angesteuert wird, wobei sich die Drehmomente an den Rädern um einen Differenzwert unterscheiden, so dass durch die Kurvendrehmomentverteilung im Vergleich zu einer Gleichverteilung der Drehmomente ein erstes Teilrückstellmoment als Anteil des IST-Gesamtrückstellmoment an der Lenkanlage erzeugt wird. Die Erfindung betrifft auch ein Verfahren zum Betreiben des Fahrzeugs.
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Bei Hybridfahrzeugen oder Elektrofahrzeugen werden u.a. Radmotoren eingesetzt, welche selektiv einem Rad zugeordnet sind. So weist beispielsweise eine Antriebsachse eines derartigen Hybrid- oder Elektrofahrzeugs eine Antriebsachse auf, wobei der Antriebsachse zwei Radmotoren zugeordnet sind, die jedes der Antriebsräder der Antriebsachse bewegen können. Im Fahrbetrieb ist es möglich, dass beide Radmotoren das gleiche Antriebsdrehmoment ausgeben, sodass das Hybrid- beziehungsweise Elektrofahrzeug angetrieben wird. Es ist jedoch auch möglich, dass die Radmotoren unterschiedliche Antriebsdrehmomente ausgeben, um die Kurvencharakteristik des Hybrid- beziehungsweise Elektrofahrzeugs zu verbessern. Dieses Verfahren ist unter anderem unter der Bezeichnung Torque-Vectoring bekannt. Die Antriebsachse ist üblicherweise als eine Hinterachse des Fahrzeugs ausgebildet.
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Eine andere Ausgestaltung zeigt die Offenlegungsschrift
DE 103 43 640 A1 , die wohl den nächstkommenden Stand der Technik bildet. In dieser Offenlegungsschrift wird ein Lenksystem für ein landwirtschaftliches oder industrielles Nutzfahrzeug sowie ein Verfahren zum Betreiben des Lenksystems vorgestellt. Das Nutzfahrzeug weist einen Verbrennungsmotor zum Antrieb der Räder einer Hinterachse auf. Den Rädern der Vorderachse ist jeweils ein Radmotor zugeordnet, die über eine Steuereinrichtung angesteuert werden können. In der Offenlegungsschrift wird vorgeschlagen, dass zum Unterstützen oder zum Bewirken eines Lenkens des Nutzfahrzeuges das zu übertragende Drehmoment eines kurvenäußeren Rads größer als das zu übertragende Drehmoment eines kurveninneren Rads ist. Somit werden in Abhängigkeit einer gewünschten Lenkstellung die Radmotoren von der Steuereinrichtung angesteuert. Anwendungsbeispiele betreffen das Fahren von Kurven mit geringen Radien oder ein Gegenlenken des Nutzfahrzeugs als Reaktion auf eine äußere Einwirkung, wie zum Beispiel bei einer Fahrt des Nutzfahrzeugs parallel zu einem Hang.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Fahrzeug vorzuschlagen, dessen Lenkeigenschaften verbessert sind. Diese Aufgabe wird durch ein Fahrzeug mit den Merkmalen des Anspruchs 1 sowie durch eine Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 10 gelöst. Bevorzugte oder vorteilhafte Ausführungsformen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen, der nachfolgenden Beschreibung sowie den beigefügten Figuren.
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Gegenstand der Erfindung ist ein Fahrzeug, welches bevorzugt als ein zweispuriges Fahrzeug ausgebildet ist. Besonders bevorzugt ist das Fahrzeug als ein Personenkraftwagen, Lastkraftwagen, Bus, etc. realisiert. Alternativ hierzu kann das Fahrzeug auch als ein Nutzfahrzeug ausgebildet sein. Alternativ ist das Fahrzeug als ein Dreirad ausgebildet.
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Das Fahrzeug weist eine Lenkachsanordnung auf, wobei die Lenkachsanordnung bevorzugt eine Vorderachse, jedoch auch eine Hinterachse oder eine Zwischenachse bilden kann.
