-
Die Erfindung betrifft ein Gewebe mit einer Mehrzahl von linear und parallel verlaufenden Kettfäden und einer Mehrzahl von linear und parallel verlaufenden Schussfäden, sowie ein Verfahren zu dessen Herstellung.
-
Gewebe sind seit Jahrtausenden bekannt, wobei verschiedenste Techniken verwendet wurden und werden. Üblicherweise werden in Längsrichtung verlaufende Kettfäden nebeneinander eingespannt, wobei ein Teil der Kettfäden angehoben und ein Teil abgesenkt wird, um durch das somit gebildete Webfach einen Schusseintrag senkrecht zu den Kettfäden zu ermöglichen. Nahezu allen bekannten Webetechniken ist gemein, dass die Außenseiten der Gewebe in Kettrichtung auf lineare Konturen begrenzt sind. Dies bedeutet, dass die Gewebe feste Breiten besitzen.
-
In den
DE 10 2012 200 835 B3 und
DE 10 2006 013 886 B3 sind derartige Gewebe offenbart, deren rechteckige Außenkontur von den in Kettrichtung verlaufenden äußeren Kettfäden gebildet ist. Innerhalb dieser Außenkontur des Gewebes sind Zusatzkettfäden eingebunden.
-
Es besteht jedoch ein Bedarf an insbesondere endkontur- bzw. formgerechten Geweben, die auch als „regulär“ bezeichnet werden, für beispielsweise Halbzeuge aus preisintensiven Hochleistungsfasern, wie z.B. aus Keramikfasern oder Kohlenstofffasern. Um derartige formgerechte Strukturen zu realisieren, werden daher verschiedene Zuschnittmethoden eingesetzt, woraus jedoch Verschnitte und somit Materialabfälle resultieren und zudem ein hoher zeitlicher und manueller sowie finanzieller Aufwand vonnöten ist. Des Weiteren verfügen solche formgerechten Strukturen verfahrensbedingt nur über lose Kanten, was die Handhabung deutlich erschwert und zum Ausfransen der Kanten führen kann.
-
Ein anderes Verfahren zur Herstellung formgerechter Textilstrukturen stellt das Formstricken dar, das allerdings auf die Maschentechnik beschränkt ist. Ein besonderer Nachteil ist, dass das Verfahren relativ langsam ist.
-
Formgerechte Gewebe hingegen sind bisher nur eingeschränkt herstellbar. Beispielsweise sind in Kettrichtung abgelängte Gewebe bekannt, zu deren Herstellung Leerschüsse eingebracht und das Gewebe im entsprechenden Bereich getrennt wird. Auf diese Weise werden beispielsweise Frottierwaren konfektioniert.
-
In Schussrichtung können formgerechte Gewebe mit Hilfe der Spulenschützwebtechnik hergestellt werden. Dazu werden einzelne Kettfäden durch den Schuss nicht mit angebunden. Diese Kettfäden laufen „leer“, wobei jedoch ein großer Verschnitt resultiert.
-
Eine weitere Formgebungsmöglichkeit ist der Einsatz von sog. V-Webblättern, welche die lokale Kettdichte in Kettrichtung zur Realisierung von Breitenvariationen des Gewebes über die Gewebelänge verändern. In der
DE 37 23 433 A1 ist eine Variante dieses Verfahrens beschrieben. Allerdings wird diese Methode nur in der Schmalweberei verwendet. Nachteilig ist zudem, dass nur inhomogene Gewebe gefertigt werden können und die Flexibilität dieser Methode äußerst gering ist. Nachteilig ist ebenfalls zum einen der erhöhte und somit ineffiziente Materialeinsatz und zum anderen die nicht immer kraftflussgerechte Anordnung des Verstärkungsmaterials.
-
Da eine direkte Herstellung formgerechter Gewebe mittels eines V-Webblatts nicht möglich ist, erfolgt die Formgebung im Normalfall über die oben erwähnten aufwändigen Zuschnittprozesse mit dem damit einhergehenden Abfallanteil. Dieser ist aber insbesondere beim Einsatz der genannten Hochleistungsfaserstoffe extrem unwirtschaftlich.
-
Es ist die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein zumindest abschnittsweise formgerechtes Gewebe, insbesondere aus Hochleistungsfaserstoffen, ohne die oben genannten Einschränkungen sowie ein Verfahren zu dessen Herstellung zur Verfügung zu stellen.
