-
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines umgeformten Blechteils aus einer Platine oder einem Halbzeug aus einem Werkstoff bestehend aus Stahl mit mindestens 60 Gew.-% Fe und einem Restaustenitgehalt von mindestens 5%, bei welchem die Platine oder das Halbzeug vor dem Umformen zumindest teilweise auf eine Temperatur von weniger als –20°C gekühlt wird und bei einer Temperatur unterhalb von –20°C in einem Umformwerkzeug umgeformt wird. Daneben betrifft die Erfindung eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens sowie eine vorteilhafte Verwendung der hergestellten Blechteile.
-
Um den zunehmenden Anforderungen zur Gewichtsersparnis, beispielsweise im Kraftfahrzeugbau gerecht zu werden, wurden Verfahren zur Herstellung von umgeformten Blechteilen entwickelt, welche insbesondere unter dem Begriff „Warmumformung” einen Presshärtvorgang durchlaufen, um maximale Festigkeiten, d. h. Streckgrenzen und Zugfestigkeiten im pressgehärteten Bauteil zu erzielen. Hiermit kann die Wanddicke des Blechteils und damit das Gewicht auf ein Minimum reduziert werden. Dabei muss die Platine oder das Halbzeug üblicherweise auf eine Temperatur oberhalb des AC1-Umwandlungstemperaturpunktes erhitzt werden, so dass im Wesentlichen austenitisches Gefüge im Blechteil vorliegt, um anschließend bei sehr hoher Temperatur umgeformt und schnell abgekühlt zu werden. Hierdurch wird erreicht, dass das austenitische Gefüge sich beim schnellen Abkühlen in Martensit umwandelt, so dass sehr hohe Zugfestigkeiten und Streckgrenzen bereitgestellt werden können. Mit Mangan-Bor Stählen, beispielsweise einem Mangan-Bor-Stahl vom Typ MBW1500 können durch dieses Verfahren Zugfestigkeiten im Bereich von mehr als 1100 MPa bereitgestellt werden. Die bekannten Verfahren zur Warmumformung wurden darüber hinaus weiterentwickelt, so dass die Blechteile auch bereichsweise mit enormen Streckgrenzen und Zugfestigkeiten versehen werden können und so eine belastungsgerechte Auslegung der Blechteile erzielt werden kann. Die Verwendung eines „tailored Blanks”, welches zusätzliche kostenintensive Arbeitsschritte in Form von einem Fügeschritt, beispielsweise unter Verwendung eines Laserstrahls benötigt, oder eines separaten Bauteils kann damit vermieden werden. Nachteilig bei der Warmumformung ist aber einerseits der enorme Energieaufwand, welcher zur Erwärmung der Platinen bzw. der Halbzeuge auf oberhalb der AC1-Umwandlungstemperatur, also meist oberhalb 850°C, erforderlich ist. Darüber hinaus ergeben sich erhebliche Probleme mit Oberflächenbeschichtungen, welche beispielsweise zum Korrosionsschutz erforderlich sind. Konventionell werden feueraluminierte bzw. mit einer Al-Si-Beschichtung versehene Halbzeuge eingesetzt, besitzen jedoch keinen kathodischen Korrosionsschutz. Zinkhaltige Oberflächenbeschichtungen besitzen zwar einen kathodischen Korrosionsschutz, es besteht jedoch die Gefahr des Aufschmelzens des Zinks an der Oberfläche während der Erwärmung. Unbeschichtete Halbzeuge neigen zur Verzunderung, wenn nicht unter Schutzgas gearbeitet wird.