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Die Lenkachsanordnung weist eine Lenkachse sowie zwei gelenkte Räder auf, wobei die gelenkten Räder um einen Lenkwinkel verschwenkbar an der Lenkachse angeordnet sind. Der Lenkwinkel der gelenkten Räder ist insbesondere so gewählt, dass dieser der Ackermann-Bedingung entspricht. Somit können die zwei gelenkten Räder relativ zu der Lenkachse einen identischen Lenkwinkel oder einen Lenkwinkel mit einer Differenz betragsmäßig weniger als 10 Grad, vorzugsweise weniger als 5 Grad, aufweisen. Die gelenkten Räder weisen insbesondere Reifen, im Speziellen Straßenreifen, auf.
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Die Lenkachsanordnung umfasst eine Lenkanlage zur Vorgabe des Lenkwinkels an den gelenkten Rädern. Vorzugsweise umfasst die Lenkanlage eine Stelleinrichtung zum Einstellen des Lenkwinkels. Bei der Stelleinrichtung kann es sich um eine manuelle Stelleinrichtung, wie zum Beispiel eine Lenksäule mit einem Lenkrad, oder um eine fremdenergiegestützte Stelleinrichtung, wie zum Beispiel einen elektrischen, hydraulischen oder pneumatischen Antrieb, etc. handeln. Die Lenkanlage ist mit den gelenkten Rädern derart wirkverbunden, dass der vorgegebene Lenkwinkel an den gelenkten Rädern eingestellt wird.
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Das Fahrzeug weist ferner mindestens zwei radselektive Antriebe auf, wobei die zwei radselektive Antriebe den Rädern einer beliebigen Achse des Fahrzeugs selektiv zugeordnet sind. Somit ist einer der radselektiven Antriebe exklusiv einem Rad und ein anderer radselektiver Antrieb exklusiv dem anderen Rad zugeordnet. Die Räder können als die gelenkten Räder ausgebildet sein. Alternativ oder ergänzend können die Räder auch einer anderen Achse, insbesondere einer ungelenkten Achse zugeordnet sein. Bevorzugt weisen die radselektiven Antriebe mindestens einen Elektromotor auf, der damit einen Traktionsmotor für das Fahrzeug bildet. Besonders bevorzugt weist jeder der radselektiven Antriebe einen separaten Elektromotor als Traktionsmotor auf. Im Speziellen sind die radselektiven Antriebe jeweils als ein Radmotor ausgebildet.
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Das Fahrzeug umfasst ferner eine Steuereinrichtung, welche als eine separate Steuereinrichtung oder auch als ein Teil einer übergeordneten Steuereinrichtung des Fahrzeugs ausgebildet sein kann. Die Steuereinrichtung ist programmtechnisch und/oder schaltungstechnisch ausgebildet, durch Kontrolle der radselektiven Antriebe das Fahrzeug in unterschiedliche Betriebszustände zu setzen. Die Kontrolle kann eine Steuerung und/oder Regelung umfassen.
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Einer der Betriebszustände ist als ein Kurvenfahrtbetriebszustand ausgebildet. In dem Kurvenfahrtbetriebszustand sind die gelenkten Räder der Lenkachsanordnung in einer Kurvenstellung angeordnet. Insbesondere sind die Räder um einen Lenkwinkel gegenüber einer Geradausstellung relativ zu der Lenkachse verschwenkt. In der Kurvenstellung der gelenkten Räder, insbesondere während einer Kurvenfahrt, liegt an der Lenkanlage ein Ist-Gesamtrückstellmoment und/oder IST-Gesamtrückstellkraft an, welches die Rückstellung der Lenkanlage in die Geradeausstellung bewirkt oder zumindest bewirken soll. Das Ist-Gesamtrückstellmoment umfasst ein statisches Teilrückstellmoment, welches z.B. durch eine Spreizung der gelenkten Räder gegeben ist, sowie ein dynamisches Teilrückstellmoment, welches durch die Kurvenfahrt des Fahrzeugs gegeben ist.
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Statt des Ist-Gesamtrückstellmoments oder ergänzend zu dem Ist-Gesamtrückstellmoment kann die IST-Gesamtrückstellkraft betrachtet werden.
