-
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur adaptiven Parametrisierung von Fahrerassistenzsystemen und PreCrash-Sicherheitssystemen in einem Kraftfahrzeug gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 sowie ein Fahrerassistenzsystem gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 7.
-
Im Zuge der Akzeptanz von neuartigen Fahrerassistenz und Sicherheitssystemen ist es unabdingbar eine korrekte Funktionalität von diesen Systemen zu gewährleisten. Insbesondere bei der Ansteuerung von nicht reversibler Aktuatorik, wie beispielsweise neuartige Außenairbags etc., die bestmöglich das Schutzpotential für Insassen und Unfallbeteiligte ausschöpfen sollen, sind die Anforderungen an die Auslösesicherheit extrem hoch. Um diese hohen Anforderungen zu erreichen sind redundant arbeitende Multisensorsysteme für den Einsatz angedacht, wobei typischerweise Assistenz- und Sicherheitssysteme nicht zeitlich veränderlich und konservativ ausgelegt sind, so dass bei hinreichend kleiner Falschalarmrate auch mit einer vergleichsweise geringen Detektionsfähigkeit und damit mit einem eingeschränkten Wirkfeld der Funktion zu rechnen ist.
-
In diesem Zusammenhang ist aus der
DE 10 2005 051 539 A1 ein Verfahren zur Erhöhung der Fahrsicherheit bekannt, wobei Daten eines Fahrzeugsteuergeräts, welche zur Steuerung einer sicherheitserhöhenden Aufgabe vorgesehen sind, mit Daten eines Navigationssystems einschließlich kartographischen Daten logisch verknüpft werden, die kartographischen Daten gemeinsam mit sensorisch im Fahrzeug erfassten Informationen über den aktuellen Fahrzustand zur Ermittlung eines aktuellen Gefahrenwertes herangezogen werden und in Abhängigkeit vom so ermittelten Gefahrenwert Eingriffe in die Funktionsgruppen mit sicherheitserhöhenden Aufgaben erfolgen. Dabei werden unter sicherheitserhöhenden Aufgaben beispielsweise Steuergeräte für Rückhaltesysteme, Bremsen- oder Fahrdynamiksteuergeräte verstanden.
-
Aus der Druckschrift
DE 102 48 401 A1 ist ein Verfahren zur vorausschauenden Fahrzeugsteuerung bekannt, wobei von einer Vielzahl von Sensoren stammenden Informationen, beispielsweise einem GPS-Navigationssystem mit digital hinterlegter Karte, einem Abstandsradar oder einer Videobildmustererkennung, in einer Verarbeitungsstufe selektiert und miteinander verknüpft werden, um beispielsweise die Scheinwerfer vorausschauend als Funktion des zu erwartenden Straßenverlaufs verstellen zu können.
-
Die Druckschrift
DE 103 03 148 A1 zeigt ein Verfahren zur Bestimmung einer Unfallwahrscheinlichkeit eines Fahrzeuges als Funktion eines Ortungssignals einer Ortungsvorrichtung, wobei das Ortungssignal mit Kartenwerten einer abgespeicherten Karte verglichen werden. Mittels der Kartenwerte und weiterer Fahrzeugdaten, wie insbesondere Beschleunigungen und Geschwindigkeiten, wird eine Unfallwahrscheinlichkeit bestimmt, die beispielsweise Rückhaltesysteme und/oder Fahrdynamikregelungen beeinflusst.
-
Ferner zeigt die
DE 102 07 488 A1 ein Verfahren zur Informationserzeugung in einem fahrergesteuerten Fahrzeug, bei dem die momentane Fahrzeugposition bestimmt wird, Streckendaten und zugeordnete Attributdaten für ein Gebiet um eine momentane Fahrzeugposition aus einer digitalen Karte ausgelesen werden, und als Information dem Gebiet der momentanen Fahrzeugposition eine Kategorie zugeordnet wird. Die so generierte Information wird zur Aktivierung von Assistenzsystemen verwendet.