-
Aus der japanischen Patentanmeldung
JP 2000/178640 A ist dagegen ein Verfahren bekannt, bei welchem die Bauteile bei Tieftemperatur umgeformt werden und dadurch sehr hohe Zugfestigkeiten und Streckgrenzen durch eine Verfestigung im Werkstoff erzielt werden konnten. In der japanischen Patentanmeldung wird vorgeschlagen, die Bauteile zumindest partiell durch flüssigen Sauerstoff, flüssigen Stickstoff oder Trockeneis oder auf andere Weise zu kühlen und bei Temperaturen von –50°C bis –200°C umzuformen. Es wird vorgeschlagen, die Bauteile hierzu in die entsprechenden Kühlmedien einzutauchen, um diese extrem stark abzukühlen. Einerseits ist das Eintauchen der Blechformteile in flüssigen Stickstoff oder Sauerstoff oder aber auch Trockeneis für den großtechnischen Einsatz nicht ohne Weiteres geeignet. Daneben ergeben sich auch Gefahren für das Bedienpersonal entsprechender Anlagen, welche zu erhöhten Sicherheitsvorkehrungen führen.
-
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, ein Verfahren zur Herstellung von belastungsgerecht ausgelegten Bauteilen vorzuschlagen, welches einerseits einen großtechnischen Einsatz des Tieftemperaturumformens ermöglicht und besonders einfach ausgestaltet ist.
-
Die oben aufgezeigte Aufgabe wird nach der ersten Lehre der vorliegenden Erfindung dadurch gelöst, dass eine Reduzierung der Werkstofftemperatur der Platine oder des Halbzeugs auf unter –20°C in einer temperierten Kühleinrichtung erfolgt.
-
Im Gegensatz zu dem bekannten Stand der Technik wird die Platine oder das Halbzeug in einer temperierten Kühleinrichtung auf Umformtemperatur unterhalb von –20°C, vorzugsweise auf eine Temperatur im Bereich von –40°C bis –180°C temperiert. Die tiefen Temperaturen in Kombination mit einer Umformung bewirken bei dem verwendeten Restaustenitstahl der Platine oder des Halbzeugs eine teilweise Umwandlung des Austenits in Martensit, so dass eine erhebliche Steigerung, vor allem der Streckgrenze erzielt wird. Die temperierte Kühleinrichtung ermöglicht es zudem auf einfache Weise die Gefahr durch Verwendung von flüssigen, tiefgekühlten Kühlmedien wie beispielsweise flüssigem Sauerstoff, flüssigem Stickstoff oder auch von flüssigem oder festem Kohlendioxid (Trockeneis) erheblich zu verringern, so dass der großtechnische Einsatz der Tieftemperaturumformung ermöglicht wird. Als temperierte Kühleinrichtungen werden im Sinne der vorliegenden Patentanmeldung Vorrichtungen verstanden, in welchen die Platinen oder Halbzeuge positioniert und unter Verwendung von entsprechend kalten Kühlmedien auf Tieftemperatur gebracht werden. Hierzu ist es nicht zwingend erforderlich, dass die Platinen oder Halbzeuge in unmittelbarem Kontakt mit dem Kühlmedium, beispielsweise mit flüssigem Sauerstoff, Stickstoff oder Kohlendioxid stehen.
-
Bevorzugt wird gemäß einer ersten Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung die Platine oder das Halbzeug unmittelbar vor dem Umformprozess aus der Kühleinrichtung entnommen und dem Umformwerkzeug zugeführt. Durch die unmittelbare Entnahme der Platine oder des Halbzeugs vor dem Umformprozess wird ermöglicht, dass die Platine oder das Halbzeug möglichst noch auf Umformtemperatur bis zur Umformung gehalten werden kann und insofern auch zumindest zu Beginn des Umformprozesses die gewünschte Temperatur aufweist.
-
Zusätzlich zur Verwendung der temperierten Kühleinrichtung besteht die Möglichkeit ein temperiertes Umformwerkzeug zu verwenden, so dass die aus der Kühleinrichtung entnommene Platine oder Halbzeug im Umformwerkzeug möglichst lange auf Tieftemperatur gehalten werden kann.
-
Darüber hinaus ist es gemäß einer weiteren Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung möglich als Kühleinrichtung das Umformwerkzeug selbst zu verwenden, in welchem die Platine oder das Halbzeug gekühlt und umgeformt wird. Das Umformwerkzeug weist hierzu Mittel zur Kühlung der Platine bzw. zur Temperierung der mit der Platine oder des Halbzeugs in Kontakt stehenden Bereiche auf, so dass ein optimaler Kühlprozess erreicht wird. Besonders vorteilhaft bei dieser Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist es, dass die Platine oder das Halbzeug lediglich in ein Umformwerkzeug eingebracht werden muss und in diesem ohne weitere Entnahme oder Transport umgeformt werden kann. Hierdurch wird eine maximale Prozesskontrolle erreicht, da die Umformtemperaturen auf einfache Weise über das Umformwerkzeug gesteuert werden können.