-
Diese Aufgabe wird bei dem eingangsgenannten Gewebe dadurch gelöst, dass die außenseitige Kontur des Gewebes zumindest abschnittsweise durch mindestens einen von der gestreckten Kettrichtung (0°-Richtung) abweichend verlaufenden Zusatzkettfaden gebildet ist.
-
Gemäß der Erfindung bilden die linear und parallel verlaufenden Kettfäden und die linear und parallel verlaufenden Schussfäden einen ersten Kettbereich mit in gestreckter Kettrichtung (0°-Richtung) konstanter Breite. Die Breite dieses ersten Kettbereichs entspricht der minimal zu realisierenden Gewebebreite. Des Weiteren ist gemäß dieser Ausführungsform mindestens ein Zusatzkettfaden, bevorzugt mindestens eine Fadengruppe aus mehreren nebeneinander laufender Zusatzkettfäden, vorhanden, um einen zweiten Kettbereich zu definieren, der an einer Längsseite des ersten Kettbereichs anschließt. Der mindestens eine Zusatzkettfaden bzw. die mindestens eine Fadengruppe bildet zumindest abschnittsweise einen in Schussrichtung zum ersten Kettbereich versetzt verlaufenden zweiten Kettbereich. Auf diese Weise formt der zweite Kettbereich randseitig zumindest abschnittsweise einen seitlichen nichtlinearen, d.h. von der gestreckten Kettrichtung abweichenden, Konturbereich des Gewebes.
-
Das erfindungsgemäße Gewebe erhält insbesondere dann eine feste Struktur, wenn zumindest ein und vorzugsweise mehrere Zusatzkettfäden mindestens einer Fadengruppe des zweiten Kettbereichs mindestens einen und vorzugsweise mehrere Kettfäden des ersten Kettbereichs schneiden. In diesen Überlappungsbereichen ist somit eine hohe Kettdichte gegeben, die zur höheren Gewebebelastbarkeit beiträgt.
-
Die Vorteile der Erfindung liegen insbesondere darin, dass nahezu beliebige Gewebekonturen in gestreckter Kettrichtung realisierbar sind. Somit können insbesondere Gewebe entsprechend der benötigten Halbzeug-Geometrien gestaltet werden und direkt, d.h. in einem Arbeitsgang ohne Verschnitt, gefertigt werden. Mit anderen Worten kann das eingesetzte Fasermaterial äußerst effizient eingesetzt werden, während Abfall minimiert oder vollständig vermieden wird. Es können auf diese Weise Prozessstufen eingespart sowie zusätzliche Konfektionierungsstufen weitgehend vermieden werden. Das erfindungsgemäße Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 8 lässt sich zudem relativ einfach mittels Abwandlung und Weiterentwicklung bekannter Webtechnologie realisieren.
-
Die erfindungsgemäßen Gewebe sind mit allen textilen bzw. textil verarbeitbaren Materialien (z.B. Glasfasern, Kohlenstofffasern, Keramikfasern, Stahl-Fasern, Draht, thermoplastische Materialien usw.) herstellbar.
-
Wesentlich ist bei dem erfindungsgemäßen Verfahren, dass ein Gewebe aus linear und parallel verlaufenden Kett- und Schussfäden vorhanden ist und die Formgebung durch zusätzliche Kettfäden realisiert wird.
-
Die Erfindung erlaubt es, beliebige Gewebekonturen zu erhalten. Die Kontur kann dabei in beliebigen Winkeln zwischen -90° und 90° verlaufen. Es können sowohl eckige als auch geschwungene Konturen realisiert werden. Des Weiteren können sowohl außen liegende als auch innen liegende Kanten erzeugt werden. Damit wird eine partielle Teilung in zwei bzw. mehrere Teile ermöglicht. Diese endkontur- bzw. formgerechte Gestaltung kann überdies zur Bildung von Krafteinleitungszonen eingesetzt werden. Asymmetrische Konturen sind ebenfalls realisierbar.
-
Gemäß einer diesbezüglich vorteilhaften Weiterentwicklung sind mehrere Fadengruppen, die jeweils mehrere nebeneinander verlaufende Zusatzkettfäden umfassen, in einem solchen zweiten Kettbereich vorgesehen. Diese mehreren Fadengruppen überlagern sich bevorzugt zumindest abschnittsweise in Kettrichtung. Auf diese Weise sind insbesondere unterschiedliche Krafteinleitungszonen im zweiten Kettbereich realisierbar.
