-
Die
vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Anordnung
zur Fernsteuerung eines Drucktasten-Relaisstellwerks.
-
Im
Bereich zahlreicher Schienenverkehrsnetze, beispielsweise dem Netz
der Deutsche Bahn AG, existieren noch viele Drucktasten-Relaisstellwerke
(kurz „RSTW", Bauarten Dr S2,
SpDr S59/60/600, SpDr L30/60 und weitere im Netz der Deutsche Bahn AG)
der Baujahre 1955 bis 1995. Abgängige
Stellwerke, d.h. solche, die das Ende der planmäßigen Nutzungszeit erreicht
haben und nur noch mit hohem Aufwand unterhalten werden können, werden – im Rahmen
der verfügbaren
Finanzmittel – durch
neu zu errichtende Elektronische Stellwerke („ESTW") ersetzt. Ein großer Teil der RSTW hat jedoch
noch nicht das Ende der planmäßigen Nutzungszeit
erreicht, so dass ein vorzeitiger Ersatz in der Regel ausscheidet.
-
In
diesem Zusammenhang ist es, vor allem im Zusammenhang mit der Errichtung
von ESTW, erstrebenswert, solche RSTW durch ein ESTW fernzusteuern.
Diese Fernsteuerung zielt darauf ab, einen Rationalisierungseffekt
dadurch zu erzielen, dass das örtliche
Bedienpersonal eingespart wird, ohne dass im fernsteuernden ESTW
ein höherer
Personalaufwand entsteht. Insbesondere bei jüngeren ESTW mit Einbindung
in Betriebszentralen („BZ") und Einsatz der
rechnergesteuerten Zuglenkung ist dieser Ansatz realistisch.
-
Existierende
Realisierungen solcher Fernsteuerungen sind bisher noch mit erheblichen
Nachteilen behaftet. So gilt grundsätzlich für jede Schnittstelle zwischen
einem RSTW und dem fernsteuernden ESTW, dass zum einen die Anzeigen
der Bedieneinrichtung des RSTW (Stelltisch oder Stelltafel, im folgenden
verallgemeinernd stets als Stelltisch bezeichnet) signaltechnisch
sicher an das ESTW übertragen
und in die ESTW-übliche
Darstellung (Bereichsübersichten
und Lupenbilder) umgesetzt werden müssen (so genannte „Anzeigerichtung"). Zum anderen müssen die
im ESTW (auch automatisch durch den Zuglenkrechner) eingegebenen
Bedienbefehle an das RSTW übertragen,
und die bedientechnischen Besonderheiten des ESTW („KF-Prozedur") bei sicherheitskritischen
Handlungen signaltechnisch sicher in die Verfahrensweise bei einem
RSTW (Gruppentaste mit Zählwerk)
umgesetzt werden (so genannte „Kommandorichtung").
-
Technisch
wird die Schnittstelle zwischen dem RSTW und dem fernsteuernden
ESTW bisher in Anzeigerichtung derart realisiert, dass im Stelltisch alle
Relaiskontakte zur Ansteuerung von Meldeleuchten von einem Schnittstellenrechner
ausgewertet und als Datentelegramme zum ESTW übertragen werden. In Kommandorichtung
werden die Bedienbefehle durch den Schnittstellenrechner als Ansteuerung
der sog. Tastenrelais im Stelltisch ausgegeben, wodurch die Bedienung
der entsprechenden Drucktasten simuliert wird.
-
Auf
diese Weise braucht für
die Fernsteuerung der für
die Sicherung der Zug- und Rangierfahrten verantwortliche „innere" Relaisaufbau des
RSTW nicht verändert
zu werden, somit ist bei Einrichtung der Fernsteuerung der bestehende
Sicherheitsnachweis des RSTW nach wie vor gültig. Nachzuweisen ist jedoch
in jedem Einzelfall zum einen die sog. „Rückwirkungsfreiheit" der Fernsteuerung;
d. h. es ist zu zeigen, dass der oben beschriebene Eingriff in den
Stelltisch die sicherungstechnischen Funktionen des RSTW nicht negativ
beeinflusst. Zum anderen ist die korrekte Funktion der Fernsteuerung,
auch und vor allem im Bereich der sicherheitskritischen Bedienhandlungen
(z.B. Hilfsauflösen
von Fahrstraßen, Bedienen
von Ersatzsignalen, Rücknahme
von Sperren), nachzuweisen.