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Die Steuereinrichtung ist ausgebildet, durch Steuerung der radselektiven Antriebe in dem Kurvenfahrtbetriebszustand eine Kurvendrehmomentverteilung an den Rädern zu bewirken, wobei sich die Drehmomente an den Rädern einer Achse um einen Differenzwert unterscheiden. Das von den radselektiven Antrieben ausgegebene Antriebsdrehmoment an den Rädern ist somit nicht gleich, sondern unterscheidet sich um den Differenzwert. Durch die Kurvendrehmomentverteilung wird im Vergleich zu einer Gleichverteilung der Drehmomente, wobei jeder radselektive Antrieb seinem zugeordneten Rad das gleiche Drehmoment ausgibt, ein erstes Teilrückstellmoment als Anteil des Ist-Gesamtrückstellmoments an der Lenkanlage erzeugt. Das erste Teilrückstellmoment kann so gerichtet sein, dass die Rückstellung der Lenkanlage in die Geradeausstellung bewirkt wird. Es ist jedoch auch möglich, dass das erste Teilrückstellmoment in eine Gegenrichtung dazu wirkt. Somit kann das erste Teilrückstellmoment das gleiche Vorzeichen oder das gegengesetzte Vorzeichen des Ist-Gesamtrückstellmoment aufweisen. Hintergrund dieser Ausgestaltung ist, dass durch die Kurvendrehmomentverteilung das Ist-Gesamtrückstellmoment erhöht oder erniedrigt werden kann.
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Im Rahmen der Erfindung wird vorgeschlagen, dass die Steuereinrichtung ausgebildet ist, die radselektiven Antriebe in einem Kontrollkreis zur Kontrolle des Ist-Gesamtrückstellmoments als eine erste Aktorik, insbesondere als ein erstes Stellglied, anzusteuern. Insbesondere ist der Kontrollkreis ausgebildet, das Ist-Gesamtrückstellmoment einem Soll-Gesamtrückstellmoment nachzuführen, wobei als eine erste Aktorik die radselektiven Antriebe eingesetzt werden. Der Kontrollkreis kann insbesondere als ein Regel- und/oder Steuerkreis zur Kontrolle des Ist-Gesamtrückstellmoments ausgebildet sein.
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Es ist dabei eine Überlegung der Erfindung, dass die Steuereinrichtung und der Kontrollkreis eingesetzt werden, um das Ist-Gesamtrückstellmoment an ein Soll-Gesamtrückstellmoment anzugleichen. Damit wird die aus der Kurvendrehmomentverteilung resultierende erstes Teilrückstellmoment in der Kontrollstrategie nicht zur Kompensation von Giermomenten behandelt, sondern als eine Stellgröße verwendet. Dieser konzeptionelle Unterschied führt dazu, dass durch die Steuerung der Kurvendrehmomentverteilung nicht auf ein vorgegebenes Kurvenverhalten abgezielt wird, wie dies üblicherweise bei Torque-Vectoring getan wird, sondern dass die Kurvendrehmomentverteilung zur Beeinflussung des Ist-Gesamtrückstellmoments als Stellgröße eingesetzt wird.
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Die weitere Ausgestaltung des Fahrzeugs kann aus folgenden Möglichkeiten ausgewählt sein:
Bei einer ersten möglichen Alternative sind die radselektiven Antriebe der Lenkachse zugeordnet, wobei die Lenkachse die einzige Traktionsachse des Fahrzeugs bildet. Insbesondere bilden die radselektiven Antriebe die einzigen und ausschließlichen Traktionsmotoren des Fahrzeugs. Optional umfasst das Fahrzeug eine weitere Achse, wobei die weitere Achse passiv ausgebildet ist.
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Bei einer zweiten Alternative der Erfindung weist das Fahrzeug einen weiteren Traktionsmotor auf, wobei vorzugsweise vorgesehen ist, dass der weitere Traktionsmotor auf eine weitere Achse des Fahrzeugs wirkt. Der weitere Traktionsmotor kann hierbei als ein weiterer Elektromotor oder als ein Verbrennungsmotor ausgebildet sein. Es ist auch möglich, dass die radselektiven Antriebe und/oder der weitere Elektromotor über einen Generator mit elektrischem Strom versorgt werden, welcher durch einen Verbrennungsmotor angetrieben ist.