-
Die Druckschrift
DE 10 2004 019 337 A1 betrifft ein Assistenzsystem für Kraftfahrzeuge, insbesondere elektronischer Rallye-Copilot, Überholassistent oder Rechts-vor-Links-Assistent. Dabei umfasst das Assistenzsystem wenigstens eine Steuereinheit, welche bei einer durch die Steuereinheit erkannten Vorgabe des Fahrzeugführers aus drei Gruppen sog. globaler, lokaler und interner Daten je wenigstens ein Datum auswählt und dergestalt miteinander verknüpft, dass hiervon abhängig ein auf die Fahrdynamik des Kraftfahrzeuges bezogenes Ausgangssignal erzeugbar ist. Das Assistenzsystem verarbeitet dabei durch drei, bzw. mit den Vorgaben des Fahrzeugführers vier Gruppen bereitgestellte Daten simultan. Dadurch kann unter anderem eine Redundanz erreicht werden, die insbesondere für sicherheitsrelevante Anwendungen entscheidend ist.
-
Allerdings erfolgt bei den bekannten Verfahren keine Berücksichtigung der Dynamik der Verkehrsbewegungen im dem aktuellen Umfeld des Kraftfahrzeugs.
-
Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Vorrichtung zur adaptiven Parametrierung einer Funktion eines Fahrerassistenzsystems zu schaffen, die eine notwendige geringe Falschauslösung der Funktion mit einem verbesserten Ansprechverhalten verbindet.
-
Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 sowie durch eine entsprechende Vorrichtung nach Anspruch 7 gelöst. Bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
-
Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zur adaptiven Parametrisierung einer Funktion eines Fahrerassistenzsystems eines Kraftfahrzeugs, wobei das Kraftfahrzeug ein Navigationssystem einschließlich einer digitalen Karte zur Bestimmung der aktuellen Position und zur Prädiktion einer wahrscheinlichen Fahrtroute des Kraftfahrzeugs sowie eine Sensoreinrichtung zur Bestimmung und Zielverfolgung von Objekten im Umfeld des Kraftfahrzeugs aufweist, erfolgt eine Klassifizierung der aktuellen Umgebung des Kraftfahrzeugs anhand von Karteninformationen bezüglich seiner aktuellen Position in eine vorgegebene Anzahl von Szenarien, und die Parametrierung der Fahrerassistenzfunktion wird als eine Funktion des aktuellen Szenarios des Kraftfahrzeugs gewählt. Dabei ist ein Szenario durch die zu erwartende Verkehrsdynamik definiert, derart dass das Szenario durch die adaptive Parametrisierung bestimmt wird, wobei die Parameter der adaptiven Parametrisierung kontextabhängige Filterschwellwerte beschreiben, die eine Aktivierung oder Nichtaktivierung der Funktion der Fahrerassistenzfunktion bewirken.
-
Vorzugsweise weist ein Szenario eine vorgegebene Anzahl adaptiver Parameter auf, wobei die Wertebereiche der adaptiven Parameter durch die Klassifizierung der Kraftfahrzeugumgebung in das jeweilige Szenario vorgegeben sind.
-
Als mögliche adaptive Parameter kommen die zulässige Kollisionsgeschwindigkeit, die maximale Spurwechselgeschwindigkeit, der Aufprallwinkel, die Mindestrackdauer der Zielverfolgung und das Verhältnis real gemessener Objektpositionen zur Gesamtzahl der Messungen in Betracht. Die Aufzählung ist als nur beispielhaft und nicht abschließend anzusehen.