-
Gemäß einer nächsten Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens temperiert das Umformwerkzeug die umzuformende Platine oder das umzuformende Halbzeug lediglich in den Bereichen, in denen eine hohe Streckgrenze und Zugfestigkeit gefordert wird. Hierdurch wird ermöglicht, dass allein durch die Ausgestaltung des Umformwerkzeugs die Bereiche des umgeformten Blechteils festgelegt werden, welche eine erhöhte Festigkeit, d. h. eine erhöhte Zugfestigkeit und/oder Streckgrenze aufgrund der Tieftemperaturumformung aufweisen soll.
-
Da das Umformwerkzeug sehr niedrige Temperaturen aufweist, neigen die Flächen des Umformwerkzeugs bei Kontakt mit feuchter Außenluft zur Vereisung. Insofern kann gemäß einer weiteren Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens die Prozesssicherheit dadurch weiter gesteigert werden, dass die Vereisung des Umformwerkzeugs, der Platine und/oder des Halbzeugs unter Verwendung von Mitteln zur Enteisung vor und während der Umformungen verhindert wird.
-
Wird die Vereisung unter Verwendung von mechanischen Enteisungsmitteln durchgeführt, kann eine bereits vorhandene Vereisung auf einfache Weise am Umformwerkzeug entfernt werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass zusätzlich oder alternativ durch Verwendung eines Schutzgases eine Schutzgasatmosphäre an den gekühlten Bereichen des Umformwerkzeugs, der Platine oder des Halbzeugs zu erzeugen so dass eine Vereisung verhindert wird. Durch die Bereitstellung einer Schutzgasatmosphäre an den gekühlten Bereichen der Platine oder des Umformwerkzeugs wird erreicht, dass keine Luftfeuchtigkeit an diesen Stellen auskondensieren bzw. ausfrieren kann und sich an den Bereichen der Platine, des Halbzeugs oder des Umformwerkzeugs niederschlägt. Diese Maßnahme kann beispielsweise mit mechanischen Enteisungsmitteln kombiniert werden.
-
Bevorzugt erfolgt die Kühlung des Umformwerkzeugs, der Platine und/oder des Halbzeugs durch ein Schutzgas, wobei vorzugsweise das Schutzgas durch im Umformwerkzeug vorgesehene Strömungskanäle in die entsprechend zu kühlenden Bereiche des Umformwerkzeugs, der Platine und/oder des Halbzeugs strömt.
-
Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren können darüber hinaus besonders geringe Wanddicken der Platine oder des Halbzeugs eingesetzt werden. Diese betragen vorzugsweise 0,5 mm bis 1,80 mm, besonders bevorzugt 0,7 mm bis 1,20 mm. Insbesondere durch die Verwendung des temperierten Umformwerkzeugs ist eine entsprechende Umformung der Platine oder des Halbzeugs mit diesen geringen Dicken besonders vorteilhaft, da diese im Umformwerkzeug besonders schnell auf Tieftemperatur gebracht werden können und damit mit relativ geringer Zykluszeit belastungsgerechte, umgeformte Blechteile erzeugt werden können, welche an den höher belasteten Bereichen deutliche Festigkeitssteigerungen aufweisen.
