Aufgabe
der vorliegenden Erfindung ist es daher, Verfahrensparameter zu
entwickeln, mit welchem glutenfreies Bier nach den Regeln des Reinheitsgebotes
hergestellt werden kann, wobei das erzeugte Bier den mit herkömmlichem
Gerstenbier verbundenen Geschmacksvorstellungen entsprechen soll.
Zugleich sollen vom Verbraucher akzeptierte Rohstoffe sowie bestehende
Anlagen der Mälzereien
und Brauereien verwendet werden können. Die Qualität des hergestellten
Bieres soll reproduzierbar eingestellt werden können.
Die
vorliegende Erfindung erstreckt sich auf zwei große Teilbereiche
der Bierzubereitung, nämlich
zum einen auf die Vermälzung
und zum anderen auf die Würze-
und Bierherstellung. Es hat sich gezeigt, dass insbesondere beim
Schritt der Vermälzung
neue, den bisherigen Braumethoden entgegenlaufende Verfahrensparameter,
respektive -bedingungen einzustellen sind, um eine hochwertige Enzymbildung
und Keimung sicherzustellen. Enzymbildung und Keimung sind entscheidende
Mälzungsparameter.
Gegenstand
der vorliegenden Erfindung ist demnach zunächst ein Verfahren zur Herstellung
von Braumalz aus glutenfreien Getreidesorten (außer Reis, Mais und Sorghum
bicolor). Dieses Verfahren zeichnet sich im Wesentlichen dadurch
aus, dass man das jeweilige Korngut während der Weiche auf einen
Weichgrad von zwischen 48 und 55 % bei einer Temperatur zwischen
18 und 30 °C
einstellt, das so geweichte Korngut im gleichen Temperaturbereich
zur Keimung bringt und in einem Temperaturbereich zwischen 50 und
130 °C darrt.
Es
hat sich überraschender
Weise gezeigt, dass durch die Erhöhung des Weichgrades, bei üblichem Braumalz
liegt dieser bei ca. 40 %, die oben genannten Enzyme in ausreichendem
Maße freigesetzt
werden. Diese führen
die Reservestoffe des Mehlkörpers
in diejenigen löslichen
Stoffe über,
welche dem Keimling zum Wachstum dienen. Dazu sind erhöhte Temperaturen
sowohl während
der Weiche als auch während
der Keimung erforderlich. Üblicherweise
werden diese Schritte bei einer niedrigeren Temperatur von ca. 15 °C durchgeführt. Innerhalb
des angegebenen Weichgradbereichs, der sich innerhalb des angegebenen
Temperaturbereiches einstellen lässt,
lassen sich gute Mälzergebnisse
erzielen.
Erfindungsgemäß wählt man
vorzugsweise eine konstante Temperatur von ca. 27 °C während Weiche und
Keimung. So lässt
sich glutenfreies Malz mit denjenigen Mälzungsparametern erhalten,
welche den Anforderungen am Besten gerecht wird, die von herkömmlicher
Braugerste vorgegeben sind. Mit einem damit erzielbaren Weichgrad
von 52% lassen sich die besten Ergebnisse erzielen.
Gegenstand
der Erfindung ist ferner ein Verfahren zur Herstellung von glutenfreiem
Bier, bei dem das erfindungsgemäß erzeugte
Braumalz verschrotet und zur Gewinnung von Bierwürze unter Einhaltung von Rasten
in einem Temperaturbereich von 30 bis 100°C gemaischt und die geläuterte,
gehopfte und abgekühlte Bierwürze obergärig vergoren
wird.
Durch
die Verwendung des erfindungsgemäß erzeugten
glutenfreien Braumalzes ist es möglich,
den Brauprozess in weitgehend üblichen
Brauanlagen durchzuführen.
Wie
bei Gerstenmalz lässt
sich die Farbe des beim Brauen erzeugten Bieres durch Darrzeit und/oder Darrtemperatur
beeinflussen. Niedrige Darrzeiten und/oder Darrtemperaturen ergeben
ein helles Malz und damit ein helles Bier. Je länger bzw. höher Darrzeit und/oder Darrtemperatur,
desto dunkler wird das Malz und damit das daraus erzeugte Bier.
Erfindungsgemäß wird daher
das Grünmalz
ganz oder teilweise bei Temperaturen über 90 °C gedarrt. Dunkles Malz kann
dann hellem Malz zur Farbabstimmung in gewünschter Weise zugegeben oder
alleine verwendet werden.
Die
Bierwürze
kann im Dekoktionsverfahren (Teilmaischverfahren), aber auch im
Infusionsverfahren gewonnen werden.