-
Eine Klassifizierung der Umgebung erfolgt auf der Basis von Kontextwissen. Insbesondere kann die Klassifizierung der Umgebung des Kraftfahrzeugs in vier Szenarien vorgenommen werden, beispielsweise in die Szenarien Autobahn, Landstrasse und Stadt sowie ein Szenario Unbekannt. Letzteres Szenario ist notwendig, wenn keine Klassifizierung der aktuellen Umgebung des Kraftfahrzeugs möglich ist. Dies kann beispielsweise der Fall sein bei nicht vorhandenem GPS-Empfang des Navigationssystems oder unzureichendem Kartenmaterial. Die Klassifizierung in die genannten vier Szenarien führt zu einer verbesserten adaptiven Parametrierung der Fahrerassistenzfunktion, wobei auch eine feinere Klassifizierung denkbar ist. Beispielsweise können die Szenarien Autobahnen oder Landstrasse nach der Anzahl der vorhandenen Fahrspuren in weitere Szenarien unterteilt werden. Auch ist eine Unterteilung des Szenarios Stadt in Unterszenarien entsprechend dem städtischen Straßentyp denkbar. So ist eine detaillierte Subklassifizierung zum einen entsprechend der baulichen Gegebenheiten der Straßentypen und zum anderen situativ anhand der temporären, umwelttechnisch bedingten Zustände möglich. So könnten neben dem in der digitalen Karte enthaltenen Informationen zur Straße beispielsweise auch Signale eines Regen-Licht-Sensors als Information zu den Umweltbedingungen ausgewertet und zur Subklassifizierung herangezogen werden.
-
Vorzugsweise bezieht sich die Karteninformation der aktuellen Umgebung des Kraftfahrzeugs auf jeweils einzelne Segmente der aktuellen bzw. prädizierten Fahrbahn der wahrscheinlichsten Fahrtroute und liegt in Form von Streckenattributen der einzelnen Segmente vor. Dabei kommen als Streckenattribute eines Segments vorzugsweise die Straßenklassifizierung, die Zuordnung des Segments zu Ortschaften, Informationen über Fahrtrichtung und Fahrtrichtungsbeschränkung, Informationen über den Ausbaustatus, den Streckenverlauf sowie Geschwindigkeitsbegrenzungen des jeweiligen Segments, Informationen über kreuzende Fahrbahnen sowie Auf- und Abfahrten und Informationen über Brücken, Tunnel, Sachgassen, Kreisverkehr Einbahnstrassen und Privatstrassen in Betracht.
-
Eine erfindungsgemäße Vorrichtung zur Durchführung des im vorangegangenen beschriebenen Verfahrens zur adaptiven Parametrisierung einer Funktion eines Fahrerassistenzsystems eines Kraftfahrzeugs umfasst:
- - ein Fahrerassistenzsystem mit mindestens einer durch eine adaptive Parametrisierung aktivierbaren Funktion,
- - eine durch die Fahrerassistenzfunktion ansteuerbare Aktorik,
- - eine Sensoreinrichtung zur Bestimmung und Zielverfolgung von Objekten im Umfeld des Kraftfahrzeugs,
- - eine Informationseinrichtung zum Bereitstellen von Fahrzeugdaten,
- - eine Navigationseinrichtung mit digitaler Karte, und
- - eine Klassifizierungseinrichtung zur Klassifizierung der aktuellen Umgebung des Kraftfahrzeugs anhand von Karteninformationen bezüglich seiner aktuellen Position in eine vorgegebene Anzahl von Szenarien erfolgt, wobei ein Szenario durch die zu erwartenden Verkehrsdynamik definiert ist, derart dass das Szenario durch die adaptive Parametrisierung bestimmt wird, wobei die Parameter der adaptiven Parametrisierung kontextabhängige Filterschwellwerte beschreiben, die eine Aktivierung oder Nichtaktivierung der Funktion der Fahrerassistenzfunktion bewirken, und das aktuellen Szenario die Parametrierung der Fahrerassistenzfunktion des Kraftfahrzeugs bedingt.
-
Vorzugsweise wird das Fahrerassistenzsystem durch ein Pre-Crash-System gebildet. Dabei kann das Pre-Crash-System eine Crash-Berechnungseinheit, eine Trackvalidierungseinheit und eine Situationsanalyseeinheit aufweisen, wobei die Information der Klassifizierungseinheit in die Trackvalidierungseinheit und die Situationsanalyseeinheit einfließt.
