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Die Erfindung bezieht sich auf das Gebiet der Polymerchemie und betrifft Polymere mit ionischen und reaktiven Gruppierungen, wie sie beispielsweise als Materialien für Sorptions- und Separationsprozesse, als Katalysatoren, als ionenleitfähige Materialien in Batterien, als Precursoren bei der Herstellung von Kohlenstoff, sowie als Komponente in biologisch aktiven Materialien zu Einsatz kommen können und ein Verfahren zu ihrer Herstellung.
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Ionische Flüssigkeiten sind organische Salze, deren Ionen durch Ladungsdelokalisierung und sterische Effekte die Bildung eines stabilen Kristallgitters behindern. Bereits geringe thermische Energie genügt daher, um die Gitterenergie zu überwinden und die feste Kristallstruktur aufzubrechen. Es handelt sich somit um Salze, die bei Temperaturen unter 100 °C flüssig sind, ohne dass das Salz dabei in einem Lösungsmittel wie Wasser gelöst ist (Wikipedia, Stichwort ionische Flüssigkeit).
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Ionische Flüssigkeiten stehen derzeit im Fokus der Forschung. Nach der rasanten Entwicklung auf diesem Gebiet finden Polymere mit kovalent gebundenen Strukturen ionischer Flüssigkeiten in der Materialentwicklung zunehmend an Bedeutung. Diese neuartigen Polymere werden in der Fachliteratur als polymere ionische Flüssigkeiten, polymerisierte ionische Flüssigkeiten oder polyionische Flüssigkeiten bezeichnet. Sie vereinen die positiven Eigenschaften von ionischen Flüssigkeiten, wie z. B. ionische Leitfähigkeit, starke Wechselwirkungen und Fließbarkeit, sowie die positiven Eigenschaften von Polymeren, wie z. B. mechanische Festigkeit und gute Verarbeitbarkeit in einem Material. Hieraus ergeben sich neue Anwendungsfelder.
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Zur Herstellung derartiger polyionischer Flüssigkeiten sind verschiedene Verfahren bekannt. Einen guten Überblick bietet der Review von Yuan und Antonietty (Polymer 2011, 52, 1469). Das klassische Herstellungsverfahren oder die Synthese ist die freie radikalische Polymerisation polymerisierbarer ionischer Flüssigkeiten auf Basis von Acrylaten, Methacrylaten, Styren und verschiedener Vinylmonomere. Am häufigsten verwendet wurden Monomere des Vinylimidazolium-Typs, welche sich leicht durch Quaternisierung von Vinylimidazol mit Alkylhalogeniden und nachfolgendem Anionenaustausch herstellen lassen. Ihre Polymerisation führt direkt zur Bildung polyionischer Flüssigkeiten. Der Nachteil dieses Verfahrens ist es, dass die Struktur der entstehenden Polymere durch die Monomere bereits vorgeprägt ist und sich nachträglich nur noch bedingt ändern lässt.
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Alternativ können polyionische Flüssigkeiten auch über polymeranaloge Reaktionen hergestellt werden. Dazu sind folgende Verfahren bekannt:
- 1) Ionenaustausch an bereits bestehenden ionischen Gruppen im Polymer. (Q. Zhao, et al., J. Mater. Chem. A 2013, 1, 5113; A. S. Shaplov, et al,. Macromol. Chem. Phy. 2012, 213, 1359; M. T. Li, et al., Polym. Int. 2012, 61, 259; S. J. Cheng, et al., J. Polym. Sci. Pol. Chem. 2012, 50, 166; Y. S. Ye, et al., Macromolecules 2011, 44, 8494; J. Pinaud, et al., Macromolecules 2011, 44, 1900; M. D. Green, et al., Macromol. Chem. Phys. 2011, 212, 2522; M. Dobbelin, et al., Polym. Chem. 2011, 2, 1275; S. K. Sharma, et al. Sci.-Mater. M. 2010, 21, 717; J. B. Tang, et al., J. Polym. Sci. Pol. Chem. 2005, 43, 5477; H. D. Tang, et al. J. Polym. Sci. Pol. Chem. 2005, 43, 1432). Dieses Verfahren wurde beispielsweise an polyionischen Flüssigkeiten auf Basis von Vinylimidazol und Vinylpyridin durchgeführt, mit dem Ziel deren Eigenschaften den Anforderungen besser anzupassen.
