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Die vorliegende Patentanmeldung betrifft die Verwendung von Calciumsalzen zur Herstellung eines Medikamentes zur Behandlung nächtlicher Wadenkrämpfe, wobei das Medikament zur oralen Einnahme einer Dosis von mehr als 500 mg, beispielsweise 500–4000 mg Calcium, insbesondere 1000 mg Calcium vor oder während der Nachtruhe hergerichtet ist.
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Hintergrund und Stand der Technik
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Das Krankheitsbild der nächtlichen Wadenkrämpfe wird wegen seiner ungeklärten Ursache auch als Idiopathische nächtliche Wadenkrämpfe bezeichnet. Dieses, im Prinzip gutartige, aber sehr schmerzhafte, Krankheitsbild, wird bei etwa 30–40% der älteren Bevölkerung beobachtet und ist daher eine der häufigsten ärztlichen Beratungsanlässe.
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Bei diesem Krankheitsbild handelt es sich um das auf die Nacht beschränkte Auftreten von sehr schmerzhaften Krämpfen in den Waden, den Füßen und seltener auch im Oberschenkel. Die Krämpfe treten typischerweise spontan und unvorhergesehen während des Schlafes auf. Während der morgendlichen Aufwachphase können die Krämpfe spontan aber auch durch das bewusste Strecken der Bein- und Fußmuskulatur hervorgerufen werden. Somit werden drei Varianten der nächtlichen Wadenkrämpfe beobachtet:
Typ 1: Die spontan auftretenden Krämpfe werden nur nachts beobachtet.
Typ 2: Die spontan auftretenden oder durch Strecken der Muskeln verursachten Krämpfe werden nur während der morgendlichen Aufwachphase beobachtet.
Typ 3: Hier treten die Krämpfe sowohl während der Nacht als auch während der Aufwachphase auf.
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Die Häufigkeit des Auftretens von Krämpfen ist individuell variabel. Von einem sehr schweren Krankheitsbild, bei dem alle Nächte, und während der Nacht mehrmals, Krämpfe auftreten, bis zum anderen Extrem wo diese nur selten erfolgen.
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Hinsichtlich der Dauer und Intensität der Krämpfe ist zu beobachten, daß viele spontan, noch im Liegen, nach Minuten abklingen. In anderen, sehr häufigen Fällen, zwingen die schmerzhaften Krämpfe zu einem Aufstehen wobei diese dann meistens im Stehen auch nach Minuten vergehen. Weniger häufig sind die Krämpfe extrem schmerzhaft wobei die Muskeln steinhart werden können; diese Krämpfe können viele Minuten, häufig bis zu einer halben Stunde, anhalten. Nach Abklingen dieser Krämpfe verbleibt dann ein länger anhaltendes Schmerzgefühl (Muskelkater) mit entsprechender Schlafstörung.
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Differenzialdiagnostisch ist dieses Krankheitsbild von dem „Restless Legs Syndrom”, der manifesten Tetanie, der latenten Tetanie und der Spasmophilie zu unterscheiden:
- • Bei dem „Restless Legs Syndrom” werden keine Krämpfe beobachtet.
- • Die manifeste Tetanie ist ein seltenes Krankheitsbild, (sie tritt bei einem von Tausend Menschen auf, der Altersgipfel liegt zwischen dem 15. und 30. Lebensjahr) bei dem anfallartig Störung der Motorik und der Sensibilität beobachtet werden. Krämpfe treten zu jeder Tageszeit, in allen Gliedmaßen und der mimischen Muskulatur im Gesicht auf (Tetaniegesicht).
- • Die latente Tetanie ist auch ein seltenes Krankheitsbild bei dem uncharakteristische psychische Störungen mit Antriebstörung und Parästhesien beobachtet werden.
- • Spasmophilie, synonym zu rachitogener Tetanie, ist auch ein seltenes Krankheitsbild und ist auf das Kindesalter beschränkt.
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Bereits in den Jahren 1954 und 1960 wurde Calcium zur Behandlung von nächtlichen Wadenkrämpfen vorgeschlagen (Lippmann et al.: New York State J. Med. 1954; 2976, Fields, California Medicine, 1960 (92), 204–206).
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Berichtet wird insbesondere über Versuche zur Behandlung nächtlicher Wadenkrämpfe, einschließlich schwangerer Patientinnen, ohne dass nennenswerte Erfolge erreicht wurden. Hierbei wurden tägliche Dosen von ca. 110 mg Calcium täglich (Lippmann) bzw. ca. 335 mg Calcium täglich (Fields) appliziert.