-
Vorzugsweise weist das Fahrerassistenzsystem, insbesondere als Pre-Crash-System, ein Bussystem zur Kommunikation und Datentransfer zwischen den einzelnen Einrichtungen auf.
-
Zur Einhaltung der extremen Anforderung an die geringe Falschalarmwahrscheinlichkeit bei PreCrash Systemen, beispielsweise bei der Falschauslösung eines Außenairbags, wird eine kontextveränderliche bzw. situationsabhängige Parametrierung der Sensorzielverfolgung und der Auslösealgorithmik während der Fahrt erreicht, so dass sowohl eine extrem geringe Falschalarmwahrscheinlichkeit als auch eine hinreichend große Aktivierungsrate in verschiedensten Fahrszenarien erreicht wird. Es ergibt sich somit eine erhöhte Detektion und eine verkleinerte Falschalarmwahrscheinlichkeit.
-
Eine bevorzugte Ausführungsform der Erfindung wird nachfolgend anhand der Zeichnungen erläutert. Dabei zeigt
- 1 eine schematische Darstellung allgemeinen Definition verwendeter Größen,
- 2 die Definition der Kollisionsgrößen zweier Fahrzeuge,
- 3 eine Übersicht des Systemkonzepts, und
- 4 ein Ablaufschema des erfindungsgemäßen Verfahrens
-
1 zeigt ein Egofahrzeug 1, welches sich in x-Richtung bewegt und einen Umfeldsensor 2 mit einem Sensorsichtfeld 3 aufweist. Dabei liegt der Ursprung des xy-Koordinatensystems des Egofahrzeugs 1 in der Mitte des vorderen Stoßfängers. Im Sichtfeld 3 des Sensors 2 wird ein Zielfahrzeug 4 detektiert, das im Koordinatensystem des Egofahrzeugs 1 die Position xZ, yZ hat. Die Geschwindigkeit des Zielfahrzeugs über Grund hat die Komponenten Längsgeschwindigkeit vx und Quergeschwindigkeit vy.
-
2 zeigt die Situation vor einer Kollision des Egofahrzeugs 1 mit dem Zielfahrzeug 4, wobei hier die relative Längskollisionsgeschwindigkeit vx_coll und die relative Querkollisionsgeschwindigkeit vy_coll sowie der Kollisionswinkel alpha dargestellt sind.
-
Die Fahrerassistenzfunktion des den Sensor 2 in 1 aufweisenden Pre-Crash-Systems des Egofahrzeugs 1 wird durch das in Form von Szenarien vorliegendem Kontextwissen angepasst aktiviert, wobei das Kontextwissen einer digitalen Karte unter Kenntnis der aktuellen Position des Egofahrzeugs 1, die beispielsweise mittels GPS bestimmt werden kann, entnommen wird.
-
In der bevorzugten Ausführungsform werden die vier Szenarien Undefiniert, Autobahn, Land und Stadt verwendet, die im Folgenden erläutert werden. Dabei ist die Anzahl der möglichen Szenarien nicht auf die vier Genannten beschränkt, sondern die Szenarien können differenzierter definiert sein. Beispielsweise könnte anstelle des Szenarios Autobahn die Szenarios Autobahn mit zwei Fahrspuren pro Fahrtrichtung und Autobahn mit mehr als zwei Fahrspuren pro Fahrtrichtung treten.