-
Es hat sich herstellungstechnisch als besonders bevorzugt erwiesen, dass die Zusatzkettfäden innerhalb einer Fadengruppe, vorzugsweise innerhalb jeder der Fadengruppen, mit jeweils in Schussrichtung gleichem Abstand zueinander verlaufen. Eine solche Ausgestaltung lässt sich besonders einfach mittels einer Modifikation der sog. Open-Reed-Weave-Technologie (Weben mit offenem Webblatt) erreichen, die weiter unten genauer erläutert wird. Demgegenüber sind die Abstände der Fadengruppen untereinander bevorzugt variabel in Kettrichtung einstellbar.
-
Gemäß einer vorteilhaften Alternative weist das erfindungsgemäße Gewebe in Schussrichtung variable Abstände zwischen Zusatzkettfäden - auch innerhalb einer Fadengruppe - auf, wobei diese Abschnitte variabler Abstände bei Verlauf der Zusatzkettfäden in gestreckter Kettrichtung (0°-Richtung) und/oder in von der gestreckten Kettrichtung (K) abweichend verlaufender Richtung und/oder bei deren nicht durchgehendem Verlauf vorhanden sein können.
-
Besonders bevorzugt ist zu beiden Seiten des ersten Kettbereichs mindestens ein besagter zweiter Kettbereich mit mindestens einer besagten Fadengruppe mit jeweils mehreren Zusatzkettfäden angeordnet. Somit lassen sich nahezu beliebige formgerechte Gewebekonturen realisieren. Die Fäden der beiden zweiten Kettbereiche werden entsprechend der gewünschten Kontur durch den Schussfaden angebunden.
-
Die seitliche Begrenzung des Gewebes kann verschiedenartig realisiert werden. Gemäß einer vorteilhaften Variante weisen die Schussfäden eine konstante Länge auf, wobei die überstehenden Fäden nachträglich abgeschnitten werden. Alternativ wird die Spulenschützentechnik eingesetzt, bei der der Schussfaden an der Gewebekante umgelenkt wird. Gemäß einer weiteren Alternative findet die Greiferwebtechnik Einsatz, wobei der Schussfaden unter Realisierung eines variablen Greiferhubs eine definierte Länge aufweist. Bei den beiden letztgenannten Verfahren kann jeweils ein konturiertes Gewebe mit fester Kante ohne Materialverlust erzeugt werden. Es sind aber auch alle anderen Schusseintragsverfahren anwendbar, bei denen der Hub variabel gestaltbar ist.
-
Hinsichtlich des erfindungsgemäßen Herstellungsverfahrens gemäß Anspruch 8 wird das Gewebe besonders bevorzugt unter Verwendung der Prinzipien des sog. Open-Reed-Weave produziert, welches beispielsweise in der
DE 10 2010 007 048 A1 beschrieben ist. Bei diesem bekannten Verfahren werden Zusatzfadenschusseffekte während der Herstellung eines rechteckigen Gewebes erzielt, indem mindestens ein Effektfaden mittels einer in Schussrichtung hin und her verschiebbaren sowie vertikal bewegbaren Versatzeinrichtung aus einer nach oben offenen Rietlücke austaucht und in eine andere nach oben offene Rietlücke des Webblatts eintaucht. Anschließend wird ein Schussfaden eingetragen. Soll der Effektfaden in Schussrichtung erneut an einer anderen Stelle platziert werden, wird er vor dem nächsten Schusseintrag erneut von einer Rietlücke zu einer anderen Rietlücke überführt.
-
Bei einer bevorzugten Umsetzung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird diese bekannte Technologie weiterentwickelt. Hierbei wird die Kettfaden-Versatzeinrichtung derart ausgestaltet, dass - zur Produktion mindestens eines zweiten Kettbereichs (s.o.) - statt eines stets innerhalb des rechteckförmigen Gewebes platzierten Effektfadens nun zumindest ein Zusatzkettfaden abschnittsweise außerhalb dieses Rechtecks platziert wird und für eine außenseitige Konturierung des Gewebes - zumindest abschnittsweise - verwendet wird. Die Kettfaden-Versatzeinrichtung ist also in Schussrichtung über die Randbereiche des aus linearen Kett- und Schussfäden hergestellten Gewebes hinaus variabel entsprechend der gewünschten Endkontur des Gewebes hin und her changierbar. Eine größere Flexibilität wird erhalten, wenn mehrere Kettfaden-Versatzeinrichtungen, welche für die Einbringung von Zusatzkettfäden vorgesehen sind, hintereinander (d.h. versetzt in gestreckter Kettrichtung) zwischen den Fachbildeelementen und dem offenen Webblatt, welches in Kettrichtung vor und zurückschwenkt, angeordnet sind.