- 2) Quaternisierung der an der Rückgratkette kovalent gebundenen funktionellen Gruppen (P. M. Carrasco, et al., Macromolecules 2011, 44, 4936; P. M. Carrasco, et al., Macromolecules 2013, 46, 1860; J. Y. Yuan, et al., Polym. Chem. 2011, 2, 1654). Beispiele dafür sind die Umsetzung von Imidazol-, Pyridin- oder tertiäre Aminogruppen mit Alkylhalogeniden. Dieser Schritt schließt sich im Allgemeinen ein Ionenaustausch am Polymer an.
- 3) Einführung einer quaternisierbaren Gruppe mit anschließender Quaternisierung (Y. Schneider, et al., Macromolecules 2013, 46, 1543; M. D. Green, et al., Polymer 2012, 53, 3677).
- 4) Einführung einer quaternisierbaren Gruppe bei gleichzeitiger Quaternisierung (F. Schuler, et al., Angew. Chem. int. Ed. 2013, 52, 455; H. Yoshimitsu, et al., 2012, 45, 9427; X. F. Sui, et al., J. Am. Chem. Soc. 2012, 134, 4023). R. L. Weber, et al., Macromolecules 2011, 44, 5727). R. L. Weber, et al., J. Polym. Sci. Pol. Phys. 2011, 49, 1287).
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Im Vergleich zur Polymerisation polymerisierbarer ionischer Flüssigkeiten werden polymeranaloge Reaktionen bei der Herstellung polyionischer Flüssigkeiten deutlich weniger angewandt. Der Grund liegt in den Schwierigkeiten komplette Umsätze zu erreichen und unreagierte Komponenten vollständig zu entfernen. Dennoch sind einige Vorteile augenscheinlich, welche darin bestehen, dass Struktur und Molgewicht der Präpolymere einfacher maßgeschneidert werden können als bei polyionischen Flüssigkeiten, welche durch Polymerisation hergestellt wurden. Ein weiterer Vorteil der polymeranalogen Umsetzung ist, dass der Umsetzungsgrad frei wählbar ist und dadurch ein Teil der unumgesetzten Gruppen für weitere Modifizierungsreaktionen zur Verfügung steht. Das ist insbesondere von Interesse, wenn die Absicht besteht, polyionische Flüssigkeiten als Komponente in Blends einzusetzen, deren Strukturen über Reaktionen zwischen den Komponenten stabilisiert werden sollen.
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Ausgehend von den bekannten Möglichkeiten der Herstellung polyionischer Flüssigkeiten über polymeranaloge Umsetzung kommen als unumgesetzte Gruppen u.a. Alkylhalogenide, Imidazol-, Pyridin- und tertiäre Aminogruppen in Frage. Um diese in Blends nutzen zu können, müssen in der zweiten Komponente entsprechende Gruppen vorhanden sein, welche potentiell in der Lage sind mit den unumgesetzten Gruppen der polyionischen Flüssigkeiten zu reagieren.
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Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht in der Angabe von neuen Polymeren mit ionischen und reaktiven Gruppierungen und in der Angabe eines einfachen Verfahrens zu ihrer Herstellung und ihre Verwendung.
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Die Aufgabe wird durch die in den Ansprüchen angegebene Erfindung gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Die erfindungsgemäßen Polymere mit ionischen und reaktiven Gruppierungen weisen mindestens Polymerbestandteile der allgemeinen Struktur 1)
mit
R
1 = aliphatische Gruppe mit 2 bis 18 Kohlenstoffatomen,
R
2 = aliphatische Gruppe mit 2 bis 12 Kohlenstoffatomen,
A
– = anionische Gruppe,
auf.
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Vorteilhafterweise ist dabei
R1 = aliphatische Gruppe mit 2 bis 6 Kohlenstoffatomen, noch vorteilhafterweise mit 3 Kohlenstoffatomen,
R2 = aliphatische Gruppe mit 2 bis 12 Kohlenstoffatomen und
A– = Br–, Cl–, I–, NO3 –, [CF3CO2]–, [CH3CO2]–, [BF4]–, [PF6]–, [AlCl4]–, [CF3SO3]–, [(CF3SO2)2N]–, [(CF3CF2SO2)2N]–, [AlkC6H4SO3]– oder [AlkPO4]–.
