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Die
Erfindung betrifft eine strukturierte Oberfläche für luftüberströmte Flächen an Bedruckstoffführungselementen
in Druckmaschinen, wobei die Bedruckstoffführungselemente die Bedruckstoffe entlang
einer vorgegebenen Bahn transportieren und sich dabei Luftströmungen überwiegend
parallel zur Transportrichtung des Bedruckstoffes ausbilden. In Druckmaschinen
werden bahnförmige
oder bogenförmige
Bedruckstoffe durch mehrere aufeinander folgende Druck- und/oder
Lackwerke transportiert.
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Bei
der Verarbeitung von Bedruckstoffbogen erfassen am Umfang von Rotationskörpern angeordnete
Bogenhaltemittel, beispielsweise Klemmgreifer, bestehend aus beweglichen
Greiferzungen und festen Greiferaufschlägen, die Bogenvorderkanten
und ziehen die Bogen an den Vorderkanten durch die Druckmaschine.
Innere und äußere Kräfte, wie
Gewichtskräfte
und Fliehkräfte,
sowie die über
die Bogenoberfläche
hinausragenden Greiferzungen verursachen Wirbelschleppen, die die
Bogen zu Eigenbewegungen anregen. Im Bogenauslagebereich von Bogendruckmaschinen
fördern
bedruckstoffbreite Greiferwagen die Bogen auf Auslagestapel, wobei
die Greiferwagen zur Wirbelbildung entlang der Bogenbahn führen.
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Durch
Bedruckstoffführungselemente
insbesondere an Krümmungen
der Bedruckstoffbahn soll verhindert werden, dass frisch bedruckte
Bedruckstoffoberflächen
Maschinenelemente berühren
und dabei abschmieren. Dafür
werden Leitflächen
mit und ohne Blasluftbeaufschlagung verwendet, an denen der Bedruckstoff
mit Hilfe der Bedruckstoffhaltemitteln mit hoher Geschwindigkeit
vorbei bewegt wird und dabei im Luftspalt zwischen Leitfläche und
Bedruckstoff eine Luftströmung
in Transportrichtung erzeugt, die im Grenzschichtbereich von Wandreibungseffekten
geprägt
ist.
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Bei
einer pneumatischen Bedruckstoffführung wird der Bedruckstoff
zusätzlich
von einem auf der Leitfläche
erzeugten Luftpolster gestützt,
während
er entlang der Leitfläche
transportiert wird, wobei die Stabilität des Luftpolsters auch von
den oberflächennahen
Grenzschichtströmungen
abhängig
ist.
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Durch
die hohe Fördergeschwindigkeit
und insbesondere beim Durchlauf von Greifern beim Bogendruck werden
Schleppströmungen
im Luftspalt erzeugt, die im Turbulenzbereich zum Flattern des Bedruckstoffes
und zum Abschmieren frisch bedruckter Oberflächen an der Leitfläche führen.
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Zur
Reduzierung des Farbabschmierens an den Leitflächen werden Leitflächen mit
glatter Oberfläche
und/oder farbabweisenden Beschichtungen ausgestattet.
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Der
Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, den Bedruckstofftransport
an Bedruckstoffführungselementen
zu verbessern.
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Erfindungsgemäß wird die
Aufgabe durch eine Strukturierung der luftüberströmten Flächen mit den Merkmalen des
ersten Anspruchs gelöst.
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Die
luftüberströmten Flächen weisen
nicht mit Blas- oder Saugluft beaufschlagbare Strukturelemente mit
stochastischen oder Polygon-Formen auf, welche als Erhebungen und/oder
Vertiefungen ausgebildet sind und Kanten parallel zur Ebene der
Luftströmung
besitzen, die die turbulenten Grenzschichtströmungen beeinflussen und/oder
den Luftreibungswiderstand an der Grenzschicht zu den luftüberströmten Flächen verringern.
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Mit
der Strukturierung der luftüberströmten Flächen von
Bogenhaltemitteln, beispielsweise Vorderkantengreifer oder insbesondere
Greiferwagen, wird eine Reduzierung der Turbulenzen in deren Schleppluftstrom
erreicht, so dass der mitbewegte Bedruckstoff ruhiger läuft.
