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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von 99Mo.
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Das Radionuklid 99mTc ist immer noch das wichtigste Isotop in der nuklearmedizinischen diagnostischen Bildgebung und wird diese Führungsrolle auch in der überschaubaren Zukunft behalten. Derzeit werden noch etwa 80% aller nuklearmedizinischen Untersuchungen mit Radiopharmaka durchgeführt, die mit 99mTc markiert sind. 99mTc wird von 99Mo/99mTc-Generatoren basierend auf Al2O3-Säulen erhalten. Die ununterbrochene Verfügbarkeit dieser Generatoren weltweit erfordert eine sorgfältig ausgefeilte Logistik und eine zuverlässige kontinuierliche Produktion des Mutter-Nuklides 99Mo in sehr hoher spezifischer Aktivität im industriellen Maßstab. Die Qualitätsparameter müssen den hohen Standards für medizinische Anwendung entsprechen, wie sie in der Pharmakopoeia definiert sind. Gegenwärtig kann nur die Spaltungsreaktion 235U (n; f) die hohen Anforderungen an Quantität, spezifische Aktivität und Qualität erfüllen. Die Weltproduktion beträgt wöchentlich etwa 440' TBq, d. h. „6-Tage” 99Mo entsprechend 12.000 Ci. Bislang wurden etwa 95% dieses 99Mo durch Einsatz von hoch-angereichertem 235U (HEU) erzeugt, motiviert durch ökonomische Aspekte und der Minimierung des Abfall-Volumens.
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Gegenwärtig erfordern gewichtige Sicherheitsaspekte den Umstieg auf nicht bombenfähiges Targetmaterial (low enriched 235U = LEU), wobei die Anreicherung in 235U < 20% sein muss. Alle gegenwärtigen 99Mo-Produzenten unternehmen große Anstrengungen um dieses Problem zu lösen, wobei zu berücksichtigen ist, dass eine Unterbrechung der Routine-Versorgung des Medizinsektors mit 99Mo zu keinem Zeitpunkt erfolgen darf. Die gleichzeitige Vorbereitung auf LEU-Produktionsprozesse neben der Routine-Produktion von 99Mo mit HEU ist mit signifikanten zusätzlichen Kosten verbunden. Wegen der geringeren Produktivität des LEU-Prozesses müssten die Produktionskapazitäten erweitert werden mit erheblichen Investitionskosten.
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Das Hauptproblem beim Übergang von HEU zu LEU als Targetmaterial ist, dass die entsprechenden aktivierten LEU-Targets wesentlich weniger 99Mo enthalten im Vergleich zu den HEU Targets. Die Targets, die gegenwärtig zur 99Mo Produktion verwendet werden, sind meistens Dispersionstargets, bei denen eine Uran-Aluminium-Legierung (UA1x) in einer Al-Matrix dispergiert und dieses Mischung mit Aluminium ummantelt ist (wie bei bestimmten Brennelementen für Kernreaktoren). Deshalb spielt das Aluminium bei den radiochemischen Prozessen zur 99Mo-Abtrennung aus den bestrahlten Targets eine dominierende Rolle. Aluminium ist in einem sehr großen molaren Überschuss gegenüber dem Uran selbst in den Prozesslösungen vorhanden, die Löslichkeit des Na-Aluminates ist begrenzt. Daraus resultieren relativ große Prozess-Volumina und auch erhebliche flüssige Abfall-Volumina. Beim Umschalten von HEU auf LEU wird es erforderlich, mehr Targets zu bearbeiten um denselben Produktionsausstoß an 99Mo zu erzielen. Konsequenterweise erhöht sich dadurch das Abfallvolumen dramatisch, was zu weiterem Kostenanstieg führen muss, mindestens um den Faktor 2 bis 3.