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Ebenfalls vorteilhafterweise weisen die Polymere mindestens Polymerbestandteile der allgemeinen Struktur 2)
mit
R
1 = eine aliphatische Gruppe mit 2 bis 18 Kohlenstoffatomen,
R
2 = eine aliphatische Gruppe mit 2 bis 12 Kohlenstoffatomen,
R
3 = eine aliphatische Gruppe mit 2 bis 12 Kohlenstoffatomen,
R
4 = eine gesättigte aliphatische Gruppe mit 2 bis 12 Kohlenstoffatomen, eine ungesättigte aliphatische Gruppe mit 4 Kohlenstoffatomen, eine der nachfolgend aufgeführten Gruppen, mit R
5 = ein Alkylgruppe mit 1 bis 12 Kohlenstoffatomen:
k, l, m, und n = Molfraktionen der jeweiligen Wiederholeinheiten, mit 0,005 ≤ k ≤ 1, 0 ≤ l, m, n ≤ 0,995,
p = eine ganze Zahl von 1 bis 100, und
A
– = eine anionische Gruppe,
auf.
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Weiterhin vorteilhafterweise ist dabei
R1 = aliphatische Gruppe mit 2 bis 6 Kohlenstoffatomen, noch vorteilhafterweise mit 3 Kohlenstoffatomen,
R2 = aliphatische Gruppe mit 2 bis 12 Kohlenstoffatomen,
A– = Br–, Cl–, I–, NO3 –, [CF3CO2]–, [CH3CO2]–, [BF4]–, [PF6]–, [AlCl4]–, [CF3SO3]–, [(CF3SO2)2N]–, [(CF3CF2SO2)2N]–, [AlkC6H4SO3]– oder [AlkPO4]– und
p = eine ganze Zahl von 1 bis 10, vorteilhafterweise von 1 bis 2
ist.
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Vorteilhaft ist es auch, wenn die Polymere mindestens Polymerbestandteile der allgemeinen Struktur 3)
mit
R
1 = eine aliphatische Gruppe mit 2 bis 18 Kohlenstoffatomen,
R
2 = eine aliphatische Gruppe mit 2 bis 12 Kohlenstoffatomen,
R
6 = ein Wasserstoffatom, eine Alkylgruppe mit 1 bis 12 Kohlenstoffatomen,
A
– = eine anionische Gruppe,
und k, l, m, und n = Molfraktionen der jeweiligen Wiederholeinheiten, mit 0,005 ≤ k ≤ 0,05, 0 ≤ l, m ≤ 0,05, 0,95 ≤ n ≤ 0,995 sind,
aufweisen.
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Auch vorteilhaft ist es, wenn dabei
R1 = aliphatische Gruppe mit 2 bis 6 Kohlenstoffatomen, noch vorteilhafterweise mit 3 Kohlenstoffatomen und
A– = Br–, Cl–, I–, NO3 –, [CF3CO2]–, [CH3CO2]–, [BF4]–, [PF6]–, [AlCl4]–, [CF3SO3]–, [(CF3SO2)2N]–, [(CF3CF2SO2)2N]–, [AlkC6H4SO3]– oder [AlkPO4]–
ist.
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Ebenfalls vorteilhaft ist es, wenn als ionische Gruppierungen Imidazoliumgruppen, und als reaktive Gruppierungen Anhydrid- und/oder Imidazolgruppen vorhanden sind.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zur Herstellung von Polymeren mit ionischen und reaktiven Gruppierungen werden zu Anhydridgruppen enthaltenden Oligomeren oder Polymeren in einem ersten Schritt ausschließlich Imidazolgruppen enthaltende Amine oder Imidazolgruppen enthaltende Amine und aliphatische Amine in equimolarer Menge oder im Unterschuss in Bezug auf die Anzahl der Anhydridgruppen zugegeben und in einer polymeranalogen Reaktion umgesetzt und in einem zweiten Schritt Alkylhalogenide in equimolarer Menge oder im Unterschuss in Bezug auf die Anzahl der Imidazolgruppen zugegeben und zur Reaktion gebracht.
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Vorteilhafterweise werden als Anhydridgruppen enthaltende Polymere Maleinsäureanhydrid enthaltende Polymere eingesetzt.
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Ebenfalls vorteilhafterweise werden als Imidazolgruppen enthaltende Amine Aminoalkylimidazol, vorteilhafterweise 1-(3-Aminopropyl)-imidazol, eingesetzt.