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Bei einer bevorzugten dritten Alternative der Erfindung ist jedoch vorgesehen, dass das Fahrzeug eine weitere Achse aufweist, wobei die weitere Achse zwei Räder sowie zwei weitere radselektive Antriebe aufweist, welche den weiteren Rädern der weiteren Achse radselektiv zugeordnet sind. Es ist besonders bevorzugt, dass die Steuereinrichtung ausgebildet ist, die weiteren radselektiven Antriebe in dem Kontrollkreis als weitere Aktorik, insbesondere weiteres Stellglied anzusteuern. Insbesondere ist vorgesehen, dass durch eine weitere Kurvendrehmomentverteilung im Vergleich zu einer Gleichverteilung der Drehmomente an den weiteren Rädern ein weiteres Teilrückstellmoment als Anteil des Ist-Gesamtrückstellmoments an der Lenkanlage erzeugt wird. Somit ist die Steuereinrichtung über den Kontrollkreis in der Lage, das Ist-Gesamtrückstellmoment durch Ansteuerung der ersten Aktorik und optional ergänzend der weiteren Aktorik, insbesondere jeweils als Stellglieder zu kontrollieren und zu ändern, um dieses einem Soll-Gesamtrückstellmoment nachzuführen.
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Bevorzugt ist Gesamtheit der radselektiven Antriebe so dimensioniert, dass das Fahrzeug auf eine Geschwindigkeit größer als 100 km/h beschleunigt werden kann. In Abhängigkeit der Ausgestaltung der Erfindung kann es sich um die radselektiven Antriebe der Lenkachse und/oder um die radselektiven Antriebe der weiteren Achse handeln.
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Bei einer möglichen Weiterbildung der Erfindung ist einer der Betriebszustände als ein Rückstellbetriebszustand ausgebildet, wobei ausgehend von dem Kurvenfahrtbetriebszustand der Differenzwert bei der Kurvendrehmomentverteilung verändert wird, sodass das erste Teilrückstellmoment an der Lenkanlage gegenüber dem Kurvenfahrtbetriebszustand verändert ist. Optional ergänzend ist in dem Rückstellbetriebszustand vorgesehen, dass auch die weitere Kurvendrehmomentverteilung an der weiteren Achse hinsichtlich des Differenzwerts verändert wird, sodass das weitere Teilrückstellmoment an der Lenkanlage gegenüber dem Kurvenfahrtbetriebszustand verändert ist. Diese Weiterbildung reflektiert den Gedanken, dass das Soll-Gesamtrückstellmoment in dem Rückstellbetriebszustand ungleich zu dem Soll-Gesamtrückstellmoment des Kurvenfahrtbetriebszustands ausgebildet ist, wobei die Nachführung des Ist-Gesamtrückstellmoments durch Ansteuerung der ersten Aktorik und optional ergänzend der weiteren Aktorik erfolgt. Somit erlaubt das erfindungsgemäße Fahrzeug, in Abhängigkeit des vorliegenden Betriebszustands zur Realisierung von unterschiedlichen Soll-Gesamtrückstellmomenten durch Kontrolle der Aktoriken unterschiedliche Teilrückstellmomente bereitzustellen.
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Bei einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung weist die Lenkachsanordnung eine Lenkkraftunterstützungseinrichtung auf. Die Lenkkraftunterstützungseinrichtung wird mit Fremdenergie betrieben und kann beispielsweise hydraulisch oder pneumatisch ausgelegt sein.
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Die Lenkkraftunterstützungseinrichtung stellt ein zweites Teilrückstellmoment als Anteil des Ist-Gesamtrückstellmoments bereit, wobei die Steuereinrichtung ausgebildet ist, die Lenkkraftunterstützungseinrichtung in dem Kontrollkreis als zweite Aktorik, insbesondere zweites Stellglied anzusteuern. Die Nachführung des Soll-Gesamtrückstellmoments wird somit über die erste Aktorik, optional die weitere Aktorik und bei dieser bevorzugten Weiterbildung über die zweite Aktorik umgesetzt.
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Bei einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung ist die Lenkkraftunterstützungseinrichtung als eine elektrische Lenkkraftunterstützungseinrichtung ausgebildet.
