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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Dekontamination von Erdreich und anderen Stoffgemischen, die mit verdampfbaren Schadstoffen belastet sind. Die verdampfbaren Schadstoffe können flüchtige metallische Stoffe, wie beispielsweise Quecksilber oder flüssige und pastöse kohlenwasserstoffhaltige Stoffe, wie beispielsweise Öle sein.
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An vielen Stellen existieren Bereiche, in denen u. a. der Erdboden durch Quecksilber kontaminiert ist, wobei die Ursachen sehr unterschiedlich sein können. Diese kontaminierten Bereiche stellen eine große Gefahr für die Umwelt dar, wobei sich das Gefahrenpotential nicht nur auf Boden und Wasser bezieht, sondern infolge der Flüchtigkeit z. B. des Quecksilbers auch auf die Atmosphäre. Wegen der hohen Toxizität des Quecksilbers und seiner Verbindungen besteht also ein dringender Handlungsbedarf für die Dekontamination quecksilberbelasteter Böden u. a. Stoffe.
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Weiterhin sind Böden oft durch flüssige oder pastöse kohlenwasserstoffhaltige Produkte kontaminiert, was einer Nutzung in der Regel entgegensteht.
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Für die Dekontamination solcher organisch kontaminierten Böden wird allgemein die Extraktion vorgeschlagen, wobei unterschiedliche Extraktionsmittel möglich sind. Allen diesen Verfahren ist jedoch gemeinsam, dass das Extraktionsmittel wieder aus dem Boden/Erdreich entfernt werden muss und eine Aufbereitung des beladenen Extraktionsmittels erforderlich ist. Erschwerend kommt hinzu, dass diese Extraktionsmittel selbst toxisch oder sonst wie gefährlich sein können. Ein Abbrennen ist ebenfalls möglich, hierbei bereiten die Abgase jedoch Probleme.
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Für die Dekontamination quecksilberhaltiger mineralischer Substrate, in der Regel Bodenmaterial, existieren mehrere Möglichkeiten.
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Nach
DE 4422468 A1 erfolgt eine Immobilisierung des Quecksilbers im Boden durch eine Kaliumpolysulfid-Kaliumthiosulfat-Lösung oder nach
DE 19640385 A1 durch Sulfidlösung und anschließender Säurebehandlung in situ unter Bildung von unlöslichen Quecksilbersulfid. Durch biologische oder chemische Vorgänge im Boden besteht jedoch im Laufe der Zeit die Gefahr einer erneuten Mobilisierung.
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Eine Extraktion des Quecksilber kann nach
DE 69811377 T2 oder
DE 19724786 A1 mittels Natriumhypochlorit erfolgen, wobei das Quecksilber daraus z. B. elektrolytisch abgeschieden werden kann. Als Extraktionsmittel kann auch Kaliumjodid-Jodlösung (
DE 19654513 A1 ) oder ein organischer Komplexbildner in Gegenwart eines Oxydationsmittels (
DE 4219420 A1 ) verwendet werden. Mittels Salpetersäure/Natriumchlorid (
DE 3812986 C2 oder
DE 3814684 A1 ) ist eine Extraktion des Quecksilbers aus Bodenmaterial ebenfalls möglich, die Extraktionsverfahren können auch in situ angewandt werden. Sie haben jedoch die Nachteile, dass die Extraktionsmittel mehr oder weniger aggressiv oder gesundheitsschädlich sind, aus dem behandelten Boden wieder entfernt werden müssen und eine Aufarbeitung des Extraktes erforderlich ist.
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Eine Entfernung metallischen Quecksilbers aus Bodenmaterial ist nach
DE 4218775 C2 mittels amalgamierter Oberflächen möglich, die Quecksilber aufnehmen und durch eine Bewegung für den Materialtransport sorgen.
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Eine weitere Gruppe von Dekontaminierungsverfahren für quecksilberhaltige Böden beruht auf der thermischen Austreibung des Quecksilbers. Dies kann in situ erfolgen und mittels Neutronenstrahlmessung überwacht bzw. gesteuert werden (
DE 60215378 T2 ,
EP 1446239 B1 ).
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In der Regel erfolgt vor der thermischen Entfernung des Quecksilbers eine Trocknung, wobei auch mehr oder weniger große Anteile des Quecksilbers verdampfen und eine Aufbereitung der Trocknungsluft erforderlich machen. Als Schleppgas beim Ausdampfen dient in der Regel Luft, die anschließend zur Entfernung des Quecksilbers mit kaltem Wasser gewaschen wird (auch als mobile Anlage) (
DE 19927134 A1 ) oder in eine wässrige Alkalipolysulfidlösung eingeleitet wird (
DE 4243313 A1 ). Die Quecksilberverdampfung bzw. die Vortrocknung kann auch bei Unterdruck durchgeführt werden (
US 4087276 A ,
EP 0663960 A1 ). Durch Zusatz von Additiven, wie feiner Kieselsäure, Ca-, Mg- Zn- oder Al-Verbindungen oder Eisen-III-chlorid (
EP 0754502 A1 ,
EP 0663960 B1 ) kann die erforderliche Temperatur wesentlich vermindert werden.