-
Sowohl
die technische Realisierung, als auch der Sicherheitsnachweis, gestalten
sich sehr aufwendig, weil bei den RSTW eine Vielzahl von Bauformen
existiert (siehe obige Beispiele), die in ihrem elektrotechnischen
Aufbau sowohl allgemein zwischen den Bauformen, als auch teilweise
spezifisch zwischen den einzelnen Realisierungen, erhebliche Unterschiede
aufweisen. Der von den bisherigen Herstellern für solche Fernsteuerungen verlangte
Preis ist dementsprechend hoch, und das Planungs- und Zulassungsverfahren
auch zeitlich aufwendig. Im Ergebnis führt dies dazu, dass bisher
erst sehr wenige Fernsteuerungen nach diesem Konzept in Betrieb
genommen wurden.
-
Der
vorliegenden Erfindung liegt daher die Aufgabe zu Grunde, ein Verfahren
bzw. eine Anordnung zur Fernsteuerung eines Drucktasten-Relaisstellwerks
der eingangs genannten Art zur Verfügung zu stellen, welches bzw.
welche die oben genannten Nachteile nicht oder zumindest in geringerem
Maße aufweist
und insbesondere die Anpassung an unterschiedliche Bauformen und
den zugehörigen Sicherheitsnachweis
erheblich vereinfacht.
-
Die
vorliegende Erfindung löst
diese Aufgabe mit einem Verfahren gemäß Anspruch 1. Sie löst diese
Aufgabe weiterhin mit einer Anordnung gemäß Anspruch 6.
-
Der
vorliegenden Erfindung liegt die technische Lehre zu Grunde, dass
man auf besonders einfache Weise eine Anpassung an unterschiedliche Bauformen
des Drucktasten- Relaisstellwerks
erzielt und gleichzeitig den zugehörigen Sicherheitsnachweis erheblich
vereinfacht, wenn man eine elektrisch verbindungslose und damit
rückwirkungsfreie Schnittstelle
am Drucktasten-Relaisstellwerk vorsieht, über welche der aktuelle Status
des Drucktasten-Relaisstellwerks optisch erfasst werden kann und eine
mechanische Betätigung
der Betätigungselemente
des Drucktasten-Relaisstellwerks möglich ist.
-
In
Anzeigerichtung wird – an
Stelle des bisher üblichen
elektrischen Abgriffs im Stelltisch – über die rückwirkungsfreie Schnittstelle
das am bzw. im Stelltisch angezeigte Meldebild optisch erfasst und bezüglich des
Leuchtens bzw. Nichtleuchtens der einzelnen Melder vom Schnittstellenrechner
nach vorgebbaren Kriterien, beispielsweise anhand von anlagenspezifischen
Vergleichsbildern etc., ausgewertet. Bei den zur optischen Erfassung
des Meldebilds verwendeten Einrichtungen kann es sich beispielsweise
um herkömmliche
Mittel der industriellen Bildverarbeitung handeln, wodurch sich
die Realisierung der Fernsteuerung erheblich vereinfacht.
-
Der
so ermittelte aktuelle Status (z. B. Lage der Weichen, angezeigte
Signalbegriffe, fahrstraßenmäßiger Status
der Fahrwegelemente) wird in geeigneter Weise, beispielsweise als
Datentelegramm, an das mit der Schnittstelle verbindbare ESTW übermittelt.
Die Ermittlung und Übertragung
des angezeigten aktuellen Status erfolgt bevorzugt in signaltechnisch sicherer
Weise.
-
In
Kommandorichtung kann in einfacher Weise zwischen Regelbedienungen
und Hilfsbedienungen unterschieden werden.