Als
Braugetreide können
aufgrund ihrer Glutenfreiheit Hirse (außer Sorghum bicolor), Buchweizen, Amarant,
Quinoa, und dergleichen eingesetzt werden, solange sich geeignete
Mälzungsparameter
einstellen lassen.
Erfindungsgemäß werden
bevorzugt Hirse (außer
Sorghum bicolor) und/oder Buchweizen zur Bierherstellung verwendet,
weswegen in der nachfolgenden Beschreibung insbesondere auf diese
beiden glutenfreien Getreidesorten Bezug genommen wird, ohne dass
darin eine Beschränkung
gesehen werden soll.
Aufgabe
des Mälzens
ist, wie bereits erwähnt,
die Enzymbildung, d.h. die geregelte stoffliche Umwandlung hinsichtlich
Cytolyse und Proteolyse, wobei das Wachstum des Keimapparates gering
zu halten ist. Bei der Mälzung
von Hirse und/oder Buchweizen sowie auch der weiteren glutenfreien
Getreidesorten sind daher einige Besonderheiten zu beachten, welche
im Falle einer Gersten- oder Weizenvermälzung nicht auftreten.
Die
dazu erfindungswesentlichen Bedingungen sind in den Ansprüchen 1 und
2 dargelegt.
Darüber hinaus
sind aufgrund der geringen Größe der Hirsekörner im
Vergleich zu Gersten- oder Weizenkörnern, die Hordenbleche vorzugsweise
mit Metallgazen geringer Maschenweite auszustatten, so dass die
Hirsekörner
während
Weiche, Keimung, Schwelke (oberflächiges Trocknen des gekeimten
Korns) und Darre (Entzug von Kapillarwasser) nicht durch die Hordenbleche
fallen können.
Des Weiteren muss eine geringe Schütthöhe befolgt werden, da durch
die geringe Korngröße eine
hohe Packungsdichte entsteht, was bei einer üblichen Beschickung zu einem
ungleichmäßigen Temperaturanstieg
im Weich- und Keimkasten führt.
Beim Schwelken und anschließenden
Darren würde
das Keimgut ungleichmäßig getrocknet
werden. Das Schwelken sollte 4 bis 36 Stunden bei einer schrittweisen
Temperaturerhöhung
von 30 auf 50 °C
durchgeführt
werden. Die Darre erfolgt bei Temperaturen zwischen 50 bis 130 °C, je nach
gewünschtem
Färbungsgrad.
Aufgrund
der dicken Spelze der Hirse- und Buchweizenkörner erfolgt die Wasseraufnahme
durch das Korn sehr langsam, wodurch im Gegensatz zur Gerste geringere
Weichgrade erzielt werden. Um eine gleichmäßige Wasseraufnahme und damit
eine gleichmäßige Keimung
zu gewährleisten,
sind daher spezielle Weichwassertemperaturen einzustellen. Erfindungsgemäß werden
Temperaturen zwischen 20 und 30 °C
eingestellt. Bei höheren
Weichwassertemperaturen würde
zwar eine schnelle aber auch ungleichmäßige Wasseraufnahme erfolgen,
womit auch keine gleichmäßige Keimung
eingestellt werden kann. Bei tieferen Temperaturen würde eine
zu langsame und darüber
hinaus ungleichmäßige Wasseraufnahme
erfolgen und damit der Keimungsprozess nur zögernd eingeleitet werden, da
nicht genügend
Enzyme aktiviert werden. Eine Verlängerung der Keimzeit ist nicht
wünschenswert,
da sich auch bei geringem Weichgrad schon nach wenigen Tagen der
Blattkeim bildet, wodurch für
den Mälz-
und Brauvorgang wesentliche In haltsstoffe verloren gehen.
Bei
Buchweizen ergibt sich das weitere Problem, dass dieser in Wasser
sehr schnell verschleimt, weshalb hier die Kontaktzeiten der Nassweiche
sehr kurz gehalten werden müssen.
Die Nassweichzeit beträgt
hier vorzugsweise 5 Minuten bis maximal 5 Stunden.
Bei
der Sortierung und Entkeimung des fertigen Darrmalzes muss ebenfalls
auf die zu Gerstenmalz verschiedene Korngröße durch entsprechende Abstimmung
der Anlagen geachtet werden.
Ebenso
ist bei der Bereitung der Würze
die Korngröße zu berücksichtigen.