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Weiterhin vorteilhafterweise werden als aliphatische Amine Alkylamine. bevorzugt lineare Alkylamine mit 2 bis 12 Kohlenstoffatomen eingesetzt.
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Und auch vorteilhafterweise werden die im zweiten Verfahrensschritt entstandenen Halogenidionen an der Alkylimidazoliumgruppierungen mit einer der anionischen Gruppe [CF3CO2]–, [CH3CO2]–, [BF4]–, [PF6]–, [AlCl4]–, [CF3SO3]–, [(CF3SO2)2N]–, [(CF3CF2SO2)2N]–, [AlkC6H4SO3]–, [AlkPO4]– ausgetauscht.
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Vorteilhaft ist es auch, wenn das Verfahren in Lösung oder in Schmelze durchgeführt wird.
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Weiterhin vorteilhaft ist es, wenn das Verfahren bei Temperaturen von 70 bis 250 °C durchgeführt wird.
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Erfindungsgemäß werden die erfindungsgemäßen Polymere mit ionische und reaktiven Gruppierungen, die erfindungsgemäß hergestellt worden sind, als Stabilisierungszusatz in halogenhaltigen Polymeren, als ionenleitendes Material in Batterien, als Biozid, als Zusatz in Polymeren zur Selbstheilung dieser Polymere verwendet.
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Vorteilhafterweise erfolgt die Verwendung der Polymere als stabilisierender Zusatz in PVC, Kautschuken mit Halogenen an der Polymerkette, wie Brom-Isobuten-Isopren-Kautschuk (BIIR), p-Brommethylstyrol-Isobutylen- p-Methylstyrol-Terpolymerisat (BIMS), Chlor-Isobuten-Isopren-Kautschuk (CIIR), Acrylnitril-Chloropren-Kautschuk (NCR), Chloropren-Kautschuk (CR) und Styrol-Chloropren-Kautschuk.
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Mit der erfindungsgemäßen Lösung wird es erstmals möglich, neue Polymere mit ionischen und reaktiven Gruppierungen anzugeben, und diese mit einem einfachen Verfahren herzustellen. Aufgrund der Neuheit der Polymere mit ionischen und reaktiven Gruppierungen ist auch ihre Anwendung erstmals möglich.
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Erreicht wird dies durch Polymere, die Polymerbestandteile der allgemeinen Struktur 1)
mit
R
1 = aliphatische Gruppe mit 2 bis 18 Kohlenstoffatomen,
R
2 = aliphatische Gruppe mit 2 bis 12 Kohlenstoffatomen,
A
– = anionische Gruppe,
aufweisen.
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Derartige Polymere können dabei die Polymerbestandteile der Struktur 1) maximal als jede zweite Wiederholeinheit aufweisen.
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Es ist eine besonders vorteilhafte Variante der erfindungsgemäßen Polymere, wenn diese mindestens Polymerbestandteile der allgemeinen Struktur 2)
mit
R
1 = eine aliphatische Gruppe mit 2 bis 18 Kohlenstoffatomen,
R
2 = eine aliphatische Gruppe mit 2 bis 12 Kohlenstoffatomen,
R
3 = eine aliphatische Gruppe mit 2 bis 12 Kohlenstoffatomen,
R
4 = eine gesättigte aliphatische Gruppe mit 2 bis 12 Kohlenstoffatomen, eine ungesättigte aliphatische Gruppe mit 4 Kohlenstoffatomen, eine der nachfolgend aufgeführten Gruppen, mit R
5 = ein Alkylgruppe mit 1 bis 12 Kohlenstoffatomen:
k, l, m, und n = Molfraktionen der jeweiligen Wiederholeinheiten, mit 0,005 ≤ k ≤ 1, 0 ≤ l, m, n ≤ 0,995,
p = eine ganze Zahl von 1 bis 100,
und
A
– = eine anionische Gruppe,
aufweisen.
