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Die vorliegende Erfindung betrifft die Verwendung eines Poliermittels auf Kieselerdbasis zum Polieren eines optischen Glases.
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Gläser und Glaskeramiken sind technische Erzeugnisse, die ein breites Anwendungsspektrum besitzen. Sie werden unter anderem zur Herstellung von Spiegeln, Glasgeschirr, Dekorgegenständen, Kochfeldern, Brillen und optischen Gläsern verwendet. Häufig wird das Glas zur Verbesserung seines Erscheinungsbilds und seiner optischen Eigenschaften einem Polierverfahren unterzogen. Dabei sind insbesondere an optische Gläser wie Linsen, Prismen und Spiegel besonders hohe Anforderungen gestellt.
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Nachfolgend wird unter ”Poliermaterial” ein Feststoff mit abrasiver Wirkung verstanden. Abrasion ist der Abtrag von Oberflächen mittels schleifender (d. h. abrasiver) Medien. Unter ”Poliermittel” wird eine in einem Polierverfahren angewendete Zusammensetzung, die ein Poliermaterial umfasst, verstanden.
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Gängige Poliermittel umfassen eine wässrige Suspension eines Poliermaterials und liegen häufig als Paste oder Aufschlämmung vor. Im Allgemeinen erfolgt das Polieren in Gegenwart wässriger Suspensionen mineralischer Poliermaterialien. Aus dem Stand der Technik bekannt sind beispielsweise Poliermaterialien auf der Basis von Polierrot (Eisenoxid), Ceroxid, Aluminiumoxid, Granat, Chromoxid, Calciumcarbonat (beispielsweise Marmor), Diamant, Zirkonoxid, Quarzglas, Titandioxid oder Titancarbid. Bei vielen der genannten Poliermaterialien haben sich deren mangelnde Härte bzw. deren strukturelle Eigenschaften, wie beispielsweise scharfkantige Strukturen, als nachteilig für das Polieren von Gläsern erwiesen. Bei Verwendung von Aluminiumoxid (Tonerde) wird häufig der unerwünschte Orangenhaut-Effekt beobachtet, bei dem es zur Ausbildung einer Oberfläche mit Unebenheiten, ähnlich der Oberfläche einer Orange, kommt.
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In den vergangenen Jahrzehnten hat sich daher insbesondere Ceroxid aufgrund seiner hohen Mohs'schen Härte von etwa 5,5 als gängiges Poliermaterial für Gläser und Glaskeramiken etabliert. So beschreibt beispielsweise die
US 2,744,001 A ein Poliermaterial, das im Wesentlichen aus Quarzglas und einem Seltenerdoxid, vorzugsweise Ceroxid, besteht. Demnach verleiht die Gegenwart von Ceroxid einem Poliermaterial eine besonders hohe Polierwirkung.
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Allerdings hat sich in den vergangenen Jahrzehnten der Preis von Ceroxid kontinuierlich erhöht, zudem ist aufgrund wachsender Nachfrage eine Fortsetzung des Preisanstiegs zu erwarten (derzeitiger Preis von Ceroxid: ca. 80 €/kg). Es besteht daher ein Bedarf nach einem preisgünstigen Poliermittel für optische Gläser, das ähnlich gute Eigenschaften wie Ceroxid aufweist, sowie nach einem Polierverfahren, das wirtschaftlicher und ressourcenschonender ist als gängige Polierverfahren, bei denen hochpreisige Poliermaterialien wie Ceroxid oder Titancarbid zum Einsatz kommen.
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EP 2 208 767 A2 offenbart ein Schleif- und Poliermittel, das titanhaltige Zwischen- und Nebenprodukte aus der Titandioxidherstellung, wie zum Beispiel Ilmenit (FeTiO
3) enthält. Es ist zwar davon auszugehen, dass derartige Schleif- und Poliermittel kostengünstig sind, allerdings sind sie für das Polieren von Gläsern und Glaskeramiken wenig geeignet, da sie eine zu geringe Mohs'sche Härte aufweisen.
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DE 1 271 288 A offenbart ein Verfahren zum Polieren von Werkstoffen mittels eines SiC
2 enthaltenden Poliermittels, wobei ein Kieselerdesol eingesetzt wird, das etwa 2 bis etwa 50% Festbestandteile mit einer Endpartikelgröße von etwa 5 bis 100 mμ aufweist.
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Somit liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein Poliermittel, welches kostengünstig und ressourcenschonend sein soll, das ausgezeichnete Poliereigenschaften wie eine hohe Härte aufweisen soll und bei dessen Verwendung eine glatte und gleichmäßige Oberfläche erhalten werden soll, zum Polieren eines optischen Glases bereitzustellen.