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Durch
die – in
Abkehr von der bisher herrschenden Meinung, Leitflächen zwecks
Verringerung des Farbablegens möglichst
glatt auszubilden – gezielte
Strukturierung von Bedruckstoffe leitenden Flächen werden die turbulenten
Strömungen
in der grenzschichtnahen Luftschicht bzw. dem Luftpolster zwischen
Leitfläche
und Bedruckstoff während
des Vorbeiziehens des Bedruckstoffes an der Leitfläche derart
beeinflusst, dass die innere Reibung an der Grenzschicht zur Leitfläche verändert wird,
so dass der Reibungswiderstand abnimmt. Durch die Herabsetzung der
Wandschubspannungen werden die Luftschicht/das Luftpolster stabilisiert
und die Bedruckstoffeigenbewegungen reduziert. Fluiddynamische Erkenntnisse
zu reibungsvermindernden Oberflächenstrukturen
wurden in der Druckmaschinenindustrie bisher nicht berücksichtigt,
obwohl infolge der Steigerung der Druckgeschwindigkeit und damit auch
der Bedruckstofftransportgeschwindigkeiten die Notwendigkeit aber
auch die Möglichkeiten
zur Optimierung von Strömungsprozessen
bei der Bedruckstoffführung
zunehmen.
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Insbesondere
der Fördervorgang
bogenförmiger
Bedruckstoffe entlang von Leitflächen,
bei dem gegenüber
einer beim Rollendruck transportierten Bedruckstoffbahn zusätzliche
Turbulenzen beim Anströmen
der Greifer und der Bogenvorder- und -hinterkanten auftreten, bietet
dabei Potential zum vorteilhaften Einsatz von Oberflächen mit
reibungsvermindernder Strukturierung.
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Die
Erfindung hat den Vorteil, dass vor allem die Bedruckstoffführung an
abschmiergefährdeten Leitflächen mit
geringem Aufwand verbessert werden kann, indem die Eigenbewegung
des Bedruckstoffs (Flattern) durch einfach herzustellende Oberflächenstrukturen
zur Beeinflussung der Turbulenzen im Luftspalt reduziert wird. Durch
die Optimierung des Bedruckstoff-Fördervorgangs ist eine Erweiterung der
Bedruckstoffpalette (z.B. kratzempfindliche Bedruckstoffe) möglich.
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Die
Erfindung soll an zwei Ausführungsbeispielen
für Leitflächenoberflächen näher erläutert werden.
Die dazugehörigen
Zeichnungen haben folgende Bedeutung:
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1a schematische
Darstellung einer Leitfläche
mit polygonalen Strukturelementen in Seitenansicht
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1b schematische
Darstellung einer Leitfläche
mit polygonalen Strukturelementen in einer Ansicht von oben
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2 schematische
Darstellung einer Leitfläche
mit Rillenstruktur in einer Ansicht in Transportrichtung
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Bei
einer von einem Fluid längs
angeströmten
Fläche
schlägt
eine laminare Grenzschichtströmung
in Abhängigkeit
von der Reynoldszahl, d.h. vom Verhältnis zwischen Druck- und Reibungskräften, in
eine turbulente Grenzschichtströmung
um, wobei auch unter der turbulenten Grenzschicht eine laminare
Wandschicht erhalten bleibt. Das Geschwindigkeitsprofil in der turbulenten
Grenzschicht verläuft
steiler als in einer laminaren Grenzschicht, weil die Schubspannung
und damit der Reibungswiderstand (Widerstandsbeiwert) größer sind
als bei vergleichbarer laminarer Strömung in der Grenzschicht. Ein
passives Mittel zur Reduzierung des Reibungswiderstandes in der
Luftströmung
im Bereich der turbulenten Grenzschicht sind neueren Erkenntnissen
zufolge bestimmte rauhigkeitserhöhende Oberflächenstrukturen.
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Aus
der Sportart Golf ist es bekannt, dass Golfbälle mit „Dimples" (regelmäßige kreisrunde oder polygonale
näpfchenförmige Vertiefungen)
einen höheren
Auftrieb und geringeren Luftwiderstand als Golfbälle mit glatter Oberfläche besitzen.
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Dimples
setzen die kritische Reynoldszahl, bei welcher der Umschlag von
einer laminaren zu einer turbulenten Strömung stattfindet, und den Luftwiderstand
im turbulenten Bereich herab, und bewirken im turbulenten Bereich
die Bildung zusätzlicher
kleinerer Wirbel. Kleinere Wirbel nehmen weniger kinetische Energie
auf und laufen sich schneller tot als große Wirbel. Polygonale Strukturelemente
erzeugen größere Effekte
als kreisrunde Strukturelemente. Eine Ursache dafür könnte darin
zu sehen sein, dass sie aufgrund ihrer geometrischen Form Kanten
aufweisen, die zusätzlich
kleinere, den Reibungswiderstand reduzierende Wirbel erzeugen. Das
Verhältnis zwischen
Tiefe und Durchmesser der Strukturelemente bestimmt deren Einfluss
auf den Reibungswiderstand.
