Verfahren zum Lenken eines Fahrzeuges, Steuerung für ein Kraftfahrzeug sowie
Kraftfahrzeug
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Lenken bzw. Steuern eines Fahrzeuges, welches eine Vorderachslenkung und insbesondere eine Hinterachslenkung aufweist.
Ein Problem, welches der Erfindung zu Grunde liegt, besteht in der Spurhaltung oder Richtungsstabilisierung eines Fahrzeuges, insbesondere eines Kraftfahrzeuges. Zur Lösung dieses Problems wurden so genannte Fahrerassistenzsysteme,
insbesondere Spurhalteassistenten (lane keeping assistant) vorgeschlagen, welche auch bei heutigen Fahrzeugen eingesetzt werden. Bei passiven Spurhalteassistenten wird der Fahrer beim Verlassen der Spur durch optische, akustische oder haptische Signale, z. B. durch Vibration des Lenkrades oder des Sitzes auf das Verlassen der Spur aufmerksam gemacht. Bei aktiven Spurhaltesystemen greift eine Steuerung in die Lenkung der Vorderräder ein, d. h. es wird ein Einschlag des Lenkrades und der Vorderräder erzeugt, was vom Fahrer wahrgenommen und häufig als unangenehmer Eingriff empfunden wird.
Es ist eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, weitere Potentiale bei der
Spurhaltung oder Richtungsstabilisierung von Fahrzeugen auszuschöpfen.
Die Lösung ist durch die Merkmale der unabhängigen Patentansprüche angegeben. Vorteilhafte Ausgestaltungen ergeben sich aus den Unteransprüchen.
Bei dem aus der DE 11 2004 001 258 B4 bekannten Lenksystem ist vorgesehen, dass bei einer Fehlfunktion einer der beiden Lenkungen die fehlerhafte Lenkung abgeschaltet, auf Null gestellt (Geradeausfahrt) und nur die andere funktionsfähige Lenkung weiter benutzt wird. Fällt beispielsweise die Vorderachslenkung aus, wird sie zentriert und abgeschaltet, und das Fahrzeug wird nur noch mit der
Hinterachslenkung gelenkt.
Erfindungsgemäß werden zur Spurhaltung bzw. Beibehaltung der Trajektorie oder zur Richtungsstabilisierung des Fahrzeuges Eingriffe in die Hinterachse
vorgenommen, wobei zur Vermeidung einer Rückstellung der Vorderräder Eingriffe in die Vorderachslenkung vorgenommen werden.
Unter Eingriffen in die Hinterachse ist sowohl das jeweilige oder gemeinsame Lenken der Hinterräder mit Veränderung des Radlenkwinkels als auch Lenken durch gezieltes Abbremsen oder Beschleunigen von Rädern an der Hinterachse gemeint. Jedenfalls wird durch die vorgenannten Eingriffe ein Giermoment um die Hochachse des Fahrzeugs und somit auch eine auf die Vorderachse bzw. die Vorderräder wirkende Seitenkraft bewirkt.
Da die Vorderräder mit Nachlauf an der Vorderachse angelenkt sind, wird bei einer Auslenkung des Hecks in eine Richtung an der Vorderachse eine Seitenkraft in entgegengesetzter Richtung erzeugt. Bei einem Lenken der Hinterräder nach hinten außen rechts würden die Vorderräder sich aufgrund ihres Nachlaufes in etwa gleichsinnig zu den Hinterrädern ausrichten wollen. Dadurch wird letztlich das Fahrzeug in eine Art seitlich Parallelbewegung (Krebsgang) versetzt. Die Wirkung der Auslenkung des Fahrzeuges an der Hinterachse wird reduziert. Dieses kann verhindert werden, wenn der Radlenkwinkel der Vorderräder zumindest temporär festgelegt wird.
Als Nachlauf bzw. Nachlaufstrecke wird der Abstand in Längsrichtung zwischen Spurpunkt (dem Durchstoßpunkt der Lenkungsdrehachse durch die Fahrbahnfläche) und Radaufstandspunkt bezeichnet. Der Radaufstandspunkt liegt üblicherweise in Fahrtrichtung hinter dem Spurpunkt (positiver Nachlauf), so dass das Rad der Lenkungsdrehachse nachläuft. Es dreht sich somit von selbst in die gewünschte Fahrtrichtung - wie zum Beispiel beim Schieben eines Einkaufswagens. Durch den Nachlauf entsteht bei einem Lenkausschlag ein Rückstellmoment. Das
Rückstellmoment bei Kurvenfahrt ist an der Lenkung spürbar. Es gibt dem Fahrer gemeinsam mit der Querbeschleunigung eine Rückmeldung über die Kurvenfahrt und über den Kontakt zwischen Reifen und Straße.