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Es ist besonders bevorzugt, dass das Fahrzeug ein erstes elektrisches Versorgungssystem für radselektiven Antriebe und ein zweites elektrisches Versorgungssystem für die Lenkkraftunterstützungseinrichtung aufweist. Das erste und das zweite elektrische Versorgungssystem sind unabhängig voneinander betreibbar. Insbesondere kann vorgesehen sein, dass das erste elektrische Versorgungssystem auch bei einer Deaktivierung oder bei einem Ausfall, insbesondere unerwartetem Ausfall, des zweiten elektrischen Versorgungssystems immer noch zur Verfügung steht. Beispielsweise ist das erste elektrische Versorgungssystem für eine Versorgungsspannung von 48 Volt und das zweite elektrische Versorgungssystem für eine Versorgungsspannung von 12 Volt ausgelegt. Für den Fall, dass das zweite elektrische Versorgungssystem ausfällt und damit auch die elektrische Lenkkraftunterstützungseinrichtung deaktiviert wird, kann über den Kontrollkreis durch Ansteuerung der ersten und optional ergänzend der weiteren Aktorik eine z.B. auch vom Gesetzgeber zwingend gefordertes Ist-Gesamtrückstellmoment erzeugt werden.
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Besonders bevorzugt ist vorgesehen, dass einer der Betriebszustände als ein Notfallbetriebszustand ausgebildet ist, wobei die Lenkkraftunterstützungseinrichtung und/oder das zweite elektrische Versorgungssystem deaktiviert oder ausgefallen sind, wobei die Steuereinrichtung ausgebildet ist, das zweite Teilrückstellmoment durch die erste und optional ergänzend die weitere Aktorik zu substituieren. Betrachtet man den Kontrollkreis, so führt der Ausfall der Lenkkraftunterstützungseinrichtung dazu, dass die zweite Aktorik als Stellglied wegbricht. Die Steuereinrichtung ist in dem Notfallbetriebszustand ausgebildet, den Anteil des ersten Teilrückstellungsmoments und optional ergänzend das weitere Teilrückstellmoment zu erhöhen, bis das vorgegebene Soll-Gesamtrückstellmoment erreicht ist. Auf diese Weise ist eine ausreichende Rückstellung der Lenkanlage in jeder Betriebssituation sichergestellt.
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Die Lenkanlage kann als ein Lenkgetriebe ausgebildet sein, wobei die Stelleinrichtung zum Beispiel als eine Lenksäule mit einem Lenkrad realisiert ist, um den Lenkwinkel vorzugeben. Alternativ hierzu ist die Lenkanlage als ein Steer-by-Wire-System ausgebildet, wobei die Stelleinrichtung als ein zum Beispiel elektrischer Aktor ausgebildet ist, der den Lenkwinkel mechanisch vorgibt.
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Ein weiterer Gegenstand betrifft ein Verfahren zum Betreiben des Fahrzeugs wie dies zuvor beschrieben wurde in einem, einigen oder allen Betriebszuständen wie diese zuvor beschrieben wurden.
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Weitere Merkmale, Vorteile und Wirkungen der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung bevorzugter Ausführungsbeispiele der Erfindung sowie der beigefügten Figuren. Dabei zeigen:
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1 eine schematische Darstellung eines Fahrzeugs als ein erstes Ausführungsbeispiel der Erfindung;
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2 ein Fahrzeug in gleicher Darstellung als ein zweites Ausführungsbeispiel der Erfindung;
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3 ein Fahrzeug in gleicher Darstellung wie die vorhergehenden Figuren als drittes Ausführungsbeispiel der Erfindung;
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4 ein Fahrzeug in gleicher Darstellung wie die vorhergehenden Figuren als viertes Ausführungsbeispiel der Erfindung.
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Die 1 zeigt in einer schematischen Darstellung ein Fahrzeug 1 als ein Ausführungsbeispiel der Erfindung in einer Draufsicht von oben. Das Fahrzeug 1 weist eine erste Achse 2 und eine zweite Achse 3 auf, wobei die erste Achse 2 als eine Vorderachse und die zweite Achse 3 als eine Hinterachse ausgebildet ist. Insbesondere ist das Fahrzeug 1 als ein zweispuriges Fahrzeug 1 ausgebildet. Die erste Achse 2 wird durch eine Lenkachsanordnung 4 gebildet und weist zwei gelenkte Räder 5 auf, welche an einer Lenkachse 6 um einen Lenkwinkel alpha verschwenkbar angeordnet sind. Der Lenkwinkel alpha beträgt beispielsweise mindestens +/–10 Grad, vorzugsweise mindestens +/–20 Grad.