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Ebenfalls eine besonders vorteilhafte Variante der erfindungsgemäßen Polymere liegt vor, wenn diese mindestens Polymerbestandteile der allgemeinen Struktur 3)
mit
R
1 = eine aliphatische Gruppe mit 2 bis 18 Kohlenstoffatomen,
R
2 = eine aliphatische Gruppe mit 2 bis 12 Kohlenstoffatomen,
R
6 = ein Wasserstoffatom, eine Alkylgruppe mit 1 bis 12 Kohlenstoffatomen,
A
– = eine anionische Gruppe,
und k, l, m, und n = Molfraktionen der jeweiligen Wiederholeinheiten, mit 0,005 ≤ k ≤ 0,05, 0 ≤ l, m ≤ 0,05, 0,95 ≤ n ≤ 0,995 sind,
aufweisen.
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Dabei weisen die erfindungsgemäßen Polymere als ionische Gruppierungen Imidazoliumgruppen, und als reaktive Gruppierungen Anhydrid- und/oder Imidazolgruppen auf.
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Diese erfindungsgemäßen neuen Polymere können deshalb angegeben werden, da sie mittels eines neuen und erfinderischen Verfahrens hergestellt werden.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren werden in einem ersten Verfahrensschritt zu Anhydridgruppen enthaltenden Oligomeren oder Polymeren ausschließlich Imidazolgruppen enthaltende Amine oder Imidazolgruppen enthaltende Amine und aliphatische Amine in equimolarer Menge oder im Unterschuss in Bezug auf die Anzahl der vorhandenen Anhydridgruppen zugegeben. Diese Ausgangstoffe werden dabei in einer polymeranalogen Reaktion umgesetzt. Durch diesen Verfahrensschritt erfolgt eine Umsetzung der Anhydridgruppen mit den Aminen zu Polymeren, die Polymerbestandteile der allgemeinen Struktur 4)
aufweisen. Die Umsetzung kann dabei equimolar oder im Unterschuss der Amine in Bezug auf die Anzahl der vorhandenen Anhydridgruppen erfolgen. Über den Umsetzungsgrad und über das Verhältnis der Imidazolgruppen enthaltenden Aminen zu den aliphatischen Aminen lassen sich in vorteilhafter Weise die Eigenschaften des Endproduktes in einem weiten Bereich einstellen.
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In einem nachfolgenden zweiten Verfahrensschritt werden erfindungsgemäß Alkylhalogenide in equimolarer Menge oder im Unterschuss in Bezug auf die Anzahl der Imidazolgruppen zugegeben. Dadurch entstehen die für einige polyionische Flüssigkeiten typischen Imidazoliumgruppen der allgemeinen Struktur 1).
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Auch hier kann die Umsetzung equimolar oder im Unterschuss der Alkylhalogenidgruppen in Bezug auf die Anzahl der vorhandenen Imidazolgruppen im Polymer erfolgen.
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Durch die zweistufige Verfahrensweise wird erreicht, dass sich zuerst die Aminogruppen der Imidazolgruppen enthaltenden Aminen mit der Anhydridgruppe chemisch über kovalente Bindungen koppeln und diese damit bei der nachfolgenden Umsetzung der Imidazolgruppen mit den Alkylhalogeniden keine unerwünschten Nebenreaktionen mehr eingehen können.
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Im ersten Verfahrensschritt werden bei equimolarer Umsetzung alle Anhydridgruppen im Ausgangspolymer mit Aminogruppen umgesetzt. Das heißt, es werden im Wesentlichen so viele Imidazolgruppen enthaltende Amine oder eine Mischung aus Imidazolgruppen enthaltenden Aminen und aliphatischen Aminen zugesetzt, dass alle Anhydridgruppen gekoppelt sind. Es ist erfindungsgemäß aber auch möglich, dass die Imidazolgruppen enthaltenden Amine oder die Mischung aus Imidazolgruppen enthaltenden Aminen und aliphatischen Aminen im Unterschuss zugegeben werden, so dass nach der Reaktion noch freie Anhydridgruppen vorliegen. Weiterhin ist es erfindungsgemäß möglich, dass alle Imidazolgruppen im zweiten Schritt mit Alkylhalogeniden umgesetzt werden. Dies wird bei equimolarer Umsetzung erreicht, das heißt, es werden im Wesentlichen so viele Alkylhalogenide zugesetzt, dass alle Imidazolgruppen in Imidazoliumgruppen umgewandelt werden. Es ist erfindungsgemäß aber auch möglich, dass die Alkylhalogenide im Unterschuss zugegeben werden, so dass nach der Reaktion noch freie Imidazolgruppen vorliegen. Dies führt zu Polymeren mit Polymerbestandteilen gemäß der allgemeinen Struktur 2) oder 3). Diese erfindungsgemäßen Polymere haben den Vorteil, dass sie noch freie Bindungsstellen zu Verfügung haben und so weitere Gruppen angekoppelt werden können, wodurch die Eigenschaften weiter gezielt eingestellt werden können.