-
Es ist hierbei bevorzugt, nicht nur einen Zusatzkettfaden zu verwenden, sondern eine Fadengruppe mit mehreren nebeneinander verlaufenden Zusatzkettfäden, da auf diese Weise größere Winkel bzw. Breiten außerhalb des besagten Geweberechtecks erzielbar sind. Hierzu ist in dem Webblatt eine entsprechende Vielzahl von nach oben offenen Rietlücken vorgesehen. Eine sehr große Flexibilität ergibt sich, wenn alle Rietlücken des Webblatts nach oben offen ausgestaltet sind.
-
Auf diese Weise kann zusätzlich zu dem ersten Kettbereich konstanter Breite an jeweils einer Längsseite des Gewebes ein zweiter Kettbereich erzeugt werden, der eine von der gestreckten Kettrichtung abweichende Kontur aufweist. Wenn mehrere Fadengruppen mit jeweils mehreren nebeneinander verlaufenden Zusatzkettfäden in einem zweiten Kettbereich vorgesehen sein sollen, werden vorzugsweise - wie oben angedeutet - mehrere in Gewebelängs- bzw. Kettrichtung hintereinander angeordnete Kettfaden-Versatzeinrichtungen eingesetzt. Hierdurch lässt sich zudem erreichen, dass sich die mehreren Fadengruppen abschnittsweise überlagern. Es ist auch anzumerken, dass die mittels der Kettfaden-Versatzeinrichtung(en) verschiebbaren Zusatzkettfäden sowohl in Kettrichtung als auch diagonal bzw. von der Kettrichtung abweichend angeordnet werden können.
-
Durch die Ausgestaltung des offenen Webblattes kann zudem ohne Weiteres realisiert werden, dass zumindest ein Zusatzkettfaden eines zweiten Kettbereichs mindestens einen Kettfaden des ersten Kettbereichs schneidet.
-
Weitere Ausführungsformen der Erfindung ergeben sich aus den Merkmalen der Unteransprüche.
-
Nachfolgend wird die Erfindung anhand von Figuren näher erläutert. Es zeigen:
- 1 einen Ausschnitt eines erfindungsgemäßen Gewebes in der Draufsicht mit einem ersten und zwei zweiten Kettbereichen mit jeweils einer Fadengruppe;
- 2 ein Gewebe ähnlich wie in 1, allerdings mit zwei Fadengruppen in einem zweiten Kettbereich;
- 3 ein Gewebe ähnlich wie in 1, allerdings mit Schussumlenkung an der Gewebekante, und
- 4 ein Gewebe ähnlich wie in 1, allerdings mit Schusseintrag entsprechend der Gewebebreite.
-
Die 1 zeigt ein Gewebe 1 entsprechend der Erfindung in Draufsicht. Das Gewebe 1 weist in einem ersten Kettbereich 4 eine Mehrzahl von linear und parallel verlaufenden Kettfäden 2 und eine Mehrzahl von linear und parallel verlaufenden Schussfäden 3 auf. Die Schussfäden 3 ragen über diesen ersten Kettbereich 4 hinaus, der eine konstante Breite aufweist. Seitlich links und rechts schließt sich jeweils ein zweiter Kettbereich 10 bzw. 11 an, die jeweils von einer Fadengruppe 12 bzw. 13 mit jeweils mehreren Zusatzkettfäden 5 bzw. 6 definiert werden. In dem beispielhaften Fall sind vier Zusatzkettfäden 5 und fünf Zusatzkettfäden 6 aus beispielsweise Keramikfasern oder Kohlenstofffasern vorgesehen (sie sind der besseren Übersichtlichkeit halber mit breiteren Strichen gezeichnet). Dabei weisen die Zusatzkettfäden 5 untereinander den gleichen Abstand in Schussrichtung S auf. Ebenso besitzen die Zusatzkettfäden 6 zueinander den gleichen Abstand in Schussrichtung S. Auch ist bei dem gezeigten Ausführungsbeispiel gemäß der 1 vorgesehen, dass der Abstand von benachbarten Zusatzkettfäden 5, 6 der gleiche ist wie der Abstand von benachbarten Kettfäden 2. Dies ist allerdings nicht zwangsläufig so, sondern hängt von der Ausgestaltung der Abstände der Kettfaden-Versatzeinrichtung und deren Fadenbelegung ab.