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Ferner ist bereits seit Mitte des vorigen Jahrhunderts bekannt, dass intravenös verabreichtes Calcium zur Behandlung von Krämpfen bei Tetanie und Spasmophilie geeignet ist. Gleichwohl wurde die Idee, nächtliche Wadenkrämpfe therapeutisch mit Calcium zu behandeln, seit 1960 nicht weitererfolgt.
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Stattdessen wird in der Fachliteratur von unzähligen Therapieansätzen berichtet, neben gymnastischen Übungen und elastischen Binden wurde eine Unzahl von pharmazeutischen Präparaten getestet. Zu diesen Präparaten zählen:
- • Atropine
- • Barbiturate
- • Coffein
- • Chinidin
- • Circonyl
- • Chlorhidric Acid diluted
- • Diphenhydramine (benadryl)
- • Ethanolamin
- • Hesperidin
- • Lactoflavin
- • Lactose
- • Magnesiumsalze
- • Mephenesin (250–500 mg at bedtime)
- • Muskelrelaxantien
- • Natriumchlorid
- • Nikotinsäuren
- • Orphenadrine, hydrochlorid
- • Phenacetin
- • Priscoline
- • Salicylate
- • Sympathomimetica
- • Verapamil
- • Vitamin B
- • Vitamin B12
- • Vitamin B complex
- • Vitamin B2
- • Vitamin D
- • Vitamin E
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Die hausärztliche Empfehlung bei nächtlichen Wadenkrämpfen ist überwiegend die Applikation von Magnesiumsalzen. Die tatsächliche Wirksamkeit ist allerdings umstritten. Zur Wirksamkeit von Magnesium liegen nur zwei veröffentliche Doppelblindstudien gegen Placebo bei älteren Patienten mit nächtlichen Wadenkrämpfen vor:
- – Frusso R. et al.: J. Fam. Pract. 1999; 48: 868–71
- – Roffe C. et al.: Med. Sci. Monit. 2002; 8: 326–30
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Im Gegensatz zur vorliegenden Erfindung, bei der vollkommene Beschwerdefreiheit erreicht wird, wird bei der der Behandlung mit Magnesiumsalzen das Therapieziel überwiegend nicht erreicht, analog zu den anderen bisher getesteten Mitteln zur Behandlung der nächtlichen Wadenkrämpfe. In beiden bisher veröffentlichen Doppelblindstudien bei denen Magnesiumsalze gegen Placebo bei älteren Patienten getestet wurden verbleiben Krämpfe in praktisch gleicher Anzahl in beiden Behandlungsgruppen. In einer der Studien, wird kategorisch wörtlich festgestellt ”Magnesium was not effective for the treatment of nocturnal leg cramps”.
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Bestätigt wird diese Folgerung durch die Vielzahl der Äußerungen der Enttäuschung, die sich im Internet unter ”Wadenkrämpfe trotz Magnesium” finden.
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Wie oben bereits ausgeführt betrifft das Auftreten von nächtlichen Wadenkrämpfen altersabhängig ca. 30–40%, speziell der älteren Bevölkerung über 60 Jahre, und ist daher eine der häufigsten Gründe für die hausärztliche Konsultation.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine pharmazeutische Zusammensetzung anzugeben, welche die Behandlung nächtlicher Wadenkrämpfe ermöglicht.
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Diese Aufgabe wird durch die Verwendung von Calciumsalzen zur Herstellung eines Medikamentes zur Behandlung nächtlicher Wadenkrämpfe, wobei das Medikament zur oralen Einnahmen einer Dosis von mehr als 500 mg, beispielsweise 500–4000 mg Calcium unmittelbar vor und/oder während der Nachtruhe hergerichtet ist, gelöst.
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Im Rahmen dieses Dokumentes umfasst der Begriff Behandlung auch die Vorbeugung (Prophylaxe).