-
Die
Regelbedienung eines RSTW durch einen menschlichen Bediener erfolgt
in der Regel derart, dass gleichzeitig zwei Tasten gedrückt werden, entweder
Start- und Zieltaste eines Fahrwegs, oder elementspezifische Gruppen-
und individuelle Einzeltaste eines Elements (z. B. Weiche, Signal
oder Gleisabschnitt). Das Drücken
nur einer Taste, oder von gleichzeitig mehr als zwei Tasten, ist
wirkungslos. Dieses „Zweitastenprinzip" wird bei dem erfindungsgemäßen Verfahren
bzw. der erfindungsgemäßen Anordnung
bevorzugt derart umgesetzt, dass der Schnittstellenrechner die vom
fernsteuernden ESTW empfangenen Bedienbefehle in Steuerbefehle für Betätigungselemente
umsetzt, welche die entsprechenden Tasten im Stelltisch niederdrücken. Hierbei
erfolgt die Betätigung
der Tasten im Stelltisch bevorzugt mit dem gleichem Zeitablauf wie
bei einem menschlichen Bediener.
-
Bei
den Betätigungselementen
kann es sich vorzugsweise um herkömmliche industrielle Handhabungssysteme
oder dergleichen handeln, wodurch sich die Realisierung der Fern steuerung
besonders vereinfacht. Besondere Ansprüche an die Sicherheit werden
nicht gestellt, da, wie bei einem menschlichen Bediener, die Betätigung zweier
nicht zusammengehöriger
Tasten wirkungslos bleibt.
-
Bei
Hilfsbedienungen sind im RSTW, wie bei Regelbedienungen, zwei Tasten
zu betätigen,
in diesem Fall stets eine Gruppen- und eine Einzelelement-Taste.
Um diese Bedienungen bei Fernsteuerung aus dem ESTW gegen Fehler
(wie z.B. Ansteuerung der falschen Taste) abzusichern, wird nach dem
Positionieren der Handhabungseinrichtungen aber noch vor Freigabe
des „Niederdrückens" der entsprechenden
Taste bevorzugt die Position der Betätigungselemente, also beispielsweise
der Handhabungseinrichtungen, gegen anlagenspezifische Planungswerte
geprüft
und nur bei Übereinstimmung
die Freigabe erteilt.
-
Diese Überprüfung kann
beispielsweise über Positionsgeber
der Betätigungselemente
erfolgen. Bevorzugt erfolgt die Überprüfung aber
auf optischem Wege, beispielsweise mit Hilfe der Bilderfassungseinrichtung,
welche schon den aktuellen Status des am bzw. im Stelltisch angezeigten
Meldebilds optisch erfasst. Es versteht sich weiterhin, dass eine solche Überprüfung natürlich auch
für Regelbedienungen
vorgesehen sein kann.
-
Das
erfindungsgemäße Verfahren
bzw. die erfindungsgemäße Anordnung
ist geeignet, beliebige RSTW durch ein ESTW fernzusteuern. Durch
den Verzicht auf Eingriffe in die elektrische Schaltung des Stelltisches
wird der Nachweis der Rückwirkungsfreiheit
trivial. Die Anpassung an beliebige Bauformen und Einzelausführungen
von RSTW erfolgt rein durch softwareseitige, anlagenspezifische
Projektierungen, ohne dass hierfür
ein erneuter generischer Sicherheitsnachweis nach CENELEC zu führen ist.
-
Weitere
bevorzugte Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen bzw. der
nachstehenden Beschreibung eines bevorzugten Ausführungsbeispiels,
welche auf die beigefügte Zeichnung
Bezug nimmt. Es zeigt
-
1 eine
schematische Darstellung einer bevorzugten Ausführungsform der erfindungsgemäßen Anordnung
zur Fernsteuerung eines Drucktasten-Relaisstellwerks, mit welcher eine bevorzugte Variante
des erfindungsgemäßen Verfahrens
zur Fernsteuerung eines Drucktasten-Relaisstellwerks durchgeführt werden
kann.
-
Auf
einen waagerecht (oder schräg)
angeordneten Stelltisch 1 (Lösungen für größere, senkrecht angeordnete
Stelltafeln sind vergleichbar, erfordern aber einen etwas höheren kon struktiven
Aufwand) eines Drucktasten-Relaisstellwerks RSTW wird ein individuell
angefertigter – in 1 nicht
dargestellter – haubenförmiger Kasten
aufgesetzt.