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Die verschiedensten Aspekte im Zusammenhang mit der Verbesserung der Target-Technologie für eine ökonomisch vertretbare 99Mo Produktion wurden kürzlich auf dem Technical Meeting an Conversion Planning for Mo99 Production Facilities from HEU to LEU, IAEA Headquarters, Vienna, (Austria), Nov. 6–7, 2012, diskutiert, nachzulesen unter http:/www.iaea.org/OurWork/ST/NE/NEFW/Technical_Areas/RRS (am 25.03.2013). Hauptaspekte der Diskussion waren dabei vor allem die Optimierung existierender Targetkonzeptionen, fein-disperse Dispersionstargets (atomized dispersion targets), metallische U-Folien Targets, sowie das U-Sicide Target Konzept. Diese Konzepte lösen aber das beschriebene Problem mit dem Aluminium nicht. Zum anderen haben die Bemühungen zur Entwicklung eines Al-freien Produktionsprozesses basierend auf metallischen U-Folien-Targets bisher noch nicht zu befriedigenden Ergebnissen geführt. Die Uran-Dichte in dem Targetmaterial konnte bisher nicht soweit erhöht werden, dass die „Verluste”, die sich aus der Reduzierung des 235U Gehaltes von > 90% (HEU) auf < 20% (LEU) ergeben, wenigstens teilweise kompensiert werden konnten.
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Es ist deshalb Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren zur Herstellung von 99Mo anzugeben, das ohne Aluminium arbeitet und bei dem ein Targetmaterial mit hoher U-Dichte verwendet wird. Außerdem soll das Abfallvolumen während des Verfahrens bei gleichzeitig relativ einfacher Prozessführung und geringem Zeitaufwand deutlich verringert werden.
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Die Aufgabe wird durch ein Verfahren zur Herstellung von 99Mo gemäß Anspruch 1 gelöst, bei dem aus bestrahlter UO2-Keramik, die eine Dichte von 9 bis 10 g/cm3 aufweist, das UO2 zunächst oxidativ zu säurelöslichem U3O8 umgewandelt wird. Hierfür wird zunächst eine dichte gesinterte UO2-Keramik in einem sauerstoffhaltigen Gasstrom bei Temperaturen zwischen 200 und 800°C in U3O8-Pulver umgewandelt wird, ohne dass es zu einer auch nur teilweisen Verflüchtigung des 99Mo kommt. Bei dieser exothermen Reaktion zerfällt die Keramik zu einem lockeren U3O8-Pulver mit wesentlich größerem Volumen. Anschließend wird das U3O8-Pulver mit dem darin enthaltenen 99Mo in Salpetersäure gelöst, durch chromatographische Verfahren gereinigt und ein 99Mo-Rohprodukt abgetrennt oder aus der Lösung durch Zusatz von Alkalilauge ein basisches, 99Mo-Rohprodukt aufweisendes Filtrat hergestellt. Danach wird eine Feinreinigung des 99Mo-Rohproduktes nach bekannten Verfahren durchgeführt.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren wird das überraschend gefundene Ergebnis ausgenutzt, dass das an sich flüchtige Molybdänoxid – nicht wie die anderen flüchtigen Spaltprodukte – bis zu Temperaturen von mindestens 800°C mit dem U3O8 verbunden bleibt und sich nicht verflüchtigt. Erst wenn das pulverförmige U3O8 in Salpetersäure gelöst wird, trennt sich das 99Mo vom Uran und kann dann in Folgeschritten isoliert und auch durch thermische Sublimation gereinigt werden.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren wird zunächst ein Target aus bestrahlter UO2-Keramik in ein beheizbares Gefäß überführt, danach wird das Target in einer oxidierenden Atmosphäre, beispielsweise Luft, auf Temperaturen zwischen 200 und 800°C erhitzt. Diese Temperatur wird bis zur vollständigen Oxidation des UO2 zu U3O8 beibehalten. Bei dieser oxidativen Umwandlung des UO2 zu U3O8 werden die flüchtigen Spaltprodukte wie Xenon und Iod – aber nicht Molybdän – freigesetzt, die dann aus der Gasatmosphäre in Absorber und Traps absorbiert werden. Anschließend wird das erhaltene U3O8-Pulver auf Raumtemperatur unter Beibehaltung der oxidierenden Atmosphäre abgekühlt, in ein Lösegefäß überführt und durch Zugabe von HNO3 gelöst. Aus der erhaltenen Lösung wird dann das gewünschte Produkt 99Mo abgetrennt.