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Die zweite Achse 3 weist weitere Räder 7 auf, welche jedoch stets geradeauslaufend an der zweiten Achse 3 angeordnet sind, so dass die zweite Achse 3 eine ungelenkte Achse bildet. Die zweite Achse 3 kann als eine passive Achse, also als eine Achse ohne Traktionsmotor, ausgebildet sein. Bei alternativen Ausführungsbeispielen weist die zweite Achse 3 einen Traktionsmotor 8 auf, welcher als ein Verbrennungsmotor oder als ein Elektromotor ausgebildet sein kann.
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Die Lenkachsanordnung 4 weist ferner eine Lenkanlage 9 auf, welche über die Lenkachse 6 mit den gelenkten Rädern 5 wirkverbunden ist. Die Lenkanlage 9 kann über die Lenkachse 6 den Lenkwinkel alpha an den gelenkten Rädern 5 vorgeben. Beispielsweise ist die Lenkachse 6 als eine Achsschenkellenkung ausgebildet.
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Die Lenkanlage 9 ist mit einer Stelleinrichtung 10 wirkverbunden, über die der Lenkwinkel alpha vorgegeben werden kann. Bei der Kombination der Lenkanlage 9 und der Stelleinrichtung 10 kann es sich um ein Lenkgetriebe handeln, wobei der Lenkwinkel beispielsweise über ein Lenkrad und eine Lenksäule mechanisch vorgegeben wird. In dieser Ausgestaltung ist die Stelleinrichtung 10 als eine manuelle Stelleinrichtung 10 ausgebildet. Alternativ hierzu kann die Lenkanlage 9 und die Stelleinrichtung 10 auch als eine Steer-by-Wire-Einrichtung ausgebildet sein, wobei die Stelleinrichtung 10 als eine fremdenergiebetriebene, insbesondere elektrisch betriebene, Stelleinrichtung 10 ausgebildet ist.
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Jedem der gelenkten Räder 5 ist ein radselektiver Antrieb 11 zugeordnet, wobei der radselektive Antrieb 11 in der 1 und in den nachfolgenden Figuren nur schematisiert dargestellt ist. Die radselektiven Antriebe 11 sind so ausgebildet, dass diese unterschiedliche Drehmomente Mvr (Drehmoment vorne rechts) und Mvl (Drehmoment vorne links) auf die gelenkten Räder 5 aufbringen können. Bei diesem Ausführungsbeispiel handelt es sich bei den radselektiven Antrieben 11 um mindestens einen Elektromotor. Es ist bei diesem Ausführungsbeispiel sogar vorgesehen, dass jedem der gelenkten Räder 5 ein separater Elektromotor zugeordnet ist. Insbesondere sind die radselektiven Antriebe 11 als Radmotoren ausgebildet, welche jeweils ausschließlich mit dem zugeordneten gelenkten Rad 5 wirkverbunden sind.
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Das Fahrzeug 1 weist eine Steuereinrichtung 12 auf, welche ausgebildet ist, ein Ist-Gesamtrückstellmoment an der Lenkanlage 9 zu erfassen oder zu bestimmen. Das Ist-Gesamtrückstellmoment an der Lenkanlage 9 ist das Moment, das in einer Kurvenstellung der gelenkten Räder 5 an der Lenkanlage 9 anliegt und welches die Rückstellung der Lenkanlage 9 in eine Geradeausstellung bewirkt. Die Erfassung und/oder Bestimmung des Ist-Gesamtrückstellmoments kann beispielsweise über einen Sensor 13 in der Lenkachse 6, insbesondere in der Lenkanlage 9 oder der Stelleinrichtung 10 umgesetzt werden.
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Die Steuereinrichtung 12 ist ausgebildet, durch Kontrolle der radselektiven Antriebe 11 das Fahrzeug 1 in unterschiedliche Betriebszustände zu setzen. In der Steuereinrichtung 12 ist ein Kontrollkreis umgesetzt. Der Kontrollkreis kann als ein Softwaremodul, eine Schaltung oder eine Kombination aus beiden Möglichkeiten realisiert sein. Der Kontrollkreis ist ausgebildet, das Ist-Gesamtrückstellmoment zu kontrollieren und zur Kontrolle des Ist-Gesamtrückstellmoments die radselektiven Antriebe 11 der Lenkachsanordnung 4 als eine erste Aktorik anzusteuern.