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Es wurde festgestellt, dass die Einnahme einer Dosis von 500–4000 mg, bevorzugt 500–1500 mg, besonders bevorzugt 750–1250 mg Calcium unmittelbar vor der Bettruhe dazu geeignet ist, nächtliche Wadenkrämpfe im allgemeinen vollständig auszuschließen. Im Standardfall wird eine Dosis von 1000 mg unmittelbar vor der Bettruhe gegeben. Hierzu werden Calciumsalze eingesetzt, die gut bioverfügbar sind. Es ist selbstverständlich, dass die Salze physiologisch akzeptable Anionen enthalten müssen. Hierzu kommen insbesondere folgende Calciumsalze in Betracht:
- – Calciumacetat (E263)
- – Calciumalginat (E404)
- – Calciumaspartat
- – Calcium-bis-DL-hydrogenaspartat
- – Calciumcarbonat (E170)
- – Calciumchlorid (E509)
- – Calciumcitrat (E333)
- – Calciumgluconat (E578)
- – Calciumhydroxid (E526)
- – Calciumlactat (E327)
- – Calciumlactatgluconat
- – Calciumlactobionat
- – Calcium-L-hydrogenaspartat
- – Calciumorotat
- – Calciumphosphate (E341)
- – Calciumsaccharat
- – Calciumsulfat (E516)
- – Calciumtrimetasilicat (E552)
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Dabei können die Salze als Einzelsubstanzen oder als Mischung mehrerer Salze verwendet werden. Die Salze können als Hydrat, Semihydrat oder Anhydrat ausgebildet sein. Aufgrund der hohen Löslichkeit sind die Salze Calciumgluconat, Calciumlactat, Calciumlactobionat und Calciumorotat sehr gut geeignet. Besonders bevorzugt ist Calciumlactatgluconat geeignet.
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Die Salze können in üblicher Weise als pharmazeutisch akzeptable Formulierungen hergerichtet sein, beispielsweise als Tabletten, Brausetabletten, Kautabletten, Kapseln, Dragees, Pulver, Brausepulver, Granulate, Lösungen, Emulsionen, Suspensionen und Zäpfchen. Die für diese Zwecke zu verwendenden Träger- und Hilfsstoffe sind dem Fachmann aus der pharmazeutischen Literatur bekannt und benötigen an dieser Stelle keine weitere Erläuterung. In besonderen Fällen kann die Zubereitung auch als Infusions- bzw. Injektionslösung hergestellt werden.
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Es wurde gefunden, dass die besten Ergebnisse erzielt werden, wenn die Einnahme der erfindungsgemäßen Zubereitung unmittelbar vor dem nächtlichen Zubettgehen erfolgt.
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Diese Applikation genügt in den meisten Fällen zur Behandlung der Typen 1, 2 und 3, welche eingangs beschrieben wurden. Bei Patienten unter 50 Kg kann die Dosis auf 500–750 mg reduziert werden. Bei einem Gewicht von über 110 Kg kann, wenn notwendig, die Dosis auf 1500–2000 mg erhöht werden.
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Sollten bei Typ 3 (Krämpfe sowohl während der Nacht als auch während der Aufwachphase) Krämpfe unter der Standarddosis während der Aufwachphase auftreten, wird empfohlen, eine zweite Dosis von 1000 mg zwischen 3:00 und 5:00 Uhr morgens zu verabreichen.
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Sollten bei Typ 2 (Krämpfe nur während der Aufwachphase) Krämpfe unter der Standardtherapie während der Aufwachphase auftreten, wird empfohlen, auf die Einnahme vor dem Zubettgehen zu verzichten und die Standarddosis von 1000 mg um etwa 3:00 bis 5:00 zu verabreichen.
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In den Fällen des Typs 2 und 3 kann alternativ auch wie folgt vorgegangen werden: Die Zubereitung, enthaltend beispielsweise 1000 oder 1500 mg Calcium, wird in Wasser (beispielsweise 200 oder 300 ml) gelöst. Von dieser Zubereitung trinkt der Patient beim Zubettgehen ca. die Hälfte. Wacht er im Laufe der Nacht auf, was insbesondere bei älteren Patienten typisch ist, trinkt er die zweite Hälfte der Zubereitung. Dieses Behandlungsschema reicht in den allermeisten Fällen aus. Erforderlichenfalls kann die Dosis bei diesem Applikationsschema auch weiter gesteigert werden, beispielsweise auf 2000 mg oder darüber hinaus.
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Aufgrund der extrem hohen Verträglichkeit des Calciums kann die Dosis im Bedarfsfall noch weiter gesteigert werden, beispielsweise auf 2500 mg, 3000 mg, 4000 mg oder sogar noch darüber hinaus.
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Indikationen der erfindungsgemäßen Zubereitung:
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- • Vorbeugung nächtlicher Wadenkrämpfe bei älteren Patienten.
- • Vorbeugung nächtlicher Wadenkrämpfe bei Schwangeren.
- • Vorbeugung eines Calciummangels bei erhöhtem Bedarf (z. B. Wachstumsalter, Schwangerschaft, Stillzeit).