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In
DE 17852020 A1 wird ein modularer Bausatz zur Herstellung einer Anlage für die Aufbereitung kontaminierter Materialien vorgeschlagen, die bei verschiedenen Temperaturen und Drücken betreibbar ist. Dabei werden schwerer flüchtige Komponenten, wie z. B. Quecksilber unter vermindertem Druck und mit Luft als Schleppgas entfernt. Gelöste, also als Salze vorliegende Metalle, werden aus dem Waschwasser des Abgases durch geeignete Chemikalien ausgefällt.
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Im
US 5.300.137 A wird die Behandlung von quecksilberbelastetem festen Material beschrieben. Nach einer Erwärmung zur Entfernung des Wassers wird das Quecksilber verdampft und mittels eines Luftstromes ausgetragen. Zur Zersetzung von Quecksilberverbindungen zu metallischem Quecksilber können verschiedene Zusätze beigefügt werden.
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In Umwelt Bd. 26 (1996) Nr. 9, S. 28, 29 wird die thermische Reinigung kontaminierter Böden beschrieben. Nach einer Vortrocknung gelangt der kontaminierte Boden in eine Pyrolysetrommel. Die daraus entweichenden Gase werden bei hohen Tempersturen verbrannt. In einer nachgeschalteten Abgasreinigungsanlage wird das Rauchgas entsprechend der gültigen Genehmigungsgrenzwerte gereinigt.
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Auf der Homepage der Firma GMR – Gesellschaft für Metallrecycling mbh wird ein Verfahren und eine Vorrichtung zur vakuthermischen Demercurisierung beschrieben, wobei das kontaminierte Material in einem Vakuumbehälter chargenweise erhitzt, die Verunreinigungen dadurch bei 340–650°C verdampft und anschließend kondensiert werden. Ähnliche Anlagen werden von der Firma Lobbe entsprechen einer Anzeige der Lobbe-Vakuumthermik an zwei Standorten betrieben.
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Bei allen Verfahren werden die thermisch ausgetriebenen Schadstoffdämpfe mittels Schleppluft aus der Behandlungsanlage ausgetragen.
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Nachteilig bei diesen Verfahren sind die teilweise Notwendigkeit von Hilfsstoffen, die aufwändige Reinigung der Schleppluft und die teilweise aufwendige Prozessführung insbesondere bei der Anwendung von Vakuum.
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Die Aufgabe der Erfindung besteht darin, ein Verfahren zur Dekontamination von Erdreich und anderen Stoffgemischen vorzuschlagen, die mit verdampfbaren Schadstoffen, insbesondere metallischen Stoffen, wie beispielsweise Quecksilber, oder flüssigen und pastösen kohlenwasserstoffhaltigen Stoffen, wie beispielsweise Öle, belastet sind. Das Verfahren soll
- – bei Normaldruck ohne Anwendung von Vakuum arbeiten
- – gasförmige Emissionen durch Verzicht auf Schleppluft vermeiden
- – einen hohen Durchsatz ermöglichen
- – entfernte Verunreinigungen verwertbar machen.
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Erfindungsgemäß wird die Aufgabe durch die Merkmale des Anspruches 1 gelöst. Ausgestaltende Merkmale sind in den Unteransprüchen 2 bis 6 beschrieben.
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Die Dekontamination erfolgt durch eine spezielle thermische Behandlung der schadstoffbelasteten Böden.
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Das vorgeschlagene Verfahren beruht auf der Tatsache, dass metallisches Quecksilber oder Öle flüchtig sind und der Dampfdruck mit steigender Temperatur deutlich ansteigt. Weiterhin werden viele Quecksilberverbindungen bei höheren Temperaturen zu metallischem Quecksilber zersetzt.
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Durch den für die Wasserverdampfung erforderliche Wärmeverbrauch würde die Kapazität des Dekontaminators deutlich vermindert, wodurch eine Vortrocknung des feuchten Bodenmaterials erforderlich ist.