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Der Ausbildung liegt die Überlegung zugrunde, dass durch eine Kurvendrehmomentverteilung, wobei sich die Drehmomente Mvr und Mvl an den gelenkten Rädern 5 um einen Differenzwert im Vergleich zu einer Gleichverteilung der Drehmomente an den gelenkten Rädern 5 unterscheiden, ein erstes Teilrückstellmoment als Anteil des Ist-Gesamtrückstellmoments an der Lenkanlage 9 erzeugt werden kann. Die Größe des ersten Teilrückstellmoments wird in Abhängigkeit oder durch Vorgabe des Differenzwerts bei der Kurvendrehmomentverteilung durch die Steuereinrichtung 12, insbesondere durch den Kontrollkreis, eingestellt.
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Beispielsweise ist der Kontrollkreis als ein Steuer- und/oder Regelkreis ausgebildet, wobei ein Soll-Gesamtrückstellmoment vorgegeben ist und der Kontrollkreis ausgebildet ist, das Ist-Gesamtrückstellmoment dem Soll-Gesamtrückstellmoment nachzuführen. Das Soll-Gesamtrückstellmoment kann konstant sein oder in Abhängigkeit des Betriebszustands des Fahrzeugs und weiterer Parameter, wie zum Beispiel dem Lenkwinkel, der Geschwindigkeit, dem Gewicht, etc. vorgegeben werden. Damit bilden die radselektiven Antriebe 11 ein erstes Stellglied in dem Kontrollkreis zur Kontrolle des Ist-Gesamtrückstellmoments.
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Beispielsweise kann durch die Steuereinrichtung 12 ein weiterer Betriebszustand, nämlich ein Rückstellbetriebszustand, angesteuert werden, wobei ausgehend von dem Kurvenfahrtbetriebszustand der Differenzwert verändert wird, sodass das erste Teilrückstellmoment an der Lenkanlage 9 gegenüber dem Kurvenfahrtbetriebszustand verändert ist. Dieser zweite Betriebszustand unterstreicht nochmals das technische Konzept, die radselektiven Antriebe 11 als Stellglied in dem Kontrollkreis zu verwenden.
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Bei dem in der 1 dargestellten Betriebszustand werden von der Steuereinrichtung 12, insbesondere von dem Kontrollkreis die radselektiven Antriebe 11 so angesteuert, dass das Drehmoment Mvr größer als das Drehmoment Mvl. Auf diese Weise wird ein erstes Teilrückstellmoment erzeugt, das gegen das IST-Gesamtrückstellmoment gerichtet ist.
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Die 2 zeigt eine alternative Ausgestaltung des Fahrzeugs 1 in der 1, wobei die radselektiven Antriebe 11 nicht an der ersten Achse 2, sondern an der zweiten Achse 3, insbesondere der ungelenkten Hinterachse, angeordnet sind. Die radselektiven Antriebe 11 können mit den gleichen Varianten ausgelegt sein wie die radselektiven Antriebe 11 in der 1. In der 2 bilden die radselektiven Antriebe 11 der zweiten Achse 3 eine zweite Aktorik und/oder das Stellglied für den Kontrollkreis. Die Funktionsweise ist dabei analog zu der Funktionsweise in der 1. Insbesondere kann ebenfalls ein Kurvenfahrtbetriebszustand mit einem ersten Differenzwert und ein Rückstellbetriebszustand mit einem zweiten Differenzwert bei der Kurvendrehmomentverteilung an den weiteren Rädern 7 angesteuert werden. Die 2 zeigt den gleichen Betriebszustand wie in der 1, wobei von der Steuereinrichtung 12, insbesondere von dem Kontrollkreis die radselektiven Antriebe 11 so angesteuert werden, dass das Drehmoment Mhr (Drehmoment hinten rechts) größer als das Drehmoment Mhl (Drehmoment hinten links) ist. Auf diese Weise wird ein zweites Teilrückstellmoment erzeugt, das gegen das IST-Gesamtrückstellmoment gerichtet ist.