So ist der Walzenabstand der zum Schroten verwendeten Mühle der
Korngröße der jeweiligen
Körner,
hier insbesondere Hirse- und/oder Buchweizenkörner, angepasst werden (kleinster
Walzenabstand ca. 0,2 bis 0,4 mm). Da Hirse- und/oder Buchweizenmalz sowie die weiteren
erfindungsgemäßen glutenfreien
Getreidemalze im Vergleich zu Gerstenmalz eine andere Enzymausstattung
und damit ein anderes Verkleisterungsverhalten aufweisen, sind abgestimmte Bedingungen
für das
Maischverfahren einzustellen, wobei es zunächst unwesentlich ist, ob man
nach dem Dekoktionsverfahren oder dem Infusionsverfahren arbeitet.
Nachfolgend
werden zur Erläuterung
der Erfindung beispielhafte bevorzugte Verfahrensparameter an Hand
der unten wiedergegebenen Tabellen bzw. Diagramme diskutiert.
Tabelle
1: Unterschiede in den Mälzungsparametern
von Rispenhirse und Braugerste
In
der obigen Tabelle 1 ist der Vermälzungsprozess von Rispenhirse
dem von Gerstenbier gegenübergestellt.
Dabei wird nochmals ausdrücklich
darauf hingewiesen, dass die vorliegende Erfindung nicht auf die Verwendung
von Rispenhirse (Panicum miliaceum) beschränkt ist. Das Beispiel steht
gleichbedeutend für
alle kleinkörnigen
Hirsesorten, z.B. für
Kolbenhirse (Setaria italica), Körneramarant
(z.B. Amaranthus hypochondriacus), Quinoa (Chenopodium quinoa) und/oder
Buchweizen (Fagopyrum esculentum). Somit sind auch Mischungen dieser
Getreidesorten bereits während
des Mälzens
möglich.
In
der Tabelle 1 sind die Unterschiede in den Mälzungsparametern, d.h. den
Mälzungsbedingungen von
Rispenhirse und Gerste dargelegt. Wie der Tabelle zu entnehmen ist,
sind diese Unterschiede im Wesentlichen die verschiedene Temperaturführung während Weiche
und Keimung und die Einstellung eines grundsätzlich verschiedenen Weichgrades.
Die Temperatur liegt hier um 12 °C
höher als
bei der Herstellung von Gerstenmalz. Der Weichgrad ist ebenfalls
höher,
nämlich
um ca. 7 %. Das sind Werte, welche bei der Herstellung von Gersten-
und Weizenmalz undenkbar wären.
Die
höhere
Temperatur ist zur Erzielung eines ausreichenden, ja höheren Weichgrades
erforderlich, womit die für
die Keimung erforderlichen Enzyme aktiviert werden. Die Keimung
wird durch die erhöhte
Temperatur beschleunigt. Da das übermäßige Wachstum
des Keimblattes verhindert werden muss, wird die Keimung vorzeitig
abgebrochen.
Nachfolgend
wird zur weiteren Erläuterung
der Erfindung ein Beispiel für
ein Maischdiagramm wiedergegeben.
Die
Bierwürze
wird bei dieser Ausführungsform
im Dekoktionsverfahren hergestellt, da damit eine intensivere und
ausgiebigere Maischarbeit geleistet wird. Während des Maischens, in diesem
Falle mit Teilen der Maische in zwei Teile und Aufkochen der einen
Teilmaische (Kochmaische), ist auf das unterschiedliche Verkleisterungsverhalten
von Hirse und Buchweizenstärke
zu achten.
Als
Gesamtmaische wird jene Maische verstanden, welche bei ei nem Dekoktionsverfahren
(Teilmaischverfahren) zu einem gewünschten Zeitpunkt in eine Restmaische
und eine Kochmaische geteilt wird.
Die
Restmaische wird im Gegensatz zur Kochmaische bei einer konstanten
Temperatur gehalten, bis die Kochmaische der Restmaische wieder
zugegeben wird (Aufmaischen).
Die
Kochmaische ist ein Teil der Gesamtmaische, wobei die Restmaische
und die Kochmaische zusammen eingemaischt werden und die Kochmaische
aus der Gesamtmaische entnommen wird.
Im
vorliegenden Fall wird die Kochmaische bereits getrennt von der
Rest- bzw. Gesamtmaische eingemaischt, auf Kochtemperatur erhitzt
und anschließend
wieder auf die Temperatur der Restmaische abgekühlt. Die zweite Kochmaische
wird dann wie herkömmlich
aus der Gesamtmaische entnommen.
Das
Volumen der Kochmaische wird normalerweise so gewählt, dass
bei der Zugabe zur Gesamtmaische die nächst höhere Temperaturstufe erreicht
wird. Im vorliegenden Fall wird die Kochmaische wieder auf die Temperatur
der Restmaische abgekühlt.