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Weiterhin ist es möglich, dass die ionischen Gruppierungen nach Struktur 1) in die Hauptkette oder als Seitengruppe in die erfindungsgemäßen Polymere eingebaut werden können. Die Polymere, bei denen der Einbau in die Hauptkette erfolgt, leiten sich von Anhydrid-Copolymeren ab und resultieren in Polymere der Struktur 2. Polymere, bei denen der Einbau der ionischen Gruppierung in die Seitenkette erfolgte, leiten sich von anhydridgepfropften Polymeren ab und resultieren in Polymere der Struktur 3.
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Das erfindungsgemäße Verfahren kann vorteilhafterweise in Lösung oder in Schmelze durchgeführt werden. Bei der Reaktion in Lösung wird dies im ersten Verfahrensschritt beispielweise in einem Lösungsmittel, wie DMF, DMAc, DMSO, Eisessig, THF, Aceton oder Wasser realisiert, was ebenfalls vorteilhafterweise in einem Autoklaven bei Temperaturen von 70–150 °C und bei einem Druck von 1,0–10.0∙105 Pa erfolgen kann. Der zweite Verfahrensschritt kann in Lösungsmitteln wie DMF, DMAc, DMSO oder Methanol, bei Temperaturen von 70–150 °C unter Normaldruck durchgeführt werden. Bei der Reaktion in der Schmelze kann dies vorteilhafterweise in einem Extruder oder in Batchreaktoren realisiert werden, wobei die jeweils angewandten Temperaturen vom Erweichungspunkt der eingesetzten Oligomere oder Polymere abhängen. Vorteilhafterweise findet die Umsetzung bei Temperaturen von 100 bis 250 °C statt.
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Erfindungsgemäß ist es möglich, dass ein Anionenaustausch nach allgemein bekannten Verfahren zum Anionenaustausch an ionischen Flüssigkeiten und polyionischen Flüssigkeiten in Lösungsmitteln erfolgen kann. Dabei können beispielsweise Halogenidionen der Imidazoliumgruppe gegen andere Anionen, wie z. B. [CF3CO2]–, [CH3CO2]–, [BF4]–, [PF6]–, [AlCl4]–, [CF3SO3]–, [(CF3SO2)2N]–, [(CF3CF2SO2)2N]–, [AlkC6H4SO3]– oder [AlkPO4]– ausgetauscht werden.
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Das erfindungsgemäße Verfahren führt zu neuen Polymeren mit ionischen Gruppierungen, wie Imidazoliumgruppen, und reaktiven Gruppierungen, wie Anhydrid- und/oder Imidazolgruppen, die als polyionische Flüssigkeiten eingesetzt werden können, und die mit einem sehr breiten Eigenschaftsspektrum ausgestattet werden können. Es besteht die Möglichkeit den Anteil der ionischen Gruppierungen, der flexiblen Gruppen und der unumgesetzten und damit noch reaktiven Gruppen je nach Anwendung frei zu wählen. Insbesondere unumgesetzte Imidazol- und Anhydridgruppen ermöglichen es, weitere Modifizierungsreaktionen am Polymer vorzunehmen. Hervorzuheben sind hier die Möglichkeiten die erfindungsgemäßen Polymere als ionische reaktive Blendkomponenten einzusetzen. Hier sind insbesondere Blends vorteilhaft, welche neben den erfindungsgemäßen Polymeren mit ionischen und reaktiven Gruppierungen halogenhaltige Polymere enthalten. Beispiele für derartige Polymere sind PVC sowie Kautschuke mit Halogenen an der Polymerkette, wie Brom-Isobuten-Isopren-Kautschuk (BIIR), p-Brommethylstyrol-Isobutylen- p-Methylstyrol-Terpolymerisat (BIMS), Chlor-Isobuten-Isopren-Kautschuk (CIIR), Acrylnitril-Chloropren-Kautschuk (NCR), Chloropren-Kautschuk (CR) und Styrol-Chloropren-Kautschuk. Die Zugabe von schon kleinen Mengen (< 0.5 Ma.-%) der erfindungsgemäßen Polymere mit ionischen und reaktiven Gruppierungen zu den halogenhaltigen Polymeren bewirken eine Stabilisierung der Schmelze.