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Diese Aufgabe wird durch die in den Ansprüchen gekennzeichneten Ausführungsformen gelöst.
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Insbesondere betrifft die vorliegende Erfindung die Verwendung eines Poliermittels zum Polieren eines optischen Glases, wobei das Poliermittel 3 bis 40 Gew.-% kalzinierte oder nicht kalzinierte Kieselerde und 60 bis 97 Gew.-% Wasser umfasst, wobei die kalzinierte Kieselerde 75 bis 95 Gew.-% SiO2, 5 bis 25 Gew.-% Al2O3 und 0 bis 10 Gew.-% Fe2O3 enthält und eine Korngröße D50 von 0,25 μm bis 10 μm aufweist. Für das Polieren von optischen Gläsern werden in der Regel Poliermittel verwendet, die ca. 5 bis 8 Gew.-% Poliermaterial, wie zum Beispiel Ceroxid, umfassen. Im Gegensatz dazu umfasst das erfindungsgemäß verwendete Poliermittel bevorzugt 8 bis 35 Gew.-%, besonders bevorzugt 15 bis 25 Gew.-% kalzinierte Kieselerde. Liegt der Anteil der kalzinierten Kieselerde unterhalb des angegebenen Bereichs, ist die Polierwirkung des Poliermittels zu niedrig. Oberhalb des angegebenen Bereichs wird nur noch eine minimaler oder kein weiterer Abtragszuwachs, d. h. keine weitere Verbesserung der Abrasivwirkung des Poliermittels, beobachtet. Die erfindungsgemäße Verwendung erfolgt vorzugsweise unter zentraler Kreislaufführung des Poliermittels. Diese Kreislaufführung wird durch einen zu hohen Anteil der Kieselerde erschwert.
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Das erfindungsgemäß verwendete Wasser unterliegt keinen besonderen Einschränkungen. Es ist möglich, gewöhnliches Brauch- oder Leitungswasser zu verwenden, das jedoch keine Trinkwassserqualität aufweisen muss. Bevorzugt ist das Wasser demineralisiert.
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Die erfindungsgemäß verwendete Kieselerde unterliegt keinen besonderen Einschränkungen. Sie ist kalziniert oder nicht kalziniert, wobei auch ein Gemisch aus kalzinierter und nicht kalzinerter Kieselerde verwendet werden kann. Vorzugsweise enthält die (nicht) kalzinierte Kieselerde 50 bis 70 mol%, besonders bevorzugt 55 bis 65 mol%, kryptokristalline Kieselsäure, 20 bis 40 mol%, besonders bevorzugt 25 bis 35 mol%, (nicht) kalzinierten Kaolinit und 1 bis 20 mol%, besonders bevorzugt 5 bis 15 mol%, amorphe Kieselsäure, wobei die angegebenen Stoffmengenanteile mittels Röntgenbeugungsanalyse mit Rietveld-Auswertung bestimmt werden können. Besonders bevorzugt ist die für das Poliermittel verwendete Kieselerde Neuburger Kieselerde.
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Gemäß einem Aspekt der vorliegenden Erfindung ist die Kieselerde kalziniert. Vorzugsweise wird Rohkieselerde, d. h. unkalzinierte Kieselerde, einem Kalzinationsschritt bei einer Temperatur von 200 bis 1700°C, bevorzugt nicht mehr als 1200°C für eine Dauer von 15 Minuten bis 48 Stunden in der Gegenwart von Sauerstoff (beispielsweise Luft), vorzugsweise im Drehrorofen, unterzogen. Durch Kalzination der Kieselerde wird eventuell noch vorhandenes Kristallwasser ausgetrieben. Aus gegebenenfalls in der Rohkieselerde vorhandenem unkalzinierten Kaolinit bildet sich unter derartigen Bedingungen kalzinierter Kaolinit, wobei die Struktur des kryptokristallinen Kieselsäureanteils weitgehend unverändert bleibt. Nachdem kalzinierter Kaolinit härter ist als unkalzinierter Kaolinit (Härte nach Mohs: kalzinierter Kaolinit ca. 4,5, unkalzinierter Kaolinit ca. 2,5), kann durch Kalzinierung von Kieselerde, die Kaolinit enthält, eine höhere Abrasionswirkung und damit eine besonders hohe Polierwirkung erzielt werden. Die Kieselerde ist vorzugsweise frei von Cristobalit.
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Wie vorstehend ausgeführt enthält die erfindungsgemäß verwendete Kieselerde 75 bis 95 mol%, bevorzugt 80 bis 90 mol%, SiO2, 5 bis 25 mol%, bevorzugt 10 bis 20 mol%, Al2O3, 0 bis 10 mol%, bevorzugt weniger als 1 mol%, Fe2O3.