Der damit erreichte Vorteil besteht darin, dass diese Eingriffe das Spurhalten bewirken und vom Fahrer praktisch nicht wahrgenommen werden. D. h., der Fahrer fährt seine mittels des Lenkrades vorgegebene Fahrrichtung bzw. Trajektorie (Bahn
oder Bewegungspfad des Fahrzeuges) und spürt keine Bewegung und damit quasi kein Moment am Lenkrad, wie dieses ansonsten bei einer aktiven Lenkung der Fall ist. Der Eingriff in die Hinterachse wirkt vielmehr als Unterstützung des Fahrers und wird nicht als Bevormundung aufgrund eines Lenkeingriffes an der Vorderachse bemerkt. Es ermöglicht ein Fahren mit geringem Lenkaufwand und wird als komfortables spurtreues Fahren wahrgenommen. Wenn das Fahrzeug, zumindest für den ungeübten Fahrer, unkontrollierbar übersteuert wirkt sich der Eingriff zudem fahrzeugstabilisierend aus.
Nach einer bevorzugten Verfahrensvariante erfolgt der Eingriff in die Hinterachse ausschließlich durch eine Veränderung des Radlenkwinkels an den Hinterrädern, d. h. durch Verändern des Radeinschlages der Hinterräder gegenüber der Karosserie. Zumindest ein Steller oder Aktuator, welcher den Radeinschlag der Hinterräder direkt oder über eine Spurstange bewirkt, erhält von einer Steuereinrichtung bzw.
Steuerung ein entsprechendes Signal und stellt den gewünschten
Hinterradlenkwinkel ein. Der zumindest eine Aktuator ist dabei mit jeweils einem oder den das jeweiligen Rad drehbar lagernde Radträgern gekoppelt, an dem der
Radlenkwinkel eingestellt werden soll.
Nach einer weiteren bevorzugten Verfahrensvariante erfolgt der Eingriff durch eine Beeinflussung des Giermoments, indem unterschiedliche Antriebs- oder
Bremsmomente auf die Hinterräder wirken.
Dies kann beispielsweise durch Erhöhung des Antriebsmomentes an zumindest einem Hinterrad oder durch Abbremsen zumindest eines Hinterrades erreicht werden. Eine individuelle Verteilung des Antriebsmoments, auch Torque-vectoring oder Active Yaw Control genannt, wird mittels eines aktiven Hinterachsdifferentials, welches hierzu z.B. spezielle schaltbare Kupplungen aufweist, möglich.
Alternativ zu einem solchen Hinterachsdifferential kann dieselbe Wirkung mittels radindividueller Antriebe, z.B. mit Elektromotoren erzielt werden. So können
Einzelradantriebe vorgesehen sein, die in Einzelrad- oder auch in
Verbundlenkerradaufhängung ausgeführt sind.
Alternativ oder auch zusätzlich sind die Eingriffe in die Hinterachse auch mittels einer Fahrdynamikregelung wie z.B. ESC/ESP (Electronic Stability Control/Elektronisches Stabilitäts Programm) möglich. Es wird damit ein gezieltes Abbremsen von
zumindest einem Rad möglich.
Der Eingriff an der Hinterachse mittels Torque-Vectoring bewirkt, ebenso wie mit ESC/ESP, ein Giermoment um die Hochachse und hat eine Lenkwirkung auf das Fahrzeug durch kontrollierte Umverteilung von Radmomenten. Die Wirkung einer Lenkbewegung der Räder an der Hinterachse unterscheidet sich hiervon. Letztlich wird allerdings ein gewünschtes bzw. gezieltes Lenken des Fahrzeugs möglich.
Es besteht also die Erkenntnis, dass die Vorderräder bei einer Lenkung der
Hinterräder oder bei einem auf das Fahrzeug wirkenden Giermoment derart reagieren, dass aufgrund der Vorderachsgeometrie bzw. der herkömmlichen
Radaufhängung an den Vorderrädern mit Nachlauf diese zu einer Rückstellung bzw. gegenläufigen Änderung des Radlenkwinkels tendieren. Dieses bewirkt, dass der Eingriff in die Hinterachse, wenig effektiv ist.
Bevorzugt erfolgt zur Vermeidung der Rückstellung der Vorderräder ein Eingriff in die Vorderachslenkung dadurch, dass ein gegenläufiges Moment oder eine
entgegengesetzte Kraft auf die Vorderachslenkung aufgebracht wird, welche einer Rückstellung der Vorderräder entgegen wirkt und somit eine Veränderung des aktuellen Lenkradwinkels oder Radlenkwinkels verhindert.