-
Die Zusatzkettfäden 5, 6 weisen einen von der gestreckten Kettrichtung K (0°-Richtung) abweichenden Verlauf auf. In dem dargestellten Ausschnitt des Gewebes 1 biegen die Zusatzkettfäden 5, 6 nach einem jeweils in Kettrichtung K verlaufenden Abschnitt 20 schräg nach innen (Abschnitt 21), laufen dort wiederum linear in gestreckter Kettrichtung K (Abschnitt 22), bis sie jeweils nach schräg außen abbiegen (Abschnitt 23), um anschließend mit der ursprünglichen Richtung des Abschnitts 20 zu fluchten (Abschnitt 24).
-
Wie der 1 weiter zu entnehmen ist, laufen die Zusatzkettfäden 5, 6 sowohl in den zweiten Kettbereichen 10, 11 als auch im ersten Kettbereich 4. Mit anderen Worten schneiden die Zusatzkettfäden 5, 6 einige Kettfäden 2 sowie Schussfäden 3 im ersten Kettbereich 4. Prinzipiell sind beliebige Führungen der Zusatzkettfäden 5, 6 im zweiten und in den ersten Kettbereich 10, 11, 4 hinein möglich.
-
Vorliegend wird demnach der erste Kettbereich 4 dadurch definiert, dass in ihm nur linear und parallel verlaufende Kettfäden 2 vorhanden sind, während in den zweiten Kettbereichen 10, 11 nur Zusatzkettfäden 5, 6 laufen. Die Zusatzkettfäden 5, 6 laufen hierbei nicht ausschließlich in den zweiten Kettbereichen 10, 11, sondern auch abschnittsweise im ersten Kettbereich 4.
-
Die Verläufe, die Anzahl, die Abstände, die Materialien etc. der Zusatzkettfäden 5, 6 in der 1 sind beispielhaft. Ohne Weiteres sind andere Verläufe und damit andere Konturen realisierbar, beispielsweise Konturen mit beliebigem Winkelverlauf zwischen -90° und 90°, eckige und geschwungene Konturen, außen und innen liegende Kanten sowie asymmetrische Konturen. Hierbei bezeichnet 0° die (gestreckte) Kettrichtung K und 90° die Schussrichtung S. Auf diese Weise wird ein Gewebe mit einer Teilung in zwei bzw. mehrere Teile ermöglicht. Die kontur- bzw. formgerechte Gestaltung kann überdies zur Bildung von Krafteinleitungszonen eingesetzt werden; diese können gemäß der 1 in allen Abschnitten 20-24 vorhanden sein.
-
Gemäß dem Ausführungsbeispiel der 2 sind im linken zweiten Kettbereich 10 zwei Fadengruppen 12 und 14 mit jeweils mehreren Zusatzkettfäden 5, 7 vorgesehen, wobei die beiden Fadengruppen 12, 14 einen unterschiedlichen Fadenverlauf aufweisen. In den Abschnitten 20 und 24 schneiden sich die Zusatzkettfäden 5, 7 der beiden Fadengruppen 12, 14 nicht, hingegen aber in den beiden Abschnitten 21 und 23 aufgrund der unterschiedlichen Bogenradien. Im mittleren Abschnitt 22 laufen die beiden Fadengruppen 12, 14 wiederum im Wesentlichen parallel.
-
Es ist offensichtlich, dass durch eine Mehrzahl von Fadengruppen im zweiten Kettbereich 10 und auch durch ein zwischenzeitliches Hineinlaufen in den ersten Kettbereich 4 eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten zur Gewebeherstellung realisierbar sind. Werden Hochleistungsfasern für die Zusatzkettfäden 5, 6, 7 - und vorzugsweise auch für die Kettfäden 2 und Schussfäden 3 - verwendet, können formgerechte Halbzeuge präzise und ohne Verschnitt hergestellt werden.
-
Bei den Geweben 1 der 1 und 2 fallen als Verschnitt lediglich die seitlich über das Gewebe 1 überstehenden Schussfäden 3 an, die bei der Gewebeproduktion eine konstante Länge aufweisen und daher entsprechend dem Konturenverlauf des Gewebes 1 nachträglich abgeschnitten werden.