-
Die genanten Szenarien werden durch Parameter definiert, die kontextabhängige Filterschwellwerte beschreiben, die eine Funktionsaktivierung oder Nicht-Aktivierung bewirken. In dem hier erläuterten Beispiel einer bevorzugten Ausführungsform werden dabei die folgenden Parameter verwendet:
vx_coll: | prädizierte relative Kollisionsgeschwindigkeit in Längsrichtung |
vy_coll: | prädizierte relative Kollisionsgeschwindigkeit in Querrichtung |
v_ego_abs: | Betrag der Geschwindigkeit des Egofahrzeugs |
v_zul: | zulässige Geschwindigkeit für einen Streckenabschnitt |
v_tol: | Toleranzspreizung |
v_quer | zulässige Geschwindigkeit eines mündenden Streckensegments im Kreuzungsbereich |
alpha: | Der Parameter beschreibt den Aufprallwinkel |
Mlndesttrackdauer: | Zeitspanne, in welcher das Zielobjekt mindestens von den Sensoren erfasst sein muss |
M-aus-N: | Das Verhältnis zwischen real gemessenen Positionen eines Zielobjekts zur Gesamtzahl der Messungen |
-
Weitere mögliche Parameter eines Fahrerassistenzsystems sind:
minimale Trackgüte: | vom Sensor geliefertes Zuverlässigkeitsmaß für das aktuelle Zielobjekt |
Positionsplausibilität: | Sprungweite zwischen den beiden letzten Zielobjektpositionen sowohl in Längs- als auch in Querbetrachtung |
letzte TTC: | letzte real gemessene Kollisionszeit (TTC: Time to Collision) |
minimale TTC: | minimale Kollisionszeit, in der die zu aktivierende Aktorik noch wirksam ist |
maximale TTC: | maximale Kollisionszeit |
Einschlagposition: | Einschlagpunkt des Zielobjekts auf dem vorderen Stoßfänger |
-
Szenario „Undefiniert“:
-
Tabelle 1
Parametername | Wert |
vx_coll: | z.b. - 150km/h<vx coll<0km/h. |
vy_coll: | Keine Begrenzung. |
Aufprallwinkel | Keine Begrenzung |
Mlndesttrackdauer | 200 ms, empirisch festgelegt |
M-aus-N Verhältnis | 60%, empirisch festgelegt |
-
In dem Szenario Undefiniert der Tabelle 1 werden all jene Situationen zusammengefasst, in denen keine genaue Aussage über die Fahrbahn gemacht werden kann, beispielsweise wenn keine Kartendaten vorhanden sind, eine Positionsbestimmung nicht möglich ist oder das Fahrzeug sich in einer Baustelle befindet.
-
Wie bereits erwähnt, beschreibt der Parameter vx_coll die maximal gültige prädizierte Kollisionsgeschwindigkeit in Längsrichtung, wobei diese Geschwindigkeit abhängig ist von der jeweiligen Fahrerassistenzfunktion. Liegt daher die prädizierte Kollisionsgeschwindigkeit innerhalb genannten Intervalls, so wird die Fahrerassistenzfunktion aktiviert. Des Weiteren bedeutet der Begriff „keine Begrenzung“, dass keine zusätzliche kontextabhängige Filterung durchgeführt wird.
-
Szenario „Autobahn“:
-
Tabelle 2
Parametername | Wert |
vx_coll: | -v ego abs < vx coll < 0km/h, |
vy_coll: | -10km/h < vy_coll < 10km/h |
Aufprallwinkel | -15° < alpha < 15°, empirisch festgelegt |
Mlndesttrackdauer | >200 ms |
M-aus-N Verhältnis | >60% |
-
Im Szenario Autobahn der Tabelle 2 erfolgt eine Begrenzung der zulässigen Kollisionsgeschwindigkeit vx_coll in Längsrichtung aufgrund der räumlichen Trennung (Mittelleitplanke) der Fahrbahnen einer Autobahn. Ferner sind Kollisionen nur mit stehenden oder sich in gleicher Richtung bewegenden Objekten möglich. Dabei definiert der Parameter v_ego_abs den Betrag der Geschwindigkeit des Egofahrzeugs.
-
Bezüglich der relativen maximalen Geschwindigkeit vy_coll in Querrichtung wird eine maximale Spurwechselgeschwindigkeit von 10 km/h angenommen, da auf Autobahnen kein Querverkehr möglich ist und es auch keine Kreuzungen gibt.