Nach einer weiteren bevorzugten Ausführungsvariante erfolgt der Eingriff in die Vorderachslenkung derart, dass an den Vorderrädern zumindest temporär der aktuell eingestellte Radlenkwinkel beibehalten bzw. ein Radlenkwinkel eingestellt wird.
Damit wird der Effekt des Rückstellens durch die vorgenannten Eingriffe in die Hinterachse auf die Vorderräder bzw. auf das Lenkrad entkoppelt.
Das Verfahren ist jedoch in jedem Fall derart vorgesehen, dass der Fahrer stets in der Lage ist, den zumindest temporär beibehaltenen Radlenkwinkel an der
Vorderachse zu übersteuern, d. h. dem Fahrzeug eine andere Richtung vorzugeben.
Das Lösen aus der zumindest temporären Halteposition erfolgt dabei idealerweise für den Fahrer unmerklich.
Nach einer weiteren bevorzugten Verfahrensvariante erfolgt der Eingriff in die
Vorderachslenkung dadurch, dass über einen Weg oder eine Winkelstellung von Lenkrad und/oder Lenkgestänge und/oder Spurstange die Vorderräder verstellt werden. Damit ergeben sich weitere Optionen für die Art des Eingriffes, bei dem zusätzlich oder alternativ zur temporären Festlegung eine Lenkwinkeländerung herbeigeführt wird. Diese Änderung kann eine Lenkwinkelreduzierung oder -addition in Bezug auf den bestehenden Lenkwinkel sein, die vor oder nach der temporären Festlegung aufgebracht wird.
Nach einer weiteren bevorzugten Verfahrensvariante erfolgt der Eingriff in die
Vorderachslenkung mittels einer Überlagerungslenkung oder einer elektrischen Lenkung (steer-by-wire). Bei einer Überlagerungslenkung, die bekannt und in heutigen Fahrzeugen präsent ist, ändert sich das Übersetzungsverhältnis zwischen dem Einschlagwinkel bzw. der Vorgabe am Lenkrad und dem tatsächlichen
Radlenkwinkel an den Rädern. Bei der elektrischen Lenkung (steer-by-wire) gibt es keine mechanische Verbindung mehr zwischen dem Lenkrad und den Rädern und es kann, wie bei der Überlagerungslenkung, der Radlenkwinkel sich von der Eingabe am Lenkrad unterscheiden.
Alternativ kann der Eingriff in die Vorderachslenkung auch mittels einer
elektromechanischen oder einer lenkkraftunterstützenden, insbesondere
elektrohydraulischen oder elektrischen Lenkung erfolgen, die im Automobilbau bekannt sind.
Die Erfindung betrifft des Weiteren eine Steuerung für eine lenkbares Fahrzeug, welches neben der üblichen Vorderachslenkung insbesondere eine
Hinterachslenkung aufweist, alternativ oder zusätzlich auch mit einer das
Giermoment des Fahrzeugs beeinflussenden Einrichtung Torque-Vectoring oder Active Yaw Control, wie oben beschrieben, ausgerüstet sein kann. Die Steuerung ist gekennzeichnet dadurch, dass diese zumindest in Abhängigkeit von
Fahrzeugparametern betreffend zumindest die Fahrzeuggeschwindigkeit, die
Gierrate, die Beschleunigung sowie des Radlenkwinkels der jeweiligen Räder Eingriffe in die Hinterachse und/oder die Vorderachse vornehmen kann, um die Spurhaltung des Fahrzeugs mit Eingriffen in die Vorder- und/oder Hinterachslenkung oder mittels Giermomentbeeinflussung vorzusehen, wie zuvor zum Verfahren beschrieben.
Bevorzugt wertet die Steuerung zur Spurhaltung zusätzlich Signale einer
Fahrzeugumfelderkennung aus, um die Spurhaltung des Fahrzeugs vorzusehen. Die Fahrzeugumfelderkennung kann mit zumindest einem Sensor wie z.B. einer Kamera, einem Radar oder Lider oder auch unterstützt mittels Beschleunigungssensoren (z.B. innerhalb der ESC/ESP-Sensorik) erfolgen.