-
Der
Kasten schließt
die Oberfläche
des Stelltisches 1 bevorzugt lichtdicht ab, sodass in einfacher Weise
eine Beeinflussung der optischen Erkennung durch Fremdlicht sowie
eine Behinderung durch allmählich
abgelagerten Staub ausgeschlossen werden können. An der Decke des Kastens
ist eine Anzahl optischer Bildaufnehmer 6 angebracht, die
für eine zuverlässige optische
Erfassung der gesamten für die
Fernsteuerung relevanten Oberfläche
des Stelltischs 1 ausreichend ist. Dabei kann es sich um
beliebige geeignete Bildsensoren handeln, beispielsweise um Bildsensoren,
wie sie für
Digitalkameras oder dergleichen verwendet werden.
-
Die
Bildaufnehmer 6 sind mit einem – in 1 nicht dargestellten – Steuerrechner
verbunden, welcher die Daten der Bildaufnehmer 6 nach vorgegebenen
Kriterien auswertet, um den aktuellen Status des Stelltischs 1 zu
erfassen. Der Steuerrechner kann dabei unmittelbar im Bereich des
Stelltischs 1 angeordnet sein die Ergebnisse der Auswertung
an ein fernsteuerndes elektronisches Stellwerk ESTW übermitteln.
Es versteht sich jedoch, dass die Daten (gegebenenfalls sogar die
Rohdaten) der Bildaufnehmer bei anderen Varianten auch direkt an
das fernsteuernde ESTW übermittelt
werden können
und erst dort ausgewertet werden.
-
Der
Kasten ragt in seinen Abmessungen auf allen Seiten einige Zentimeter über den
Stelltisch 1 hinaus, sodass Raum für den Antrieb der Betätigungselemente
einer Bedieneinrichtung gegeben ist, wie sie in 1 schematisch
dargestellt ist.
-
Parallel
zum oberen und unteren Ende des Stelltischs 1 sind zwei
Laufschienen 2 angebracht, auf denen zwei senkrecht dazu
verlaufende Tragschienen 3 in Querrichtung über die
Oberfläche
des Stelltischs 1 bewegbar angeordnet sind. Auf den Tragschienen 3 ist
jeweils eine ebenfalls über
die Oberfläche
des Stelltischs 1 bewegbare Laufkatze 4 angeordnet.
Die Laufkatzen 4 tragen jeweils ein Betätigungselement 5,
welches bei seiner Aktivierung die Tastendruckbewegung eines Fingers
eines Bedieners nachahmt.
-
Die
Tragschienen 3, Laufkatzen 4 und Betätigungselemente 5 weisen
bevorzugt einen schmalen Aufbau auf oder sind transparent ausgeführt, so
dass sie die Bildaufnehmer 6 nicht wesentlich stören.
-
Die
Tragschienen 3, Laufkatzen 4 und Betätigungselemente 5 sind
mit dem Steuerrechner verbunden und werden durch entsprechende Steuersignale
des Steuerrechners positioniert bzw. betätigt. Der Steuerrechner ermittelt
die Steuersignale aus entsprechenden Signalen des fernsteuernden
ESTW bzw. leitet entsprechende Steuersignale des fernsteuernden
ESTW an die Tragschienen 3, Laufkatzen 4 und/oder
Betätigungselemente 5 weiter.
-
Beim
Betrieb erfassen die Bildaufnehmer 6 wie oben beschrieben
den aktuellen Zustand des Stelltisches 1. Die Tragschienen 3,
Laufkatzen 4 und Betätigungselemente 5 werden über zu bedienende Tasten
positioniert und die Betätigungselemente 5 aktiviert.
Damit werden die Bedienungen durch einen Bediener ersetzt. Hierbei
wird in der oben für
Regelbedienungen und Hilfsbedienungen beschriebenen Weise vorgegangen.
Insbesondere kann für
Hilfsbedienungen (und gegebenenfalls auch für Regelbedienungen) die oben
bereits beschriebene Überprüfung der
korrekten Position der Betätigungselemente 5 vor Freigabe
bzw. Auslösen
der Betätigung
durchgeführt werden.