-
Wie bereits erwähnt, könnte das Szenario Autobahn verfeinert werden, indem getrennte Szenarien für Autobahnen ohne oder mit minimalem Randstreifen, Autobahnen mit zwei Fahrspuren in eine Fahrtrichtung, und Autobahnen mit mehr als zwei Fahrspuren in eine Fahrtrichtung definiert werden.
-
Szenario „Land“:
-
Tabelle 3
Parametername | Wert |
vx_coll | -v_ego_abs < vx_coll < 0 km/h |
oder |
(-v_ego_abs - v zul-v_tol) < vx coll < 0 km/h |
vy_coll: | -15 km/h < vy_coll < 15 km/h (ohne Kreuzung) |
-v quer< vy_coll < v_quer (mit Kreuzung) |
Aufprallwinkel | -30° < alpha < 30° (ohne Kreuzung) |
-90° < alpha < 90° (mit Kreuzung) |
Mlndesttrackdauer | >200 ms (ohne Kreuzung) |
<200 ms (mit Kreuzung) |
M-aus-N Verhältnis | >60% (ohne Kreuzung) |
<60% (mit Kreuzung) |
-
Im Szenario der Tabelle 3 erfolgt im Fall einer räumlichen Trennung der Fahrspuren, beispielsweise mittels einer Mittelleitplanke, eine Begrenzung der zulässigen relativen Kollisionsgeschwindigkeit vx_coll in Längsrichtung gemäß der ersten Ungleichung, wobei in diesem Fall Kollisionen nur mit stehenden oder in gleicher Richtung sich bewegenden Objekten angenommen wird.
-
Um eine Abschätzung für die Plausibilität entgegenkommender Objektdaten zu erhalten, werden die mit dem aktuellen Streckenabschnitt verbundenen Geschwindigkeitsangaben aus dem Kartenmaterial herangezogen. Diese liegen als beispielsweise als gesetzliches Limit v_zul vor und können um eine Toleranzspreizung v_tol zur Berücksichtigung von schnellerem und langsamerem Fahren erhöht werden, was zusammen mit dem Betrag der Egogeschwindigkeit v_ego_abs zur zweiten Ungleichung bezüglich der maximalen Kollisionsgeschwindigkeit in Längsrichtung führt.
-
Anders als bei Autobahnen werden Knotenpunkte nur in seltenen Fällen höhenfrei gestaltet, sodass es zu direkten Kreuzungen mit dem umgebenden Straßennetz kommt. In diesem Szenario ist daher mit einer merklich von der Längsrichtung abweichenden Geschwindigkeitskomponente zu rechnen, die durch Objekte verursacht wird, die Kreuzungen und Einmündungen passieren. Darüber hinaus können Landstraßen in ländlichen Regionen Zugänge zu unbefestigten Fluren aufweisen. Daher wird eine kreuzungsadaptierte Parameterwahl getroffen, so dass sich die in Tabelle 3 aufgezeigten Unterscheidungen der Parameter Kollisionsgeschwindigkeit in Querrichtung, Aufprallwinkel, Mlndesttrackdauer und M-aus-N Verhältnis in die Fälle mit Kreuzung und ohne Kreuzung ergeben.
-
Im Fall der Kollisionsgeschwindigkeit vy_coll in Längsrichtung wird einerseits für den kreuzungsfreien Fall eine maximale Spurwechselgeschwindigkeit und anderseits für den Fall einer Kreuzung die maximal zulässige Geschwindigkeit v_zul des kreuzenden Fahrbahnsegments aus der Karte entnommen.