Schließlich betrifft die Erfindung ein Fahrzeug, insbesondere ein Kraftfahrzeug, mit zumindest einer Vorderachslenkung, insbesondere einer zusätzlichen
Hinterachslenkung und/oder einem Mittel zur Lenkung über die Beeinflussung des Giermoments des Fahrzeugs, sowie einer Steuerung wie zuvor angegeben. Während des Lenkens mit der Hinterradlenkung und/oder einer Giermomentbeeinflussung durch ein aktives Hinterachsdifferential und/oder mittels radindividueller Motoren und/oder einer Fahrdynamikregelung (ESC/ESP) kann mittels der Steuerung die Vorderachslenkung zumindest temporär festgelegt werden, so dass ein an den Vorderrädern zuvor eingestellter Radlenkwinkel zumindest temporär festlegbar ist. Dem Moment aufgrund der fahrwerkkinematischen Rückstellung an den
Vorderrädern kann somit entgegenwirkt werden, womit ein effektives Lenken durch Hinterradlenkung und/oder einer Giermomentbeeinflussung ermöglicht wird.
Die Steuerung kann in einem separaten Steuergerät umgesetzt sein. Alternativ kann diese auch in den im Fahrzeug vorhandenen Steuergeräten umgesetzt sein.
Sensoren sowie Steuergeräte sind dabei über ein Bussystem wie beispielsweise einen CAN-Bus miteinander verbunden bzw. kommunizieren über ein solches
System.
Die Erfindung wird nachfolgend anhand bevorzugter Ausführungsformen unter Bezugnahme auf die Zeichnung beschrieben. In der Zeichnung zeigen:
Fig. 1 eine schematische Darstellung eines Fahrzeug bei Einfluss des
Rückstellmoments an den Vorderrädern,
Fig. 2 eine schematische Darstellung eines Fahrzeug bei gezielter
Unterbindung des Rückstell moments an den Vorderrädern
Aus Fig. 1 und Fig. 2 ist jeweils ein schematisch dargestelltes Fahrzeug 1 mit zwei vorderen gelenkten Rädern 2 und zwei hinteren gelenkten Rädern 3 ersichtlich. Die vorderen Räder 2 und die hinteren Räder 3 werden durch die schematisch
dargestellte Lenkungen 4,5 mittels eines zentralen Aktuators bzw. einer zentralen Kraftunterstützung gelenkt. Die jeweilige Anlenkung der Räder 2,3 wird über ein Gestänge 41 , 51 , wie z.B. der üblichen Spurstangen, erreicht, wobei Steuersignale der Steuerung SG an die Lenkung geleitet werden. Vorderachs- und
Hinterachslenkung 4, 5 sind kinematisch voneinander unabhängig. Im Fahrzeug 1 mittig liegt der Schwerpunkt S des Fahrzeuges. Durch Eingriffe in die Vorderachse VA oder Hinterachse HA, wie Lenken, Bremsen oder Beschleunigen einzelner Räder wird ein Giermoment MG um den Schwerpunkt S bewirkt. Die Eingriffe erfolgen aufgrund von Signalen einer Steuerung SG die im vorliegenden Fall Daten von einem ESC (Electronic Stability Programm) bezieht, wie z.B.
Fahrzeuggeschwindigkeit, Beschleunigung, Gierrate.
In Fig. 1 ist folgende Situation gezeigt: Die hinteren Räder 3 sind aufgrund eines Steuersignals der Steuerung SG mittels Lenkung 5 über die Spurstangen 51 nach rechts gelenkt worden. An der Hinterachse liegt an den Hinterrädern ein
Radlenkwinkel 5h an. Dadurch hat sich ein Giermoment MG ergeben, welches auf das Fahrzeug 1 um die Hochachse bzw. den Schwerpunkt S gegen den Uhrzeigersinn wirkt. Aufgrund dieses Giermoments MG haben die vorderen Räder 2 aufgrund der dadurch erzeugten Seitenkraft ein Rückstellmoment MR erfahren, dass die
gleichsinnige Änderung des Radlenkwinkels δν, wie hier gezeigt nach rechts, bewirkt. Der Effekt der beabsichtigten und durch die Steuerung SG eingebrachten
Lenkwinkelkorrektur an der Hinterachse HA ist damit quasi ohne bzw. zumindest von geringerer Wirkung.
In Fig. 2 ist die annähernd gleiche Situation gezeigt, wobei die vorderen Räder von der Lenkung 4 in Zusammenwirken mit dem Gestänge 41 in Position gehalten werden. In dieser temporären Situation, d.h. während des Eingriffs an der
Hinterachse HA (einer Lenkkorrektur), die von der Steuerung SG mittels der Lenkung 5 an der Hinterachse HA vorgenommen wird, bleibt der momentan an der
Vorderachse VA eingestellte Radlenkwinkel δν unverändert.