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Bisher unbekannt sind polyionische Flüssigkeiten, welche durch polymeranaloge Umsetzungen an Anhydridgruppen hergestellt wurden. Anhydridgruppen sind in zahlreichen Polymeren vorhanden, wie insbesondere Maleinsäureanhydrid (MSA) gepfropfte Polyolefine oder die Vielzahl der MSA-Copolymere. Dass diese Möglichkeit zur Herstellung von Polymeren mit ionischen und reaktiven Gruppierungen, die als polyionische Flüssigkeiten einsetzbar sind, bisher keine Aufmerksamkeit fand, ist überraschend, da polymeranaloge Umsetzungen an Anhydridgruppen beispielsweise mit primären Aminen an sich bekannt sind und vielfältig genutzt werden.
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Ausgehend von diesen bekannten Reaktionen müssten die ionischen Flüssigkeiten oder ihre Vorläufer mit primären Aminogruppen ausgestattet sein, um diese über polymeranaloge Umsetzungen an Anhydridgruppen enthaltenden Polymeren kovalent zu binden. Da freie primäre Aminogruppen bei der Herstellung von ionischen Flüssigkeiten hinderlich sind, wurden diese bisher als zusätzliche funktionelle Gruppen in ionischen Flüssigkeiten gemieden. Aus diesem Grunde erfolgte bisher keine Herstellung von polyionischen Flüssigkeiten durch polymeranaloge Umsetzung von Polymeren mit ionischen und reaktiven Gruppierungen, wie sie erfindungsgemäß nun vorliegen.
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Die Eigenschaftspallette und Einsatzmöglichkeiten werden durch die erfindungsgemäßen Polymere mit ionischen und reaktiven Gruppierungen deutlich erweitert.
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Nachfolgend wird die Erfindung an mehreren Ausführungsbeispielen näher erläutert.
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Beispiel 1
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Eine Menge von 0,01 mol (1,52 g) Poly(butadien-alt-maleinsäureanhydrid) werden in einem Rundkolben in N,N-Dimethylacetamid (DMAc) gelöst und auf die Reaktionstemperatur von 100 °C geheizt. Danach werden 0,01 mol (1,25 g) an 1-(3-Aminopropyl)-imidazol zur Reaktionslösung gegeben. Nach 24 Stunden Reaktionsdauer wird das Produkt in Diethylether gefällt, mit n-Hexan gespült und in THF über Nacht stehen gelassen. Die Trocknung erfolgte bei 60 °C im Vakuumtrockenschrank. Es entsteht ein Produkt der Struktur 5 bei dem alle Anhydridgruppen umgesetzt sind.
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Beispiel 2
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Eine Menge von 0,01 mol (1,52 g) Poly(butadien-alt-maleinsäureanhydrid) werden in einem Rundkolben in DMAc gelöst und auf die Reaktionstemperatur von 100 °C geheizt. Danach werden 0,005 mol (0,63 g) an 1-(3-Aminopropyl)-imidazol und 0,005 mol (0,51 g) Hexylamin zur Reaktionslösung gegeben. Nach 24 Stunden Reaktionsdauer wird das Produkt in Diethylether gefällt, mit n-Hexan gespült und in THF über Nacht stehen gelassen. Die Trocknung erfolgte bei 60 °C im Vakuumtrockenschrank. Es entsteht ein Produkt der Struktur 6 bei dem alle Anhydridgruppen umgesetzt sind.
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Beispiel 3
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Eine Menge von 0,01 mol (1,52 g) Poly(butadien-alt-maleinsäureanhydrid) werden in einem Rundkolben in DMAc gelöst und auf die Reaktionstemperatur von 100 °C geheizt. Danach werden 0,004 mol (0,50 g) an 1-(3-Aminopropyl)-imidazol und 0,004 mol (0,41 g) Hexylamin zur Reaktionslösung gegeben. Nach 24 Stunden Reaktionsdauer wird das Produkt in Diethylether gefällt, mit n-Hexan gespült und in THF über Nacht stehen gelassen. Die Trocknung erfolgte bei 60 °C im Vakuumtrockenschrank. Es entsteht ein Produkt der Struktur 7 bei dem noch 20 mol % reaktive Anhydridgruppen vorhanden sind.