- • Zur unterstützenden Behandlung der Osteoporose.
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Gegenanzeigen gelten bei der Behandlung der folgenden Indikationen:
Hyperkalzemie, Nephrocalcinose, Calciumnierensteine, schwere Hyperkalzurie, schwere Niereninsuffizienz.
Nebenwirkungen: selten werden leichte gastrointestinale Störungen, (Aufstoßen, Diarrhö oder Obstipation) beobachtet.
Wechselwirkungen: Vitamin-D-haltige Präparate und deren Metabolite. Thiazide, Tetracycline, Cephalosporine, Ketoconazol, Chinolone, Eisensalze, Natriumfluorid, Estramustin-Präparate, Bisphosphonate, Aluminium- und Bismutsalze, Herzglykoside.
Hinweise: Die unter angeführten Brausetabletten sind zuckerfrei. Patienten mit Neigung zu Harnsteinen wird reichlich Flüßigkeitsaufnahme empfohlen.
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Die Zubereitungen können auch als Retardformulierungen ausgebildet sein. Derartige Retardformulierungen sind dem Pharmazeuten grundsätzlich vertraut und brauchen daher an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt zu werden. Die Verwendung von Retardformulierungen kann insbesondere bei Patienten des Typs 2 und 3 vorteilhaft sein. In diesem Fall sollte die Retardformulierung eine Halbwertszeit von 2 bis 4 Stunden haben, so dass der Calciumspiegel über die gesamte Schlafphase ausreichend ist.
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Nur in Ausnahmefällen ist es nötig höhere Calciumkonzentrationen zu verwenden. Aufgrund der hohen Verträglichkeit von Calciumsalzen ist dies im Regelfall unproblematisch.
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Formulierungen zur Behandlung von nächtlichen Wadenkrämpfen:
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Beispiel 1 Calcium NN 1000 mg Brausetabletten
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Zusammensetzung: 1 Brausetablette enthält:
Calciumgluconat (C12H22CaO14) | 1607 mg (entspricht 149,64 mg Calcium) |
Calciumlactat (C6H10CaO6) | 815 mg (entspricht 149,63 mg Calcium) |
Calciumcarbonat (CaCO3) | 1750 mg (entspricht 700,73 mg Calcium) |
Weitere Bestandteile: Zitronensäure anhydro, Macrogol 6000, Sacharin-Natrium, Natriumcyclamat, Zitronenaroma, etc
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Beispiel 2: Calcium NN 500 mg Brausetabletten
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Zusammensetzung: 1 Brausetablette enthält:
Calciumgluconat (Cr12H22CaO14) | 1607,0 mg (entspricht 149,64 mg Calcium) |
Calciumlactat (C6H10CaO6) | 815,0 mg (entspricht 149,63 mg Calcium) |
Calciumcarbonat (CaCO3) | 501,3 mg (entspricht 200,73 mg Calcium) |
Weitere Bestandteile: Zitronensäure anhydro, Macrogol 6000, Sacharin-Natrium, Natriumcyclamat, Zitronenaroma, etc
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Beide Formulierungen sind besonders gut verträglich, nur selten werden leichte gastrointestinale Nebenerscheinungen beobachtet.
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Beide Formulierungen sind besonders gut wasserlöslich. Zur Einnahme wird empfohlen, die Brausetablette in etwa 200 ml Wasser aufzulösen und danach gleich zu trinken.
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Als Standarddosis zur Behandlung von nächtlichen Wadenkrämpfen wird 1000 mg empfohlen.
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Als Standardverabreichungszeit zur Behandlung von nächtlichen Wadenkrämpfen wird der Augenblick des nächtlichen Zubettgehens empfohlen.
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Beispiel 3:
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Vier Patienten, die sehr häufig an besonders starken nächtlichen Wadenkrämpfen leiden, erhalten eine Zubereitung gemäß Beispiel 1 (1000 mg Calcium), die unmittelbar vor dem nächtlichen Zubettgehen genommen wird. Die Wadenkrämpfe werden nach Gabe der ersten Dosis schlagartig signifikant verbessert. In einem Beobachtungszeitraum von 3 bis 16 Monaten wird vollständige Beschwerdefreiheit erzielt.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Lippmann et al.: New York State J. Med. 1954; 2976, Fields, California Medicine, 1960 (92), 204–206 [0007]
- Frusso R. et al.: J. Fam. Pract. 1999; 48: 868–71 [0011]
- Roffe C. et al.: Med. Sci. Monit. 2002; 8: 326–30 [0011]