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Es ist weiter bevorzugt, dass das erfindungsgemäß verwendete Poliermittel im Wesentlichen frei von Ceroxid ist.
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Die (nicht) kalzinierte Kieselerde weist eine Korngröße D50 von 0,25 μm bis 10 μm, beispielsweise 2 μm, und/oder eine Körngröße D97 von 5 μm bis 15 μm, beispielsweise 10 μm, auf. Der D50-Wert kann durch Aufzeichnen eines Fraunhofer'schen Beugungsspektrums einer zu untersuchenden Probe mit einem Malvern Lasergerät gemessen werden. Erfindungsgemäß ist es möglich, die kalzinierte Kieselerde durch Siebung, Klassierung mittels Hydrozyklon oder andere Klassierverfahren auf eine bevorzugte Korngröße einzustellen.
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Die kalzinierte Kieselerde weist vorzugsweise eine Mohs'sche Härte von mindestens 2,5, besonders bevorzugt mindestens 3,5 und insbesondere mindestens 4,0, beispielsweise 4,5, auf. Eine höhere Härte der kalzinierten Kieselerde verleiht dem erfindungsgemäß verwendeten Poliermittel eine höhere Abrasionswirkung und damit eine besonders hohe Polierwirkung. Eine verbesserte Polierwirkung verkürzt die Zeit, die für das Erzielen eines bestimmten Poliererfolges notwendig ist, und erhöht damit die Wirtschaftlichkeit eines Polierverfahrens.
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Erfindungsgemäß unterliegt das optische Glas keinen besonderen Einschränkungen. Optische Gläser können aus einer Vielzahl verschiedener Glassorten gefertigt werden, wie beispielsweise Borosilikatglas, Quarzglas, Kronglas, Kalk-Natron-Glas, Floatglas, Flintglas, Bleikristallglas und Kristallglas. Vorzugsweise ist das optische Glas aus (Fluor-)Kronglas, Flintglas oder Quarzglas, besonders bevorzugt aus hochbrechendem, UV-absorbierendem und/oder chemisch gehärtetem Kronglas, das photochrome Eigenschaften aufweisen kann. Bevorzugte optische Gläser sind beispielsweise Linsen (beispielsweise Brillengläser), Prismen, Spiegel und umfassen auch andere optische Bauelemente wie Platten.
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Vorzugsweise erfolgt die erfindungsgemäße Verwendung in einem Polierverfahren, das die Schritte des Aufbringens des Poliermittels auf ein optisches Glas und/oder auf einen Polierträger und des Polierens des Gegenstands durch Reiben des Polierträgers an dem Gegenstand, umfasst.
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Alternativ zum Aufbringen auf den Polierträger kann das Poliermaterial auch in dem Polierträger gebunden sein. So kann das Poliermaterial beispielsweise fein verteilt im Polierträger vorliegen. Beim Poliervorgang werden in diesem Fall sowohl Polierträger als auch darin enthaltenes Poliermaterial abgetragen.
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Geeignete Polierträger bestehen beispielsweise aus einer mit Tuch, Filz, Leder, Gummi oder Pech bespannten Scheibe. Für das Polieren von optischen Gläsern werden vorzugsweise Tuch, (synthetische) Filze, Polyurethane, Chemotextilien und Velours verwendet.
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Je nach Bedarf können Stoffe zur Beeinflussung der rheologischen Eigenschaften des Poliermittels zugegeben werden. Derartige Stoffe sind beispielsweise pyrogene Kieselsäure, quellbare Schichtsilikate, Verdickungsmittel (beispielsweise auf Cellulosebasis) oder Salze.
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Der Poliervorgang erfolgt vorzugsweise durch Inkontaktbringen des Polierträgers mit dem optischen Glas, worauf der Polierträger, der in der Regel in Scheibenform vorliegt, in eine Rotationsbewegung versetzt wird.
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Durch die vorliegende Erfindung wird eine Verwendung eines Poliermittels auf Kieselerdbasis zum Polieren optischer Gläser bereitgestellt, wobei das Poliermittel kostengünstig ist, ausgezeichnete Poliereigenschaften wie eine hohe Härte aufweist, und bei dessen Verwendung eine glatte und gleichmäßige Oberfläche des polierten optischen Glases erhalten wird. Das Verfahren zum Polieren eines optischen Glases, worin das Poliermittel verwendet wird, ist kostengünstig und effizient, und ermöglicht es, bei optischen Gläsern glatte und gleichmäßige Oberflächen zu erzeugen.