-
Besonders bevorzugt wird eine Platine oder ein Halbzeug umgeformt, welche bzw. welches eine Oberflächenbeschichtung aufweist, wobei als Oberflächenbeschichtung optional eine Zink enthaltende Oberflächenbeschichtung verwendet wird. Bei dem Tieftemperaturumformen wird die Oberflächenbeschichtung nicht beschädigt, so dass ohne Weiteres ein kathodischer Korrosionsschutz durch Verwendung einer Zink enthaltenden Oberflächenbeschichtung verwendet werden kann, ohne dass diese die Umformung negativ beeinflusst. Das so hergestellte Blechformteil weist einerseits belastungsgerechte Festigkeitswerte auf und ist darüber hinaus aufgrund der Oberflächenbeschichtung besonders gut vor Korrosion geschützt. Selbstverständlich kann neben einer Zink enthaltenden Oberflächenbeschichtung auch ohne Weiteres eine organische Beschichtung verwendet werden, welche bei den entsprechend niedrigen Temperaturen umformbar ist.
-
Gemäß einer zweiten Lehre der vorliegenden Erfindung wird die oben aufgezeigte Aufgabe durch eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens dadurch gelöst, dass ein Umformwerkzeug vorgesehen ist, welches eine Aufnahme zum Einlegen einer Platine oder eines Halbzeugs aufweist und Mittel zur zumindest bereichsweisen Kühlung der Platine oder des Halbzeugs auf eine Temperatur unterhalb von –20°C in der Aufnahme vorgesehen sind. Die erfindungsgemäße Vorrichtung ermöglicht es, die Platine oder das Halbzeug im Umformwerkzeug auf Umformtemperatur zu kühlen und ohne weiteren Transportschritt umzuformen. Hierdurch wird eine maximale Wirtschaftlichkeit dadurch erreicht, dass eine Entnahme der Platine oder des Halbzeugs zwischen dem Temperier- und Umformschritt aus dem Umformwerkzeug nicht mehr erfolgen muss.
-
Bevorzugt weist das Umformwerkzeug Mittel zur Enteisung der gekühlten Bereiche des Umformwerkzeugs, der Platine und/oder des Halbzeugs auf, um einen dauerhaften, prozesssicheren Betrieb zu gewährleisten. Die Mittel können hierzu beispielsweise mechanische Mittel wie Bürsten oder Schaber umfassen, welche auch bereits vorhandene Vereisungen wieder entfernen können.
-
Gemäß einer weiteren Ausgestaltung der erfindungsgemäßen Vorrichtung weist das Umformwerkzeug zumindest in den mit der Platine oder dem Halbzeug in Kontakt tretenden Bereichen Strömungskanäle auf, durch welche ein Kühlmedium zur lokalen Kühlung der Platine oder des Halbzeugs strömt. Als Kühlmedium wird vorzugsweise ein wasserfreies Kühlmedium, beispielsweise Trockeneis oder flüssiger Stickstoff verwendet. Beispielsweise können die Strömungskanäle bis zur Platine oder zum Halbzeug geführt werden, so dass diese die entsprechenden Bereiche der im Umformwerkzeug eingelegten Platine bzw. des eingelegten Halbzeugs auf niedrige Temperaturen kühlen und gleichzeitig ein Schutzgasatmosphäre gebildet wird, welche die Vereisung der Bereiche verhindert. Darüber hinaus können die Strömungskanäle aber auch nur im Umformwerkzeug verlaufen, so dass keine Kühlmedien, wie beispielsweise Sauerstoff, Stickstoff oder Kohlendioxid im bereich des Umformwerkzeugs austreten.
-
Gemäß einer weiteren Lehre der vorliegenden Erfindung wird die oben aufgezeigte Aufgabe durch die Verwendung eines Blechteils, welches nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellt wurde, als Strukturteil eines Kraftfahrzeugs, wobei das Strukturteil Bereiche mit unterschiedlichen Festigkeiten aufweist, gelöst. Wie bereits zuvor ausgeführt, besteht die Möglichkeit, durch das Tieftemperaturumformen ebenfalls große Festigkeitsunterschiede in umgeformten Blechteilen zu erzielen. Die Erhöhung der Streckgrenze und der Zugfestigkeit wird dabei aufgrund des Restaustenitgehaltes des Werkstoffes durch Umwandlung des Restaustenitgehaltes in matensitisches Gefüge erreicht. Durch die Wahl der Tieftemperatur kann eine Steigerung der Festigkeitserhöhung erreicht werden, wobei berücksichtigt werden muss, dass mit abnehmender Temperatur die Sprödigkeit des Werkstoffs zunimmt und damit die Umformgrade beschränkt sind.