-
Szenario „Stadt“:
-
Tabelle 4
Parametername | Wert |
vx_coll | -v_ego_abs < vx_coll < 0 km/h |
oder |
(-v_ego_abs - v_zul-v_tol) < vx coll < 0 km/h |
vy_coll: | -25 km/h < vy_coll < 25 km/h (ohne Kreuzung) |
-v quer < vy_coll < v_quer (mit Kreuzung) |
Aufprallwinkel | -30° < alpha < 30° (ohne Kreuzung) |
-90° < alpha < 90° (mit Kreuzung |
Mlndesttrackdauer | >200 ms (ohne Kreuzung) |
<200 ms (mit Kreuzung) |
M-aus-N Verhältnis | <60%, empirisch festgelegt |
-
Im Szenario Stadt der Tabelle 4 erfolgt ebenfalls eine Begrenzung der zulässigen Kollisionsgeschwindigkeit vx_coll in Längsrichtung bei dem Vorhandensein einer räumlichen Trennung der Fahrbahnen beispielsweise mittel einer Mittelleitplanke. Eine Kollision kann in diesem Fall nur mit stehenden oder in gleicher Richtung sich bewegenden Objekte erfolgen, so dass in diesem Fall die erste Abschätzung -v_ego_abs < vx_coll < 0 km/h in Tabelle 4 verwendet wird.
-
Falls keine bauliche räumliche Trennung der Fahrspuren unterschiedlicher Fahrtrichtungen gegeben ist, so wird die zulässige Höchstgeschwindigkeit v_zul aus der Karte entnommen und es wird eine angenommene maximale Übertretung v_tol der Höchstgeschwindigkeit zur Schwellwertfindung herangezogen, so dass in diesem Fall die zweite Abschätzung der Tabelle 4 bezüglich der Kollisionsgeschwindigkeit in Längsrichtung verwendet wird.
-
Ohne Kreuzungssituation wird eine maximale Quergeschwindigkeit von 25 km/h in der Stadt angesetzt. Für den Fall einer Kreuzung wird ebenfalls die maximal zulässige Geschwindigkeit v_zul des kreuzenden Fahrbahnsegments aus der Karte entnommen.
-
3 zeigt in schematische Darstellung eine Realisierung der erfindungsgemäßen Vorrichtung. Ein Pre-Crash-Steuergerät 10 wirkt auf eine Aktorik 11, die eine vorgegebene Aktion auslöst, beispielsweise eine Auslösung eines Außenairbags. Das Pre-Crash-Steuergerät 10 erhält Karteninformationen eines mit einer digitalen Karte ausgestatteten Navigationssystems, das die Position des Egofahrzeugs beispielsweise mittel GPS bestimmt. Ferner werden dem Pre-Crash-Steuergerät 10 Informationen diverser Umfeldsensoren 13, 14 und 15 über ein Bussystem 16 zugeführt. Mittels eines Gateways 17 ist das Bussystem 16 des Pre-Crash-Steuergeräts 10 mit dem Bussystem 18 des Antriebs verbunden und erhält beispielsweise Informationen des ABS 19, des ESP 20 und der Motorsteuerung 21 bzw. kann diese zu einer Aktion, beispielsweise einer Notbremsung, Motorabschaltung nach einer Kollision etc., veranlassen.
-
4 zeigt den Ablauf der bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens basierend auf der Vorrichtung der 3. Daten 30 des Egofahrzeugs und 31 Sensordaten werden einer Crash-Berechnung 32 zugeführt. Entscheidet die Crash-Berechnung, dass keine Kollision möglich ist, so führt dies zur Entscheidung 36 „keine Kollision“. Erscheint eine Kollision möglich, so wird in einem weiteren Schritt 33 eine Trackvalidierung durchgeführt. Kann die Trackvalidierung 33, dass keine Kollision möglich ist, so wird die Entscheidung 36 „keine Kollision“ ausgegeben. Hält die Trackvalidierung 33 eine Kollision für möglich, so wird der weitere Schritt Situationsanalyse 34 durchgeführt. Ergibt die Situationsanalyse 34, dass keine Kollision vorkommen wird, so wird das Ergebnis „keine Kollision“ 36 ausgegeben. Andernfalls wird das Ergebnis „Kollision“ 35 ausgegeben, was zu entsprechenden Aktionen führt. Die einer digitalen Karte von der Klassifizierungseinheit 37 entnommenen Informationen über das Umfeld des Egofahrzeugs und deren Beeinflussung der adaptiven Parametrierung gehen in die Trackvalidierung 33 und die Situationsanalyse 34 ein.