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Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren wird ein Al-freier 99Mo-Produktionsprozess mit allen seinen positiven Folgen technisch möglich, wie drastische Verringerung des Abfallvolumens, hohe Produktivität und Verringerung des Zeitaufwandes, da wesentlich kleinere Volumina im Vergleich zu dem Stand der Technik nach bekannten Verfahren zu handhaben sind. Zudem kann die Herstellung der Targets nach den bekannten Methoden der Kernbrennstoff- und -brennstabherstellung erfolgen.
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Die folgenden zwei Ausführungsformen betreffen die Weiterverarbeitung der erhaltenen sauren Uran-Spaltprodukt-Lösung, die beim Lösen des U3O8-Pulvers in HNO3 erhalten wird.
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Die erste Ausführungsform umfasst die folgenden Verfahrensschritte: In die Lösung wird Formaldehyd zugegeben, um den möglichen Überschuss an freier Salpetersäure auf einen Wert < 1 M HNO3 abzubauen. Danach wird die erhaltene schwach saure Prozess-Lösung über eine Säule aus anorganischen Metall-Oxiden, vorzugsweise Al2O3, TiO2 sowie deren Mischungen, filtriert. Dabei wird das 99Mo an der Säulenmatrix gebunden. Anschließend wird die Säule mit Säure, Wasser und schwacher Base (< 0,01 M) gewaschen. Danach wird das absorbierte 99Mo mit einer NH3- oder NaOH-Lösung einer Konzentration von 1 bis 3 M eluiert. Daran schließt sich eine Reinigung des erhaltenen 99Mo-Eluates mittels Anionenaustausch-Verfahrens an, und die Lösung wird eingedampft. Abschließend wird eine Feinreinigung des erhaltenen 99Mo-Produktes durch Hoch-Temperatur Behandlung – wie Sublimation – durchgeführt. Der letzte Reinigungsschritt erfolgt bei Temperaturen, wie sie zur Oxidation des UO2 eingesetzt worden sind. In diesem Fall wurde keine Mo-Verdampfung – auch nicht partiell – beobachtet. Bei der Feinreinigung am Ende des Prozesses kann aber das Mo durch einen Verdampfungsprozess gereinigt werden.
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Die zweite Ausführungsform zur Abtrennung des nichtflüchtigen Molybdänoxids umfasst die folgenden Verfahrensschritte:
In die Lösung wird NaOH oder KOH zugegeben, bis diese schwach basisch wird. Das Uran wird dabei als Diuranat ausgefällt und abfiltriert. Der entstandene Niederschlag enthält neben U und den Aktiniden Spaltprodukte der Gruppe II, III, IV, V, und VI. Das erhaltene Filtrtat enthält neben dem 99Mo nur noch die Alkalien und Spaltproduktverunreinigungen. Zur Weiterverarbeitung wird das basische Filtrat über eine Anionenaustauschersäule filtriert, wobei der Anionenaustauscher das 99Mo bindet. Nach Waschen mit 1 M NH3-Lösung und anschließend mit Wasser wird das 99Mo dann mit einer Ammoniumbicarbonat-Lösung eluiert.
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In folgendem Ausführungsbeispiel wird das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung von 99Mo näher beschrieben. Als Target wird ein UO2-Keramik-Target verwendet. Die Target-Konfiguration hängt von den physikalischen Eigenschaften und Bestrahlungsbedingungen des Reaktors und den verfügbaren Bestrahlungspositionen ab. Generell kann für die Target-Fabrikation dieselbe Technologie verwendet werden, wie für die Produktion von Brennstäben. Das Hüllenmaterial stört den Oxidationsprozess nicht.