-
Da darüber hinaus, wie bereits ausgeführt, eine vor Korrosion schützende Oberflächenbeschichtung, insbesondere eine Zink enthaltende Beschichtung, in dem erfindungsgemäßen Verfahren keinen Schaden leidet, ist es besonders vorteilhaft, das Blechteil als Säule, Träger, großflächiges Bauteil, Bodenblech, Tunnel, Stirnwand oder Radhaus eines Kraftfahrzeugs zu verwenden. Alle genannten Blechteile sind üblicherweise einem mehr oder weniger starken Korrosionsangriff im Kraftfahrzeug ausgesetzt und erfordern daher eine vor Korrosion schützende Oberflächenbeschichtung. Darüber hinaus bieten belastungsgerecht ausgelegte, d. h. Bereiche mit unterschiedlichen Festigkeiten aufweisende Blechteile die Möglichkeit, Kosten einzusparen, da keine kostspieligeren tailored Blanks, welche aus mehreren Blechen bestehen, eingesetzt werden müssen. Die einstückigen Blechteile weisen auch keine die Festigkeit schwächende Schweißnaht auf. Ferner kann auch eine Bauteilreduktion und damit eine Kostenreduktion erzielt werden, da auf separate Verstärkungen verzichtet werden kann.
-
Gemäß einer weiteren Ausgestaltung der erfindungsgemäßen Verwendung wird das Blechteil als A-, B-, C-Säule eines Kraftfahrzeugs verwendet, wobei mindestens der Bereich der Dachanbindung der A-, B-, C-Säule eine höhere Festigkeit aufweist als der Bereich des Säulenfußes der A-, B-, C-Säule.
-
Schließlich ergibt sich eine weitere vorteilhafte Verwendung dadurch, dass das Blechteil als Längsträger im Frontbereich eines Kraftfahrzeugs verwendet wird und der Längsträger einen vorderen Bereich aufweist, welcher eine geringere Festigkeit als der hintere Bereich aufweist. Der vordere Bereich des Längsträgers im Frontbereich mit geringerer Festigkeit soll im Falle eines Aufpralls sich verformen und insofern die Aufprallenergie absorbieren. Der hintere Bereich des Längsträgers soll dagegen nach Möglichkeit keiner Verformung unterliegen und somit den Fahrgastraum schützen.
-
Entsprechende Lösungen konnten bisher lediglich durch Verwendung von Patches, tailored Blanks oder zusätzlichen Verstärkungsbauteilen realisiert werden. Die erfindungsgemäße Verwendung des Blechteils ermöglicht es zudem auf einfache Weise ein einstückiges Blechformteil bereitzustellen, welches neben einem sehr guten kathodischen Korrosionsschutz gleichzeitig auch eine vereinfachte und wirtschaftliche Herstellung eines Längsträgers mit Bereichen unterschiedlicher Festigkeiten ermöglicht.
-
Im Weiteren soll die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen in Verbindung mit der Zeichnung näher erläutert werden. Die Zeichnung zeigt in
-
1 eine Prinzipskizze eines Ausführungsbeispiels des Verfahrens zur Herstellung eines umgeformten Blechteils,
-
2 eine alternative Ausführungsform zu dem in 1 dargestellten Verfahren,
-
3a), b) ein Ausführungsbeispiel eines Umformwerkzeugs zur Durchführung des Verfahrens,
-
4 ein weiteres Ausführungsbeispiel eines Umformwerkzeugs zur Durchführung des Verfahrens zur Herstellung eines umgeformten Blechteils und
-
5, 6 und 7 Ausführungsbeispiele von vorteilhaften Verwendungen eines entsprechend hergestellten Blechteils.