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Ein wesentliches Merkmal der Erfindung ist, dass sowohl bei der Vortrocknung, bei der ein Teil der Verunreinigung bereits verdampft, als auch bei der eigentlichen Dekontamination keine Schleppluft zum Einsatz kommt, sondern diese Verfahrensstufen in Wasserdampfatmosphäre durchgeführt werden. Dadurch wird die Emission schadstoffbelasteter Prozessabluft sicher vermieden und der verdampfte Schadstoff gemeinsam mit dem Wasserdampf kondensiert. Der Verfahrensschritt der Trocknung wird dabei als Dampfwirbelschichttrocknung oder als Dampffluidtrocknung ausgebildet, in der das zerkleinerte Einsatzmaterial durch Wasserdampf in einer Wirbelschicht oder einem wirbelschichtähnlichen Zustand gehalten wird, in der sich Heizflächen zur Übertragung der erforderlichen Verdampfungswärme befinden. Der Wirbeldampf wird im Kreislauf gefahren und überschüssiger Wasserdampf dem Kondensator zugeführt. Die Trocknung wird bei einer Temperatur zwischen 105 und 125°C durchgeführt. Das getrocknete Material gelangt in den von außen beheizten Dekontaminator. Ein weiteres Merkmal der Erfindung besteht darin, dass dieser Dekontaminator mit einer schaufelbestückten Welle ausgerüstet ist, die das Material vom Eintrag zum Austrag transportiert und einen fluidähnlichen Zustand des Materials im Dekontaminator erzeugt. Dadurch gelangt eingetragenes Frischmaterial mit bereits erhitztem Material in Kontakt, welches seine Wärme auf das Frischmaterial überträgt, das dadurch nicht sofort direkt mit der Heizfläche in Berührung kommt. Ein Verkrusten oder Verkleben dieser Heizfläche durch anhaftendes Einsatzmaterial wird dadurch sicher verhindert.
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Ein wesentliches Merkmal des erfindungsgemäßen Verfahrens besteht darin, dass unter Ausschluss von Luft gearbeitet wird, der entstehende schadstoffhaltige Dampf also nicht mit Luft vermischt wird. Die im Dekontaminator verdampften Schadstoffe werden durch einen geringen Wasserdampfstrom, der dem Trocknerabdampf entstammt, aus dem Dekontaminator entfernt, wodurch der Partialdruck der verdampften Verunreinigungen deutlich gemindert und die Verdampfung gefördert wird. Die Temperatur im Dekontaminator ist abhängig vom zu verdampfenden Stoff, in der Regel über 300°C, vorzugsweise 400–555°C.
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Der schadstoffhaltige Wasserdampf aus dem Trockner und dem Dekontaminator wird gemeinsam dem Kondensator zugeführt und dort vollständig kondensiert. Zusammen mit dem Wasserdampf werden auch die verdampften Schadstoffe in den flüssigen Zustand überführt und anschließend auf Grund ihres Dichteunterschiedes vom Wasser abgetrennt und der Verwertung zugeführt.
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Bei der Eintragung des zu dekontaminierenden Materials in den Prozess wird durch das Zwischenkornvolumen zwangsläufig eine gering Luftmenge in das System eingetragen, die als nichtkondensierbare Anteile den Abdampfkondensator verlassen. Dabei handelt es sich jedoch um äußerst geringe Volumina, die problemlos z. B. über einen Aktivkohlefilter zur Entfernung von Quecksilberspuren geleitet werden können.
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Nach dem erfindungsgemäßen Verfahren können kontaminiertes Erdreich oder andere Stoffgemische behandelt werden, die als Schadstoffe verdampfbare metallische sowie flüssige oder pastöse kohlenwasserstoffhaltige Stoffe enthalten. Als metallische Schadstoffe werden insbesondere Quecksilber und als kohlenwasserstoffhaltige Schadstoffe insbesondere Öle eliminiert.
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Da Quecksilber oder Öl nicht in Wasser löslich sind, ist in der Regel mit einem nicht kontaminierten wässrigen Kondensat zu rechnen. Falls im kontaminierten Boden/Erdreich Quecksilberverbindungen enthalten waren, die nicht vollständig zersetzt wurden, können im wässrigen Kondensat ebenfalls flüchtige Quecksilbersalze gelöst sein, In diesem Fall ist vor der Entsorgung des Wassers eine nachträgliche Entfernung dieser Quecksilberverbindungen nach einem bekannten Verfahren erforderlich, z. B. durch Abscheidung an nichttoxischen Metallen.
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Die Vorteile der Erfindung bestehen darin, dass in einem kontinuierlichen Verfahren große Mengen kontaminiertes Material ohne Belastung der Umwelt aufbereitet werden können und die abgetrennten Schadstoffe einer Nutzung zugeführt werden können.