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Aus
der bionischen Forschung an Haifischen ist es bekannt, dass mikrostrukturierte
Oberflächen mit
rillenförmigen
Vertiefungen in Strömungsrichtung („Riblets") die Grenzschichtvorgänge in strömenden Medien
durch Hemmung der bremsenden Queranteile der Tur bulenzen ebenfalls
derart beeinflusssen können,
dass der Strömungswiderstand
im Vergleich zu hydraulisch glatten Oberflächen sinkt. Rillen behindern
den Queraustausch von Wirbelballen und aus Kontinuitätsgründen damit
auch den energetisch entscheidenden Wirbelaustausch senkrecht zur Oberfläche, so
dass der Verlust an kinetischer Energie vermindert wird. Als Folge
nimmt die Schubspannung und somit die Reibung an der Grenzschicht
ab.
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Obwohl
der Wirkungsmechanismus der beschriebenen Effekte noch nicht vollständig aufgeklärt werden
konnte, ist deren Nutzung für
die aerodynamische Optimierung von Oberflächen, insbesondere Leitflächen, für Bedruckstoffförderprozesse
zweckmäßig und
vorteilhaft. Die mit dem bewegten Bedruckstoff mitgerissenen Luftschichten,
die die Leitflächen überströmen und
turbulente Strömungsfelder im
Luftspalt bzw. Luftpolster zwischen Leitfläche und Bedruckstoffoberfläche bilden,
werden mit einer Oberflächenstrukturierung
wirkungsvoll im Grenzschichtbereich mit Auswirkung auf den gesamten Luftspalt
beeinflusst, so dass die auf den Bedruckstoff einwirkenden turbulenzbedingten
Druckgradienten und somit die Bedruckstoffeigenbewegungen in Richtung
auf die Leitfläche
gedämpft
werden.
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Wie
aus den 1a und 1b ersichtlich, besteht
die erste Möglichkeit
zur Strukturierung von Leitflächen 2 darin,
Erhebungen oder näpfchenförmige Vertiefungen 1.P auf
der Fläche 1 der
Leitfläche 2 vorzusehen,
welche die Ausbildung einer turbulenten Grenzschichtströmung im
Luftspalt 4 fördern.
Die Strukturelemente 1.P sind zusätzlich zu eventuell vorhandenen
Luftöffnungen/Luftdüsen für eine Blas- oder
Saugluftbeaufschlagung der Leitfläche 2 in diese eingebracht.
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Ein
derartiges Strukturelement 1.P kann unterschiedliche geometrische
Formen aufweisen, beispielsweise verschiedene Polygone 1.P,
wie Tetra-, Hexa-, Oktaeder sowie kreisförmige, elliptische und anders
geartete Strukturen sowie stochastische Formen, und weist mindestens
eine charakteristische Hauptabmessung auf, die der größten Ausdehnung des
Strukturelements 1.P in der Ebene der Leitfläche 2 entspricht,
beispielsweise dessen Durchmesser oder Diagonale.
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Die
charakteristische Hauptabmessung eines Turbulenz fördernden
Strukturelementes 1.P weist eine Größe von 200 μm ... 20 mm auf.
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Die
Strukturelemente 1.P verringern den Luftreibungswiderstand
an der Grenzschicht bei Längsüberströmung der
Leitfläche 2,
wobei die Höhe bzw.
Tiefe der Strukturelemente 1.P mindestens 200 μm beträgt und derart
bemessen ist, dass die Erhebungen der strukturierten Oberfläche die
laminare Wandschicht durchstoßen.
Vorzugsweise sollte die Struktur höhe das 2- bis 4-fachen der
Dicke der laminare Wandschicht betragen. Die Strukturelemente 1.P weisen
eine Hauptabmessung von 200 μm
bis 20 mm auf und der Abstand der Strukturelemente 1.P auf
der Leitfläche 2 entspricht
mindestens der Größenordnung
der Hauptabmessung und beträgt
maximal das 50fache der Hauptabmessung.
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Auf
einer Leitfläche 2 sind
beispielsweise Strukturelemente 1.P in Gestalt von hexagonalen Vertiefungen
mit einer Tiefe von 0,2 bis 1 mm und einer Diagonalen von 1 bis
5 mm angeordnet. Die Verteilung der Strukturelemente 1.P kann
sowohl geometrisch definiert oder auch stochastisch sein. Die Strukturelemente 1.P weisen
untereinander einen Abstand von 1 bis 10 mm auf.