Beim
anschließenden
Läutern
ist zu berücksichtigen,
dass sich durch eine andere Schrotzusammensetzung eine andere natürliche Filterschicht
wie beim Gerstenmalz ausbildet. Infolgedessen ist die Läuterung in
konventioneller Weise nicht möglich
oder doch sehr langwierig.
Erfindungsgemäß ist daher
eine längere
Läuterruhe
um etwa 10 Minuten einzuhalten, bis die Würze von oben abgezogen werden
kann, oder das Hackwerk ist durchgehend auf tiefer Stellung laufen
zu lassen.
Die
oberste Treberschicht setzt sich aus sehr feinem Material zusammen,
vermutlich unabgebaute Stärke,
was sehr rasch zu ei ner "Versiegelung" des Treberkuchens
führt und
ein weiteres Abläutern
verhindert. Damit sich diese Partikel nicht absetzen, ist das Hackwerk
durchgehend laufen zu lassen. Dabei ist es nur so tief abzusenken,
dass es die oberste Schicht in Schwebe hält. Erst nachdem sich der gesamte
Treberkuchen stark zusammengezogen hat, können die beim herkömmlichen
Läutervorgang
vorgenommenen Tiefschnitte, d.h. ein Absenken des Hackwerks bis
kurz über
dem Läuterbottichboden,
vorgenommen werden.
Die
Würzegewinnung
wäre jedoch
auch mittels Maischefilter, Dekanter, Zentrifuge, Strain Master
oder anderen geeigneten Abtrennverfahren denkbar. Die weitere Würzebereitung
erfolgt wie bei der Verwendung von Gerstenmalz. Gemäß dem bayerischen
Reinheitsgebot wird zur Vergärung
nur obergärige
Hefe verwendet.
Farbliche
und aromatische Veränderungen
der Würze
und des daraus hergestellten Bieres lassen sich durch den Ersatz
wenigstens eines Teiles der Schüttung
durch höher
gedarrtes Malz (1 bis 99 %) erzielen. Unter höher gedarrtem Malz versteht
man solches, das bei über
90 °C gedarrt
wird.
Die
nachfolgenden 1 bis 4 zeigen
einen Sudverlauf für
Rispenhirsemalz (1) im Vergleich zu Gerstenmalz
(2) bzw. den Gärverlauf für Rispenhirsemalzmaische (3) im Vergleich zu Gerstenmalzmaische.
Wichtig im Zusammenhang mit der Einhaltung des Vorläufigen Biergesetzes
ist, dass obergärig vergoren
wird.
Abb.1:
Speziell ausgerichteter Sudverlauf für 100% Rispenhirsemalz mit
vorheriger Teilmaischebehandlung und, nach anschließender Maischarbeit,
Maischekochung.
Abb.2:
Moderner Sudverlauf für
Gerstenmalzwürzen.
Abb.3:
Speziell ausgerichteter Gärverlauf
von Rispenhirsemalzmaische mit besonderen obergärigen Hefestämmen.
Abb.4: Üblicher
Gärverlauf
mit Würzen
aus Gerstenmalz. Anschließend
erfolgt eine mehr oder weniger ausgedehnte Lagerung (1 d bis 6 Monate).
Auf ähnliche
Weise lässt
sich auch Buchweizenbier mit den oben beschriebenen Besonderheiten
herstellen. Gleiches gilt für
alle anderen glutenfreien Getreidesorten.
Um
solch ein glutenfreies Getreide im Sinne der Erfindung nach den
strikten Vorgaben des bayerischen Reinheitsgebotes zu verarbeiten,
ist die Philosophie des ältesten
bestehenden Lebensmittelrechts zu verstehen. Danach darf zur Bierbereitung
nur vermälztes
Getreide (Malz), Hopfen, Hefe und Wasser verwendet werden. Nach § 17 (4)
der Verordnung zur Durchführung
des Vorläufigen
Biergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. Juli 1993
darf zu "....obergärigem Bier
Malz auch aus anderem Getreide als Gerste..." verwendet werden. Nach § 9 (3) dieses
Gesetzes zählen
Reis, Mais und Dari nicht als Getreide. Unter Dari wird botanisch
Sorghum bicolor L. Moench verstanden, das deshalb, ebenso wie Mais
und Reis von der Erfindung ausgeschlossen ist.
Mit
der vorliegenden Erfindung kann deshalb ein glutenfreies Bier nach
den Vorschriften des bayerischen Reinheitsgebotes gebraut werden,
das auch allen organoleptischen Anforderungen entspricht. Es eignet
sich hervorragend zum Verzehr bei Einhaltung einer Zöliakie-Diät, kann
aber auch von nicht mit dieser Erkrankung belasteten Menschen genossen
werden.