-
Zusammenfassend liegt der im Vorangegangenen erläuterten bevorzugten Ausführungsform der Erfindung das folgende Systemkonzept zugrunde:
- - Informationen des Kartenmaterials, welche aufgrund von Navigationsfunktionen, bereits grundsätzlich im Fahrzeug vorliegen, werden extrahiert und auf einem Bussystem (CAN, LIN, MOST, FLEXRAY) für Steuergeräte von Assistenz- und Sicherheitsfunktionen zur Verfügung gestellt.
- - Die Informationen der digitalen Karte wird beispielsweise vom Steuergerät, welches die PreCrash Berechnung vornimmt, beispielsweise Anhalte-Weg-Verkürzung, Bremsensteuergerät, Airbagsteuergerät oder den vorausschauenden Sensoren eingelesen.
- - Unter Zuhilfenahme dieser Zusatzdaten werden vor allem Algorithmen der Objektzuordnung hinsichtlich Plausibilität und Qualität bereichert und somit eine verbesserte Zielverfolgung ermöglicht (direkter Input für vorausschauende Sensoren)
- - aktuell befahrene Streckenabschnitte, aber auch in der nahen Zukunft wahrscheinlich befahrene Streckenabschnitte tragen zur Parametrierung bei
- - zudem kann die Parametrierung der Algorithmen, die basierend auf den Objektlisten der vorausschauenden Sensoren zur frühzeitigen Kollisionserkennung (PreCrash) beitragen, je nach Fahrsituation adaptiv gestaltet werden
-
Es konnte quantisiert mit den erläuterten adaptiven Parametrierung eine verbesserte Detektionsrate kritischer Situationen und Kollisionen sowie eine Minimierung der Wahrscheinlichkeit eines möglicherweise auftretenden Falschalarms bei konstanter Detektion erzielt werden. Dabei wurden die folgenden Vorteile ereicht:
- - erlebbarer Kundenwert bei Komfortfeatures
- - Schutzpotential bei reinen Sicherheitsfunktionen
- - Steigerung der Kundenakzeptanz aufgrund geringerer Falschaktivierung eines Systems
- - Reduktion von eventuellen Produkthaftungsfällen durch Falschaktivierung nicht reversibler Sicherheitsfunktionen.
-
Bezugszeichenliste
-
- 1
- Egofahrzeug
- 2
- Sensor
- 3
- Sensorsichtfeld
- 4
- Zielfahrzeug
- X
- x-Achse
- v_x
- Geschwindigkeit in x-Richtung
- v_y
- Geschwindigkeit in y-Richtung
- v_x_coll
- relative maximale Kollisionsgeschwindigkeit in x-Richtung
- v_y_coll
- relative maximale Kollisionsgeschwindigkeit in y-Richtung
- alpha
- Kollisionswinkel
- 10
- Pre-Crash-Steuergerät
- 11
- Aktorik
- 12
- Navigation mit digitaler Karte
- 13
- Umfeldsenor
- 14
- Umfeldsenor
- 15
- Umfeldsenor
- 16
- Bussystem
- 17
- Gateway
- 18
- Bussystem Antrieb
- 19
- ABS
- 20
- Motor
- 21
- ESP
- 30
- Daten des Egofahrzeugs
- 31
- Sensordaten
- 32
- Crash-Berechnung
- 33
- Trackvalidierung
- 34
- Situationsanalyse
- 35
- Ergebnis „Crash“
- 36
- Ergebnis „kein Crash“
- 37
- Klassifizierungseinheit mit digitaler Karte