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Die bestrahlten UO2-Keramik Pellets (ganz gleich in welcher geometrischen Form), mit oder ohne Hüllenmaterial, werden in einen speziellen Oxidationsofen überführt. Der Ofen ist zur Außenatmosphäre abgedichtet und mit Gas-Einleitungs- und Gas-Austrittsöffnung versehen. Das Targetmaterial wird im Ofen auf eine Temperatur von 500°C erhitzt. Als Reaktionsgas wird Luft durch den Ofen geleitet. Das UO2 reagiert unter Wärmeentwicklung mit dem Luftsauerstoff. Dabei bildet sich pulverförmiges U3O8 (z. B. beschrieben von D. Seehars et al. in Journal of Nuclear Materials 166 (1989) 214–217). Das Volumen des sich bildenden U3O8-Pulvers ist etwa 6 mal größer als das der eingesetzten UO2-Keramik. Wegen der exothermen Reaktion muss die Temperatur kontrolliert und mittels Gaszuführung reguliert werden. Als Messsystem wird eine O2-Festelektrolyt-Sonde verwendet. Das abströmende Reaktionsgas ist sauerstoffarm, solange das UO2 nicht vollständig umgesetzt ist. Ein Anstieg des O2-Gehaltes im abströmenden Reaktionsgas signalisiert das Ende der Umsetzung. Bei der Oxidation des UO2 zu U3O8 werden die flüchtigen Spaltprodukte freigesetzt und mit dem Reaktionsgas abgeleitet. Das relativ flüchtige Molybdänoxid wird jedoch überraschenderweise nicht, auch nicht partiell, ausgetragen. Die nicht-flüchtigen Spaltprodukte einschließlich Mo verbleiben beim U3O8-Pulver. Der gesamte Oxidationsprozess für ca. 250 g LEU-UO2-Pellets ist erfahrungsgemäß nach 40 bis 60 Minuten abgeschlossen.
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Das erhaltene U3O8-Pulver wird anschließend in einem Lösegefäß in HNO3 gelöst. Das Lösegefäß ist mit Gas-Zu- und -Ableitung sowie mit Rückfluss-Kühler versehen, wie es bei den klassischen 99Mo-Produktionsverfahrfen üblich ist. Das Lösen wird durch Heizen unterstützt. Die verwendete Säuremenge wird stöchiometrisch so ausgelegt, dass am Ende des Löseprozesses eine Lösung erhalten wird, die etwa 1 bis 2 M an HNO3 ist.
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Die Weiterverarbeitung der erhaltenen sauren Uran-Spaltprodukt-Lösung kann mit dem Stand der Technik nach bekannten 99Mo-Trennprozessen erfolgen, entweder sauer (Version I) oder basisch (Version II):
- I. Die freie Säurekonzentration wird so eingestellt, dass die saure U-Spaltproduktlösung direkt über eine Al2O3-Säule gelenkt werden kann. Ein Überschuss an HNO3 wird durch dosierte Zugabe von Formaldehyd zerstört. Anschließend wird eine Anionenaustauschchromatographie zur Reinigung durchgeführt und abschließend eine Hochtemperatur-Behandlung bei 600°C bis 900°C zwecks Sublimation.
- II. Die saure Uran-Spaltprodukt-Lösung wird zunächst neutralisiert und stark basisch gemacht, wodurch das Uran als Diuranat zusammen mit den beim Aktivieren entstandenen Aktiniden sowie mit der Hauptmenge der verbliebenen Spaltprodukte abgetrennt werden. Das basische Filtrat enthält dann bereits ein 99Mo-Rohprodukt, das nur noch den bekannten Reinigungsprozeduren unterzogen werden muss, um die noch vorhandenen Spuren vorwiegend von Ru, Te und I zu beseitigen.
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Der Vorteil des ersten Verfahrens besteht darin, dass der Gesamtprozess weniger Zeit in Anspruch nimmt und das flüssige Abfallvolumen für eine eingesetzte Menge von 250 g UO2 im Bereich von nur ca. 21 liegt. Die Abfalllösung fällt dabei als HLLW (high level liquid waste) an, in dem das Uran und die Spaltprodukte gemeinsam vorliegen.
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Der Vorteil des zweiten Verfahrens besteht darin, dass das Uran zusammen mit den meisten langlebigen Spaltprodukten als fester Abfall erhalten wird (HLSW – high level solid waste). Das Gesamtvolumen an flüssigem Abfall würde sich zwar auf 3 l vergrößern, bei diesem Abfall handelt es sich aber nur um ILLW (intermediate level liquid waste) oder LLLW (low level liquid waste).
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Technical Meeting an Conversion Planning for Mo99 Production Facilities from HEU to LEU, IAEA Headquarters, Vienna, (Austria), Nov. 6–7, 2012 [0005]
- http:/www.iaea.org/OurWork/ST/NE/NEFW/Technical_Areas/RRS (am 25.03.2013) [0005]
- D. Seehars et al. in Journal of Nuclear Materials 166 (1989) 214–217 [0015]