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Eine
nach einer zweiten Variante (2) strukturierte
Fläche 1 weist
eine Rillenstruktur auf, wobei die Rillen 1.R in der Hauptströmungsrichtung – d.h. Transportrichtung
des Bedruckstoffes 5 – ausgerichtet
sind. Die Höhe
der rillenförmigen
Strukturelemente 1.R (Hauptabmessung) über der Basisfläche beträgt vorzugsweise
das 2- bis 4-fache der Dicke der laminaren Wandschicht, d.h. liegt
bevorzugt im Bereich von Zehntel bis Hundertstel Millimetern. In dieser
Größenordnung
entfaltet die Rillenstruktur die maximale, den Wirbelaustausch hemmende
Wirkung, ohne selbst neue Wirbel zu erzeugen. Der Abstand der Rillenspitzen
liegt im Bereich der Hauptabmessung, vorzugsweise im Bereich der
zweifachen Höhe
der Rillen 1.R, und beträgt maximal das 50fache der
Rillenhöhe.
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Zur
Realisierung einer strukturierten Fläche 1 auf einer Leitfläche 2 kommen
verschiedene Verfahren in Betracht.
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Eine
Variante besteht in der Integrierung der Struktur in den Leitflächenwerkstoff,
die durch eine mechanische Bearbeitung, z.B. Fräsen, Umformen, Prägen oder
ein Gießverfahren
erreicht werden kann.
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Eine
zweite Variante besteht in einer Beschichtung mit zum Beispiel einer
strukturierten Folie, welche selbstklebend ausgeführt seinen
kann.
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Die
Oberflächenstruktur
von Bedruckstoffleitflächen,
die üblicherweise
aus Blechen gefertigt sind, wird zweckmäßig durch Prägen erzeugt,
wobei Höhe,
Hauptabmessung und Abstand der Strukturelemente 1.P, 1.R an
die konkret in der Druckmaschine herrschenden Strömungsverhältnisse
angepasst werden.
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Beim
Transport des Bedruckstoffes 5 durch die Druckmaschine
bildet sich zwischen der Oberfläche
des Bedruckstoffes 5 und der strukturierten Fläche 1 der
Leitfläche 2 eine
durch die Schleppwirkung des bewegten Bedruckstoffes 5 erzeugte
Luftströmung 3 in
Fördereinrichtung
zwischen Leitfläche 2 und
Bedruckstoff 5 aus, die in einen Kernströ mungsbereich
und einen Grenzschicht nahen Strömungsbereich
an der Leitfläche 2 differenziert
werden kann.
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Infolge
der Strukturierung der die Bedruckstoffe 5 führenden
Leitfläche 2 wird
die Turbulenz in der Grenzschicht gefördert und so die grenzschichtnahe
Luftströmung 3 während des
Vorbeiziehens des Bedruckstoffes 5 an der Leitfläche 2 derart
beeinflusst, dass die innere Reibung an der Grenzschicht zur Leitfläche 2 verändert wird,
so dass der Reibungswiderstand in dieser Zone abnimmt. Durch die Herabsetzung
der Wandschubspannungen werden die Luftströmung 3 stabilisiert
und die Bedruckstoffeigenbewegungen reduziert.
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Ein
weiteres Anwendungsgebiet für
strukturierte Oberflächen
von Bogenführungselementen sind
die luftumströmten
Flächen 1 von
bewegten Bedruckstoffhaltemitteln 6, beispielsweise Bedruckstoffbogen 5 fördernden
Greifern 6.G oder Greiferwagen 6.W in Bogenrotationsdruckmaschinen,
die am Umfang von Bogen fördernden
Rotationskörpern
bzw. in einem Auslagekettenkreis umlaufen und die Bogenvorderkanten
im Greiferschluss führen.
Mit der Strukturierung der Fläche 1 der
Greifer 6.G oder Greiferwagen 6.W ist es möglich, die
durch die Querschnittsunstetigkeiten der Greifer 6 verursachten Wirbel,
die der mit den Greifern 6 transportierte Bedruckstoffbogen 5 durchläuft und
die den Bedruckstoffbogen 5 zu Flatterbewegungen anregen
können, zu
beeinflussen und dadurch die den Bedruckstoffbogen 5 überstreichende
Luftströmung 3 zu
stabilisieren.
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- 1
- Fläche
- 1.P
- Strukturelement,
Erhebung, Vertiefung, Polygon
- 1.R
- Strukturelement,
Rille
- 2
- Leitfläche
- 3
- Luftströmung
- 4
- Luftspalt
- 5
- Bedruckstoff,
-bogen
- 6
- Bedruckstoffhaltemittel
- 6.G
- Greifer
- 6.W
- Greiferwagen