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Die 3 zeigt ein drittes Ausführungsbeispiel der Erfindung, wobei sowohl die gelenkten Räder 5 als auch die weiteren Räder 7 jeweils über einen radselektiven Antrieb 11 verfügen, wobei die radselektiven Antriebe 11 über die Steuereinrichtung 12 angesteuert werden können. Die radselektiven Antriebe 11 der ersten Achse 2, ausgebildet als die Vorderachse, bilden eine erste Aktorik oder ein erstes Stellglied in dem Kontrollkreis und die radselektiven Antriebe 11 der zweiten Achse 3, ausgebildet als ungelenkte Hinterachse, bilden die zweite Aktorik oder ein zweites Stellglied in der Steuereinrichtung 12, insbesondere in dem Kontrollkreis zur Kontrolle des Ist-Gesamtrückstellmoments an der Lenkanlage 9.
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Die 4 zeigt ein viertes Ausführungsbeispiel der Erfindung, wobei radselektive Antriebe 11 jeweils für die gelenkten Räder 5 als auch für die weiteren Räder 7 vorgesehen sind. Neben dem Ausführungsbeispiel wie dies in der 4 gezeigt ist, wobei jedes der Räder 5, 7 einen radselektiven Antrieb 11 aufweist, kann analog zu den 1 und 2 auch vorgesehen sein, dass nur die erste Achse 2 radselektive Antriebe 11 aufweist und die zweite Achse 3 keine radselektiven Antriebe 11 aufweist, oder wie in der 2, dass die erste Achse 2 keine radselektiven Antriebe 11 aufweist und die zweite Achse 3 die radselektiven Antriebe 11 aufweist.
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Ergänzend zu dem Aufbau weist das Fahrzeug 1 in der 4 eine Lenkkraftunterstützungseinrichtung 15 auf. Die Lenkkraftunterstützungseinrichtung 15 dient dazu, die in die Lenkanlage 9 eingebrachte Lenkkraft oder Lenkmoment mit einem weiteren Teilrückstellmoment zu unterstützen. In dieser Ausgestaltung ist die Lenkkraftunterstützungseinrichtung 15 als eine elektrische Lenkkraftunterstützungseinrichtung 15 ausgebildet, welche über ein zweites elektrisches Versorgungssystem 17 mit einer Spannung von 12 Volt betrieben wird. Die radselektiven Antriebe 11 werden dagegen über ein erstes elektrisches Versorgungssystem 16 versorgt, welches ein höheres Spannungsniveau, zum Beispiel 48 Volt, aufweist. Die Steuereinrichtung 12 ist ausgebildet, die Lenkkraftunterstützungseinrichtung 15 als weitere Aktorik oder Stellglied in dem Kontrollkreis zu verwenden, sodass – je nach Ausgestaltung – die erste Aktorik und/oder die zweite Aktorik und zudem die dritte Aktorik in dem Kontrollkreis zur Kontrolle des Ist-Gesamtrückstellmoments verwendet werden.
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Die Steuereinrichtung 12 ist ausgebildet, als weiteren Betriebszustand einen Notbetriebszustand umzusetzen, wobei nach Deaktivierung oder Ausfall der Lenkkraftunterstützungseinrichtung 15 und/oder des zweiten elektrischen Versorgungssystems 17 das fehlende Teilrückstellmoment der Lenkkraftunterstützungseinrichtung 15 durch Anpassung des ersten Teilrückstellmoments der ersten und/oder zweiten Aktorik zu substituieren und/oder zu kompensieren. Fällt somit überraschenderweise das zweite elektrische Versorgungssystem 17 und/oder die Lenkkraftunterstützung 15 aus, so bildet die Steuereinrichtung 12 mit den radselektiven Antrieben 11 ein redundantes System, welches das fehlende Teilrückstellmoment der Lenkkraftunterstützungseinrichtung 15 durch Ansteuerung der radselektiven Antriebe 11 substituiert.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Fahrzeug
- 2
- erste Achse (Vorderachse)
- 3
- zweite Achse (Hinterachse)
- 4
- Lenkachsanordnung
- 5
- gelenkte Räder
- 6
- Lenkachse
- 7
- Räder
- 8
- Traktionsmotor
- 9
- Lenkanlage
- 10
- Stelleinrichtung
- 11
- radselektive Antriebe
- 12
- Steuereinrichtung
- 13
- Sensor
- 14
- leer
- 15
- Lenkkraftunterstützungseinrichtung
- 16
- erstes elektrisches Versorgungssystem
- 17
- zweites elektrisches Versorgungssystem
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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