-
In 1 ist zunächst eine Prinzipskizze des Verfahrens zur Herstellung eines umgeformten Blechteils dargestellt, bei welchem eine Platine 1 in einem Umformwerkzeug 2 umgeformt werden soll. Das Umformwerkzeug 2 ist als einfaches Tiefziehwerkzeug dargestellt. Das Umformwerkzeug 2 steht allerdings für beliebige Umformwerkzeuge, wie sie zur Erzeugung von umgeformten Blechteilen aus ebenen Platinen oder bereits vorgeformten oder zugeschnittenen Halbzeugen verwendet werden. Die Platine 1 besteht aus einem Stahl mit mindestens 60 Gew.-% Fe und einem Restaustenitgehalt von mindestens 5%. Typische Vertreter dieser Stahlsorten sind beispielsweise hoch-manganhaltige Stähle aber auch TRIP-Stähle. Bei diesen Stählen insbesondere bei den Restaustenitstählen (TRIP-Stählen) wird beobachtet, dass bei einer Umformung austenitische Bereiche bei sehr tiefen Temperaturen sich teilweise in martensitisches Gefüge umwandeln und damit zusätzlich zur Verformungsfestigkeit eine weitere Streckgrenze und Festigkeitssteigerung erreicht wird. Es wurde festgestellt, dass dieser Effekt bei weiter sinkenden Temperaturen deutlich ansteigt, so dass der Verfestigungsvorgang, welcher zusätzlich zu dem klassischen Workhardening-Effekt noch einen sogenannten TRIP-Effekt darstellt, zu sehr hohen Streckgrenzen und Zugfestigkeiten führen kann. Beispielsweise kann mit einem RA-K 40/70 Stahl (TRIP-Stahl) die Streckgrenze von 410 MPa auf über 800 MPa gesteigert werden. In dem in 1 dargestellten Ausführungsbeispiel des Verfahrens wird die Platine 1 zunächst in einer Kühleinrichtung 3 auf eine Temperatur von unterhalb von –20°C, bevorzugt auf eine Temperatur von –40°C bis –190°C abgekühlt. Hierzu können in der Kühleinrichtung Kühlmedien wie beispielsweise flüssiger Stickstoff, Trockeneis oder auch flüssiger Sauerstoff verwendet werden, ohne dass eine Sicherheitsgefährdung von Bedienpersonal der Vorrichtung erfolgt. Die temperierte Kühleinrichtung kann beispielsweise geschlossene Kreisläufe der entsprechend kalten Kühlmedien aufweisen, welche die Wärme beispielsweise über direkten Metallkontakt an die Platine oder das Halbzeug übertragen. Erreicht die Platine, welche eine Wanddicke von vorzugsweise 0,5 mm bis 1,8 mm, besonders bevorzugt 0,70 mm bis 1,20 mm aufweist, die Umformtemperatur wird diese kurz vor dem Umformvorgang aus der Kühleinrichtung 3 entnommen und dem Umformwerkzeug 2 zugeführt. Die Umformung erfolgt dann unmittelbar, so dass der Temperaturanstieg aufgrund der Entnahme aus der Kühleinrichtung begrenzt wird. Bevorzugt kann das Umformwerkzeug 2 selbst noch temperiert sein, so dass ein deutlicher Temperaturanstieg der Platine im Umformwerkzeug verhindert wird.
-
Wie aus 1 zu erkennen ist, stellt die Kühleinrichtung 3 einen diskontinuierlichen Betrieb des Kühlens der Platine 1 zur Verfügung. Im Gegensatz dazu ermöglicht die in 2 dargestellte Kühleinrichtung 3' einen kontinuierlichen Durchlauf der Platine 1 oder des Halbzeugs 1 durch die Kühleinrichtung 3', so dass die Platine 1 bzw. das Halbzeug 1 am Ausgang der Kühleinrichtung 3' auf Umformtemperatur gebracht wurde. Die Platine 1 bzw. das Halbzeug 1 wird dann unmittelbar nach dem Verlassen der Kühleinrichtung 3' in das Umformwerkzeug 2 eingelegt und umgeformt. Wie bereits zuvor ausgeführt, ist das Umformwerkzeug 2 hier lediglich stellvertretend als Tiefziehwerkzeug dargestellt. Grundsätzlich sind auch AHU/IHU-Umformwerkzeuge und beliebig andere Umformwerkzeuge denkbar, welche eine Umformung und damit eine Verfestigung im Blechteil hervorrufen, geeignet.