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Beispiel 4
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Eine Menge von 0,01 mol (2,59 g) des Zwischenproduktes nach Struktur 5 werden in 50 ml DMAc gelöst und auf eine Reaktionstemperatur von 100 °C erhitzt. Anschließend werden 0,011 mol (1,51 g) 1-Bromobutan zur Reaktionslösung gegeben. Die Reaktion wird nach 48 h durch Fällen des Produktes in Diethylether beendet. Nach waschen mit n-Hexan und über Nacht stehenlassen in THF, erfolgte die Trocknung des Produktes bei 60°C im Vakuumtrockenschrank. Es entsteht ein polyionische Flüssigkeit der Struktur 8 bei der alle Imidazolgruppen in Imidazoliumgruppen umgewandelt sind.
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Beispiel 5
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Eine Menge von 0,01 mol (2,47 g) des Zwischenproduktes nach Struktur 6 werden in 50 ml DMAc gelöst und auf eine Reaktionstemperatur von 100 °C erhitzt. Anschließend werden 0,004 mol (0,55 g) 1-Bromobutan zur Reaktionslösung gegeben. Die Reaktion wird nach 48 h durch Fällen des Produktes in Diethylether beendet. Nach waschen mit n-Hexan und über Nacht stehenlassen in THF, erfolgte die Trocknung des Produktes bei 60°C im Vakuumtrockenschrank. Es entsteht ein polyionische Flüssigkeit der Struktur 9 mit freien reaktiven Imidazolgruppen.
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Beispiel 6
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Eine Menge von 0,01 mol (2,28 g) des Zwischenproduktes nach Struktur 7 werden in 50 ml DMAc gelöst und auf eine Reaktionstemperatur von 100 °C erhitzt. Anschließend werden 0,003 mol (0,41 g) 1-Bromobutan zur Reaktionslösung gegeben. Die Reaktion wird nach 48 h durch Fällen des Produktes in Diethylether beendet. Nach waschen mit n-Hexan und über Nacht stehenlassen in THF, erfolgte die Trocknung des Produktes bei 60°C im Vakuumtrockenschrank. Es entsteht ein polyionische Flüssigkeit der Struktur 10 die neben reaktiven Anhydridgruppen auch freie reaktive Imidazolgruppen enthält.
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Die in den Beispielen 1 bis 6 angegebenen Mengen in Mol beziehen sich auf die Wiederholeinheit des alternierenden Maleinsäureanhydrid-Ausgangspolymers.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Yuan und Antonietty (Polymer 2011, 52, 1469) [0004]
- Q. Zhao, et al., J. Mater. Chem. A 2013, 1, 5113 [0005]
- A. S. Shaplov, et al,. Macromol. Chem. Phy. 2012, 213, 1359; M. T. Li, et al., Polym. Int. 2012, 61, 259; S. J. Cheng, et al., J. Polym. Sci. Pol. Chem. 2012, 50, 166 [0005]
- Y. S. Ye, et al., Macromolecules 2011, 44, 8494 [0005]
- J. Pinaud, et al., Macromolecules 2011, 44, 1900 [0005]
- M. D. Green, et al., Macromol. Chem. Phys. 2011, 212, 2522 [0005]
- M. Dobbelin, et al., Polym. Chem. 2011, 2, 1275 [0005]
- S. K. Sharma, et al. Sci.-Mater. M. 2010, 21, 717 [0005]
- J. B. Tang, et al., J. Polym. Sci. Pol. Chem. 2005, 43, 5477 [0005]
- H. D. Tang, et al. J. Polym. Sci. Pol. Chem. 2005, 43, 1432 [0005]
- P. M. Carrasco, et al., Macromolecules 2011, 44, 4936 [0005]
- P. M. Carrasco, et al., Macromolecules 2013, 46, 1860 [0005]
- J. Y. Yuan, et al., Polym. Chem. 2011, 2, 1654 [0005]
- Y. Schneider, et al., Macromolecules 2013, 46, 1543 [0005]
- M. D. Green, et al., Polymer 2012, 53, 3677 [0005]
- F. Schuler, et al., Angew. Chem. int. Ed. 2013, 52, 455 [0005]
- H. Yoshimitsu, et al., 2012, 45, 9427 [0005]
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