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Bei der Eintragung des zu dekontaminierenden Materials in den Prozess wird durch das Zwischenkornvolumen zwangsläufig eine gering Luftmenge in das System eingetragen, die als nichtkondensierbare Anteile den Abdampfkondensator verlassen. Dabei handelt es sich jedoch um äußerst geringe Volumina, die problemlos z. B. über einen Aktivkohlefilter zur Entfernung von Quecksilberspuren geleitet werden können.
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Nachfolgend wird die Erfindung an einem Ausführungsbeispiel für die Dekontamination eines quecksilberbelasteten Bodens an Hand von 1 näher erläutert.
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10000 kg/h quecksilberkontaminierter Boden 1 mit einem Wassergehalt von 20% und einem Quecksilbergehalt von 2 g/kg werden in einer Prallhammermühle 2 auf einen mittleren Korndurchmesser von 1,5 mm zerkleinert. Das zerkleinerte Material 3 wird einer Wirbelschicht-Tracknungsanlage 4 mit einer Grundfläche von 2,5 m2, einer Wirbelschichthöhe von 2 m und einer Heizregisterfläche von 100 m2 kontinuierlich zugeführt. Die Wirbelschicht wird durch ein Wasserdampfkreislaufgebläse 5 aufrecht erhalten. Die Prozesstemperatur beträgt 125°C. Es resultieren ein Trockenmaterialstrom von 8000 kg/h und ein Restdampfstrom von 2000 kg/h als Trocknerabdampf 7. Das Trockenmaterial 6 wird kontinuierlich einem Dekontaminator 8, einem liegenden Zylinder von 12 m Länge und 3 m Durchmesser, zugeführt. In diesem Zylinder befindet sich zentral angeordnet eine schaufelbestückte Welle, die für eine Durchmischung des zu trocknenden Materials, der Optimierung des Wärmeübergangs und dem Transport des Materials vom Eintrag zum Austrag sorgt. Der Dekontaminator 8 wird indirekt beheizt, im Beispiel durch eine Induktionsheizung, es ist aber auch jede andere indirekte Beheizung, z. B. durch Verbrennungsgas, möglich. Im Dekontaminator 8 wird das quecksilberbelastete Bodenmaterial auf 500°C erwärmt und damit das Quecksilber verdampft. Durch einen Abdampfteilstrom 9 von 200 kg/h des Trocknerabdampfes, der an der Eintragsseite dem Dekontaminator 8 zugeführt wird, wird der entstehende Quecksilberdampf aus dem Dekontaminator 8 abtransportiert. Der Trocknerabdampf 7 und der Dekontaminatorabdampf 10 werden dem Kondensator 11 zugeleitet und gemeinsam kondensiert. Über den Kondensator 11 befindet sich ein Aktivkohlefilter 12 von 0,5 m3 Größe, in dem die nichtkondensierbaren Anteile aus dem Kondensator 11, im wesentlichen Luft aus den Zwischenkornvolumen des Einsatzmaterials, gereinigt werden und als Abluft 13 in die Atmosphäre gelangen. In einem Absetzbehälter 14 erfolgt die Trennung des Kondensates 15 in Wasser 16 und wasserunlösliches Quecksilber 17, das sich auf Grund seiner bedeutend höheren Dichte zu Boden setzt und über einen Siphonverschluss 18 den Absetzbehälter 14 verlässt. Es resultieren ein Abwasser 16 in einer Menge von 2000 kg/h und Quecksilber 17 mit einem Anfall vom 20 kg/h, das sind bei einer Dichte von 13,545 kg/l 1,48 Liter/Stunde. Den Dekontaminator 8 verlassen 7980 kg/h aufbereitetes heißes Bodenmaterial 19 mit 500°C, das einen Feststoffkühler 20 durchläuft und dann als dekontaminiertes Material 21 die Anlage verlässt. Der Restgehalt an Quecksilber beträgt 0,1 mg/kg. Die Nutzung der fühlbaren Wärme des dekontaminierten Bodenmaterials ist optional und nicht Gegenstand der Erfindung.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- quecksilberkontaminierter Boden
- 2
- Prallhammermühle
- 3
- zerkleinertes Material
- 4
- Wirbelschicht-Trocknungsanlage
- 5
- Wasserdampfkreislaufgebläse
- 6
- Trockenmaterial
- 7
- Trocknerabdampf
- 8
- Dekontaminator
- 9
- Abdampfteilstrom
- 10
- Dekontaminatorabdampf
- 11
- Kondensator
- 12
- Aktivkohlefilter
- 13
- Abluft
- 14
- Absetzbehälter
- 15
- Kondensat
- 16
- Wasser
- 17
- Quecksilber
- 18
- Siphonverschluss
- 19
- Heißes Bodenmaterial
- 20
- Feststoffkühler
- 21
- dekontaminiertes Material