-
Eine optionale Ausgestaltung des Umformwerkzeugs ist in den 3a), b) in perspektivischer, schematischer Ansicht dargestellt. Das in 3a) dargestellte Umformwerkzeug 4 weist eine obere Umformwerkzeughälfte 4a auf, in welcher Strömungskanäle 5 angeordnet sind, welche einen gekühlten Bereich 6 der Platine erzeugen, welcher dann bei Tieftemperatur umgeformt wird. Hierzu strömt ein Kühlmedium, beispielsweise flüssiger Stickstoff oder flüssiger Sauerstoff oder auch tiefgekühltes Kohlendioxid durch die Strömungskanäle und kühlt dabei die Platine in diesen Bereich stark ab.
-
Beim Umformen erfolgt in den stark gekühlten Bereichen ein sehr viel stärkere Verfestigung durch den TRIP-Effekt als in nicht gekühlten Bereichen, so dass das hergestellte Blechteil 7 einen Bereich 7a aufweist, welcher aufgrund des starken TRIP-Effekts deutlich höhere Streckgrenzen und Zugfestigkeiten aufweist.
-
Um die Vereisung des Umformwerkzeugs aus 3a) zu verhindern, ist es vorteilhaft, wenn beim Öffnen des Werkzeuges die obere Werkzeughälfte 4a, welche die Strömungskanäle aufweist und damit besonders kalt ist, auch während der Öffnung des Werkzeuges das Kühlmedium durch die Strömungskanäle führt. Hierdurch wird eine Vereisung der Werkzeugoberflächen dadurch verhindert, dass eine Ausbildung einer Schutzgasatmosphäre 8 im Bereich der stark gekühlten Oberflächen des Umformwerkzeugs erfolgt.
-
In 4 ist nun ein Ausführungsbeispiel eines Umformwerkzeugs dargestellt, welches einen geschlossenen Kreislauf in Bezug auf das Kühlmedium aufweist. Das schematisch dargestellte Umformwerkzeug 9 weist hierzu im Bereich des Stempels bzw. der Matrize Kühlmittelkanäle 10 auf, durch welche ein entsprechend niedrig temperiertes Kühlmedium fließt. Die Platine 1, welche zwischen den beiden Hälften des Umformwerkzeugs 9 angeordnet ist und mit diesen flächigen Kontakt aufweist, wird im Bereich der Kontaktflächen mit dem gekühlten Stempel sehr stark abgekühlt und auf Umformtemperatur von weniger als –20°C gebracht. Sollten eventuell Bereiche vorhanden sein, die nicht auf die entsprechende Temperatur gebracht werden sollen, sind Mittel im Stempel 11 vorgesehen, welche eine lokale Erwärmung der Platine 1 zusätzlich ermöglichen. Diese Mittel können beispielsweise als Heizpatrone oder ähnliche Wärme abgebende Mittel ausgestaltet sein. Darüber hinaus sind Mittel zur mechanischen Enteisung am Umformwerkzeug 9 vorgesehen und schematisch dargestellt. Die mechanischen Enteisungsmittel 12 bestehen aus einer Halterung zur Aufnahme eines Schabers 12a, welcher beispielsweise beim Öffnen des Umformwerkzeugs 9 die Oberfläche des Stempels 9' säubert. Denkbar ist auch der Einsatz von Bürsten anstelle des Schabers 12a. Das dargestellte Umformwerkzeug 9 kann jedenfalls eine eingelegte Platine 1 in relativ kurzer Zeit aufgrund des großen flächigen Kontakts auf die Umformtemperatur unterhalb von –20°C abkühlen und damit einen einfachen, wirtschaftlichen Herstellprozess bereitstellen.