-
Bei dem Gewebe 1 gemäß der 3 wird deren Kontur analog zu den Geweben 1 gemäß der 1 und 2 realisiert. Allerdings wird der Schussfaden 3 nicht mit einer konstanten Länge eingetragen, sondern in bedarfsgerechter Länge. Hierfür wird bevorzugt die bekannte Spulenschützenwebtechnik verwendet, bei denen Schussumlenkungen 17 an der Gewebekante 18 realisiert werden.
-
Alternativ wird die ebenfalls bekannte Greiferwebtechnik verwendet, bei der zur Kanten- bzw. Konturherstellung ein variabler Greiferhub eingestellt wird. Hier werden die Schussfäden 3 mit definierter, variabler Länge eingetragen, s. 4. Alternativ kann ein variabler Schusseintrag mittels Luft, Wasser oder Projektil erfolgen.
-
Die Einbringung der Zusatzkettfäden 5, 6, 7 erfolgt besonders bevorzugt mittels einer Weiterentwicklung des bekannten Open-Reed-Weave. Bei den Ausführungsbeispielen gemäß der 1-4 werden die Zusatzkettfäden - im Gegensatz zu der bekannten Technologie - mittels einer oder mehrerer (dann hintereinander in Kettrichtung K angeordneter) Kettfaden-Versatzeinrichtungen jenseits einer oder beider Längsseiten des ersten, eine konstante Breite aufweisenden Kettbereichs 4 eingebracht und auf diese Weise ein oder zwei zweite Kettbereiche 10, 11 geschaffen. Bei den Ausführungsbeispielen der 1-4 tauchen die Zusatzkettfäden 5, 6, 7 zudem abschnittsweise in den ersten Kettbereich 4 ein. Insgesamt entsteht die in den 1-4 dargestellte, nichtlineare Konturierung.
-
Demgemäß weist der erste Kettbereich 4 eine über die Gewebelänge konstante Breite auf, während die zweiten Kettbereiche 10, 11 rechts und/oder links neben dem ersten Kettbereich 4 variabel sind.
-
Gemäß einer Variantenkombination können zusätzlich einzelne Kettfäden (Ausführungsbeispiele gemäß der 1-4) anforderungsgerecht in nahezu beliebigen Winkeln (außerhalb der 0°-Lage) angeordnet werden. Somit können kraftflussgerechte Gewebe, lokale Krafteinleitungszonen sowie Gewebe mit gradienten Eigenschaften realisiert werden.
-
Derartige Krafteinleitungszonen sind beispielsweise auch durch Zusatzkettfäden realisierbar, welche die nichtlinearen, von der gestreckten Kettrichtung abweichenden Konturen (mit)bestimmen oder über das aus linearen Kett- und Schussfäden bestehende Gewebe beispielsweise von einer Gewebelängsseite zur anderen und ggf. wieder - zumindest teilweise - zurück laufen. Im letzten Fall sind erfindungsgemäß weitere Zusatzkettfäden für die nichtlineare Endkontur des Gewebes vorhanden. Zwei sich - ggf. wiederholt in gestreckter Kettrichtung K - kreuzende Zusatzkettfäden oder Fadengruppen aus mehreren Zusatzkettfäden sind ebenfalls realisierbar, wobei diese Ausgestaltungen auch lediglich beispielhaft genannt sein sollen. Allen erfindungsgemäßen Geweben ist gemeinsam, dass sie nichtlineare, von der gestreckten Kettrichtung K abweichende Konturen aufweisen, die durch mindestens einen Zusatzkettfaden erreicht werden.
-
Mit Hilfe einer variabel verstellbaren Schusszuführ- und Schneideinrichtung können weiterhin variable Schusslängen realisiert werden, wodurch eine auf die lokale Gewebebreite angepasste Schusslänge ermöglicht wird. Damit entfällt ein nachträglicher Zuschnitt und Schussabfall wird vermieden.
-
Insgesamt wird mit der Erfindung ein automatisiert herstellbares formgerechtes Gewebe unter bestmöglicher Ausnutzung des einzusetzenden Fasermaterials zur Herstellung endkonturnaher Gewebe mit anforderungsgerecht angeordnetem Verstärkungsmaterial realisiert. Das gesamte System ist hochvariabel und ermöglicht eine absolute Flexibilität hinsichtlich der erzielbaren Konturen und der Anordnung des Verstärkungsmaterials.
-
Die Erfindung wurde anhand einiger Ausführungsbeispiele beschrieben. Sie ist allerdings keinesfalls auf diese Ausführungsbeispiele beschränkt. Abwandlungen und Kombinationen innerhalb der Ansprüche sind ohne Weiteres möglich.