Man erkennt bei Vergleich von Fig. 1 mit Fig. 2 des Weiteren die eingezeichneten Radien rv1 und rv2 sowie rh1 und rh2. Die Radien„rv" sind dabei Senkrechte, die von der Radebene der Vorderräder 2 ausgehen. Die Radien„rh" sind dabei
Senkrechte, die von der Radebene der Hinterräder 3 ausgehen. Die Radien„rv" und „rh" schneiden sich in einem Punkt. Es ist dargestellt, dass sich bei nicht
beibehaltenem Radlenkwinkel δν in Fig. 1 ein größerer Kurvenradius rv, rh ergibt als in Fig. 2, weil dort der Radlenkwinkel δν beibehalten wird. Der Einfachheit halber ist die Betrachtung der Kurvenradien rv, rh auf eine Spur eingeschränkt.
Im Folgenden wird - als Ausführungsbeispiel der Erfindung - ein Fahrmanöver mit erfindungsgemäßer Hinterachslenkung HA zur Spurhaltung/Beibehaltung der
Trajektorie eines Fahrzeuges 1 beschrieben: Das beginnende Verlassen der vom Fahrer vorgegebenen Trajektorie T, wird durch im Fahrzeug 1 vorhandene
Beschleunigungssensoren und Fahrzeugumfelderkennung F festgestellt, z. B.
zumindest mittels eines Sensors, wie z.B. eine, Kamera, Radar oder Lidar. Eine Steuerung SG wertet die Sensorsignale aus und es wird durch eine Lenkvorrichtung 5 ein Radlenkwinkel 5h an den Hinterrädern 3 eingestellt (Eingriff in die Hinterachse), so dass die Trajektorie T beibehalten wird. Gleichzeitig wird an der
Vorderachslenkung VA, vorzugsweise am Lenkrad oder an den Vorderrädern 2 ein Moment MH zum zumindest temporären Halten der Radlenkwinkel δν an den
Vorderrädern 2 eingestellt, damit eine effektive Wirkung aufgrund des Eingriffs an der Hinterachse HA erfolgen kann.
Würde ein solcher Eingriff an der Vorderachslenkung VA nicht vorgenommen werden, dann würde sich - kinematisch bedingt durch den Nachlauf - eine
Rückstellung der Vorderräder einstellen, die ein Moment MR an den Vorderrädern 2 bewirken, die sich im Extremum in Form einer Schrägstellung des Fahrzeuges 1 , eines sog.„Krebsganges", äußern würde (s. Figur 2). Das Fahrzeug 1 würde trotz eines eingestellten Hinterradlenkwinkels 5 im Wesentlichen weiter der Trajektorie T folgen, also geradeaus oder - bei Kurvenfahrt - entsprechend dem aktuellen
Radlenkwinkel δν der Vorderräder 2 weiter auf dem gleichen Kurvenradius rv, rh fahren. Der Effekt des Eingriffs in die Hinterachse HA würde sich quasi nicht oder nur unerwünscht gering auswirken.
Um also die gewünschte Richtungsänderung zu erreichen, muss ein temporäres Halten der Vorderachsradlenkwinkel δν erfolgen. Das an der Vorderachslenkung 4 aufgebrachte Moment MH verhindert somit die kinematische Rückstellung der Vorderräder 2, sodass der Lenkradwinkel in der aktuell eingestellten Stellung verbleibt und sich für den Fahrer keine bemerkbare Änderung ergibt. Der Eingriff kann alternativ zum erzeugten Moment auch durch eine Gegenkraft erfolgen, womit die gleiche Wirkung erzielt wird.
Alternativ zum Moment oder zur Gegenkraft kann der Eingriff auch durch Einstellung eines definierten Radlenkwinkels δν in der Vorderachslenkung VA erfolgen, vorzugsweise indem ein Weg oder eine Winkelstellung am Lenkrad, am
Lenkgestänge, an der Spurstange oder an den Rädern eingestellt werden. Auch dadurch kann die Vorderachslenkung VA von den Effekten der Hinterachslenkung HA entkoppelt werden.
Es versteht sich, dass die vorstehend genannten Merkmale der Erfindung nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der Erfindung zu verlassen.
Bezuaszeichen
1. Fahrzeug
2. Vorderräder
3. Hinterräder
4. Vorderachslenkung
41. Gestänge
5. Hinterachslenkung
51. Gestänge
rv Kurvenradius
rh Kurvenradius
S Schwerpunkt
VA Vorderachse
HA Hinterachse
MG Giermoment
M Rückstellmoment
MH Haltemoment
SG Steuerung
ESC Electronic Stability Control
δν Radlenkwinkel vorne
öh Radlenkwinkel hinten
F Fahrzeugumfelderkennung
T Trajektorie, Bahn, Fahrspur