-
Die 5, 6 und 7 zeigen typische Ausführungsbeispiele von vorteilhaften Verwendungen des umgeformten Blechteils 1. In 5 ist beispielsweise die Verwendung des Blechteils als B-Säule 13 eines Kraftfahrzeugs 14 schematisch dargestellt. Die B-Säule 13 soll vorzugsweise einen mit hoher Streckgrenze und Zugfestigkeit ausgestatteten Dachanbindungsbereich 13b und einen mit geringerer Festigkeit dagegen mit einer größeren Bruchdehnung ausgestatteten Säulenfuß 13a aufweisen. Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren kann diese B-Säule auf wirtschaftliche Weise hergestellt werden, indem der obere Bereich der B-Säule 13 im Umformwerkzeug stark runtergekühlt wird und anschließend umgeformt wird. Hierdurch erhält der obere Bereich eine deutlich höhere Streckgrenze und Zugfestigkeit im Vergleich zum Säulenfuß 13a. Gleiches gilt prinzipiell auch für die weiteren Säulen, die dargestellte A-Säule 15 und die C-Säule 16.
-
6. zeigt zwei Längsträger eines Frontbereichs einer Fahrzeugkarosserie, welche zwei unterschiedliche Funktionen in einem Bauteil aufweisen. Die Längsträger 17 dienen einerseits dazu, im Falle eines Aufpralls zunächst die Aufprallenergie zu absorbieren und sich zumindest teilweise zu verformen und andererseits den im hinteren Bereich liegenden Fahrgastraum vor weiterer Verformung zu schützen. Hierzu sind die Längsträger 17 üblicherweise derart ausgestaltet, dass deren vorderer Bereich leichter umzuformen ist und der hintere Bereich möglichst steif ausgebildet ist. Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren kann nun ein Längsträger 17 derart hergestellt werden, dass dessen vorderer Bereich 17a eine geringere Festigkeit als der hintere Bereich 17b aufweist, wobei im Umformwerkzeug der hintere Bereich des Längsträgers 17b stark gekühlt ist. Hierdurch wird erreicht, dass die Streckgrenze und Zugfestigkeiten der beiden Bereiche sich deutlich unterscheiden. So wird beispielsweise in dem mit hoher Streckgrenze versehenen Teil des Längsträgers 17, wie bei den anderen Verwendungen zuvor ebenfalls, eine Streckgrenze von mehr als 800 MPa bereitgestellt, so dass dieser Bereich besonders fest ausgebildet ist. Der Bereich 17a wird dagegen im gleichen Arbeitsgang weich ausgebildet, da dieser Bereich des Umformwerkzeugs nicht temperiert wird. Auf den Einsatz möglicher tailored Blanks, welche zusätzlich Arbeitsschritte benötigen, um ein ähnliches Festigkeitsprofil bereitzustellen, kann daher verzichtet werden.
-
Schließlich zeigt 7 ein Beispiel einer Stirnwand 18, welches bevorzugt auch mit dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellt wird. Die Stirnwand 18 ist in der Regel großflächig und weist eine relativ geringe Dicke auf. Um nun möglichst einzelne Anbindungsbereiche 19 beispielsweise mit einer höheren Streckgrenze und Zugfestigkeit ausgebildet werden, so dass keine Verstärkungen in Form von Patches, tailored Blanks oder separaten Bauteilen mehr notwendig sind. Darüber hinaus kann durch gezielte Temperierung des Umformwerkzeugs nicht nur erreicht werden, dass spezifische Bereiche der Stirnwand 18 ein deutlich anderes Umformverhalten im Falle eines Aufpralls zeigen, sondern auch lokale Bereiche mit entsprechenden Streckgrenzen und Zugfestigkeiten bereit gestellt werden, die zur Aufnahmen von Aggregaten, wie beispielsweise Bremskraftverstärker, Klimaanlage etc. dienen, so dass die Stirnwand 18 ohne zusätzliche Maßnahmen belastungsgerecht ausgelegt werden kann.
-
Bei den in den 5 bis 7 dargestellten typischen Verwendungen des erfindungsgemäß umgeformten Blechteils kann insbesondere ohne Weiteres ein kathodischer Korrosionsschutz basierend auf einer Zink enthaltenden Oberflächenbeschichtung und/oder einer organischen Oberflächenbeschichtung bereitgestellt werden, da auf eine Warmumformung verzichtet werden kann.
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
-
Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
-
Zitierte Patentliteratur
-